Black Adam

EIN FELS IN DER SCHWEBE

5/10


blackadam© 2022 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: JAUME COLLET-SERRA

CAST: DWAYNE JOHNSON, PIERCE BROSNAN, NOAH CENTINEO, ALDIS HODGE, SARAH SHAHI, MARWAN KENZARI, QUINTESSA SWINDELL, VIOLA DAVIS, DJIMON HOUNSOU U. A.

LÄNGE: 2 STD 5 MIN


Jetzt wird alles anders! So zumindest will es laut filmstarts der neue Warner-Chef David Zaslav. Und er macht Tabula Rasa. Er sperrt den bereits abgedrehten Film Batgirl in den Giftschrank und hofft, ihn zur Gänze von der Steuer absetzen zu können (was ihm womöglich auch gelingen wird). Er hält auch nicht viel von Solo-Gängen oder unterschiedlichen Herangehensweisen in der Tonalität eines DC Extended Universe. Vielmehr sollte man sich an Marvel wieder ein Beispiel nehmen. So, wie Kevin Feige es macht – und wir sehen ja, auf welcher Erfolgswelle er schwimmt – soll auch das DC-Universum seine Fangemeinde etablieren und zu regelmäßigen Kinoevents einladen, die das Blaue vom Himmel blitzgewittern und so richtig ohrenbetäubend die Motoren heulen lassen. Nicht alle wollen das, die breite Masse aber schon. Dabei gibt es Gerüchte, dass der vermeintlich neue DC-Chef Dan Lin, Executive Producer bei den Lego-Filmen oder Godzilla vs. Kong, Zac Snyder wohl nicht mehr im Regiestuhl sehen will. Die Art und Weise, wie er Filme mache, und insbesondere der Snyder Cut der Justice League (eine Sternstunde der DC-Filme), entspräche nun nicht mehr den Vibes, die Zaslav an seine Seher vermitteln will. Überraschenderweise aber haben die Verantwortlichen mit ihrem neuesten Knüller Black Adam genau das getan. Sie haben nicht nur anhand Marvel gelernt, wie man eingehend sympathische Figuren nah ans Publikum heranbringen und augenzwinkernde Ironie ausgeglichen verteilen kann – sie imitieren den Stil des 300-Schöpfers so sehr offensichtlich, dass es fast scheint, als würde sich Warner in die eigene Tasche lügen.

Unterm Strich heißt das: Mit Black Adam, der ja laut Lin sehr wohl dem neuen Trend der DC-Kinofilme entsprechen soll, erblickt eine eierlegende Wollmilchsau die Leinwand, die so pathetisch ins Feld zieht wie Leonidas und seine Spartaner, so schräg auftreten will wie James Gunns The Suicide Squad und so viel launiges Teamwork samt interner Diskrepanzen darüber pfeffern möchte wie in den Filmen der Avengers-Macher Anthony & Joe Russo. Ungefähr so wabert Black Adam auch daher und plustert sich zu einer gottgleichen Größe auf, in der ein Dwayne Johnson, dem man niemals auch nur ansatzweise böse sein kann, permanent über allen Dingen schwebt und genauso selten Bodenhaftung erreicht wie das Brachialabenteuer selbst.

In diesem erwacht im fiktiven Staat Kahndaq, der Ägypten mit seiner Küstenstadt Alexandrien zum Verwechseln ähnlich sieht, ein gottgleicher Shazam!-Champion aus einem 5000 Jahre andauernden Schlaf, um Rache zu üben. Befreit wird dieser von einer Polit-Aktivistin namens Isis (!), die eine von dämonischer Macht angereicherte Krone in Gewahrsam bringen will, bevor dies die Intergang tut, eine Militärdiktatur, deren Ziel es ist, die antike Monarchie von vor 5000 Jahren wieder weiterzuführen. Da steht – oder schwebt – nun natürlich der stiernackige Schrank von einem Halbgott ins Bild, der so unbesiegbar scheint wie Superman und alles kann, nur nicht in die Knie gezwungen werden. Das wiederum ruft die Justice Society of America auf den Plan und eben nicht die Justice League, um den neu erstarkten Schurken die Leviten zu lesen. Dabei wird klar, das die richtigen Fieslinge ganz andere Leute sind.

Mit dieser neuen Justice Society brechen diverseste Antworten auf Marvels Helden wie Ant Man, Falcon oder „X-Woman“ Storm durch die Schallmauer – deren Terminkalender scheinen wohl nicht so verbucht wie bei Batman, Wonder Woman und Co. Und auch ihr Gütesiegel liegt wohl noch eine Liga drunter, zumindest aber über jener der Suicide Squad, die alle aus demselben Universum kommen. Jaume Collet-Serra ( u. a. Jungle Cruise) schart um den distinguierten Dr. Strange-Verschnitt Dr. Fate so einige schräge Gestalten, die sich auf vergnügliche Art zusammenraufen, um Black Adam in Zaum zu halten. Der wiederum ist nur schwer ernst zu nehmen und hat auch stets – und dank Johnson ­­­– einen Hang zur unfreiwilligen Komik.

Unter dieser orientierungslosen und belächelten Stilsuche leidet auch der ganze Film. Am ehesten noch möge Zac Snyder darauf hinweisen mit den einleitenden Worten „Ich hab’s euch ja gesagt“, dass er seinen eigenen Stil wohl am besten beherrscht, und eben nicht andere Auftragsregisseure ohne eigener Vision wie Collet-Serra. Bei ihm gerät ein in triefendem Pathos ertrinkender 300-Stil mit CGI-Gewitterstimmung und inflationär eingesetzter Slow Motion inmitten donnernder Actionsequenzen zur Trittbrettfahrt neben der Spur eines geschmähten Kenners, der gewusst hätte, wie viel davon ein Film wie Black Adam vertragen könnte. Alle anderen wissen das scheinbar nicht – und kleistern genau dort alles zu, wo weniger mehr gewesen wäre. Ein Mehr hätte auch das schale Skript vertragen, und überhaupt das schauspielerische Engagement der Schauspieler. Das Konzept wirkt seltsam billig, gehetzt und gehudelt, selbst die Effekte sind nicht State of the Art, doch das merkt man anhand des kaschierenden Snyder-Stils nur manchmal.

