Rebel Moon – Teil 1: Kind des Feuers (2023)

BAUCHFLECK AUF KOSMISCHER URSUPPE

2/10


REBEL MOON© 2023 Netflix


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: ZACK SNYDER

DREHBUCH: SHAY HATTEN, KURT JOHNSTAD & ZACK SNYDER

CAST: SOFIA BOUTELLA, CHARLIE HUNNAM, MICHEL HUISMAN, ED SKREIN, DJIMON HOUNSOU, JENA MALONE, RAY FISHER, COREY STOLL, FRA FEE, CLEOPATRA COLEMAN, STAZ NAIR U. A.

LÄNGE: 2 STD 15 MIN


George Lucas wollte sie nicht: Zack Snyder und sein selbst verfasstes Drehbuch zu einer Star Wars- Episode, die einfach gedreht werden musste, weil das Skript so gut sei. Als Arbeitstitel könnte auf dessen Deckblatt auch Die Sieben Samurai im Weltraum gestanden haben, doch das Konzept der zusammengewürfelten Selbsthilfegruppe zur Verteidigung von was weiß ich was allem ist eine gefühlt tausende Male schon interpretierte und letztlich ausgelutschte Sache. Die Saat hätte unter Zack Snyder allerdings neu aufgehen können. Wir wissen, welch ein Visionär der Mann sein kann. Ich schätze seine Ausflüge ins DC-Universum – die Sprache, die er dabei zum Ausdruck brachte, klingt nach jener aus den Comics. Dem Director‘s Cut seiner Justice League räume ich an guten Tagen gar den Status eines Meisterwerks ein. Und 300 – der spartanische Widerstand gegen die Perser: Ein Stück Action-Avantgarde. Doch Snyder ist vermutlich einer, der, angeleitet, Großes vollbringen mag. Der aber, mit sich selbst alleingelassen, nicht so recht weiß, wo er ansetzen und wo er absetzen soll. Bestes Beispiel, nicht zu wissen, mit welchen Dosen er hantieren muss, ist Rebel Moon. Mit Abstand der schwächste Film des eben erst vergangenen Jahres.

Zack Snyder hat jede Menge Potenzial, darüber lässt sich meiner Ansicht nach gar nicht streiten. Was er allerdings nicht kann, zeigt der Auftakt eines Franchise, welches, ist der erste Teil mit einer Länge von knapp zweieinhalb Stunden mal durchgestreamt, zumindest bis zu diesem Punkt nichts und niemanden bereichert. Weder das Genre des Science-Fiction-Films noch die dem Phantastischen zugetane Zielgruppe. Dass da so einiges nicht rund läuft, lässt sich bereits in einer der ersten Einstellungen erkennen. Sofia Boutella, Ex-Mumie und Star Trek-Alien, beackert auf dem Mond Veldt auf vorsintflutliche Weise ein Feld, hinter ihr ein aubergineroter Sonnenuntergang. Irgendeine Bodenfrucht gräbt unsere spätere Heldin dabei aus, während sie Besuch aus dem Dorf bekommt, das eher einer Siedlung gleicht. Das alles hat den Touch einer schlecht beleuchteten Bühne. Sets wie diese ohne Tiefenwirkung unterliegen artifiziellen Effekten, die keine Stimmung vermitteln – nur eine von mehreren Unzulänglichkeiten, die der prognostizierten Epik von Snyders persönlichem Vorhaben im Wege stehen. Die Problematik beginnt zeitgleich mit der Wahl seiner Mittel auch mit dem zugrundeliegenden Plot.

Die ehemalige Elitesoldatin Kora dürfte vor einiger Zeit mit ihrem Raumschiff auf Veldt abgestürzt und von der Gemeinschaft der autarken Bauern aufgenommen worden sein. Ein besserer Weg, um aus einer tyrannischen Maschinerie wie jene des Regenten Basilarius auszusteigen, wird sich wohl kaum finden. Und dennoch reicht der Arm der Mutterwelt sogar so weit, um der archaischen und stark an Nordländer erinnernden Gemeinschaft ein Komitee zu schicken. Admiral Noble nämlich, gespielt von Ed Skrein und seiner Uniform sowie überhaupt dem ganzen Gehabe nach stark an einen gehirngewaschenen Psychopathen aus dem Nazi-Regime erinnernd, sucht wie seinerzeit im Star Wars-Universum der Großinquisitor und seine Handlanger nach Rebellen, die sich hier versteckt halten. Die Bösen verbreiten naturgemäß Angst und Schrecken, während Kora und Gunnar mithilfe des an Han Solo erinnernden Vagabunden Kai entwischen können, um quer durch die Galaxis zu fliegen und Leute zu rekrutieren, die sich später, Seite an Seite mit Zugpferd Boutella, dem Regime in den Weg stellen sollen.

Ein paar bemühte Story-Twists sollen der schalen Geschichte ein bisschen Würze verleihen – leider vergebens. Rebel Moon schmeckt nach nichts. Hat weder Atmosphäre noch Charme noch Wirkung. Eine verdünnte kosmische Ursuppe, die sich frei heraus und mit unverhohlener Dreistigkeit bei gefühlt allen Klassikern des Genres auf eine Weise bedient, die auffälliger nicht sein könnte. Natürlich mischt Star Wars ganz vorne mit, des weiteren Blade Runner, Snyders eigene DC-Filme und Matrix. Snyders gewählter Stil passt vorne und hinten nicht zusammen. Ackerbau und Viehzucht aus stromlosen Zeiten, Mittelalter gepaart mit Steampunk-Monarchismus, griechischen Heldensagen, Harry Potter und antiquarischem High-Tech. Was für ein Hybrid, ein filmisches Kuckuckskind, das überall mitnascht, um nur nichts Eigenes zu entwickeln. In diesem Stückwerk aus angerissenen Welten und mauen Effekten: ein ganzes Ensemble wenig interessanter, geradezu flacher Charaktere, deren Biographien man nicht kennen will, deren Schicksale einem egal sind; die so lieblos aufs Spielbrett gesetzt werden wie Bauernopfer beim Schach. Noch ein Seitenblick auf Star Wars gefällig? Da sind Luka, Leia, Han, Obi Wan und Chewbacca Seelen, die dank ihres Charismas ein ganzes galaktisches System aus ihren Angeln heben können. Blickt man wieder zurück auf Rebel Moon, bleibt nur Schmuck ohne Körper. Langweilig und generisch – fast so, als käme das Drehbuch aus dem Hexenkessel einer KI.

Spätestens, wenn sich Möchtegern-Waterloo Staz Nair mit nacktem Oberkörper allen Zweifeln erhaben auf einen pechschwarzen Greifen schwingt, übertüncht die unfreiwillige Komik letztlich all die halb ausgebackenen Versatzstücke. Die leicht erworbene Selbstgerechtigkeit einer jeden einzelnen Figur steht vielleicht Bat- oder Superman, aber keiner und keinem einzigen in dieser Truppe. Ed Skrein mag da noch wahren, was es zu wahren gibt, als verbissener, aber eindimensionaler Schurke. Dem Rest mag bei der Fahrt durch ein Asteroidenfeld der Parcour gelingen oder auch nicht – die Sorge darüber hält sich in Grenzen.

