Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer

EIN AFFE UND GENTLEMAN

7/10

 

misterlink© 2019 eOne Germany

 

LAND: USA, KANADA 2019

REGIE: CHRIS BUTLER

MIT DEN STIMMEN VON (ORIGINAL): HUGH JACKMAN, ZOE SALDANA, ZACH GALIFIANAKIS U. A.

DEUTSCHE SYNCHRO: CHRISTOPH MARIA HERBST, BASTIAN PASTEWKA, COLLIEN ULMEN-FERNANDES U. A.

 

Puppen kann man auf unterschiedlichste Art und Weise tanzen lassen. Muppets und Fraggles waren in diesem Fall Handfigur und Marionette zugleich. Rolf Rüdiger ist überhaupt nur Hand, und auch der Kasperl versteckt sich ungefähr um die Leibesmitte hinter einem Guckkasten. Anders die Puppen der Laika-Studios. Die haben weder Schnur, Hand oder Stange, die haben die Zeit auf ihrer Seite. Nämlich eine, die sich anhalten lässt, je nach Belieben. Das nennt man in Fachkreisen Stop-Motion, das ist die Methode, um leblose Puppen über oder durch Dioramen schreiten zu lassen, die mit Hingabe und bis ins Detail aufgeputzt sind. Von den welken Blättern des Waldes bis zur Miniaturzeitung, die in fürsorglich ausgestatteten Interieurs per Puppenhand durchgeblättert werden. Wenn man Filme von Laika sieht, sollte nicht vergessen werden, welche Leidenschaft, Akribie und auch nerdige Besessenheit dahintersteckt, im Zeitalter von CGI und Motion-Capture so etwas überhaupt noch auf die knorrigen Puppenbeine zu stellen. Weil Stop-Motion einfach ein Handwerk ist, ein perfektioniertes Handwerk, so wie das Malen von Bildern mit Pinsel und Pigment in Zeiten von Photoshop. Und bei Betrachten des fertigen Werks möge der Weg bis zum Ziel, der als Prozess alleine schon wieder ein eigenes Werk darstellt, nicht ganz in Vergessenheit geraten.

Unter diesen Gesichtspunkten lässt auch der ganz neue Streifen rund um einen Kryptozoologen und seinem Affenmenschen durchaus in Staunen versetzen, wenngleich nicht alles, was zu sehen ist, analogen Ursprungs ist. Wellenberge oder die Kulisse des Himalaya-Plateaus sind nur ein paar der ergänzenden Elemente, die natürlich am Rechner entstanden sind. Das macht aber nichts, CGI ist nicht zwingend etwas, dem der unangenehme Beigeschmack einer Mogelei anhaften sollte. CGI ist nicht minder eine Kunstform, und wenn sie wohldosiert dazu verhilft, die Illusion einer völlig autarken Puppenwelt zu vollenden, ist das ein Teamwork, das gelingt, solange der Computer dem Gebärden der erzählenden Figuren nicht die Show stiehlt. Keine Sorge, denn das passiert hier nicht. Die Charaktere, die sich in einem alternativen irdischen 19. Jahrhundert über die Evolutionslehre eines Charles Darwin wundern und Nessie auf der Spur sind, in der sich so was wie die National Geographic Society, die Elite der Weltenentdecker, auf arrogante Art über alle anderen stellt, haben in ihren wächsernen, spitznasigen und rotwangigen Gesichtern ein breites Repertoire an Ausdruck zu bieten. Und wenn Mr. Link dann die Lichtung betritt, findet ein herrlich feiner, distinguierter Humor Einzug auf der breiten Bühne eines Filmstudios, wo Kamerakräne ihre Runden drehen und hunderte Fingerspitzen all die herrlichen Kreationen antauchen, um sie fühlen, denken und träumen zu lassen.

Mister Link, der träumt davon, nicht mehr allein zu sein. Nachdem Mr. Lionel Frost nach seinem versemmelten Versuch, einen Beweis für Nessie zu erbringen, dem Brief eines Unbekannten nachkommt, der die Sichtung eines Sasquatch (Bigfoot, Skunk Ape, alles dasselbe) verspricht, muss er feststellen, dass das so genannte Missing Link über Sprache, abstraktem Denken und Höflichkeit verfügt. Auf dem gemeinsamen Weg nach Shangri-La, wo Mr. Link auf die winterfelligen Verwandten der Yetis zu treffen erhofft, müssen sie allerlei Abenteuer bestehen, muss der allzu menschliche Primat vieles zu wörtlich verstehen und für Krokodilstränen treibenden Humor verantwortlich sein, der den Film wohl zu einem der lustigsten Trickeskapaden der letzten Zeit werden lässt. Die Qualitäten von Mister Link liegen eindeutig beim missverständlichen Verständnis einer viel zu großen Welt, welcher der letzte seiner Art ausgesetzt sein wird. Mit ihm besteht ein erst egomanischer, dann geläuterter Möchtegern-Entdecker Abenteuer, die aus der Feder von Jules Verne kommen könnten. Altmodisch ist das, natürlich, und auch durch die Bank bekannt, was das Szenario natürlich sehr berechenbar und kaum zur Wiege dramaturgischer Wendungen macht. Mister Link ist, was es am besten kann, nämlich auf humorig vorgestrige Art ein Stück animiertes Reisekino zu sein, für Trickfilmfans und Familien, und jenen, die Phileas Fog, Charles Darwin und Russel Wallace gerne schon mal allgemeinbildene Achtung geschenkt haben. Vor Mister Link himself lässt sich nämlich auch bequem der Zylinder lüpfen, so einnehmend charmant ist der schräge evolutionäre Sonderling – mit mehr Manieren als manch ein Homo sapiens.

Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer

Ein Gedanke zu “Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer

Hinterlasse einen Kommentar