Dwayne Johnson scheint sich inmitten seines pittoresken Superhelden-Trashs aber sichtlich wohlzufühlen, denn sowas wie Black Adam wollte er immer schon mal machen. Da der Ex-Wrestler einfach ein gewinnendes Wesen besitzt, sieht man ihm selbst dann gerne zu, wenn der Rest die ganze Zeit nur denen nacheifern will, die es besser gemacht hätten.

Black Adam

Red Notice

HELDEN DER UNWAHRSCHEINLICHKEIT

4/10


rednotice© 2021 Netflix / Frank Masi


LAND / JAHR: USA 2021

BUCH / REGIE: RAWSON MARSHALL THURBER

CAST: DWAYNE JOHNSON, RYAN REYNOLDS, GAL GADOT, RITU ARYA, CHRIS DIAMANTOPOLOUS U. A.

LÄNGE: 1 STD 57 MIN


Steven Spielberg und George Lucas haben uns gezeigt, dass im Kino nicht immer jene physikalischen Gesetze gelten müssen, denen unser Universum folgt: die Zeit ist zum Beispiel dehnbar, meist gelingen Dinge stets auf die Sekunde genau. Verletzungen brauchen alle keinen Arzt und die Bösen schießen sowieso daneben. Macht aber alles nichts, dafür ist Kino da, und es ist der Witz und die Fantasie und das Zusammenspiel eines gut aufgelegten Ensembles, das dazu führt, dass man mit Verzerrungen der Realität dem Helden immer noch auf Basis gewisser Plausibilitäten ermöglichen will, zu gewinnen.

Neuerdings gibt es Filme wie zum Beispiel Red Notice, die ebenfalls wollen, dass ihre Stars das Glück auf der Straße finden. Allerdings sollte den Abenteuern nicht alles in den Schoß fallen. Rawson Marshall Thurber (Central Intelligence, Skyscraper) weiß natürlich, dass im Kino andere Regeln gelten. Es sollte aber immer noch ein gewisser Prozentsatz an Wahrscheinlichkeit erhalten bleiben, und zwar ist das einer, der den Plot erst griffig macht.

Die drei Superstars Gal Gadot, Dwayne Johnson und Ryan Reynolds rangeln sich im 130. Netflix-Original, das zudem auch die teuerste Produktion des Streaming-Riesen sein soll, um drei antike Schmuckeier aus ptolemäischen Zeiten. Artefakte, die Indy schlaflose Nächte bereiten würden. In dieser Actionkomödie jagt Dwayne Johnson Ryan Reynolds nach dem Klau eines dieser Eier quer über den halben Erdball. Was beide nicht wissen: der fürs FBI arbeitende Informant namens Läufer (im original Bishop – gemäß der Schachfigur) hat es ebenfalls auf diese Artefakte abgesehen – und bringt sowohl Johnson als auch Reynolds hinter Gitter nach Russland. Fragt sich, warum gerade dorthin und warum ohne fairen Prozess? Doch es ist nun mal so, und statt Stallone und Schwarzenegger schließen sich diese beiden Kerle nun zusammen, um einen Escape Plan in die Tat umzusetzen und der schönen Gal Gadot mit dem Entwenden der anderen beiden Eier zuvorzukommen.

Was genau an Red Notice nun so viel Geld gekostet hat, lässt sich womöglich nur mit den horrenden Gagen der drei A-Liga-Stars erklären. Der Rest ist gängiges Handwerk, schon zig-mal in anderen Filmen quer durch die Geschichte des Abenteuerfilms erprobt, insbesondere im Subgenre der wetteifernden Schatzsuche. Red Notice (der Titel klingt etwas zu bürokratisch und ein bisschen nach nüchternem Spionagedrama) ist ein Zitate-Potpourri aus Spielbergs Mottenkiste, Killers Bodyguard oder Verlockende Falle mit Catherine Zeta-Jones. Alles schon mal da gewesen. Und alles gar nicht möglich. Will heissen: in dieser Hochglanz-Action ist viel zu viel viel zu sehr vereinfacht. Das Ausreizen der Unwahrscheinlichkeiten, die in voraussehbaren Klischees ihre Manifestation finden, ist schon etwas unverschämt. Auch Reynolds und Johnson ziehen ihre gewohnte Masche durch, letzterer gar ein bisschen teilnahmslos.

Red Notice ist ein trivialer Film, der sich gänzlich auf seinen Star-Appeal verlässt. Wirklich zu bieten hat er ungefähr so viel wie ein wöchentliches Promi-Lifestyle-Magazin mit Haarshampoo-Probepackung und Wunderbaum für die noble Karosse. Hat man es mal durchgelesen, bleibt nichts hängen, ausser das schale Gefühl, seltsam unterschätzt worden zu sein.

Red Notice

Jungle Cruise

ALLES IM FLUSS

6/10


junglecruise© 2021 The Walt Disney Company


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: JAUME COLLET-SERRA

CAST: EMILY BLUNT, DWAYNE JOHNSON, JESSE PLEMONS, JACK WHITEHALL, ÉDGAR RAMIREZ, PAUL GIAMATTI U. A. 

LÄNGE: 2 STD 8 MIN


Damals, am Amazonas – das war was. Ausgehend von Manaus, ging es vor einigen Jahren im Rahmen einer Fototour zu den rosa Flussdelphinen, die auch im Abenteuer Jungle Cruise aus dem Wasser hechten. Ein unvergessliches Erlebnis. Was man auch nicht vergisst, ist die sagenhafte Hitze, kombiniert mit extremer Luftfeuchtigkeit. Der Schweiß tritt aus allen Poren, schon bei der kleinsten Bewegung. Und ja, auch Emily Blunt und Konsorten müssen ab und an darunter leiden. Dwayne Johnson nicht so, der ist das gewöhnt, betreibt er doch schon seit geraumer Zeit Sightseeing mit Touristen. Doch diesmal soll alles ganz anders kommen, denn die Figur von Emily Blunt – ein gewisser weiblicher Indiana Jones in khakifarbenen „Buxen“ – ist auf der Suche nach einer extrem seltenen Blüte, die jede nur erdenkliche Krankheit, so sagt man, heilen kann (womöglich auch Covid-19). Sie ist aber nicht die einzige, der diese Entdeckung gelingen will. Auch ein Deutscher namens Prinz Joachim ist mit seinem U-Boot alsbald in Brasilien eingetroffen, um dem knorrigen Schifflein von Captain Frank hinterherzujagen.