Rebel Moon – Teil 1: Kind des Feuers (2023)

Gran Turismo (2023)

VOM KINDERZIMMER AUF DIE RENNBAHN

7/10


Archie Madekwe (Finalized)© 2023 CTMG. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: NEILL BLOMKAMP

DREHBUCH: JASON DEAN HALL, ZACH BAYLIN

CAST: ARCHIE MADEKWE, DAVID HARBOUR, ORLANDO BLOOM, DJIMON HOUNSOU, GERI HALLIWELL, DARREN BARNET, JOSHA STRADOWSKI, MAEVE COURTIER-LILLEY, MAXIMILIAN MUNDT, THOMAS KRETSCHMANN U. A.

LÄNGE: 2 STD 15 MIN


Es gibt diesen von mir als Jugendlicher sehr geschätzten und dutzende Male gesehenen Film aus den Achtzigern: Starfight. Kennt Ihr den? Das Science Fiction-Abenteuer, welches erstmals ganze computeranimierte Passagen für seine Weltraumschlachten verwendet hat, besitzt zumindest anfangs eine vergleichbare Prämisse wie in der eben erst angelaufenen True Story über einen Gamer, der dank seiner exorbitanten Leistungen vor dem Monitor tatsächlich in einen Boliden steigen darf. In Starfight war ein auf Erden aufgestelltes Arcade-Spiel ebenfalls dazu da, um geeignete Kampfpiloten zu finden, die letztlich einen für die Erde kaum relevanten Krieg zwischen zwei Alien-Rassen ausfechten mussten. Alex Rogan war einer von ihnen – und durfte ins All.

Was in der Fiktion vielleicht ein bisschen haarsträubend klingen mag, ist – umgemünzt auf den Rennsport – ähnlich passiert. Spontan würde man diese Methode des Marketings für fahrlässig erachten, denn wie sehr kann ein Stubenhocker, der zwar in der Theorie vieles über Autos weiß, denn wirklich und im echten Leben seine über 300 Sachen fahren, auch wenn er die Rennstrecken dieser Welt so gut wie auswendig kennt? Wer nichts wagt, der nicht gewinnt – doch für diesen PR-Gag akzeptiert der Aufsichtsrat von Nissan dann doch ein gewisses Risiko, dank der charismatischen Überzeugungskraft von Marketing Manager Danny Moore („Legolas“ Orlando Bloom). Natürlich ist die Auswahl des letztlich für den Autohersteller wettreitenden Testimonials kein 6 aus 45, sondern setzt sehr wohl gewaltiges Können voraus. Erstmal auf der Konsole, und dann auf dem Asphalt. Das Rennen macht ein dauerzockender Teenager aus Cardiff, Jann Mardenborough, um als einer von zehn Teilnehmern an der GT Academy unter der Obhut des grimmigen, aber herzensguten Ex-Rennfahrers Jack Salter (David Harbour) zum Bleifuß heranzureifen. In der Welt des Rennsports werden diese sogenannten Sim-Racer wenig willkommen geheißen. Und als während der ersten Rennen an den berüchtigtsten Strecken Europas die Nerven blank liegen, weil es um Leben und Tod geht, stößt sich – was unvermeidbar war –  Jann seine Hörner ab.

Lange schon war Gran Turismo als Verfilmung des gleichnamigen Simulators im Gespräch – für den nun endlich erschienenen Sport-Actioner holten die Geldgeber Science-Fiction-Visionär Neill Blomkamp aus der Versenkung, dessen besten Zeiten mit District 9, Chappie oder Elysium lange zurückliegen. Am Alien-Franchise hätte er herumprobieren sollen, doch daraus wurde nichts. Weg vom Phantastischen hin zu rauchendem Gummi klappt allerdings auch – gepaart mit dem richtigen Timing für das Zwischenmenschliche hinter dem Eifer des Sieges braucht sich Gran Turismo kaum hinter anderen Genrewerken zu verstecken, obwohl sich nicht alles, was wir hier zu sehen bekommen, wirklich so zugetragen hat. Dass David Harbours Figur aus rein dramaturgischen Gründen in die Story eingeflochten wurde und gar nicht wirklich existiert hat; dass Orlando Blooms Charakter auch ganz anders hieß und das 24 Stunden-Rennen statt in Les Mans in Dubai stattgefunden hat – alles Zugeständnisse für eine klassische Sportgeschichte, die von Ehrgeiz, dem Willen zum Sieg und dem Alles ist möglich-Motto erzählen. Es gibt die Freundin, die den Rücken stärkt, der reuevolle Vater, der die Skills des Sohnes nicht richtig zu schätzen wusste und der aufrechte Mentor, der zum Freund wird und Janns Glauben an sich selbst pusht: Alles Versatzstücke, die man gerne bedient – aber auch gerne bedient sieht. Denn Geschichten wie diese, die sind zwar simplifiziert und biedern sich den Wünschen der Geldgeber an, können aber auch ordentlich mitreißen. Wie Gran Turismo eben.

Wenn Mardenborough an den Start geht, wenn am Nürburgring ein spektakulärer Unfall den eingeschlagenen Weg des jungen Idealisten ins Wanken bringt – wenn fiese Wettstreiter wie das Capa-Team vielleicht gar die Oberhand gewinnen: All das ist packend inszeniert und tausendmal spannender als Live-Übertragungen diverser Rennen irgendwo am Planeten, auch wenn sie vielleicht von Heinz Prüller auf sympathische Weise kommentiert worden sind.

Explodieren die Boliden, ist das Publikum zufrieden – so singt es Rainhard Fendrich in seinem Klassiker Es lebe der Sport. Ja, so ist es, da lässt sich nichts schönreden und auch keine Entschuldigung finden. Ein Rennen ist wie das Ziehen in eine Schlacht – wenn dann ein Jungspund den Wagen lenkt, ist das wie Luke Skywalker in seinem X-Wing. Man fiebert mit. Und weiß, dass Rennsportfilme – sowie Sportfilme überhaupt – die bessere Wahl dafür sind, anderen beim Wettstreit um die beste Leistung zuzusehen. Das gilt zumindest für mich.

Gran Turismo (2023)

Shazam! Fury of the Gods (2023)

WELCOME TO THE THUNDERDOME

6/10


shazam2© 2023 Warner Bros. Entertainment Inc.


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: DAVID F. SANDBERG

BUCH: HENRY GAYDEN, CHRIS MORGAN

CAST: ZACHARY LEVI, ASHER ANGEL, JACK DYLAN GRAZER, DJIMON HOUNSOU, HELEN MIRREN, LUCY LIU, RACHEL ZEGLER, COOPER ANDREWS, MARTA MILANS, ADAM BRODY, MEAGAN GOOD, ROSS BUTLER, D. J. COTRONA, GAL GADOT U. A. 

