Werewolves Within

WOLFSGEWINSEL IN HINTERTUPFING

3/10


Werewolves-Within© 2022 EuroVideo Medien GmbH.


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: JOSH RUBEN

CAST: SAM RICHARDSON, MILANA VAYNTRUB, MICHAEL CHERNUS, MICHAELA WATKINS, CHEYENNE JACKSON, REBECCA HENDERSON U. A. 

LÄNGE: 1 STD 37 MIN


Nirgendwo sonst lässt sich so schön in Panik verfallen wie in irgendeinem Kaff am Arsch der Welt. Nirgendwo sonst kann das Böse besser wüten als inmitten einer Handvoll schräger Kleinstadtbewohner Marke Cicely in Alaska, die sich mehr schlecht als recht zusammenrotten müssen. Ob Derry aus Stephen Kings Es oder Hawkins aus Stranger Things. Oder überhaupt Twin Peaks: Das Klaustrophobische aus geographischen Expositionen ziehen, das haut meistens hin. Das ist der Horror, wie er dem Publikum schmeckt. Und es schmeckt auch dem Gesocks aus den Gothic-Annalen. Vampire, Untote und Werwölfe binden sich das Schürzlein um, wenn es heißt: Bitte zu Tisch.

Aus solchen blutigen Späßen lässt sich das eine oder andere Spiel entwickeln. Zum Beispiel: Die Werwölfe vom Düsterwald. Ein Gesellschaftsspiel, in dem es darum geht, herauszufinden, welcher der Anwesenden wohl ein Doppelleben als Mondscheinbestie führt. Aus dieser Spieleabend-Gaudi mit Schaurigkeitsfaktor hat Ubisoft ein Game adaptiert: Werewolves Within. Selbes Prinzip, nur digital. Und da es ja mittlerweile heißt: Aus jedem Konsoleknüller mach’ ein Movie, gibt’s auch hiervon den Film dazu. Könnte ja ganz gut funktionieren. Ungefähr so wie Knives Out oder irgendein anderer Agatha Christie-Whodunit, in welchem der Mörder oder die Mörderin nicht nur Blut an den Händen, sondern auch an den Lefzen hat. Ein Lykanthrop also, Latein für Werwolf. Es ist tiefster Winter, die Straßen sind unpassierbar. So mancher Parameter ist gegeben, kommt nur drauf an, wie sehr das Szenario an der Suspense-Kurbel dreht. Die nüchterne Erkenntnis: Leider gar nicht.

Dabei scheint Sam Richardson als neuer Ranger der Kleinstadt Beaverfield anfangs ein idyllisches Örtchen inmitten friedlicher Natur gefunden zu haben. Doch nichts ist dort so eitel Wonne wie es scheint. Da gibt es einen Unternehmer, der will eine Pipeline durch den Wald bauen. Einige Bewohner sind dafür, manche dagegen – es gibt Diskrepanzen. Komische Käuze und exaltierte Sonderlinge sind da nur das Sahnehäubchen. Fast wie bei David Lynch, nur weitaus uninteressanter. Und dann gibt’s bald den ersten Todesfall, direkt beim dorfeigenen Hotel, indem sich bald alle Protagonisten des Spiels einfinden werden. Ein Sturm zieht nämlich auf. Niemand will mehr nach draußen. Drinnen scheint aber die Bestie umzugehen. Und es könnte jeder sein. Denn der Mond, der scheint auch noch helle.

Diese völlig uninteressanten Figuren sind ein Grundproblem des Films. Das liegt vor allem am hysterischen Gebaren, dass aus Kreischen und Keifen besteht. Nervt ungemein. Prinzipiell sind alle nach ähnlichem Verhaltensschema ins Script geschrieben worden. Figuren vom Reißbrett, flach wie Spielkarten, und es interessiert überhaupt nicht, wen es als nächsten erwischt. Vielleicht wird’s ein bisschen griffiger, wenn der „Werwolf“ versucht, die Eitelkeiten der Bewohner gegeneinander auszuspielen und letzten Endes gar nicht mehr die Zähne fletschen muss, um seine Beute filetierfertig abzuholen. Kaum hat die Horrorkomödie schon begonnen, bahnt sich dann schon das Finale an. Die Lösung des Rätsels ermuntert das müde gewordene Auge, nochmal kurz zu blinzeln: Tatsächlich greift Regisseur Josh Ruben in die „Damit-habt-ihr-nie-gerechnet“-Trickkiste, in die man eben so greift, wenn einem bis dahin sonst nichts eingefallen ist.

Nun ja, nicht jede Gameverfilmung ehrt ihr Spiel. Oder uralte Mythen wie diese des Werwolfes. Dieser Streifen hier macht beides nicht.

Werewolves Within

Assassin´s Creed

DER APFEL FÄLLT NICHT WEIT VOM STAMM

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assassinscreed

Zeitreisen kennen wir zur Genüge. Vor allem im Kino. Sei es mit einer antiquierten Zeitmaschine, wie in H. G. Wells gleichnamigem Klassiker, mit welcher Rod Taylor zu den Morlocks in die Zukunft gereist ist. Oder der fliegende De Lorean – ein Auto, das Marty McFly einmal hierhin und einmal dorthin durch die Zeit katapultierte. Oder eben mittels Büchern, wie im Butterfly Effect mit Ashton Kutcher. Jedes Mal waren es Artefakte, Gerätschaften oder Fahrzeuge, die die Reise durch die Zeit ermöglicht haben. Im martialischen Abenteuer Assassin´s Creed, welches lose auf dem gleichnamigen Computerspiel von Ubisoft basiert, fällt den Kreativen hinter den Kulissen endlich mal was Neues ein. Und zwar Zeitreisen mittels DNA.

