Mama (2013)

MUTTER ÜBER DEN TOD HINAUS

6/10


© 2013 Universal Pictures


LAND / JAHR: KANADA, SPANIEN 2013

REGIE: ANDRÉS MUSCHIETTI

DREHBUCH: ANDRÉS MUSCHIETTI, BARBARA MUSCHIETTI, NEIL CROSS

CAST: JESSICA CHASTAIN, NIKOLAJ COSTER-WALDAU, MEGAN CHARPENTIER, ISABELLE NÉLISSE, DANIEL KASH, JAVIER BOTET, JANE MOFFAT U. A.

LÄNGE: 1 STD 40 MIN


Ist Erziehung wirklich alles? Nicht, wenn die Sehnsucht, Mutter zu sein, über das Wohl der Kinder geht. Und schon gar nicht, wenn es sich nicht mal um die eigene Mutter handelt, sondern schlimmstenfalls um einen ruhelosen Geist, der die irdische Welt nicht verlassen kann, weil die Chance, die Dinge ins Reine zu bringen, wohl niemals kommen wird.

Im Genre des Horrorfilms werden Geister vorzugsweise als Entitäten dargestellt, die Angst verbreiten sollen. Doch niemals sind sie wirklich böse, es sei denn, es sind Dämonen, die sich von den negativen Emotionen der Lebenden nähren. Dämonen aber sind keine Geister. Die Natur dieser paranormalen Erscheinungen liegt wohl eher in der traurigen Gewissheit, im irdischen Leben noch nicht alles erledigt zu haben, nicht loszukönnen, weil Gefühle wie Rache, Trauer, Frust und Enttäuschung die metaphysische Essenz eines einstigen atmenden Individuums daran hindern, frei zu sein. In Mama, einem pittoresken Gruseltrip mit Hang zum Gothic-Melodrama, ist die ewige Trauer einer um ihre Kinder gebrachte Muttergestalt Grund genug dafür, dass sich diese andere sucht – vorzugsweise jene, die ihr nicht gehören. Da kommt das Unglück einer kaputten Familie wie gerufen und hinterlässt zwei Kinder irgendwo im Wald in einer Hütte. Die ganze Misere hätte auch für die zwei Geschwister böse enden können, hätte es da nicht diese dunkle Gestalt gegeben, die ihre helfende Hand ausgestreckt und den verwaisten Nachwuchs mit allerlei Kirschen abhängig gemacht hat. Die Jahre ziehen ins Land, während die Restfamilie der beiden Kleinen nicht aufgehört hat, nach ihnen zu suchen. Letztlich werden sie gefunden und kommen in die Obhut der Tante Annabel, gespielt von Jessica Chastain, die zu diesem Zeitpunkt natürlich gar nicht weiß, wen sie sich da mit ins Haus genommen hat. Einen eifersüchtigen Matronengeist, der die ohnehin traumatisierten und verwilderten Mädchen für sich beansprucht. Mehr als 10 Jahre später wird Chastain abermals, aber diesmal gegen eine ganz und gar irdische Anne Hathaway im Film Mothers Instinct ihre Erziehungsrolle verteidigen müssen.

Meistens verhält es sich so, dass, wenn bei einem Film Guillermo del Toro als Produzent fungiert, dieser zumindest in der visuellen Gestaltung seinen Einfluss spüren lässt. Das ist natürlich kein Nachteil, del Toros Kreaturen sind eigenständig und faszinierend, so auch die gespenstisch entstellte Gestalt eines paranormalen Wesens, die auch in Crimson Peak, del Toros Haunted House-Grusel, ebenfalls mit Chastain und Tom Hiddleston, zuhause sein hätte können. Als monströser Eindringling in einen stinknormalen Mittelschichts-Alltag samt entsprechendem Eigenheim schafft der bizarre Look einen ordentlichen Gegenpol, hemmt sich aber selbst in seiner Absicht, so richtig schaurig zu werden. Das Mysterium hinter dem Spuk ist auch von vornherein sonnenklar, einzig die Beweggründe des Geistes kommen erst nach und nach ans Licht, doch so etwas ähnliches wird sich das Publikum dabei schon längst gedacht haben. Mama von Andrés Muschietti, der die ziemlich gelungene Neuverfilmung von Es zu verantworten hat, gelingt ein hausbackenes Gruselmärchen mit Gothic-Elementen, am Ende kippt dieses in ein ungehemmtes Szenario spätromantischen Geisterkitschs. Natürlich ist es schön anzusehen, wenn die Nachthemden wallen, die nächtliche, vom wilden Meer umtoste Klippe als Schauplatz für den Showdown zwischen zwei Müttern zur Verfügung steht. Auch Crimson Peak war letztlich endenwollend schaurig, die Atmosphäre so pittoresk wie eine gediegene Geisterbahn für die nicht ganz so Angstfreien. Auch Mama, die anfangs noch für diffuses Unwohlsein sorgt, grenzt sich bald als klar auszumachende Antagonistin ab, die für ihr Handeln ihre Gründe hat. Die sich auch nachvollziehen, verstehen lassen – und den Film als psychologisches, phantastisches Drama verstanden sehen wollen.

Mama (2013)

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