Klingt tatsächlich nach Steven Spielbergs abenteuerliche Eskapaden mit Harrison Ford. War‘s dort die Bundeslade, der heilige Gral oder die Kristallschädel der Aliens, ist es diesmal der Benefit einer bescheidenen Natur, die glatt den Medicine Man auf den Plan gerufen hätte. Jungle Cruise schippert im gleichen Fahrwasser wie Indiana Jones, erreicht aber keineswegs die kultgewordene Klasse des schlapphuttragenden Archäologen. Da braucht es schon ganz andere Autoren, die sich nicht unbedingt auf eine legendäre Attraktion aus Disneyland beziehen müssen. Gut, dieses narrative Schicksal hatte Pirates of the Carribean ebenso zu verarbeiten, doch das Script war da deutlich besser – zumindest, was den ersten Teil anbelangt. Wir wissen, wohin das in den Sequels geführt hat. Jungle Cruise hinkt plotmäßig schon mit seinem Einstand hinterher. Da kann Dwayne Johnson noch so der knuffige Hüne sein und Emily Blunt noch so der Rolle von Catherine Hepburn aus African Queen nacheifern – beiden sieht man an, dass ihnen nicht viel freies Spiel bleibt. Sie sind Teil einer durchgetakteten Großproduktion, die artig ihre marketingrelevanten Hausaufgaben gemacht hat und nichts dem Zufall überlassen will.

Ich höre die Verantwortlichen für dieses Projekt bei Disney förmlich reden. Wie sie Bezug nehmen auf das Fluch der Karibik-Franchise, welches, von vorne bis hinten nachanalysiert, gerne als Schablone dienen darf für einen ganz anderen Publikums- und Besucherliebling – nämlich für die Kreuzfahrt durch den Dschungel. Und dabei passiert, was Filme wie diese so austauschbar macht: sie sind nach gewissen, immer gleichen Erfolgsformeln inszeniert, sind punktgenau auf Statistiken abgeschmeckt und fühlen sich in ihrer Kalkulation enorm sicher. Was dabei rauskommt, ist vorhersehbar. Was dabei entsteht, sind szenische Attraktionen, die eher holprig miteinander verknüpft sind. Es lässt sich sowohl Jack Sparrow als auch Humphrey Bogart in Dwayne Johnsons Figur wiedererkennen, es lassen sich gar einige wiederkehrende Motive aus der Karibik-Reihe entdecken, die etwas deplatziert wirken, aber was sich nicht entdecken lässt, ist ein Gefühl für Spontanität. Der Fluch des Amazonas sieht ja recht pittoresk aus, doch gleichermaßen wenig inspirierend. Manchmal ist es auch zu viel CGI, insbesondere das penetrante Geblühe am Rande des Dschungels. Das mag zwar für verwöhnte Park-Abenteurer eine gefällige Wildnis sein, doch kommt ihr der Ehrgeiz abhanden, rau, gefährlich und unberechenbar zu sein.

Der Durchbruch gelingt Jungle Cruise als atemberaubendes Sommer-Event nicht so wirklich. Für eine Schifferlfahrt durchs Disney-Bilderbuch mit grundlegend sympathischen Schauspielern kann man aber getrost mit an Bord gehen. Allerdings mit dem Gefühl, dass alles nur Programm ist.

Jungle Cruise

Fighting with my Family

RINGEN UM ERFOLG

6,5/10

fightingfamily© 2019 Universal Pictures Germany

LAND: GROSSBRITANNIEN, USA 2019

REGIE: STEPHEN MERCHANT

CAST: FLORENCE PUGH, LENA HEADEY, NICK FROST, VINCE VAUGHN, DWAYNE JOHNSON, STEPHEN MERCHANT U. A. 

LÄNGE: 1 STD 49 MIN

Ja, auch ich war mal großer Fan des Showcatchens. Bin unter der physischen Wucht eines Yokozuna in Deckung gegangen, hatte vor dem Undertaker richtig Respekt und konnte vor lauter Genugtuung gar nicht mal mehr richtig stillsitzen, wenn Adam Bomb seine Vergeltungswatschen im Ring verteilt hat: Die WWF lief allabendlich auf einschlägigen Sportkanälen, und das war weit mehr als nur Niederknüppeln im Moment. Das waren richtige Seifenopern. Mit Biographien, Schicksalsschlägen und dem Aufraffen von der Matte. Stets geht’s dabei um 5 Sekunden. Wer 5 Sekunden lang mit beiden Schultern am Boden liegt, kommt nicht mehr hoch. Dann ist der Fight verloren. Also: steh auf, wenn du am Boden bist. Das singen schon die Toten Hosen (klarerweise in anderem Kontext) aber dennoch: dieser Imperativ trifft es so ziemlich. Und den hat der junge Teenager namens Saraya bereits mit der Muttermilch getankt. Denn Sarayas Eltern, die waren mal gehörige Sozialfälle mit illegalem Kontext, und die haben sich dank des Wrestlings wieder aus dem Schlamassel gezogen. Ihrer Tochter sollte es besser gehen – und das geht nur mit der richtigen Dosis Fight. Dabei ist diese ganze Story hier eine, die auf wahren Begebenheiten beruht. Das unterstreicht auch Dwayne „The Rock“ Johnson, der hier als er selbst in Erscheinung tritt und ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudert, was seine Sternstunden im Ring angeht.

In ihrem Gothic Look kaum wiederzuerkennen ist Florence Pugh, die nicht erst seit ihrer oscarnominierten Rolle in Greta Gerwigs Little Women von sich reden machte (u. a. auch in Lady Macbeth oder demnächst zu sehen in Black Widow an der Seite von Scarlett Johansson) und hier den jüngsten Spross einer Familie verkörpert, die im Norden Englands als Wrestling-Familie das Leben schön findet. Alle waren (und sind) in diesem Biz, trainieren die Jugend oder schaffen es ab und an in landesweite Matches. Saraya bekommt allerdings die seltene Chance, bei den ganz Großen mitzumischen – in der WWE-Liga sozusagen. Und muss dafür nach Florida, um zu trainieren, wie sie bislang noch nie trainiert hat. Aber ob es genau das ist, was sie wirklich will? Ist es vielleicht doch nicht nur das Entsprechen des elterlichen Wunsches? Und was ist mit ihrem Bruder, dem Wrestling noch viel wichtiger scheint?

