Best of 2021

DIE TOP 15 VON FILMGENUSS

 


bestof2021

 


Es gab schon mal bessere Jahre. Und das hat sicher auch mit der Pandemie zu tun. Oder damit, dass ich vielleicht, im Laufe der Zeit und angesichts des enormen Angebots an Filmen im Kino und im Stream, deutlich kritischer geworden bin. 

Was bei den Top 15 deutlich auffällt, ist, dass das Blockbusterkino 2021 vieles richtig gemacht hat. Die Aufgabe, ein pandemiemüdes Publikum auf andere Gedanken zu bringen, haben so einige Studios durchaus ernst genommen. Drei Marvel-Produktionen finden sich im letzten Drittel, triviale Reißer wie Godzilla vs. Kong oder Killers Bodyguard 2 haben es mit Witz und Dynamik ebenfalls geschafft, mich zu überzeugen. Und wer hätte gedacht, dass ein Film aus dem DC-Universum alle anderen überflügelt? The Suicide Squad ist der einzige Film mit 9 Punkten.

Und dann gibt es noch die neue Art der Avantgarde: Titane zum Beispiel, der kuriose Cannes-Gewinner, Hand in Hand mit dem Berlinale-Gewinner Bad Luck Banging or Loony Porn. Zwei Werke, die so erfrischend anders sind, das sie nachhaltig in Erinnerung bleiben.

 

PLATZ 1: THE SUICIDE SQUAD

Das passiert, wenn man risikofreudigen Filmemachern keine Knüppel zwischen die Beine wirft. Ein irres Anarcho-Festival mit fabelhaften Ideen.

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PLATZ 2: STILLWATER – GEGEN JEDEN VERDACHT

Matt Damon ist so gut wie niemals zuvor. Ein Kriminaldrama, so authentisch wie tiefgründig.

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PLATZ 3: THE FATHER

Anthony Hopkins hat zu Recht den Oscar verdient. Doch noch viel faszinierender ist die Art und Weise, einen Film übers Älterwerden zu erzählen. 

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PLATZ 4: THE POWER OF THE DOG

Jane Campion ist zurück! Ihr Spätwestern ist eine brillante Studie über Einsam- und Andersartigkeit.

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PLATZ 5: 7 GEFANGENE

Der beste Film auf Netflix: ein Sozialthriller der Extraklasse aus Brasilien.

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PLATZ 6: GODZILLA VS. KONG

Nach dem Ende eines elendslangen Lockdowns läutete dieser Monster-Clash die Freude am Eventkino wieder ein.

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PLATZ 7: MINARI – WO WIR WURZELN SCHLAGEN

Feinfühlig, humorvoll und so richtig tragikomisch. In den kleinen Gesten liegt die Kraft dieses Films.

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PLATZ 8: TITANE

Statt Sex im Auto Sex mit Auto: Ein polarisierendes Werk, das den Status Quo des Menschseins hinterfragt. Zu Recht ausgezeichnet.

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PLATZ 9: THE LAST DUEL

Ridley Scott kann es noch, und wie. Ein kraftvolles Mittelalterdrama mit vielen Grautönen und brisantem Thema.

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PLATZ 10: BAD LUCK BANGING OR LOONY PORN

Eine Art neue Kino-Avantgarde, die dem Zeitgeist eins auswischt. Und deutlich mehr ist als nur die Rückkehr salonfähiger Pornografie.

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PLATZ 11: SHANG CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS

Dieser neue Marvel-Held ist eine ganz ausgeschlafene Figur. So kunterbunt und mitreissend waren bislang nur die Guardians of the Galaxy.

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PLATZ 12: BLACK WIDOW

Nach dem Opfertod der schwarzen Witwe nun das entsprechende Farewell in Form eines augenzwinkernden Agententhrillers. Hat Power.

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PLATZ 13: SPIDER-MAN: NO WAY HOME

Marvel proudly presents the Multiverse. Ein schönes, nostalgisches, letztes Kinohighlight, bevor es ins Neue Jahr geht. 

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PLATZ 14: QUO VADIS, AIDA

Neben all den phantastischen Welten ist unsere eigene auch noch da. Zu bieten hat sie Kriege und Völkermord – dieses fiktive Einzelschicksal aus dem Bosnien-Krieg ist fast schon so ein Must See wie Schindlers Liste.

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PLATZ 15: KILLER’S BODYGUARD 2

Viele meinen, diese Actionposse sei nur mehr vom selben, und noch dazu schaler. Stimmt nicht, sage ich als Filmgenuss, denn Samuel L. Jackson und Ryan Reynolds haben es richtig drauf.

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Best of 2021

Bad Luck Banging or Loony Porn

DIE KRUX DES EGOZENTRISCHEN WELTBILDES

7,5/10


badluckbanging© 2021 Panda Lichtspiele

LAND / JAHR: RUMÄNIEN, LUXEMBURG, TSCHECHIEN, KROATIEN 2021

BUCH / REGIE: RADU JUDE

CAST: KATIA PASCARIU, CLAUDIA IEREMIA, OLIMPIA MALAI, NICODIM UNGUREANU, ALEXANDRU POTOCEAN, DANA VOICU, GABRIEL SPAHIU U. A. 

