Unterwegs mit Jaqueline

WIE DIE KUH VOR DEM TOR

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jaqueline

Irgendwo im Niemandsland in der algerischen Hochlandwüste, in einem Dorf aus Lehmhäusern und staubigen Pisten. Aber immerhin mit Kontakt zur Außenwelt via Internet. Denn das World Wide Web ist überall. Vorausgesetzt, das Mobiltelefon schaltet auf Empfang. Und so kann es sein, dass man sehr schnell, und ehe die Kuh einmal Muh sagen kann, aus Hintertupfing in die große weite Welt hinausmarschiert. Nichts Anderes gelingt dem Bauern Fatah, der nichts lieber tun würde als mit seiner Kuh Jaqueline, einem Taranteser Rind, bei der Landwirtschaftsausstellung in Paris aufzutreten. Kaum zu glauben, aber dank seiner Hartnäckigkeit, dem Glauben an sich selbst, an seinen Wiederkäuer und dem Good Will vor allem der französischen Bevölkerung, macht er sich dank einer Einladung bald schon auf den Weg. Quer durch Frankreich. Und zu Fuß, wohlgemerkt.

Das klingt unglaublich, fast schon wie eine Geschichte von Walt Disney. Und unweigerlich muss man an Ferdinand den Stier denken, der dem Duft der Blumen nicht wiederstehen kann. In Mohamed Hamidis Film ist es aber eher der Bauer Fatah, der die Rolle des Ferdinand einnimmt. Die Kuh bleibt eine Kuh, ein tierischer Siedekick. Der Bauer allerdings schafft es, in seiner unendlichen Gutgläubigkeit und Naivität sogar die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen. Als Star von Facebook und Co werden ihm Tür und Tor geöffnet. Ja klar, ein paar Steine müssen dem beherzten Farmer allein schon handlungsmäßig in den Weg gelegt werden, sonst würde der Film nur allzu realitätsfern vor sich hinplätschern. Was er die meiste Zeit leider auch tut. So, als wären wir im französischen Komödienkino der 50er Jahre gelandet. Ein risikobereiter Held, so selbstbewusst, draufgängerisch und glücksbeseelt, dass man diese Rolle auch gut mit Louis De Funès, Heinz Rühmann oder ähnlichen Komödianten von damals besetzen hätte können. Gut, beides keine Algerier, da hätte man im Drehbuch etwas tricksen müssen.

Das Universum scheint es gut mit dem Mann und seiner Kuh zu meinen. Schon allein wegen Algerien, ehemalige französische Ex-Kolonie und Fußabtreter eines machthungrigen Establishments, dass in diesem nordafrikanischen Land, ähnlich wie Belgien im Kongo, genug angerichtet hat, um niemals auch nur annähernd seine Schuldigkeit getilgt zu haben. So wünscht man dem Algerier, der nichts besitzt außer einer Kuh, jede Menge geschenkte Aufmerksamkeit, erobert dieser doch im Alleingang als Symbol eines vormals unterdrückten Volkes die Herzen einer neuen Generation von Franzosen, die nichts lieber tun würden als die Vergangenheit ungeschehen zu machen. Das wehende algerische Banner hat sich Regisseur Hamidi aber verkniffen. Gut so, denn das wäre viel zu plakativ gewesen.

Unterwegs mit Jaqueline ist ein argloses, naives Märchen kindlichen Gemüts, voller Gutgläubigkeit, aber auch voller Zuversicht im Sinne von Völkerverständigung und Gleichberechtigung. Seine biedere Erzählweise wirkt zwar oftmals sehr betulich und zaghaft, die Idee hinter der schlichten Parabel ist aber durchaus lobenswert. Wenig beeindruckendes, aber gefälliges Multikulti-Kino für Optimisten.

Unterwegs mit Jaqueline