Stephen Merchants True Story ist einerseits eine Sozialdramödie aus der Mittel- bis Unterschicht und gleichzeitig tatschlich eine Art Sportfilm, an dem man aber auch als nicht sportaffiner Zuseher ganz gut andocken kann. Warum? Weil die Figuren und deren Besetzungen einfach noch viel interessanter sind als das Know How in Sachen Showfight. Ex-Cersei Lennister Lena Headey gibt die Mama, der wahnsinnig sympathische Nick Frost im Vikings-Look den Papa. Ein sehenswertes Gespann. Was aber ist Fighting with my Family unterm Strich? Ein Lifestyle-Song mit dem Refrain You can get it if you really want. Eine Phrase des unerschütterlichen Willens. Denn wenn man will, kann man alles erreichen. Oder so ähnlich. Merchant hat die True Story, so vermute ich mal, scripttechnisch vereinfacht und von allerlei Grautönen gesäubert. Entsprechend glatt ist die Erfolgsstory auch geworden. Gut, dass das Drehbuch nicht Sarayas Bruder ausgeklammert hat, denn der ist ein Beispiel dafür, dass nur die von Willen und Erfolg gut reden können, die es auch geschafft haben. Die anderen als Dunkelziffer liegen dazwischen. Man kann also doch nicht alles schaffen, wenn man nur will. Und muss sich letzten Endes nach der Decke strecken. Oder: pro Familie schafft es vielleicht eine(r) groß raus.

Fighting with my Family

Jumanji – The Next Level

OPA IST DER BESTE

7/10

 

jumanji-the-next-level© 2019 Sony Pictures

 

LAND: USA 2019

REGIE: JAKE KASDAN

CAST: DWAYNE JOHNSON, KEVIN HART, KAREN GILLAN, JACK BLACK, DANNY DE VITO, DANNY GLOVER, AWKWAFINA U. A. 

 

Die Würfel sind gefallen – und das schon seit zwei Jahrzehnten. Als das Original Jumanji mit Robin Williams die Kinokassen klingeln ließ, waren Brettspiele plötzlich wieder in und die Zufälligkeit von 1 bis 6 fast schon wieder ein Mysterium. Wem Mensch ärgere dich nicht zu langweilig war, der hatte plötzlich den ganzen Dschungel bei sich daheim. Ein großartiges Entertainment-Movie – gewitzt, dramatisch und kreativ bis dorthinaus. Brettspiele sind zwar immer noch in, doch Joe Johnstons spannendem Fantasyabenteuer war nichts mehr hinzuzufügen. Es sei denn, man hebe das Geschehen auf ein neues Level. Und wer, wenn nicht Dwayne „The Rock“ Johnson und eine ganze Handvoll ohnehin schon etablierter Comedians wie Jack Black oder Kevin Hart wären dafür besser geeignet, in den tropischen Ring zu steigen, um Nilpferden, Affen oder wilden Stämmen zu zeigen, wo der Hammer hängt. Das erste Sequel aus 2018 hatte da relativ viel Hammer. Gut, die Idee, in ein Videospiel einzusteigen, hatte schon Tron, nur komplett spaßbefreit, während Jake Kasdans Jumanji – Willkommen im Dschungel neben einigen netten Game-Gadgets nur darauf aus war, die kalauerbewährte Volldröhnung einem Popcorn knabbernden Generationenmix um die Ohren zu hauen. Ja natürlich, volle Unterhaltung. Will ja nicht sagen, dass es fürs Amüsement nicht gereicht hätte. Der kreative Kniff aber hat gefehlt. Dafür bot die Komponente eines Videospiels zu wenig Fläche.

Jetzt aber hat es Jake Kasdan wieder getan – und die Clique um den introvertierten Spencer wieder in den virtuellen Ring geschickt. Doch siehe da: der Witz scheint hier einen neuen Namen zu haben: Danny DeVito. Der hat zwar nur in der Rahmenhandlung seinen liebevoll schrulligen Auftritt, ganz so wie der andere Danny, nämlich „Ich bin zu alt für diesen Scheiß“ Clover, doch was alle Comedians gemeinsam hinbekommen, ist so, als wäre DeVito in Gestalt des bärbeißigen Muskelprotzes Dwayne Johnson die ganze Zeit über präsent. Der Plot ist in Jumanji – The Next Level fast derselbe wie im letzten Film, nur mit ein paar Abweichungen und Ergänzungen bei den Avataren. Der Grund aber, warum diese Episode besser geglückt ist als die letzte (dem Original aber dennoch nicht das Wasser reichen kann) liegt an den perfekt synchronisierten Manierismen von Johnson und DeVito. Oder De Vito und Awkwafina. Oder Kevin Hart und Danny Glover. Die Grumpy Old Men in völlig konträre Körper zu stecken ist Bodyswitch-Komik vom Feinsten. Es macht einen Riesenspaß, Johnsons Mimik an jene von De Vito angepasst zu sehen. Mitunter kommt das Switchen der Persönlichkeiten diesmal viel öfters vor, und jedes Mal ist es ein Vergnügen, zuzusehen, wie das Verhalten der Figuren plötzlich ein ganz anderes ist. Das ist der Reiz des Films, und weniger das CGI-gestraffte Szenario malerisch perfekter Kulissen, die aber in ihrer Makellosigkeit natürlich für ein generiertes Videospiel besser passen als in sonst einem Film. Sieht man genauer hin, lassen sich von Seriensets wegrekrutierte Stars aus Game of Thrones oder Big Bang Theory ebenfalls entdecken, die alle hinter einem Juwel her sind, das in Sicherheit gebracht werden muss. Da spielt man schon gerne Hängebrückenmikado oder lässt sich in die Wüste schicken. Action gibt es satt, und dabei noch ausgesprochen virtuos inszeniert.

Indiana Jones ist schon lange her. Als Reserve gab’s da immer noch Quatermain, auch schon lange her. Für so etwas gibt’s jetzt entweder Lara Croft oder eben Jumanji: The Next Level, um wirklich mal funparkmäßig im Kino abzuhängen. Dabei lässt sich feststellen, dass das wahre Abenteuer jenes zwischen den Charakteren ist, die sich gegenseitig an ihren inneren Werten erkennen. Zugegeben, das war in Jumanji – Willkommen im Dschungel natürlich auch so, doch durch den starken Kontrast zwischen Alt und Jung hat das verfluchte Spiel tatsächlich sein nächstes Level erreicht.