LÄNGE: 2 STD 10 MIN


Er ist zwar schon um einige Jährchen älter geworden – doch ein Kindskopf ist er immer noch: Billy Batson, Spross einer Patchwork-Familie, der so, wie die Jungfrau zum Kind kommt, die Genese zum Helden hat erfahren müssen. Shazam! heißt das Zauberwort, und schon schlüpft der Junge in die Gestalt von Zachary Levi, der sich aufführt wie Tom Hanks zu seinen Big-Zeiten und keine noch so banale Situation nicht irgendwie mit einem Onliner belegt. Gibt’s Menschenleben gefährdende Krisen, rückt er an – gemeinsam mit seinen Patchwork-Geschwistern, die auch alle, und zwar damals im ersten Shazam! anno 2019, mit formvollendeter Statur und Superkräften gesegnet wurden. Und dennoch: anscheinend richten die fünf Oberstufler mehr Schaden an, als sie verhindern. Gern gesehen sind sie nicht, und schon gar nicht bei den Töchtern des Titanen Atlas – Hespera, Kalypso und Anthea. Die sind nämlich der Meinung, der gute alte Dreadlock-Zauberer aus dem ersten Teil (selbstironisch: Djimon Hounsou) hatte sich damals die fünf besten Kräfte der Antike rechtswidrig unter den Nagel gerissen und weiterverschachert – eben an Billy Batson und Geschwister. Selten will man das, was einem zum besseren Individuum macht, wieder hergeben. Schon gar nicht, wenn eine der drei Schwestern, nämlich Kalypso, damit spekuliert, die Menschheit auszulöschen. Man kann sich also vorstellen, mit welchen Unannehmlichkeiten die Shazam!-Jünger hier rechnen müssen. Es bröckelt der Beton, es zucken die Blitze, es fliegen die Watschen. Und zwischendurch will man auch noch sich selbst finden und seine inneren Werte. Aber das nur so nebenbei.

Denn ganz wichtig für David F. Sandberg ist es, hier Action- und Fantasykino ohne Reue auf den Screen zu schleudern. Abschalten, Augen und Ohren auf – ja, der Sound ist diesmal klasse, zumindest im Kino meiner Wahl – und zumindest drauflos schmunzeln, wenn der Titelheld von Wonder Woman träumt oder mithilfe einer denkenden Schreibfeder einen saukomischen Brief an Göttin Hespera verfasst. Hespera – wir wissen – das ist tatsächlich die mit den goldenen Äpfeln, somit hätten wir eine der Aufgaben des Herkules in Arbeit. Wobei Helen Mirren und Lucy Liu nicht so ganz in ihre Rollen passen – vielleicht liegt das gar an ihren etwas lächerlichen Outfits. Rachel Zegler tut sich da leichter, sie ist noch nicht so lange im Business, um sich Ermüdungserscheinungen leisten zu können. Spaß, wenn auch nicht mehr zum Brüllen, hat Zachary Levy immer noch, auch wenn der Charakter als Superheld mit dem des normalen Billy nicht ganz konsistent ist. Es fehlt das gewisse Etwas, nämlich jener zu Herzen gehende Aspekt eines tragikomischen Jugenddramas, welches den locker-infantilen Humor des Erstlings als aufmunternde Witzkiste damals dankend entgegennahm. Hier, in Shazam! Fury of the Gods, bleiben die persönlichen Sorgen nur notwendiges Beiwerk, während DC spätestens mit aus dem sprichwörtlichen Hut gezauberten Sagengestalten in einen fahrigen Fantasykitsch abrutscht, der etwas übers Knie gebrochen wirkt. Wett macht das Ganze aber ein genüsslicher Cameo, der, auch wenn’s nur wenige Minuten sind, den ganzen Filme aus dem Mittelmaß holt. Das tut auch der Drache, und ja – Drachen haben in Serien und Filmen gerade Hochkonjunktur, und ich selbst kann es nicht oft genug betonen, wie mich dieser Umstand als großer Drachen-Liebhaber zappeln lässt vor Freude.

Im Großen und Ganzen sitzt der Spaß am rechten Fleck, bleiben die Antagonistinnen recht bemüht, der Budenzauber aber formschön. Ein DC-Film, der zwar nicht nachhaltig in Erinnerung bleibt, der aber anhand seines Cameos, wohlwissend, wie Warner zukünftig mit seinen DC-Helden umgehen wird, für Wehmut sorgt. Wer weiß, ob wir Shazam! jemals wiedersehen werden? Ach ja, Flash kommt jedenfalls noch. Und dann? War’s das echt? Oder wies sieht’s mit Peacemaker aus? Kennern der Serie würde ich raten, den Abspann lang sitzen zu bleiben. Vielleicht kommt alles anders, als man denkt.

Shazam! Fury of the Gods (2023)

Black Adam

EIN FELS IN DER SCHWEBE

5/10


blackadam© 2022 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: JAUME COLLET-SERRA

CAST: DWAYNE JOHNSON, PIERCE BROSNAN, NOAH CENTINEO, ALDIS HODGE, SARAH SHAHI, MARWAN KENZARI, QUINTESSA SWINDELL, VIOLA DAVIS, DJIMON HOUNSOU U. A.

LÄNGE: 2 STD 5 MIN


Jetzt wird alles anders! So zumindest will es laut filmstarts der neue Warner-Chef David Zaslav. Und er macht Tabula Rasa. Er sperrt den bereits abgedrehten Film Batgirl in den Giftschrank und hofft, ihn zur Gänze von der Steuer absetzen zu können (was ihm womöglich auch gelingen wird). Er hält auch nicht viel von Solo-Gängen oder unterschiedlichen Herangehensweisen in der Tonalität eines DC Extended Universe. Vielmehr sollte man sich an Marvel wieder ein Beispiel nehmen. So, wie Kevin Feige es macht – und wir sehen ja, auf welcher Erfolgswelle er schwimmt – soll auch das DC-Universum seine Fangemeinde etablieren und zu regelmäßigen Kinoevents einladen, die das Blaue vom Himmel blitzgewittern und so richtig ohrenbetäubend die Motoren heulen lassen. Nicht alle wollen das, die breite Masse aber schon. Dabei gibt es Gerüchte, dass der vermeintlich neue DC-Chef Dan Lin, Executive Producer bei den Lego-Filmen oder Godzilla vs. Kong, Zac Snyder wohl nicht mehr im Regiestuhl sehen will. Die Art und Weise, wie er Filme mache, und insbesondere der Snyder Cut der Justice League (eine Sternstunde der DC-Filme), entspräche nun nicht mehr den Vibes, die Zaslav an seine Seher vermitteln will. Überraschenderweise aber haben die Verantwortlichen mit ihrem neuesten Knüller Black Adam genau das getan. Sie haben nicht nur anhand Marvel gelernt, wie man eingehend sympathische Figuren nah ans Publikum heranbringen und augenzwinkernde Ironie ausgeglichen verteilen kann – sie imitieren den Stil des 300-Schöpfers so sehr offensichtlich, dass es fast scheint, als würde sich Warner in die eigene Tasche lügen.