LÄNGE: 1 STD 46 MIN


Es kann gut sein, dass mein Beitrag nach dem Teilen auf diversen Social Media-Plattformen von der Zensur geblockt wird. Das Wort „Porn“ kommt darin vor. Kann gut sein, dass die Zugriffe auf diesen Artikel dadurch in die Höhe schnellen. Kann alles sein. Kann sogar sein, dass ein Film wie dieser trotz oder gerade wegen seinen expliziten Darstellungen den Goldenen Bären der Berlinale gewinnen kann. Und auch, obwohl sich Banging und Porn in den Titel schummeln. Eine Vorverurteilung hat aber nicht stattgefunden, denn Radu Jude hat für seine virtuose Satire tatsächlich die höchste Auszeichnung erhalten. Gibt es also rund 50 Jahre nach Deep Throat ein Porno-Revival in klassischen Kinosälen? Nein, nicht wirklich. Bad Luck Banging or Loony Porn will das gar nicht. Dieser Film – wie soll ich sagen – ist zwar ein obszönes, aber gutgemeint groteskes Stück Kino, das sicherlich nicht zum besten Freund wird – auf den zweiten Blick jedoch kann man das, was da abgeht, so gut nachvollziehen, als wäre man mit diesem polemischen Stück publiker Selbstreflexion schon lange auf Du und Du.

Man kann gut erkennen, was entsteht, wenn nichts und niemand einem Filmemacher ins Handwerk pfuscht. Radu Jude befindet sich inmitten der Pandemie, wir schreiben das Jahr 2020, und man merkt auch, dass für seine Ideen die Weltlage gar nicht besser hätte sein können. In dieser Pandemie, die Jude auf die aufreibendsten Arten des Maskentragens, Händedesinfizierens und nicht eingehaltene Sicherheitsabstände reduziert, ist der gesellschaftliche Sodbrand kurz davor, bis in den Rachenraum aufzusteigen. Zu keiner Zeit in der jüngeren Geschichte lässt sich die Doppelmoral des Menschen in der Dynamik einer Gesellschaft so sehr ans Tageslicht zerren wie in dieser. Dabei passiert nicht viel, und seit Thomas Vinterbergs grandiosem Rufmord-Drama Die Jagd wissen wir auch, wie Massenmedien im Computer- und Handyzeitalter zusätzlich Zunder geben. Zum Leidwesen der Kinder und derer, die des Berufs wegen für diese verantwortlich sind. Immerhin ist passiert, was nun mal so passiert: Die Lehrerin Emi hat Sex mit ihrem Ehemann – sie filmen sich dabei, und wir sehen das auch. Blöderweise stellt der nicht wirklich vorausdenkende Göttergatte das sogenannte Sex Tape auf Pornhub – wo dieses alsbald von den Schülern aus Emis Klasse gesehen wird. Empörter kann die Elternschaft nicht sein. Wie kann man nur! Sie fordern eine Konferenz, um die gute Frau zur Rede zu stellen. Oder ganz einfach fertigzumachen.

Bad Luck Banging or Loony Porn hat drei Kapitel, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Nach dem gar nicht jugendfreien Vorspiel folgen wir Emi quer durch Bukarest. Es ist die Bestandsaufnahme einer verdorbenen Welt aus billigen Obszönitäten, Aggressionen und kompensierten Psychosen. Ein Panoptikum zwischen Zerfall und Übersättigung, dabei ruht die Kamera weniger auf Emis Spaziergang durch die Welt als vielmehr auf einen Alltag, der sich selbst zuwider zu sein scheint. Kapitel zwei ist ebenfalls ein Sammelsurium – eine alphabetische Abfolge diverser Begriffe, die, größenteils mit Archivaufnahmen bebildert, eine Collage dessen ergeben, was Rumänien bewegt. Kapitel drei dann der Elternabend des Grauens. Eine Geisterbahnfahrt des Fingerzeigens und des Besserwissens. Ich will nicht sagen: des Querdenkens.

Wer mir dazu einfällt: Der Schwede Ruben Östlund beschäftigt sich nicht erst seit The Square mit ähnlichen Themen und seziert dabei menschliches Gruppenverhalten, über welches die Vernunft allzu leicht stolpert. Sei es nun, Eigenverantwortung zu übernehmen – oder die Verantwortung über den eigenen Nachwuchs. Jude spricht diese Fähigkeit der „Elterngeneration What?“ Ein für alle Mal ab. Seine Erzieherinnen und Erzieher verorten aus reiner Bequemlichkeit und nach erhörten Predigten über ein egozentrisches Weltbild die moralische Verantwortung jenseits der eigenen Familie. Dabei ist nicht das Problem, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Wahl der immer bequemeren Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Was bleibt, ist ein Aneinanderrennen starrer Weltsichten und liberaler Koketterie. In Judes Groteske erkennt man letzten Endes mit Schrecken, selbst zu einer dieser Gruppen zu gehören. Was dagegen tun? Im Avantgarde-Kino von heute bleibt da nur noch die verzweifelte Möglichkeit, mit ätzendem Zynismus die Nimmerbelehrbaren in die Selbstreflexion zu nötigen.

Bad Luck Banging or Loony Porn