Jumanji – The Next Level

Fast & Furious: Hobbs & Shaw

ZWEI BÄRENSTARKE TYPEN

5,5/10

 

FAST AND FURIOUS PRESENTS: HOBBS & SHAW© 2019 Universal Pictures Germany GmbH

 

LAND: USA 2019

REGIE: DAVID LEITCH

CAST: DWAYNE JOHNSON, JASON STATHAM, VANESSA KIRBY, IDRIS ELBA, EDDIE MARSAN, RYAN REYNOLDS, KEVIN HART U. A.

 

Nein, sie schenken sich wirklich nichts: Luke Hobbs und Deckard Shaw. Nicht-Kenner der Fast & Furious-Filmreihe werden sich wohl fragen: Moment, wer sind die zwei? Das gleiche habe ich mich auch gefragt. Ich kenne nämlich keinen einzigen der vorangegangenen acht Teile, wobei man bemerken muss, das Fast & Furious: Hobbs & Shaw eigentlich ein Spinoff ist und eher weniger etwas mit dem – falls vorhandenen – roten Faden des Franchise zu tun hat. Wie erwartet sind tatsächlich keine Vorkenntnisse nötig, um Hobbs & Shaw charakterlich auf die Reihe zu bekommen. Das war bei Bud Spencer und Terence Hill genauso wenig der Fall. Biographischen Background gibt es hier allerdings mehr als beim Krokodil und seinem Nilpferd. Aber im Grunde sind die beiden Streithähne, die in Wahrheit aber sowieso wie Pech und Schwefel zusammenhalten (was jetzt keine Überraschung ist) genauso frechzüngige vier Fäuste wie es seinerzeit Spencer und Hill waren. Nur Spencer und Hill fuhren die Italo-Schiene wie keine zweiten. Das war natürlich Prügeltrash vom Feinsten, irre naiv und albern, und nur noch alles, was den Anschein eines Italowestern hat, auch heute noch ansehbar. Der raumfüllende Dwayne „The Rock Johnson“ mit dem unvergleichlichen Stiernacken und Oberarmen so breit wie meine Oberschenkel und der smarte Dressman im dunkelgrauen Rollkragen und Dreitagebart in Gestalt von Jason Statham – die sind da schon globaler unterwegs, so wie ein James Bond oder Ethan Hunt, das Buddy-Prinzip aber sitzt wie bei den Italienern – und sorgt so für eine Menge Schmunzel-Intermezzi zwischen einem Actionszenario, das sich in seinen rasant gefilmten Hochglanz- und Prügel-Stunts als reines, triviales Bubenkino verkauft. Und es verkauft sich gar nicht mal so schlecht.

Unterhaltsam ist er ja, dieser Film, durch Dwayne Johnson, der mit seiner Statur in jeder Szene neu erstaunt (herrlich: der Auftritt im samoanischen Wickelrock), sogar auch recht sympathisch. Durch Vanessa Kirby, die als Stathams unfolgsame Schwester einen todbringenden Virus mit sich herumträgt und dafür aber recht gelassen in die Zukunft blickt, ergänzt sich das ungleiche, dynamische Duo mit einem aufgeweckten sexy Sidekick, der schon mal ab und an das Ruder des fahrigen Plots herumreißen will. Soweit ich mich erinnern kann, hatte Kirby einen kurzen, aber denkwürdigen Auftritt im letzten Mission-Impossible-Abenteuer Fallout. Keine Frage, dass ihre herausfordernde Mimik (zumindest kommt das bei mir so an) auch in die Storyline einer ganz anderen Action-Franchise passen könnte. Das tut es, sehr gut sogar. An dem quer über den Erdball tingelnden Trio, das verblüffenderweise immer alles mithat, was es braucht, und auch alles, was zum Gelingen des Abenteuers beitragen kann, am Zielort vorfindet, könnte man aber relativ schnell das Interesse verlieren, wäre da nicht der stichelnde Humor und das schneidige Teamwork, das für gute Laune sorgt, auch wenn so ein Superschurke wie Idris Elba Sodbrennen verursacht. Seine Figur steckt irgendwo zwischen Wolverine und dem Terminator fest und sorgt für ordentlich Kollateralschäden, um an eben besagtes Virus ranzukommen, dass für seine ganz eigene Interpretation der Evolution des Menschen eingesetzt werden soll. Was für eine Gefahr – vor der man sich aber kaum fürchtet, solange es Kaliber gibt wie Hobbs & Shaw, die alles wieder ins Lot hämmern und so lange auf die Tube drücken, bis selbst einem Kampfhubschrauber die Hutschnur platzt.

Da frage ich mich nun: Macht es Sinn, jetzt wirklich einmal mit der Fast&Furious-Reihe anzufangen? Hat mich das hanebüchene Szenario des Films mit all seinen unmöglichen Möglichkeiten eigentlich auf den Geschmack gebracht? Oder reicht es, eben Hobbs&Shaw gesehen zu haben, damit man sagen kann – hat man einen gesehen, kennt man alle? Will ich Vin Diesel und Paul Walker sehen, müsste ich an die Anfänge zurückgehen. Will ich mehr schnittige Karosserie sehen, dann müsste ich das auch. Wenn noch Zeit bleibt, würde ich sagen. Wirklich notwendig wird’s wohl nicht sein.

Fast & Furious: Hobbs & Shaw

Skyscraper

ALLES SENKRECHT

7/10

 

skyscraper© 2018 Universal Pictures International Germany GmbH

 

LAND: USA 2018

REGIE: RAWSON MARSHALL THURBER

CAST: DWAYNE JOHNSON, NEVE CAMPBELL, PABLO SCHREIBER, ADRIAN HOLMES, ROLAND MØLLER U. A.