Unterm Strich heißt das: Mit Black Adam, der ja laut Lin sehr wohl dem neuen Trend der DC-Kinofilme entsprechen soll, erblickt eine eierlegende Wollmilchsau die Leinwand, die so pathetisch ins Feld zieht wie Leonidas und seine Spartaner, so schräg auftreten will wie James Gunns The Suicide Squad und so viel launiges Teamwork samt interner Diskrepanzen darüber pfeffern möchte wie in den Filmen der Avengers-Macher Anthony & Joe Russo. Ungefähr so wabert Black Adam auch daher und plustert sich zu einer gottgleichen Größe auf, in der ein Dwayne Johnson, dem man niemals auch nur ansatzweise böse sein kann, permanent über allen Dingen schwebt und genauso selten Bodenhaftung erreicht wie das Brachialabenteuer selbst.

In diesem erwacht im fiktiven Staat Kahndaq, der Ägypten mit seiner Küstenstadt Alexandrien zum Verwechseln ähnlich sieht, ein gottgleicher Shazam!-Champion aus einem 5000 Jahre andauernden Schlaf, um Rache zu üben. Befreit wird dieser von einer Polit-Aktivistin namens Isis (!), die eine von dämonischer Macht angereicherte Krone in Gewahrsam bringen will, bevor dies die Intergang tut, eine Militärdiktatur, deren Ziel es ist, die antike Monarchie von vor 5000 Jahren wieder weiterzuführen. Da steht – oder schwebt – nun natürlich der stiernackige Schrank von einem Halbgott ins Bild, der so unbesiegbar scheint wie Superman und alles kann, nur nicht in die Knie gezwungen werden. Das wiederum ruft die Justice Society of America auf den Plan und eben nicht die Justice League, um den neu erstarkten Schurken die Leviten zu lesen. Dabei wird klar, das die richtigen Fieslinge ganz andere Leute sind.

Mit dieser neuen Justice Society brechen diverseste Antworten auf Marvels Helden wie Ant Man, Falcon oder „X-Woman“ Storm durch die Schallmauer – deren Terminkalender scheinen wohl nicht so verbucht wie bei Batman, Wonder Woman und Co. Und auch ihr Gütesiegel liegt wohl noch eine Liga drunter, zumindest aber über jener der Suicide Squad, die alle aus demselben Universum kommen. Jaume Collet-Serra ( u. a. Jungle Cruise) schart um den distinguierten Dr. Strange-Verschnitt Dr. Fate so einige schräge Gestalten, die sich auf vergnügliche Art zusammenraufen, um Black Adam in Zaum zu halten. Der wiederum ist nur schwer ernst zu nehmen und hat auch stets – und dank Johnson ­­­– einen Hang zur unfreiwilligen Komik.

Unter dieser orientierungslosen und belächelten Stilsuche leidet auch der ganze Film. Am ehesten noch möge Zac Snyder darauf hinweisen mit den einleitenden Worten „Ich hab’s euch ja gesagt“, dass er seinen eigenen Stil wohl am besten beherrscht, und eben nicht andere Auftragsregisseure ohne eigener Vision wie Collet-Serra. Bei ihm gerät ein in triefendem Pathos ertrinkender 300-Stil mit CGI-Gewitterstimmung und inflationär eingesetzter Slow Motion inmitten donnernder Actionsequenzen zur Trittbrettfahrt neben der Spur eines geschmähten Kenners, der gewusst hätte, wie viel davon ein Film wie Black Adam vertragen könnte. Alle anderen wissen das scheinbar nicht – und kleistern genau dort alles zu, wo weniger mehr gewesen wäre. Ein Mehr hätte auch das schale Skript vertragen, und überhaupt das schauspielerische Engagement der Schauspieler. Das Konzept wirkt seltsam billig, gehetzt und gehudelt, selbst die Effekte sind nicht State of the Art, doch das merkt man anhand des kaschierenden Snyder-Stils nur manchmal.

Dwayne Johnson scheint sich inmitten seines pittoresken Superhelden-Trashs aber sichtlich wohlzufühlen, denn sowas wie Black Adam wollte er immer schon mal machen. Da der Ex-Wrestler einfach ein gewinnendes Wesen besitzt, sieht man ihm selbst dann gerne zu, wenn der Rest die ganze Zeit nur denen nacheifern will, die es besser gemacht hätten.

Black Adam

A Quiet Place 2

ALLE MAL HERHÖREN!

7,5/10


aquietplace2© 2020 Paramount


LAND / JAHR: USA 2020

BUCH / REGIE: JOHN KRASINSKI

CAST: EMILY BLUNT, MILLICENT SIMMONDS, NOAH JUPE, CILIAN MURPHY, DJIMON HOUNSOU U. A.

LÄNGE: 1 STD 37 MIN


Selten haben wir Menschen so sehr etwas nicht im Griff gehabt. Und damit meine ich nicht unser Virendilemma in der für uns allen synchronisierten Wirklichkeit. Da scheint es zumindest in einigen Teilen der Welt langsam bergauf zu gehen. So wirklich am Allerwertesten ist Homo Sapiens diesmal nicht wegen mikroskopisch kleiner Lebewesen, sondern aufgrund raumfüllender, bissfreudiger und höchst gelenkiger Akrobaten. Raubtiere from Outer Space, soviel wird zu Beginn des Sequels zu A Quiet Place sofort klar. Diese Dinger landen überall auf der Welt. Doch wie konnte das nur passieren, dass wir diesen animalische Riesen, die weder über irgendeine Art Technologie verfügen noch in ihrem Instinktverhalten schwer zu durchschauen sind, einen ganzen Planeten überlassen? Angesichts hoch aufgerüsteter Staaten, forschenden Koryphäen und einem gesunden Menschenverstand wären die blinden Wüteriche, die sicherlich irgendwie mit Venom verwandt sein müssen, als Plage sehr schnell vom Angesicht dieser Erde getilgt. Die Welt, so scheint es, dürfte aber so einiges verschlafen haben, vielleicht waren auch zu viele Lobbies darin involviert, zu viele Begehrlichkeiten, die alle Seiten in der Umsetzung ihrer Strategien gehemmt haben.

