Warfare (2025)

WORKFLOW EINES GEFECHTS

6,5/10


© 2025 Leonine Pictures


LAND / JAHR: USA, VEREINIGTES KÖNIGREICH 2025

REGIE / DREHBUCH: ALEX GARLAND, RAY MENDOZA

CAST: D’PHARAOH WOON-A-TAI, COSMO JARVIS, WILL POULTER, JOSEPH QUINN, AARON MACKENZIE, NOAH CENTINEO, KIT CONNOR, FINN BENNETT,  CHARLES MELTON, HENRY ZAGA, TAYLOR JOHN SMITH, MICHAEL GANDOLFINI U. A.

LÄNGE: 1 STD 35 MIN


Über die Sinnlosigkeit des Krieges denkt Warfare nicht gerade nach. Über dessen Existenz als notwendiges Übel wohl schon eher. Krieg ist seit Menschengedenken, und das, noch bevor Homo sapiens sesshaft wurde, ein Symptom unserer Entwicklung, die Art der Austragung von Konflikten, für die es kein Einvernehmen gibt. So muss die Zivilisation damit leben, immer und gefühlt überall gut gerüstet zu sein, immer und überall genug Personal zu haben, dass sich um die martialische Drecksarbeit kümmert, als wäre der Krieg und seine Austragung so systemrelevant wie medizinische Versorgung, die Verfügbarkeit von Lebensmittel oder die Müllabfuhr. In Warfare wird der Krieg von allem nur denkbaren Pathos entrümpelt, durchgespült, reingewaschen und als Beispiel intensiver Arbeitsleistung zum Workflow für ausgebildete Hardliner, die als Navy Seals die besonders delikaten Missionen einheimsen, um dem militärischen Fußvolk mit Expertise, Know-how und Nerven wie Drahtseilen zur Verfügung zu stehen.

Und so sammeln sich in einer Nacht des Jahres 2006 sechs Spezialisten in den nachtschlafenden Straßen einer irakischen Stadt, um, unbemerkt von Jihadisten, in einem zweigeschossigen Einfamilienhaus Stellung zu beziehen und die umliegende Gegend im Auge zu behalten. Sollte sich aus dem Verhalten der Bevölkerung eine verdächtige Dynamik entwickeln, wird Alarm geschlagen. Womit wir zu Beginn des Films, ganz so wie schon seinerzeit im etwas anderen Kriegsfilm Jarhead – Willkommen im Dreck darüber aufgeklärt werden, dass Kriegsführung nicht immer nur aus Shootouts, wirbelnden Granaten oder Explosionen besteht, sondern vorrangig aus Warten, Beobachten und nochmal Warten. Die Anspannung ist spürbar, und das in jeder Szene. Am Scharfschützengewehr kauert, wie die Prinzessin auf der Erbse, Shogun-Star Cosmo Jarvis und linst durchs Okular. Woanders kauert der Funker und hält den Kontakt zu nächstgelegenen Einheiten aufrecht. Im unteren Stockwerk müssen zwei einheimische Rekruten Stellung halten, doch anscheinend verstehen sie ihren Auftrag nicht so ganz. Im Schlafzimmer üben sich die Hausbewohner, eine fünfköpfige Familie, in angststarrer Geduld. Im Laufe des Tages dämmert bald, dass die Jihadisten längst von diesem halben Dutzend Amerikanern wissen. Die Anzeichen eines bevorstehenden Angriffs häufen sich – bis die erste Granate durchs Fenster fliegt. Die Ruhe vor dem Sturm weicht einer losbrechenden, staubgeschwängerten, chaotischen Hölle, in welcher Will Poulter mit all seinem Verstand versucht, das Prozedere für den Fall eines Angriffs ordnungsgemäß durchzuziehen. Was die nächsten Stunden abläuft, ist das Worst Case Szenario eines entsetzlich anstrengenden Jobs mit Todesgefahr. Und alle geben ihr Bestes, nicht aus der Rolle zu fallen.