 

Vergesst den 138 Stockwerke hohen Wolkenkratzer der Duncan Enterprises aus dem Film Flammendes Inferno, vergesst das Nakatomi-Gebäude aus Stirb Langsam – und überhaupt auch gleich den Burj Khalifa in Dubai, das zurzeit höchste Gebäude der Welt: Jetzt – oder zumindest in vorliegendem Actionfilm Skyscraper gibt es The Pearl, errichtet im Zentrum von Hongkong, senkrechte Science-Fiction aus Glas und Stahl, 240 Etagen hoch, also mehr als 100 Etagen mehr als noch zu Zeiten von Steve McQueen. Ein wahrer Hingucker, vor allem die gigantische Kugel ganz oben, wie die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Allerdings drängt sich in diesem Film nicht nur einmal die Frage auf, ob die wahren Schauwerte auf Kosten des Wolkenkratzers gehen – oder auf Dwayne Johnson. Ein Mann gegen ein Haus, das ist die Quintessenz des Films. Letzterem wird so richtig eingeheizt, die Flammen lodern, und Sicherheitsexperte Sawyer aka The Rock hat alle Muskeln voll zu tun, seine Frau und seine beiden Kinder aus dem eben erst von ihm inspektierten Gebäude herauszuholen, bevor alles zusammenkracht. Geschehen hätte diese Katastrophe gar nicht dürfen, doch ähnlich wie John McClane im Actionklassiker des Jahrhunderst hat es Dwayne Johnson zusätzlich noch mit Handlangerns diverser Syndikate zu tun, die die enorm hohe Nadel im Heuhaufen Hongkongs gerne umgeknickt sehen, aus Wut, Rache oder aufgrund der Gier nach geschäftsschädigenden Informationen. Geht natürlich nicht, da heisst es: kaputtmachen, was kaputtbar ist. Doch etwas, das scheint scheinbar unzerstörbar: wir wissen, es ist der stiernackige Riese mit diesem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, der liebende Familienvater und Pax-Schrank von einem Mann, so stark wie Obelix und ein Musterbeispiel von einem Gutmenschen, dem man wirklich alles anvertrauen würde, sogar die eigenen Kinder.

Dwayne Johnson ist natürlich nicht dafür bekannt, ein großes Repertoire unterschiedlicher Charakterrollen vorzuweisen. Das muss er aber auch nicht. Seine Rollen in San Andreas, Jumanji und Rampage waren kaum voneinander zu unterscheiden (man könnte auch hier ein Actionhelnden-Franchise aufbauen, wenn man aus all den Rollen ein und dieselbe Person macht), seine Rolle in Skyscraper zeigt aber verdächtig mehr Herzblut, als ich vermutet hätte. Und genauso wenig hätte ich vermutet, dass hinter dem scheinbar banal konzipierten, austauschbaren Sommerkino ein wunderbar geradliniger, grundanständiger Actionkracher verborgen liegt, der wieder Erwarten richtig fetzt. Auch wenn der Ausgang der simplen Story keinem Spoileralarm unterliegt und das Publikum weiß, dass Dwayne Johnson von geradezu halbgottgleicher Unsterblichkeit gesegnet ist, weiß Skyscraper das Spannungslevel in einigen Szenen bis in die oberste Etage zu steuern. Das liegt vor allem an den schwindelerregenden Blicken, die Papa Johnson in den Abgrund wirft, und sich zeitweise einhändig oder mit Prothese an irgendetwas festkrallt, um nicht kilometertief zu fallen. Leute mit Höhenangst sollten lieber nicht die 3D-Aufführung des Filmes besuchen, doch auch ohne Effektoptimierung will man am Liebsten gar nicht hinsehen. Da bleibt Regisseur Rawson Marshall Thurber gemeinsam mit Kameramann Robert Elswit hautnah am Geschehen, blickt dem hängenden Koloss über die Schulter in die Tiefe. Doch wer so stark ist wie Dwayne Johnson, wächst in Extremsituationen, die sich in knackigem Timing zügig abwechseln, noch zusätzlich über sich hinaus – und es gelingen akrobatische Manöver, die wir als weichgespülte Alltagshelden bereits im Ansatz alle versemmelt hätten. Dass die Ressourcen an Energie und Muskelkraft stets die volle Ladung liefern, ist natürlich realistisch betrachtet völlig unmöglich, doch das Gelingen des Selbstmordkommandos ist zu einem guten Zweck, und Johnson sichtlich angestrengt genug, um mit ihm mitzufiebern. Egal, ob unser Held an der Hausmauer baumelt oder in die rotierenden Windenergie-Rotoren springen muss, ob der Sprung vom Kran oder der immense Kraftaufwand als menschliche Hängebrücke – Skyscraper ist virtuoser Actionzirkus mit verblüffenden Stunts und scheinbar ohne doppelten Boden. Das flammende Inferno, das die elegante Architektur des Wolkenkratzers emporzüngelt, in bedrohliche Hochglanzbilder gerahmt.

Der beglückend geradlinige Reißer spart sich peripheres Beiwerk und macht Vieles richtig, was anderen Filmen dieser Machart oftmals misslingt. Natürlich fehlt der rotzfreche Zynismus eines John McClane, doch der einnehmend sympathische Riese ist kein Antiheld im Unterhemd, sondern im Hemd mit Kragen, dass aber am Ende nicht weniger dringend einen Waschgang benötigt wie das Feinripp von Bruce Willis.

Skyscraper

Rampage

HALALI ZUM WILDLIFE-WRESTLING

5/10

 

rampage© 2000-2018 Warner Bros.

 

LAND: USA 2018

REGIE: BRAD PEYTON

MIT DWAYNE „THE ROCK“ JOHNSON, NAOMIE HARRIS, JEFFREY DEAN MORGAN, MALIN AKERMAN U. A.

 

Die Elternschaft aller Kinogeherinnen und Kinogeher wissen, wovon ich schreibe: Da will man einmal das Kinderzimmer betreten, und es geht nicht. Ein aussichtsloses Unterfangen. Der Spielteppich und die Wohnfläche darüber hinaus sind verwüstet. Im Zentrum des Wahnsinns ist gerade noch eine Stadt aus Bausteinen zu erahnen, die aber schon ziemlich mitgenommen aussieht. Dazwischen Figuren, denen die einen oder anderen Extremitäten fehlen. Und dann diese Dinos und Drachen eines bekannten deutschen Figurenherstellers, die alles breitgetreten haben. Zwischen all den Relikten einer sagenhaft aggressiven Zerstörungsorgie: Zufriedene, aber überreizte Kinder. Gut, der Tag war lang, ab ins Bett. Wer sich das so ungefähr vorstellen und gleich noch dazu die Antwort auf die Frage geben kann, wer das alles wieder aufräumen wird, darf erahnen, was beim neuen Film mit Dwayne „The Rock“ Johnson auf ihn zukommt. Und ja, es ist was großes. Aber so groß nun auch wieder nicht.