Hätte die Menschheit nur halb so viel Vernichtungsfreude an den Tag gelegt wie bei einigen unserer ausgerotteten und unwiederbringlichen Tierarten, gäbe es kein Quiet Place. Wenn überhaupt, dann nur einen Sommer lang. Auf dieser hinterfragungswürdigen Basis errichtet Joseph Krasinski voller Elan das Da Capo zu einem sehr erfolgreichen Kinokassenschlager. Die bewährten Zutaten sind abermals ein kleiner, überschaubarer Plot und ein spezieller Kniff: Die Aliens können nicht sehen, aber verdammt gut hören. Wie Hunde eben. Nach dem Prolog macht der Film genau da weiter, wo das Original zuletzt geendet hat. Mutter Emily Blunt streift mit ihren drei Kindern barfuß durchs Land (Wie wär’s mit Sneakers?). Wohin, ist nicht klar. Kurze Zeit später entdecken sie einen alten Bekannten wieder. Der hat sich aber stark verändert, nicht nur optisch. Auch sein Charakter gleicht dem eines einsamen Mad Max, der sich in einer alten Fabrik verschanzt hat. Hilfe ist von ihm erstmals keine zu erwarten. Angesichts dieser Umstände muss Töchterchen Regan (tough: Millicent Simmonds) die Sache allein in die Hand nehmen, hat sie doch die Position des einzigen noch aktiven Radiosenders lokalisiert, der sichere Zuflucht verheißen könnte – und gar nicht mal so weit weg liegt.

Obwohl ich den ratlosen Protagonisten in A Quiet Place 2 händeringend das Offensichtliche begreifbar machen möchte, ist es letzten Endes ein jauchzendes Vergnügen, wenn endlich der Groschen fällt. Bis es so weit kommt, macht John Krasinski auch schon im Vorfeld vieles richtig. Und vielleicht gelingt ihm dabei sogar mehr als bei seinem Erstling. Das Spiel mit der Stille, kombiniert mit den knackenden Geräuschen der Aliens, bietet Breitseiten für kreatives Austoben. Der Suspense mag vorhersehbar sein, die Intermezzi und die listigen Duelle mit den Kreaturen erinnern frappant an die schönsten Begegnungen mit Ridley Scotts Xenomorph. Krasinskis staksende Wesen punkten nebst ihrer schaurigen Wertigkeit als absolute Hingucker mit  durchdachtem Creature-Design und kommen diesmal auch mehr zur Geltung. Dabei sind sie wie in Alien immer Teil ihrer Umwelt, verschmelzen mit Maschinen, werfen expressionistische Schatten. Klassisches Monsterkino.

Auch wenn Emily Blunt und Co und überhaupt die ganze Menschheit hier lange nicht eins und eins zusammenzählen können – versöhnlich stimmt, dass Krasinski leeren dramaturgischen Floskeln aus dem Weg geht. Sein Finale ist überdies grandios gelungen. Dicht, flott geschnitten und mit stimmigem Score hinterlegt. Das knappe und gleichermaßen sehr elegante Ende macht manch Fragwürdiges wieder gut, ist knackig und hat Understatement. Meines Erachtens nach wäre die Geschichte rund um eine Bioinvasion wie diese somit punktgenau auserzählt. Ein weiterer Teil könnte den Eindruck erwecken, lediglich die Kuh – oder das Monster – melken zu wollen. Das könnte zur Folge haben, dass keiner mehr hinhören will.

A Quiet Place 2

Air

ATEMLOS DURCH DEN SCHACHT

5,5/10

 

air© 2015 Sony Pictures International

 

LAND: USA 2015

REGIE: CHRISTIAN CANTAMESSA

CAST: NORMAN REEDUS, DJIMON HOUNSOU, SANDRINE HOLT U. A. 

 

Nein, dieser Film handelt nicht von der französischen Synthie-Pop-Band gleichen Namens. Er handelt – ganz ohne viel Hang zur Fehlinterpretation – tatsächlich von Luft. Die ist knapp bemessen, oder wir könnten auch sagen, es gibt sie gar nicht mehr so, wie wir sie kennen. Ist mir da nicht unlängst so etwas Ähnliches auf Netflix über den Weg gelaufen? Ja natürlich, der Film hieß IO, und auch dort war unserer Atmosphäre nicht mehr wirklich danach, weiterhin atembar zu bleiben. Eine fragwürdige neue Zusammensetzung der Bestandteile führte bei IO also zum großen Exodus – und einem Lockdown der ganzen Erde. Bei IO konnten die Menschen zumindest entkommen – was für ein Glück, technisch gesehen ordentlich was weitergebracht zu haben, sonst wären wir alle gnadenlos erstickt. In Air ist der Worst Case anscheinend passiert. Homo sapiens mit Schnappatmung, danach das Ende. Die Technik: leider in den Erwartungen ganz weit hinten, und nichts innovativ genug, um dem Planeten den Rücken zu kehren. Was tut Mensch also, um nicht komplett aus den terranischen Geschichtsbüchern zu verschwinden? Er versetzt das Wissen der Menschheit in Gestalt renommierter wissenschaftlicher Koryphäen auf ihrem Gebiet in Tiefschlaf – um sie dann wieder daraus hervorzuholen, wenn die menschengemachte Kontamination der Atmosphäre (Auslöser dafür waren womöglich Kriege) wieder neutralisiert ist. Wenn es denn so weit kommt. Bewachen und Warten muss das Ganze natürlich auch irgendwer – zwei sagen wir mal Facility Manager, oder schlicht und ergreifend technisch versierte Hausmeister, die das Standby am Laufen halten. Die dürfen alle 6 Monate ebenfalls erwachen, um nach dem Rechten zu sehen. Und natürlich kommt, wie es kommen muss – die Technik versagt, und scheinbar nirgendwo gibt es Ersatzteile, um das Handwerkerduo wieder in Tiefschlag versetzen zu können. Ein Königreich für einen Baumarkt! Die Zeit drängt, denn nach zwei Stunden schaltet sich die automatische Sauerstoffzufuhr wieder ab.

Es ist ganz offensichtlich, dass die Technik in Air weit davon entfernt ist, mit dem Exodus zu fremden Planeten zu liebäugeln. Wir haben es hier mit Konsolen aus dem Fundus der antiken Enterprise zu tun. Ein Knopfgewusel und Herumgeblinke, selbst für stark Fehlsichtige nicht zu übersehen. Bildschirme aus der Prä-Apple-Klassik-Zeit. Und Videorecorder, um Aufgezeichnetes abzuspielen. In diesem Knöpfe- und Schalterkeller verrichten Walking Dead-Star Norman Reedus und Djimon Hounsou ihre Pflicht, und sie halten es gerade mal miteinander aus, wohlwissend, kurzerhand wieder weiterzuschlummern. Einer von den beiden hat aber ein Geheimnis, und das macht die ganze Szenerie durchaus interessant – wie es eben bei Zwei-Personen-Filmen interessant werden kann. Air ist ein sichtlich niedrigbudgetiertes B-Movie – angesichts des Equipments, das sich selbst für unsereins relativ schnell zusammenstellen lässt, vorausgesetzt, man hat einen Hobbykeller im Eigenheim und das Eingelegte lässt sich hinter Planen gut verbergen. Doch warum nicht – es kommt doch immer nur auf das Wie an. Und eine Idee dahinter, die natürlich zünden muss. Demzufolge hat das Science-Fiction-Kammerspiel nicht wirklich etwas falsch gemacht. Es ist ein kleiner Film, fast schon ein Intermezzo oder sagen wir ein Präludium zu etwas Größerem, zum eigentlichen Hauptfilm, der aber nie kommt. Eine solide Spielerei ist Air geworden, ein Filmchen unter Freunden, durchaus bedrückend, nicht weniger postapokalyptisch wie I am Legend oder der neuseeländische Endzeitthriller Quiet Earth. Zumindest gibts ein Backup im Dornröschenschlaf. Bleibt nur die Frage, welcher Prinz im Blaumann für den Aufwachkuss die Lippen schürzt.