Die Idee hat mich überrascht – und ist zugleich durchdacht und logisch nachvollziehbar. Jede Zelle eines Menschen besitzt das Erbgut vorangegangener Generationen. Je weiter das Leben der Vorfahren zurückliegt, desto weniger bleibt davon über. Die Information ist aber dennoch da. Wie in diesem Film dargestellt, filtert eine ausgeklügelte Technologie die Erbinformation eines gewissen Ahnen heraus – und speist den gegenwärtigen Menschen mit seiner Erinnerung an ein vergangenes Leben. Ich kenne nicht das ganze schriftstellerische Œuvre von Philipp Dick, des Schöpfers von Minority Report oder Blade Runner – aber diese Vision einer Zeitreise hätte auch er haben können. Somit beginnt das phantastisch-historische Szenario von Macbeth-Regisseur Justin Kurzel mit einer innovativen Überraschung. Und vermag auch in weiterer Folge zumindest visuell zu überzeugen.

Das Kapitel der Assassinen, ursprünglich perfekt trainierte Killermaschinen im Auftrag des Sultans, ist klarerweise ein relativ düsteres. In genauso düstere, staubverhangene und sandverkrustete Bilder kleidet Kurzel seine freie Interpretation eines beliebten Ego-Spiels, das ich selbst nicht kenne und ich mich daher nur peripher an Plakaten und Bildern des todesspringenden Kuttenträgers erinnern kann. Da mich plakative Abenteuerfilme mit historisch-geografischem Bezug prinzipiell interessieren, wollte ich mir den Klingenthriller im Fahrwasser von Tomb Raider und Prince of Persia natürlich nicht entgehen lassen. Und da kann Angelina Jolie noch so sehr ihre Lippen schürzen – der spanisch-maurische Attentäter ist eindeutig cooler. Und braucht auch seine Hüften nicht schwingen zu lassen. Stattdessen tanzt er über Dächer, Gesimse und Zinnen, erklettert Hauswände und stürzt sich in mehreren Salti von Türmen, die über Spaniens Hauptstadt aufragen. Das ganze noch dazu im Spätmittelalter des 15. Jahrhunderts, im selben Jahr, in welchem Christoph Kolumbus zu neuen Ufern aufbrechen wird. Justin Kurzel und sein Kameramann Adam Arkapaw leisten Beachtliches. Die Kamerafahrten und Blickwinkel sowie Ton- und Filmschnitt erzeugen eine eindrucksvolle Sogwirkung und katapultieren den Zuseher mitten ins Geschehen. Eine ähnlich visuelle Machart hatte zuvor der viel geschmähte Neuaufguss von Ben Hur. Hier war vor allem die Szene des Wagenrennens mindestens genauso außergewöhnlich dargestellt. Gelungen sind auch jene Sequenzen, in denen die Erinnerungen aus der Vergangenheit in die erlebte Gegenwart transzendieren. Schemenhaft, wie Spiegelbilder.

Assassin´s Creed löst sich vom simplen Computerspiel und entwickelt einen ganz eigenen Treasure-Hunt quer durch die Zeiten. Dieser Mix aus Historienspektakel im Stile eines Ridley Scott und unterkühlter Science Fiction ist überraschend sehens- und erlebenswert, wenngleich ihm jegliches Augenzwinkern abhanden gekommen ist.  Spaß kommt hier keiner auf, der Kampf zwischen Templern und Assassinen ist eine zutiefst ernste Angelegenheit, worüber man sich niemals lustig machen soll. Michael Fassbenders verkniffene Mimik und Marion Cottilards androides Auftreten kühlen das Abenteuer noch um einige Grad runter. Und Lachen wird zur Sünde. Im Grunde treffen hier Islam und Christentum aufeinander, beide mit dem Ziel, den Apfel von Eden unter Gewahrsam zu nehmen. Dass man damit den freien Willen des Menschen außer Kraft setzen kann, hat für Kenner der christlichen Genesis durchaus seine logische Konsequenz. Das Objekt der Begierde reiht sich zwischen Bundeslade und Heiligen Kral, beide von Indiana Jones gesucht und gefunden, perfekt ins Abenteuer-Entertainment ein, der etwas steife und beerdigungsernste Grundtonus der Geschichte lässt das reißerische, phantastisch angehauchte Gefahrenszenario aber etwas fehl am Platz wirken. Mehr Lockerungsübungen vor dem Dreh wären ratsam gewesen. Das gilt auch für Jeremy Irons steifes Staffagenspiel.

Sonst aber kann man an Kurzels futuristischen Kredo-Krieg nicht wirklich meckern. Der Film hat was für sich, ist filmtechnisch innovativ und hat den Verriss der Kritiker so sicher nicht verdient. Mal sehen wie viel das Werk lukriert. Dann wäre sogar Platz für eine mögliche Fortsetzung – die ich, wenn es soweit ist, wahrscheinlich nicht versäumen werde.

 

Assassin´s Creed