A Killer Romance (2023)

SO SEXY IST DER AUFTRAGSMORD

6/10


akillerromance© 2024 Leonine


ORIGINALTITEL: HIT MAN

LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: RICHARD LINKLATER

DREHBUCH: RICHARD LINKLATER, GLEN POWELL

CAST: GLEN POWELL, ADRIA ARJONA, AUSTIN AMELIO, RETTA, SANJAY RAO, MOLLY BERNARD, MIKE MARKOFF, RITCHIE MONTGOMERY U. A.

LÄNGE: 1 STD 56 MIN


Es gibt ihn, den neuen Everybody’s Darling, den potenziellen „Sexiest man alive“ – aus der Nische der Nebenrollen bequemt sich Glen Powell gemächlichen Schrittes oder so, wie einer geht, nachdem er gerade die hauseigene Rinderherde über eine gefährliche Furt getrieben hat, ins zentrale Rampenlicht nicht unintelligenter Hollywoodfilme. Powell ist niemand fürs schnelle Geld und auch nicht für oberflächliches Kawumm gedacht. Ryan Gosling könnte sein größter Konkurrent werden, und Brad Pitt ist längst schon eine andere Generation. Nachdem er im Fliegerass-Revival Top Gun: Maverick allen zeigen konnte, wie sich Draufgängertum mit Ritterlichkeit vereinbaren lässt, darf Powell heuer gleich in zwei Filmen die Welt davon überzeugen, dass die wahre Attraktivität nebst reflektiertem Stolz in der Bereitschaft liegt, für innere Geistesreisen bereit zu sein. In Twisters durchlebt die Figur des selbstverliebten YouTube-Gecks Tyler Owens eine Wandlung hin zum gewissenhaften Soziophilen mir Handschlagqualität. Richard Linklater, mit welchem Powell schon seit deren Zusammenarbeit in Fast Food Nation eine gewisse Freundschaft verbindet, schenkt dem smarten Amerikaner nun eine seiner größten Rollen bisher, ohne diese auch nur ernsthaft von irgendwelchen Co-Akteuren –  und nicht mal von Adria Arjona – in der Wucht seiner Show-Performance einschränken zu lassen.

Basierend auf einem kuriosen kriminalistischen Zeitungsartikel von Skip Hollandsworth aus dem Texas Monthly, entwickelt Linklater gemeinsam mit Powell die adaptierte Krimikomödienversion einer trickbetrügerischen Laufbahn, die allerdings auf der Seite des Gesetzes ihre mit Erfolg gekrönten Kilometer zurücklegt. Die Rede ist von Gary Johnson, einem Philosophieprofessor und wirklich klugen Kopf, der nebenberuflich die strafverfolgende Exekutive zumindest aus technischer Hinsicht unterstützt, wenn diese ihre Falle stellen, um Mördern, die nicht selbst Hand anlegen wollen, das Handwerk zu legen. Denn wie es das Kino gerne schon jahrzehntelang kolportiert, gibt es Auftragskiller im tatsächlichen Leben gar nicht wirklich – was viele, die andere dafür bezahlen wollen, um jemanden sterben zu sehen, gar nicht wissen. So kommt dank glücklicher Umstände besagter Feschak ins Spiel. Und der mausert sich zur Rampensau, wenn es darum geht, anderen vorzuspielen, er wäre ein eiskalter Engel. Lange läuft das Spiel wie am Schnürchen – bis Madison, gespielt von Adria Arjona (u. a. Morbius, Andor) in sein Leben tritt. Die attraktive Dame will schließlich ihren Ehemann beseitigen, doch Johnson schafft es, ihr dieses Unterfangen auszureden – zu ihrem eigenen Schutz. Das hat zur Folge, dass dieser sich sehr schnell zwischen zwei Fronten befindet, und die im Titel versprochene Killer Romance (im Original heisst das ganze schlichtweg Hit Man) bricht sich ebenfalls Bahn, mit Turteln, Knutschen und heißen Nächten.

Wie bei Krimikomödien so üblich, ist der MacGuffin der ganzen Unterhaltung natürlich das wie ein Damoklesschwert über dem Liebesglück kreisende Geheimnis, nicht der zu sein, wofür Glen Powell sich ausgibt. Diese Lust, andere Leben zu leben, sich in andere Charaktere einzufühlen und vielleicht auf diese Weise eingeschlagene Wege zurückzugehen, um neu anzufangen, wird für Linklater zur zentralen Frage, zum lebensphilosophischen Kernproblem. Dem ambitionierten Zugang zu dieser Kriminalkomödie, welche die Leichtfüßigkeit von Linklaters Inszenierungsstil trägt, sei natürlich gedankt. Ein mit Wortwitz ausgearbeitetes Drehbuch garantiert sommerliche US-Unterhaltung mit sympathischen Figuren, gänzlich frei von Zynismus und desillusionierendem Tadel, welcher die amerikanische Gesellschaft in Finsternis taucht. Linklater ist so jemand natürlich nicht. A Killer Romance ist vergnüglich genug, um vorsätzliche Morde als charmante Notwendigkeiten zu verkaufen.

Bei Linklater ist vieles Dialog und Reflektion, dazwischen eine souverän konstruierte, verblüffende True Story um Gauner, Gelehrte und smarte Konventionen. Denn so sehr der beschwingte Spaß auch alles richtig macht, so sehr hebt er ab wie ein heliumgefüllter Ballon, der in die feuchtwarme Luft des amerikanischen Südens steigt. A Killer Romance hat keine Ecken, keine Kanten, will nicht wirklich ambivalent sein und redet sich aus allem raus. Vielleicht ist das der Grund, warum dieser Film als diplomatische Komödie nicht wirklich von Belang scheint. Man mag sich unterhalten, doch man mag auch emotional wenig gefordert sein. Linklater lässt es plätschern, das Publikum relaxt derweil am Ufer des glatt dahinströmenden Erzählflusses.

A Killer Romance (2023)