Air

3 Engel für Charlie (2019)

SCHICKE MÄDELS AM TRAMPOLIN

5,5/10

 

engelcharlie© 2019 Sony Pictures

 

LAND: USA 2019

REGIE: ELIZABETH BANKS

CAST: KRISTEN STEWART, NAOMI SCOTT, ELLA BALANSKI, ELIZABETH BANKS, PATRICK STEWART, DJIMON HOUNSOU, SAM CLAFLIN U. A.

 

Wenn das A-Team gerade Urlaub macht, James Bond in Pension geht oder die Expendables gerade ihre Wunden lecken, dann gibt es noch ein ganz anderes, nicht minder erfahrenes Team, das schon seit den 70ern all den Schurken auf dieser Welt zeigt, wo der Barthel den Most holt. Dieses Team besteht prinzipiell aus drei jungen Damen, die Martial Arts genauso beherrschen wie den Umgang mit der Automatischen und sich verkleiden können als wäre das ganze Jahr über Fasching. Unter anderem waren da auf dem guten alten Röhrenbildschirm Kate Jackson und Farah Fawcett zu sehen, wobei Anfang der 80iger dann auch schon wieder Schluss war. Es folgten zwei Kinofilme, die, sagen wir mal so, nicht wirklich hinter dem Ofen hervorlocken konnten, weder Liebhaber des Actionkinos noch jene des Agentenkrimis. Drew Barrymore und Cameron Diaz (ja, was wurde eigentlich aus Cameron Diaz?) haben aus den Figuren herausgeholt, was herauszuholen war. Mehr steckt da allerdings leider nicht drin, eben ungefähr so viel wie bei den Haudegen aus dem A-Team. Das alles sind Figuren, die fürs Fernsehen konzipiert wurden, und Serien von damals hatten noch keinen durchgängig roten Faden, um einen Charakter einer dementsprechenden Entwicklung zu unterwerfen. Jede Folge war ein abgeschlossenes Abenteuer. Ab und an hatte ein Erzbösewicht wiederholte Auftritte (ich sage nur Goliath bei Knight Rider und Murdoch bei McGyver). Die 3 Engel für Charlie hatten so jemanden sicher auch. Also: keine Zeit, in die Tiefe zu gehen.

So ist auch Elizabeth Banks Damen-Actioner das, was wir zu sehen bekommen, und mehr aber auch nicht. Muss es das sein, das bisschen mehr? So wie bei Daniel Craigs James Bond, der sich, trotz jahrelanger Filmpausen, deutlich um- und weiterentwickelt hat? Nein, natürlich nicht. Man braucht nicht immer pschologische Metaebenen, die gab’s beim neuen Harley Quinn-Spin-Of Birds of Prey auch nicht wirklich, obwohl das Teamwork durchwegs gepasst hat. Zwischen Ella Balinska, Aladdin-Prinzessin Naomi Scott und einer sehr ausgeschlafenen Kristen Stewart stimmt die Chemie ebenfalls. Alle drei können sich gut riechen, womöglich auch außerhalb des Sets. Stewart, die hat ihre Bella Swann-Phlegmatik glücklicherweise zur Gänze abgelegt. Das sieht man auch an der schicken Kurzhaarfrisur, die ihr wirklich ausnehmend gut steht und die irgendwie den ganzen Film hindurch Stylistenherzen immer wieder höherschlagen lässt. Outfits sind hier überhaupt sehr wichtig, der Hosenanzug sitzt, die legere Lederjacke ebenso.

3 Engel für Charlie lockt sogar mit noch einem ganz anderen Altstar aus der Fernsehwelt: Patrick Stewart. Der Star Trek-Charakterkopf adelt die Fast-Food-Agentenkomödie mit bedächtigen Schritten und dezenten Gesten. Alles zusammen wirkt durchaus vergnüglich und aufrichtig harmlos. Elizabeth Banks hat zwar ihre A-Kapella-Combo Pitch Perfect hinter sich gelassen, am liebsten hätte sie´s aber gehabt, wenn ihre durchtrainierten, toughen Girlies vielleicht auch hier nochmal mit dem Becher klopfen. Ungefähr so fühlt sich 3 Engel für Charlie an – wie ein gut gelaunter Stageburner, wie eine abendfüllende Spezialfolge aus einer der Fernsehstaffeln mit einem Inhalt, der schnell vergessen ist, weil er nicht bemüht sein will, Erwartungshaltungen ernsthaft zu unterwandern. Ein bisschen Täuschung gibt’s dennoch, aber von der Sorte, mit der man gerechnet hat, denn zu offensichtlich sind die Ankerpunkte für den Plot gesetzt. Malen nach Zahlen im familienfreundlichen Actionkino also, mit schönen Gesichtern, ganz viel Glamour und – Danke, Kristen! – aparten Frisuren.

3 Engel für Charlie (2019)

Shazam!

SYMPATHIE FÜR DEN BLITZGNEISSER

7/10

 

shazam© 2019 Warner Bros.

 

LAND: USA 2019

REGIE: DAVID F. SANDBERG

CAST: ZACHARY LEVI, ASHER ANGEL, MARK STRONG, JACK DYLAN GRAZER, DJIMON HOUNSOU, JOHN CLOVER U. A.

 

„Weißt du schon, was du mal werden willst?“ Mit 14 Lenzen könnten Teenies schon eine konkretere Vorstellung davon haben, wie die berufliche Zukunft aussehen soll. Der junge Billy Batson weiß das noch nicht, oder wir wissen es zumindest nicht, weil er während des Films niemals danach gefragt wird. Und wenn doch, dann wäre es im Moment gar nicht mal so wichtig, denn erst mal muss eine Familie her. Am besten die eigene. Doch wie soll der Junge sie finden? 11 Jahre ist es her, da ging Billy im Trubel eines Rummelplatzes verloren. In seiner Hand: ein Kompass. Der ihm aber auch nicht viel genützt hat. Weil Billy auch noch nicht wusste, wie ein Kompass funktioniert. Was aber an seiner misslichen Lage auch nichts geändert hätte. Dennoch – so ein Kompass, das ist schon ein erstaunliches Ding. Das kann man herzeigen, damit kann man angeben, doch wenn man nicht weiß wie´s geht, nützt das Teil selbst im Dschungel nichts. Also – wie lässt es sich verwenden, ohne Know-How? Ist die Zeit dafür knapp, bleibt es bei Learning by Doing. So wie bei Billy. Der erstmal nur Shazam! sagen muss, um über sich selbst hinauszuwachsen. Äußerlich, zumindest. Gekleidet in ein rotes Trikot mit leuchtendem Blitz an der Brust, einem römisch anmutenden Cape und goldenen Stiefeln. Sieht zwar etwas lächerlich aus – ist es aber nicht. Denn Billy hat in seinem neuen Job abseits von Schulklasse und Unterricht, abseits vom Getrieze lästiger Mitschüler und der besessenen Suche nach seiner Mutter, jede Menge Superkräfte. Welche genau, das hat ihm keiner gesagt. Ziehbruder Freddy, einer von 5 Geschwistern von Billys neuer Familienkommune, hilft dem halbwüchsigen Autodidakten dabei, das alles herauszufinden. Und wie das bei Jungs mal so ist, reicht das Blitzewerfen, die Unverwundbarkeit und die Kraft eines Herkules gerade mal, um Spaß zu haben. Dass dabei alles noch gefilmt wird und online abrufbar ist, macht das Verständnis für den schicksalhaften Wink von irgendwo auch nicht besser. Und – Superheldenkräfte zu haben heißt noch lange nicht ein Superheld zu sein. Das muss Billy erst begreifen lernen. Ich sage nur: Kompass, ganz ohne Tutor.