Rampage ist wie ein Kinderzimmer während und nach einer Spielzeugschlacht. Man muss auch wissen, das von einem Film, der sich Rampage nennt, nichts anderes zu erwarten ist als Rampage – nämlich Randale, Tobsucht, Amoklauf. Dabei versucht der Film sogar, dem Mutantentheater so etwas wie eine Einleitung voranzustellen. Was wäre da nicht einfacher, als die schon gefühlt unendlich oft vorgekaute Angstmacherei rund um unsere Gene einzuschreddern. Das Ausschlachten dieser Wissenschaft fernab jeglicher Realität ist deswegen so simpel, weil man das Ganze nicht zu verstehen braucht. Das Wort Gene an sich ist schon ein Schreckgespenst, da weiß ein jeder, dass sich da ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper in progress befindet und gewiss Kollateralschäden verursacht. Wunderbar einfach, eigentlich schon fertig, das Drehbuch. Eine sinistre Organisation mit ebenso sinistrem Personal – und der Spielteppich ist vorbereitet. Dwayne Johnson kann kommen – und er kommt. Und er ist so, wie wir ihn erwartet haben. Er ist auch nie anders. Eigentlich, und obwohl mir das eigentlich schon viel früher so richtig bewusst hätte werden sollen, hat Dwayne johnson von Schauspielerei nicht den blassesten Schimmer. „The Rock“ ist „The Rock“. Muss er denn in kopflastigem Method Acting die Essenz seiner Rollen spüren? Nein, das sollen andere machen. Und außerdem ist der wandelnde Kleiderschrank so einnehmend sympathisch, dass es reicht, einfach ihn selbst sein zu lassen. Also, wohlgemerkt: wenn Dwayne Johnson draufsteht, ist Dwayne Johnson drin. Und zumindest ich sehe ihm beim Praktizieren dieser einfachen Formel durchaus gerne zu.

Das lässt sich bei mir auch auf Monster ummünzen. Wer meine Reviews kennt, dem wird meine Liebe zu Kreaturen aller Art nicht verborgen geblieben sein. Die Tiermutanten in Rampage sind animationstechnisch wieder mal State of the Art. Wenn sich der Warzenschwein-Alligator durch Chicagos Häusermeer wühlt, der große böse Wolf einen auf Stachelschwein macht oder der Albino-Primat in einer modernisierten Version des guten alten King Kong alles auf die Spitze treibt, können Genre-Liebhaber durchaus vergünglichen Momenten beiwohnen. Klarer Fall von Kaiju-Kino, wie es der südostasiatische Mainstream gerne sieht. Rundherum aber registriere ich weitgehend tote Hose, überraschungsfrei und unfreiwillig trivial. Nichts gegen Trash, noch dazu Edeltrash, das ist die King Kong-Hommage im Stile eines Roland Emmerich von vornherein, und das weiß das Publikum auch. Allerdings scheint es so, als wäre das unausgewogen getimte, dröhnende Krawallkino noch mehr in Richtung Unfug abgeglitten als von den Machern beabsichtigt. Zum Haareraufen, wenn zum Beispiel der Gorilla seine Ernährung umstellt. Vergnüglich wiederum, wenn „Watchman“ Jeffrey Dean Morgan als Süffisanz in Person das Klischee des FBI-Agenten karikiert. Na gut, zum Glück muss ich dann Chicago nicht wieder aufräumen, sondern nur den samtbezogenen Sitzplatz im Kino. Und vielleicht das Kinderzimmer.

Rampage

Jumanji: Willkommen im Dschungel

PANIK IN DER BOTANIK

5/10

 

jumanji© 2017 Sony Pictures

 

LAND: USA 2017

REGIE: JAKE KASDAN

MIT DWAYNE JOHNSON, KEVIN HART, JACK BLACK, KAREN GILLAN U. A.

 

Wenn einmal die Würfel fallen, gibt es kein Entrinnen mehr. Das Spiel muss zu Ende gespielt werden, und zwar von allen Spielern. Keiner darf aussteigen. Und das schlimme daran: Es geht um Leben und Tod. So sehr die ertönenden Buschtrommeln auch ein exotisches Abenteuer verheißen – als großer Brettspielfreund würde ich um Jumanji einen großen Bogen machen. Zu riskant, das Ganze. Vor lauer Nägelbeißen und Angstschweiß absondern vergisst man ja glatt das Würfeln. Doch zum Glück hatten wir Robin Williams, damals in den 90ern. Der begnadete und leider viel zu früh von uns gegangene Komiker und Charakterdarsteller hat in Zeiten der boomenden Spielkonsolen das Brettspiel wieder salon- und haushaltsfähiger gemacht. Wenngleich die Haushaltsversicherung bei Jumanji die Versicherung des Vertrauens wohl in den Ruin treiben würde. Im Original von 1995 bleibt wahrlich kein Stein auf dem anderen, und das phantastische Rennen, retten und Flüchten kocht nur so über vor zündenden Ideen und spannenden Wendungen. Damals war Jumanji auch tricktechnisch State of the Art. Und das dynamische Zusammenspiel der wirklich verzweifelt wirkenden Alt- und Jungdarsteller ist von ansteckender Motivation.

2017 gibt es keinen Robin Williams mehr. Und das zum Kult gewordene Brettspiel fristet seit 22 Jahren sein ungeöffnetes Dasein einer Tretmine gleich unterm Sand an irgendeinem namenslosen Strand (sofern ihr euch noch an die letzte Szene von damals erinnern könnt, wisst ihr, was ich meine). Das unter der Regie von Jake Kasdan nachgereichte Sequel – und nein, es ist kein Remake – schließt genau mit dieser Szene wieder an. Und um zeitgemäß zu sein, spielt man heutzutage Jumanji lieber auf der Konsole als auf einem analogen, rund 30 x 30 cm großen Brett mit Würfelschutz. Schade eigentlich, denn damit entledigt sich der neue Jumanji-Film haufenweise origineller Ideen. Die Digitalisierung des Abenteuerspiels wäre nicht zwingend notwendig gewesen. Gut, aber damit steht und fällt das Konzept des vorliegenden Filmes. Denn diesmal wird nicht nur Robin Williams alias Alan Parrish in die gefährliche Dschungelwelt hineingesogen – diesmal sind es alle, die mitspielen. Was ganz witzig ist, denn die Schüler, die während des Nachsitzens das mysteriöse Spiel in die Finger kriegen, werden in der virtuellen Welt so ziemlich gegen ihren Typ besetzt. Die Tussi vom Dienst ist ein übergewichtiger Kartograph mit Kniestrümpfen und Tropenhelm, der Schüchti aus der letzten Bank ein zwei Meter großer, muskelbepackter Hüne, der so gut wie alles kann und keine Schwächen hat, und der sportaffine lange Lulatsch ein abgezwickter Zoologe, der dem frohgemuten Dwayne Johnson fast nur bis zur Brust geht.