Im Grunde heißt das: Warfare ist weder ein Antikriegsfilm noch ein Propagandafilm, er ist weder kriegsverherrlichend noch den Krieg verurteilend. Für das notwendige Übel muss es Männer geben, und die sind im Einsatz. Dass Ray Mendoza oder Alex Garland, die sowohl das Skript verfasst als auch Regie geführt haben, jemals darüber nachgedacht haben, ob die Anstrengungen, die hier ablaufen, wirklich Sinn haben, kann man getrost verneinen. Diese sechs Seals tun ihre Pflicht, es ist der Call of Duty, und genauso funktioniert Warfare: Gnadenlos akkurat, schmucklos, unpathetisch und ohne auch nur ansatzweise einer Metaebene, auf welcher gesellschaftsphilosophische Betrachtungen zu finden wären. Weit entfernt von Apocalypse Now, 1917 oder Der Schmale Grat ist Warfare reinster Purismus, fast semidokumentarisch und daher auch nicht ernsthaft daran interessiert, die Handvoll Soldaten charakterlich zu erfassen. Psychologische Betrachtungen begnügen sich mit Symptomen oder weichen gar ganz einem physischen Body-Horror, den ein Gefecht wie dieses wohl mit sich bringt. Zerrissene Leiber, abgetrennte Gliedmaßen, zertrümmerte Beine. Jene, die noch atmen können, schreien sich die Seele aus dem Leib vor Schmerz. All das in geradezu nüchterner Betrachtung, als eine Art Studie.

Warfare, so wird beworben, soll eine der realistischsten Kriegsfilme aller Zeiten sein. Ich selbst war weder beim Militär noch im Krieg also kann ich es nicht beurteilen. Was auffällt, ist der Ehrgeiz, ein tatsächliches Kriegserlebnis (die Personen sind nicht frei erfunden) penibel zu rekonstruieren, ohne dabei den kleinsten Logikfehler zu begehen oder gar menschliches Verhalten unplausibel darzustellen. Warfare ist daher astrein, objektiv und konzentriert, eineinhalb Stunden immersives Instant-Kriegserlebnis, dass aber lediglich nur das ist, was es sein soll. Ohne Mehrwert, ohne Mitgefühl, und stets aus dramaturgischer Distanz – obwohl das dreck- und erdverkrustete Konterfei von Cosmo Jarvis die Leinwand füllt.

Warfare (2025)

Black Adam

EIN FELS IN DER SCHWEBE

5/10


blackadam© 2022 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: JAUME COLLET-SERRA

CAST: DWAYNE JOHNSON, PIERCE BROSNAN, NOAH CENTINEO, ALDIS HODGE, SARAH SHAHI, MARWAN KENZARI, QUINTESSA SWINDELL, VIOLA DAVIS, DJIMON HOUNSOU U. A.

LÄNGE: 2 STD 5 MIN


Jetzt wird alles anders! So zumindest will es laut filmstarts der neue Warner-Chef David Zaslav. Und er macht Tabula Rasa. Er sperrt den bereits abgedrehten Film Batgirl in den Giftschrank und hofft, ihn zur Gänze von der Steuer absetzen zu können (was ihm womöglich auch gelingen wird). Er hält auch nicht viel von Solo-Gängen oder unterschiedlichen Herangehensweisen in der Tonalität eines DC Extended Universe. Vielmehr sollte man sich an Marvel wieder ein Beispiel nehmen. So, wie Kevin Feige es macht – und wir sehen ja, auf welcher Erfolgswelle er schwimmt – soll auch das DC-Universum seine Fangemeinde etablieren und zu regelmäßigen Kinoevents einladen, die das Blaue vom Himmel blitzgewittern und so richtig ohrenbetäubend die Motoren heulen lassen. Nicht alle wollen das, die breite Masse aber schon. Dabei gibt es Gerüchte, dass der vermeintlich neue DC-Chef Dan Lin, Executive Producer bei den Lego-Filmen oder Godzilla vs. Kong, Zac Snyder wohl nicht mehr im Regiestuhl sehen will. Die Art und Weise, wie er Filme mache, und insbesondere der Snyder Cut der Justice League (eine Sternstunde der DC-Filme), entspräche nun nicht mehr den Vibes, die Zaslav an seine Seher vermitteln will. Überraschenderweise aber haben die Verantwortlichen mit ihrem neuesten Knüller Black Adam genau das getan. Sie haben nicht nur anhand Marvel gelernt, wie man eingehend sympathische Figuren nah ans Publikum heranbringen und augenzwinkernde Ironie ausgeglichen verteilen kann – sie imitieren den Stil des 300-Schöpfers so sehr offensichtlich, dass es fast scheint, als würde sich Warner in die eigene Tasche lügen.

