Venom: Let There Be Carnage

DU HAST DA WAS ZWISCHEN DEN ZÄHNEN

4,5/10


venom2© 2021 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH; MARVEL and all related character names: © & ™ 2021 MARVEL


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: ANDY SERKIS

CAST: TOM HARDY, WOODY HARRELSON, MICHELLE WILLIAMS, NAOMIE HARRIS, REID SCOTT, STEPHEN GRAHAM, PEGGY LU U. A. 

LÄNGE: 1 STD 38 MIN


Jack Lemmon und Walter Matthau hatten seinerzeit die Junggesellenbude gerockt wie kaum ein anderes Filmpaar. Ähnlich machen es Eddie Brock und sein extraterrestrischer Bruder im Geiste, das amorphe Lakritzemonster mit dem Dauergrinser – Venom. Dabei könnte das Monster überall seine nutznießerischen Fertigkeiten ausleben – beim Journalisten mit dem Hang zum Chaos stimmt jedoch auch die Wellenlänge. Vielleicht, weil sich Gegensätze erst dann anziehen, wenn sie groß genug sind. Als Venom ein paar Jahre zuvor das Licht der Leinwand erblickt hat, waren die besten Szenen jene, die keinesfalls aufs Abenteuer fixiert waren, sondern den Dauerclinch der beiden genussvoll beobachtet hatten. Das macht Andy Serkis im Sequel genauso. Ist also nichts Neues mehr und fühlt sich an wie aufgewärmt, obwohl man auch da hin und wieder schmunzeln muss. In Erwartung, abgesehen von dieser Bestandsaufnahme eines seltsamen Paares ein sattes Extra an innovativ Weitergedachtem serviert zu bekommen, macht sich stattdessen die etwas träge Erkenntnis breit, dass die bewährten Extras leider auch zu fortgeschrittener Laufzeit das gleiche Liedchen spielen wie bei Ruben Fleischers Erstling. Ein psychopathischer Antagonist wie Woody Harrelson, der ein bisschen an seinen Eskapaden aus Natural Born Killers herumprobiert, wird dabei in einer leicht bezwingbaren Stippvisite verschenkt.

In knappen hundert Minuten ist auch nicht sonderlich viel Platz für reichlich Charakterentwicklung, also konstruiert Autorin Kelly Marcel (u. a. Fifty Shades of Grey) eine sehr einfache Geschichte rund um ganz viel CGI, wüstem Kirchenvandalismus und hanebüchenen Gefahrenlagen herum. Wie schon erwähnt, haben Brock und Venom langsam genug voneinander, und nach einem Disput, der eine Wohnungsrenovierung nach sich zieht, gehen beide ihrer Wege. Währenddessen soll Serienkiller Cletus Kasady hingerichtet werden, nachdem Brock all dessen vergrabenen Leichen gefunden hat. Zum Abschied im Kittchen gibt’s einen Biss in die Hand – und schon dürstet ein weiterer Venom im Körper des Bösen nach menschlichen Gehirnen. Der allerdings ist Rot und heißt Carnage. Kasady und Carnage tun sich zusammen, weil beide ähnliche Ziele verfolgen. Klar, dass die Helden des Films erneut einen Schulterschluss bilden müssen.

Venom: Let There Be Carnage fühlt sich wie das ungeliebte Stiefkind des Marvel-Universums an. Was bei Disney nahe an der Perfektion veröffentlicht wird, sumpert bei Sony eher halbgar vor sich hin. Bei den Marvel Studios sind ganz andere Spezialisten am Werk, angeführt von einem wie Kevin Feige, der als wandelndes Comic-Lexikon weiß, wovon er spricht. Sony hat so etwas nicht. Weiß womöglich zwar, dass Venom besser beim Konkurrenten aufgehoben wäre, will die Fratze mit Klasse aber lieber behalten. Leider die falsche Entscheidung. Auch kann Gollum Andy Serkis (bei Marvel als Ulysses Klaue vertreten) zwar Regie führen, als Motion Capture-Spezialist beweist er aber eindeutig mehr Talent. In Venom: Let There Be Carnage fuchtelt Serkis sehr ungestüm herum und hofft dabei, dass die Trickschmieden den Ausgleich bringen. Dabei dehnen sich die Aliens in Rot und Schwarz wie zäher Kaugummi in alle Himmelsrichtungen, brüllen und züngeln und prügeln auf sich ein. Leider ist das kein Fight, für den man Schlange steht. Wenn Michelle Williams dann plötzlich von einem Tentakel aufgewickelt wird, dreht sich scheinbar irgendwo Ed Wood im Grabe um. Knapp am Trash eifern und geifern Venom und seine Nemesis bis zur Selbstparodie – von der Leine lässt man sie nicht. Überdies ist klar erkennbar, wann und wo das X-Rating der Schere zum Opfer fiel, dabei drängt sich Marvels Wechselbalg ja geradezu dafür auf, als blutrünstiger Splatter den Hunger der Hardcorefans nach expliziten Comic-Eskapaden zu stillen. Tut man ja mit Deadpool genauso.

Ein Knüller ist Venom: Let There Be Carnage also keiner. Darf nur von ganz weit weg der kommenden Phase des MCU zuwinken, vielleicht mit Wehmut. Es kann aber durchaus sein, dass das verlorene Schaf gefunden wird – die Post Credit Scene gibt Aufschluss.

Venom: Let There Be Carnage

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