Damit hätten wir aber schon den Reiz des neuen Abenteuers beschrieben. Jumanji: Willkommen im Dschungel ist komödiantisches Schauspielkino voller fehlbesetzter Avatare, die die neugewonnene Situationskomik aufgrund all ihrer Unbeholfenheit für sich entdecken. Das ist manchmal wirklich saukomisch, manchmal aber – und das im Laufe des Films des Öfteren – seufzt man wissend und maximal nur noch schmunzelnd. Das Szenario selbst, die Geschichte hinter dem Spiel, bleibt mit ihrem Einfallsreichtum weit hinter dem Jaguarberg zurück. Ob Elefanten, Raubkatzen oder schnappende Krokodile – der Kniff mit der Kohärenz von Dschungelwelt und Realität fehlt hier ganz. Und genau das war aber der Reiz des unberechenbaren Originals. Vollends digitalisiert, erreicht das Jumanji von heute mit Ausnahme einiger weniger kreativer Momente den Reiz eines öffentlich begehbaren Dschungelzoos – Jurassic World lässt grüßen, allerdings ohne Dinos. Das würde ich mir in natura fraglos gerne ansehen – im Kino erwarte ich mir dann schon noch etwas mehr als eine klamaukige Gruppenführung durch die Botanik.

Jumanji: Willkommen im Dschungel

Vaiana

PARADIES NACH PLAN

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Vaiana

Sommer, Sonne, Strand und Meer – Begriffe, die zum Träumen einladen und das Fernweh nähren. Ein Film, der im ewigen Paradies spielt und mit Palmen, Korallen und Südseerhythmen punkten möchte, kann kein Ladenhüter sein. Zumindest geht Disney mal davon aus und setzt alles auf eine Insel. Eine Insel im Stillen Ozean, vielleicht Samoa, vielleicht Vanuatu oder Hawaii, jedenfalls ein Paradies voller Südeseegottheiten und Legenden. Paul Gauguin wäre entzückt gewesen. Wenn sich die perfekt animierte Inselwelt zu herrlich verklärenden Chören von ihrer Schokoladenseite präsentiert, feiern die Glücksbotenstoffe fröhliche Urständ und das Leben wird um einige Nuancen bunter, abenteuerlicher und farbenfroher. Ganz so präsentiert sich das warmwassergebadete, dramatisch-humorvolle Südseemärchen und hat nichts Anderes vor, als in den Fußstapfen der Eiskönigin einen ebensolchen Erfolg einzufahren wie die klirrend kalte Schwester im hohen Norden. Das Problem dabei ist – man merkt es dem Film Vaiana jede Minute an.

Wenn Disney seinen Erfolg so vehement durchkalkuliert, bleibt von der Spontaneität und Natürlichkeit einer filmischen Erzählung nichts mehr übrig. Die Produktionen werden austauschbar, schablonenhaft und klar erkennbar aus kommerziell erträglichen Versatzstücken zusammengeschustert. Das Mädchen Vaiana mag sich zwar anders verhalten als ihre aschblonde Schwester Prinzessin Elsa, in groben Zügen aber sind beide vom gleichen Schlag. Großäugige, ranke und schlanke Mädchen aus dem Computer, die sich als konstruiertes Alter Ego in den Köpfen kleiner Mädchen häuslich einrichten. Nutzt es nichts, so schadet es auch nichts. Das erste Idol im Leben beginnender Grundschüler ist geboren. Ob Vaiana das gleiche Zeug dazu hat, wird sich erst im Merchandising- und Retail-Sektor zeigen. Allerdings hat Disney zu Zeiten der Eiskönigin ein weitaus höheres Budget für bedruckten Krimskrams aller Art zur Seite gelegt. Von Vaiana bleibt vielleicht nur buntes Polyester-Bettzeug. Und auch das alles dominierende, zentrale Solo der zarten Südseeschönheit will um jeden Preis an Idina Menzels wunderbar gesungenem und allen Eltern bis zum Nimmerhören bekannten Let it Go anschließen. Zurecht oscarprämiert, hat die kraftvolle Selbstbekenntnis Elsas auch beim wiederholten Male das Zeug zum Gänsehautklassiker. Tatsächlich erzielt der Song Far I´ll go einen ähnlichen Effekt. Für romantisch-sehnsüchtige Balladenliebhaber eine Sternstunde des Schmachtens und Träumens. In der deutschen Synchronisation übrigens gesungen vom wohl am meisten polarisierenden Schlagerstar der letzten Jahre – Helene Fischer. Eine Dame mit guter Stimme, von der man nie weiß, ob sie das, was sie singt, selbst gerne hört. Jedenfalls muss ihr Ich bin bereit – so die deutsche Übersetzung – mit Sicherheit gefallen. Uns – oder mir – gefällt es. Und dann gibt’s da noch den schrulligen Helden voller lebhafter Tattoos, eine Karikatur aus IZ Kamakawiwo’ole und Dwayne „The Rock“ Johnson. Sympathisch, tapfer und – wie bei Disney üblich – von liebenswertem Charakter. Verwunderlich sogar, dass eine Hommage an den leider verstorbenen, schwergewichtigen Insulaner, der Judy Garland´s Over the Rainbow wieder salonfähig machte, gänzlich ausbleibt. Und die schielende Intelligenzbestie von Huhn sorgt auch bei Kindern jüngeren Alters, die sich mit den älteren Geschwistern ins Kino verirren, für Lacher. Somit ist die ganze Familie bedient und alles gut durchdacht. Schablonenhaft, wie ich schon sagte.

Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Und man ahnt natürlich schon von Anbeginn an, wie es enden wird. Spannend ist was Anderes – zumindest für Erwachsene. Dennoch, und allen kritischen Bemerkungen meinerseits zum Trotz, wissen die Macher von Vaiana haargenau, was das Publikum berührt, belustigt und Freude bereitet. Das Südseeabenteuer ist perfekt, und hat von allem etwas. Genauso wie es sein soll, und das aber ohne Überraschungen.

 

 

 

Vaiana