Unterm Strich heißt das: Mit Black Adam, der ja laut Lin sehr wohl dem neuen Trend der DC-Kinofilme entsprechen soll, erblickt eine eierlegende Wollmilchsau die Leinwand, die so pathetisch ins Feld zieht wie Leonidas und seine Spartaner, so schräg auftreten will wie James Gunns The Suicide Squad und so viel launiges Teamwork samt interner Diskrepanzen darüber pfeffern möchte wie in den Filmen der Avengers-Macher Anthony & Joe Russo. Ungefähr so wabert Black Adam auch daher und plustert sich zu einer gottgleichen Größe auf, in der ein Dwayne Johnson, dem man niemals auch nur ansatzweise böse sein kann, permanent über allen Dingen schwebt und genauso selten Bodenhaftung erreicht wie das Brachialabenteuer selbst.

In diesem erwacht im fiktiven Staat Kahndaq, der Ägypten mit seiner Küstenstadt Alexandrien zum Verwechseln ähnlich sieht, ein gottgleicher Shazam!-Champion aus einem 5000 Jahre andauernden Schlaf, um Rache zu üben. Befreit wird dieser von einer Polit-Aktivistin namens Isis (!), die eine von dämonischer Macht angereicherte Krone in Gewahrsam bringen will, bevor dies die Intergang tut, eine Militärdiktatur, deren Ziel es ist, die antike Monarchie von vor 5000 Jahren wieder weiterzuführen. Da steht – oder schwebt – nun natürlich der stiernackige Schrank von einem Halbgott ins Bild, der so unbesiegbar scheint wie Superman und alles kann, nur nicht in die Knie gezwungen werden. Das wiederum ruft die Justice Society of America auf den Plan und eben nicht die Justice League, um den neu erstarkten Schurken die Leviten zu lesen. Dabei wird klar, das die richtigen Fieslinge ganz andere Leute sind.

Mit dieser neuen Justice Society brechen diverseste Antworten auf Marvels Helden wie Ant Man, Falcon oder „X-Woman“ Storm durch die Schallmauer – deren Terminkalender scheinen wohl nicht so verbucht wie bei Batman, Wonder Woman und Co. Und auch ihr Gütesiegel liegt wohl noch eine Liga drunter, zumindest aber über jener der Suicide Squad, die alle aus demselben Universum kommen. Jaume Collet-Serra ( u. a. Jungle Cruise) schart um den distinguierten Dr. Strange-Verschnitt Dr. Fate so einige schräge Gestalten, die sich auf vergnügliche Art zusammenraufen, um Black Adam in Zaum zu halten. Der wiederum ist nur schwer ernst zu nehmen und hat auch stets – und dank Johnson ­­­– einen Hang zur unfreiwilligen Komik.

Unter dieser orientierungslosen und belächelten Stilsuche leidet auch der ganze Film. Am ehesten noch möge Zac Snyder darauf hinweisen mit den einleitenden Worten „Ich hab’s euch ja gesagt“, dass er seinen eigenen Stil wohl am besten beherrscht, und eben nicht andere Auftragsregisseure ohne eigener Vision wie Collet-Serra. Bei ihm gerät ein in triefendem Pathos ertrinkender 300-Stil mit CGI-Gewitterstimmung und inflationär eingesetzter Slow Motion inmitten donnernder Actionsequenzen zur Trittbrettfahrt neben der Spur eines geschmähten Kenners, der gewusst hätte, wie viel davon ein Film wie Black Adam vertragen könnte. Alle anderen wissen das scheinbar nicht – und kleistern genau dort alles zu, wo weniger mehr gewesen wäre. Ein Mehr hätte auch das schale Skript vertragen, und überhaupt das schauspielerische Engagement der Schauspieler. Das Konzept wirkt seltsam billig, gehetzt und gehudelt, selbst die Effekte sind nicht State of the Art, doch das merkt man anhand des kaschierenden Snyder-Stils nur manchmal.

Dwayne Johnson scheint sich inmitten seines pittoresken Superhelden-Trashs aber sichtlich wohlzufühlen, denn sowas wie Black Adam wollte er immer schon mal machen. Da der Ex-Wrestler einfach ein gewinnendes Wesen besitzt, sieht man ihm selbst dann gerne zu, wenn der Rest die ganze Zeit nur denen nacheifern will, die es besser gemacht hätten.

Black Adam