Dieses Wühlen im Equipment, die Inventur der eigenen Fähigkeiten, das findet sich bereits in vielen Heldengenesen, war aber selten so verspielt und begeisterungsfähig wie hier. Wer sich noch an die Serie Heroes mit Zachary Quinto und Hayden Panettiere erinnern kann, oder an Josh Tranks Chronicle, wird ungefähr ahnen können, wie pubertäre Testläufe zu metaphysischen Selbsterfahrungen aussehen können. Meist landet da dokumentiertes Material auf Social-Media-Kanälen, zur Freude heiß glühender Like-Buttons. Ähnlich mit dem Zeitgeist spielt sich Shazam! und landet dabei eine schmeichelnde Kritik an der Sucht nach Selbstdarstellung und am Mega-Ego von Influencern. Später dann kommt, wie es kommen muss – die als Prolog gesetzte Einführung des Antagonisten findet ihren Status Quo, und ein klassischer Kampf Gut gegen Böse entbrennt, wobei die eigentlich recht tragische Geschichte des verlorenen Sohnes trotz anfangs aufrichtiger Anteilnahme allzu abrupt zufriedengestellt wird. Den Wert der Familie allerdings weiß Hollywood nicht oft genug zu betonen, ein Loblied darauf kommt auch hier nicht zu kurz, wobei manch rationale Akzeptanz gegebener Umstände unter einem unnötig in die Länge gezogenen Showdown zum Liegen kommen. Natürlich, Shazam! hat seine Makel, das stört aber meinen Gesamteindruck nicht. Zu augenzwinkernd sind die zahlreichen Bonmots und Easter Eggs auf Batman, Superman und natürlich Big mit Tom Hanks, der die phantastische Mär des Kindes im Manne ohne Heldenapotheose in den 80ern in ähnlicher Laune auf die Leinwand brachte. Was sich noch darunter mischt? Ein bisschen was von R. L. Stines Gänsehaut-Geschichten, wenn man die an Ray Harryhausens Monstermodelle erinnernden dämonischen Kreaturen betrachtet, die Bösewicht Mark Strong flankieren.

Was der Horrorfilmer James Wan (Saw) mit Aquaman nicht wirklich auf die Reihe bekommen hat, ist Annabelle 2-Regisseur David S. Sandberg dafür umso mehr gelungen. Shazam! ist gegen aller Befürchtungen, einen infantilen Schmarren vorgesetzt zu bekommen, der zum Fremdschämen einlädt, der bislang vergnüglichste und luftigste Film aus dem DCUniversum. Manche Kritikerstimmen meinen, die Bat/Superman-Schmiede falle von einem Extrem ins andere. Extrem ist Shazam! wirklich nicht. Weder zu jedem Preis lustig, noch ein tosender Overkill, der auf Durchzug schalten lässt. Das urbane Märchen rund um ein Kind als Super-Erwachsener, das zum Wächter über die sieben Todsünden wird, erlaubt sich dort Schabernack, wo es aufgelegt ist, und setzt dort auf Gefühl, wo Gefühle nun mal hingehören. Die Komik, die verdankt ihre reizende Qualität den zwangsläufigen Kollateralschäden durch das orientierungslose Durchstarten eines Teenagers in einem muskelbepackten Halbgott und ist niemals nur der Plakativität einer oberflächlichen Blödelei geschuldet. Die kindlichen Kalauer, die können aus der Situation heraus gar nicht anders sein als der Sinn für frechen Humor, den Halbwüchsige gerne an den Tag legen. Sandberg vermeidet Zoten unter der Gürtellinie und erspart uns infantilen Fäkal- und Ekelhumor. Shazam! bleibt charmant, redet Tacheles und funktioniert wieder mal deshalb so gut, weil erstens Zachary Levi scheinbar Zeit seines Lebens nur darauf gewartet hat, Shazam! zu spielen. Und dieser zweitens ein Sidekick-Ensemble um sich schart, welchem man gerne durch das nächtliche Philadelphia folgt. Allen voran Jack Dylan Grazer als hinkender Best Friend von Billy zeigt enormes komödiantische Talent und könnte einem Peanuts-Cartoon entsprungen sein.

Shazam! ist kein fehlerfreier, aber sympathisch entspannter Lichtblick im DC-Universum, weil er sich über sein eigenes Ensemble an Kultfiguren lustig macht und endlich über seinen verkniffenen Anspruch, so getragen wie möglich zu erscheinen, hinauswächst. So wie Billy, der womöglich bald weiß, was er werden will.

Shazam!

Captain Marvel

SCHATZ, DU STRAHLST JA SO!

7/10

 

null© 2019 Marvel Studios/Walt Disney

 

LAND: USA 2019

REGIE: ANNA BODEN, RYAN FLECK

CAST: BRIE LARSON, SAMUEL L. JACKSON, JUDE LAW, LEE PACE, BEN MENDELSOHN, ANNETTE BENING, CLARK GREGG, DJIMON HOUNSOU U. A.

 

Sollten sich die beiden Tangenten des Marvel– und DC-Universums jemals berühren, oder sollten sich beide ganz bewusst zu einem Crossover durchringen, dann hätte Krypton-Halbgott Superman mit Carol Denvers ernsthafte Konkurrenz. Denn Denvers, auch bekannt unter den Kree als Vers und spätestens jetzt, nach Sichtung des neuen Solo-Heldenrelease, sowieso als Captain Marvel ein Shooting-Star, hat wie Clark Kent exorbitante Skills auf Lager. Warum Captain, das wird nie wirklich erklärt oder jemals erwähnt. Lieber will die blonde Crash-Pilotin, die garantiert niemals mehr einen Handwärmer benötigt, bei ihrem eigentlichen Namen genannt werden. Der ist anfangs noch nicht Bestandteil ihres Bewusstseins, fühlt sie sich doch als Zugehörige des meist blauhäutigen Kriegervolks der Kree. Ja, die habe ich jetzt schon das zweite Mal erwähnt, und für die, die entweder die galaktischen Eskapaden zusammengewürfelter Guardians of the Galaxy verschlafen oder nicht ganz aufgepasst haben: gegen die Kree unter dem finsteren Warlord Ronan leisten Star Lord und seine biodiverse Truppe in Peter Gunns Kino-Erstschlag heftigen Widerstand. Daß dieser und letztendlich auch alle anderen Finsterlinge mit Schurke Thanos in Verbindung stehen, erklärt sich da fast von selbst. Und Ronan, der gibt auch in Captain Marvel seinen nachgereichten Einstand. Weil wir hier einige Zeit vor den Geschehnissen rund um das epische Gerangel der Infinity-Steine sind, nämlich im Jahr 1995. Und jene, die – und sei es auch nur ansatzweise – in Marvels Agent of S.H.I.E.L.D. reingeschielt haben, werden auch Agent Coulson wiederfinden, der als Frischling an der Seite von Nick Fury der kraftstrotzenden Amazone ohne Vergangenheit habhaft wird.

