Free Fire

SCHIESSBUDENFIGUREN

4/10

 

freefire© 2017 Splendid Film / Quelle: medium.com

 

LAND: FRANKREICH, GROSSBRITANNIEN 2017

REGIE: BEN WHEATLEY

MIT BRIE LARSON, SHARLTO COPLEY, ARMIE HAMMER, CILIAN MURPHY, SAM RILEY U. A.

 

Da kommen sie alle, zu nachtschlafender Zeit. Die Käufer und die Dealer, die Junkies im Lieferwagen, die Mittelsmänner und eine Frau. Treffpunkt: eine alte, verwaiste Lagerhalle inmitten eines verlassenen Industriegebiets. Bis sich alle mal höflich, mal unhöflich bekanntgemacht haben, vergehen schon ein paar Minuten. So beginnen normalerweise Filme von Quentin Tarantino oder Guy Ritchie. Es wird geredet, meist Belangloses. Der eine oder andere Seitenhieb fällt, und der weist schon langsam aufkommende, sich ausufernde Diskrepanzen unter den Mitwirkenden hin, welche die Story vorantreiben sollen. Der Deal mit den Waffen läuft auch nicht ganz rund. Die falschen Waren. Ärger macht sich breit. Und dann die persönliche Sache mit den Fahrern beider Lieferwägen. Das wird haarig. Und, wie man erwarten kann, nicht zu bändigen. Zumindest so schnell nicht.

Bis dahin ist Ben Wheatley´s Kammerspiel ja ganz spannend und erwartungsgemäß eskalationsfreudig. Allerdings – bis dahin, und nicht weiter. Denn sobald die Feuerwaffen sprechen, wird’s uninteressant. Free Fire ist, und es grämt mich fast, das feststellen zu müssen, wohl einer der größten Enttäuschungen des Filmjahres 2017. Wie gern wollte ich das Ballerballett im Kino sehen, in Aussicht auf einen originellen Einakter mit Spielfreude und irren Wendungen. Leider versäumt, wie so manchen Film auf der Watchlist. Endlich On Demand, und es gab kein Halten mehr. Doch kaum auf dem Bildschirm, nach ungefähr einer halben Stunde Laufzeit, verliert Free Fire jegliche Spannung. Die Hoffnung, dass dann doch noch der undurchdacht scheinende Zweck die Mittel heiligt, erfüllt sich nicht. Wendungen gibt es keine. Handlungsbögen bis auf einen lang anhaltenden Schusswechsel auch nicht. Schusswechsel – die lassen sich ganz anders inszenieren. Feuergefechte können virtuos sein. Als bestes Beispiel fällt mir immer wieder Shoot ‚em up von Michael Davis ein. Ok, kein Kammerspiel, aber ein völlig überdrehter Alptraum verquerer Ballistik, ein atemloses Projektilgeflirre nach vorne und nach hinten. Im bleihaltigen Fegefeuer: Clive Owen mit Baby. Ein, mit Verlaub, saucooler Actioner. Ebenso Wanted mit Angelina Jolie. Der zirkulierende, physikalisch gesehen völlig unmögliche, aber effektiv tödliche Projektilflug bleibt unvergessen. Natürlich, weitab jeglicher Realität. Aber Kino darf das. Im Grunde hätte das Free Fire auch dürfen. Ben Wheatley wollte das aber nicht.

Er wollte einen ballistisch korrekten Actionfilm. Wenn scharf geschossen wird, dann möglichst realitätsnah. Und wenn wer getroffen wird, dann ist er nicht gleich tot. Treffer ins Herz oder ins Hirn sind, und das glaube ich sofort, eher ziemlich selten. Vor allem, wenn man aus der Deckung feuern muss. Und so verkopft sich der extravagante Filmemacher mit verlorener Liebesmüh in einer allem Anschein nach noch nie zuvor dagewesenen akribischen Abhandlung eines mehrparteilichen Shootouts aus jeder Himmels- und Blickrichtung. Den Überblick, den verliert man hier relativ schnell. Wer jetzt wen getroffen hat, tangiert alsbald nur mehr sehr wenig. Unsympathisch sind die Sterbenden, Schießenden und Leidenden sowieso alle. Keine oder keiner, dem man ein Entkommen wünscht. Na gut, am Ehesten noch Brie Larson. Vielleicht, weil sie die einzige weibliche Komponente in diesem missglückten Schießbudenfilm darstellt. Und für etwas Stil sorgt. Im Grunde aber könnte man den Film mit einem Fußballmatch ohne Fans vergleichen. Niemanden juckt´s. Und der wohldurchdachte Way of the Gun ist wie Perlen vor die Säue. Hauptsache, Wheatley weiß von den wahren Qualitäten des Films. Ich hingegen weiß von ihnen nichts.

Free Fire

2 Gedanken zu “Free Fire

Hinterlasse einen Kommentar