Wie man sieht, gibt es in Captain Marvel jede Menge Anknüpfungspunkte, Referenzen und offene Maschen, die gerne mit all den anderen Marvel-Filmen aus dem Cinematic Universe verknüpft werden wollen. Captain Marvel steht also nicht als völlig autarkes Einzelabenteuer da – für diese Genese schadet es nicht, sich in diesem kreuz und quer gesponnenen roten Handlungsbogen zurechtzufinden. Der Mehrwert ist dadurch beträchtlich, und er beträfe eben nicht nur die Filme der Guardians, sondern natürlich auch das bisherige Meisterwerk schlechthin: Avengers: Infinity War. Dort sehen wir in einer Post Credit-Szene den schon etwas älteren Nick Fury, der im Angesicht des Worst Case-Szenarios einen intergalaktischen Pager zückt, um eine Nachricht an jemand ganz Bestimmten abzuschicken – bevor er selbst zu Staub zerfällt. Was es mit diesem Pager auf sich hat, ist nur eine von mehreren Backgroundstories in Captain Marvel – und am wichtigsten ist jene um einen ganz bestimmten Infinity-Stein, dessen Reise durch das MCU unter folgendem Fandom-Link für  firme Comicfilmfans nachverfolgt werden kann, ohne alle Leinwandepisoden nochmal nachsehen zu müssen. Für jene, die Captain Marvel noch nicht genossen haben und auch nicht vorab gespoilert werden wollen, sei das Anklicken auf besagten Link nicht wirklich empfohlen. Ganz eingefleischte Fans brauchen diese Nachhilfe ohnehin nicht – die wissen sowieso alles, nur werden sie vielleicht dennoch wie das Mondkalb vor geschlossenem Pforten stehen, wenn in der Infinity-Storyline der Kreis geschlossen werden will. Da bleibt Captain Marvel immer noch einiges an Bringschuld, ganz erklären lassen sich die hier erzählten Wege zumindest jetzt noch nicht. Aber das kann ja noch kommen, keine Ahnung was Disney/Marvel hier alles noch vorhat. Was auch immer da geplant ist, ich für meinen Teil bleibe denen auf den Fersen. Besonders Samuel L. Jackson, und zwar fast noch lieber als Brie Larson, die allerdings, und das muss ich ihr zugestehen, als weltenbewegendes Energiebündel wirklich eine gute Figur macht. Larson selbst hat mich bislang (mit Ausnahme womöglich von Raum, Nachsichtung folgt) noch nie so wirklich überzeugt, da war in ihren Rollen stets eine leicht überhebliche Verschlossenheit, die ich nie ganz deuten konnte. Dieses Korsett der Unnahbarkeit lässt sie als Carol Denvers etwas fallen, gibt sich sogar das eine oder andere Mal einem verschmitzten Schmugglerschmunzeln a la Han Solo hin und ist auch manchmal für pfiffige Sager zu haben. Wenn sie dann vom Scheitel bis zur Sohle in allen Spektralfarben glüht, gibt es sowieso kein Halten mehr – da wird klar, dass das Universum so oder so gerettet werden kann, dass Thanos sich schon bald warm anziehen muss, da reicht sein funkelnder Handschuh bald nicht mehr aus. Samuel L. Jackson aber, bei dem ich kein einziges Mal gemerkt hätte, er sei digital verjüngt worden, ist als Larsons Sidekick stets ein lässiger Plauderer. Sein selbstironisches und süffisantes Gebaren bewahrt das kosmische Planetenhüpfen vor aufgesetzter Ernsthaftigkeit und entwickelt rund um die Halbzeit genau jenen turbulent-augenzwinkernden Charme, den wir schon bei den Guardians of the Galaxy so zu schätzen gelernt haben. Überhaupt nähert sich Captain Marvel sehr dem knallbunten phantastischen Grundtonus von Groot & Co an, wobei Thor: Tag der Entscheidung in Sachen Witz immer noch die Liste anführt. Humor ist, was das MCU so beliebt macht, und die ganze galaxienumspannende Seriösität an Bedrohung und möglicher Unterjochung wunderbar ausgleicht.

Das Regie-Duo Anne Boden und Ryan Fleck (u. a. Its a Kind of a Funny Story) hat mit der jüngsten Episode aus dem Dunstkreis der Avengers einen höchst unterhaltsamen Film gemacht, der vor allem in der zweiten Hälfte gemeinsam mit Carol Denvers´ erstarkenden Kräften zur Höchstform aufläuft. Anfangs mag es eventuell ein paar Startschwierigkeiten geben, bis man an das Schicksal der blonden Pilotin angedockt hat. Visuell ist das ganze Spektakel aber sowieso wieder State of the Art, da gibt’s genug zu staunen, und auch wenn manch einer mehr Star Trek- als Marvel-Fan ist, könnte der Film eben trotzdem gefallen, da das ethnische Dilemma zwischen Krees und Skrulls an die politischen Diskrepanzen von Romulanern, Vulkaniern und Klingonen erinnert. Das Marvel-Universum ist so eine herrlich irreale Welt, in der man sogar schon die Men in Black als inhärent vermuten könnte, und ganz besonders dann, wenn manch vertrautes Wesen nicht ganz so ist wie es scheint. Das macht einfach Spaß, ist sympathisch und erzählt obendrein eine kluge, bewusst nicht stringente Geschichte (5 Autoren am Drehbuch!), die sich tunlichst davor hütet, all die emotionalen Wesenszüge nicht fehlerfreier Überwesen mit dem Muskelspiel eines brachialen Effektgewitters zu verschütten. Das wäre Marvel mit Age of Ultron fast passiert, danach aber nie wieder, und das ist gut so. Was heißt gut – es wird immer besser, und bis Ende April, wenn die letzten Avengers sich für das Endspiel zusammenrotten, bleibt uns nur noch ein bisschen mehr als einen Monat auszuharren. Um das ganze zu beschleunigen, wünsche ich mir fast den Zeitstein her. Aber den hat leider Thanos.

Captain Marvel