Womit haben wir das verdient?

BEKENNTNISSE EINES TEENIES

6,5/10

 

womithabenwirdasverdient© 2018 Neue Visionen

 

LAND: ÖSTERREICH 2018

REGIE: EVA SPREITZHOFER

CAST: CAROLINE PETERS, CHANTAL ZITZENBACHER, SIMON SCHWARZ, HILDE DALIK, PIA HIERZEGGER U. A.

 

Cat Stevens hat es getan. Und vor Kurzem Sinéad O’Connor. Beide sind zum Islam übergetreten, beide haben in dieser Weltreligion das gefunden, was ihr Leben bereichert. Die Namen, die beide berühmt gemacht haben, gibt es nicht mehr. Der eine heißt Yusuf Islam, die andere Shuhada Davitt. Der natürliche Endpunkt eines jeden Theologen, meint die irische Sängerin. Soll so sein, so etwas will und kann ich nicht beurteilen. Ich habe mit meinem eigenen Glauben genug zu tun. Und Missionierung geht gar nicht. Missionieren steht den Eltern der 16jährigen Nina allerdings auch nicht im Sinn, da sie selbst nicht wirklich an etwas glauben. Aber der Mund bleibt ihnen dennoch offenstehen. Nina trägt von heute auf morgen einen Hidschab und konfrontiert ihren Vormund im Rahmen einer therapeutischen Familiensitzung. Papa nimmt’s gelassen, die Mama tut sich schwer, das Ganze ernst zu nehmen und hofft auf eine temporäre Provokation ihres pubertierenden Kindes. Falsch gedacht, der Hidschab bleibt am Kopf, und aus Nina wird Fatima. Halal und Haram werden zu Modewörtern in den eigenen vier Wänden, und zur Geburtstagsfeier von Mama Wanda fallen vom Faschingsscherz bis zum gekünstelten Verständnis alle möglichen Meinungen zu einem Umstand, den man getrost Religionsfindung nennen kann.

Die österreichische Drehbuchautorin und Schauspielerin Eva Spreitzhofer hat, das muss ich wirklich sagen, Mut bewiesen, eine Komödie über den Islam zu drehen. Ein heißes Eisen, vor allem im Zeitalter des islamistischen Terrors und der Flucht aus dem Nahen Osten, der das gesellschaftspolitische Gefüge in Europa gehörig erschüttert hat. Brisant ist gar kein Ausdruck. Die Vielzahl der Meinungen unübersehbar. Die Sitten des Islam und die Stellung der Frau im kulturellen Kontext oftmals Gegenstand nicht enden wollender und oftmals hitziger Debatten. Wäre ich Filmemacher, wäre mir das Thema viel zu riskant, obwohl es mich allemal reizen würde. An der eigenen Meinung festzuhalten und trotzdem nicht die Balance zwischen Kritik und Anbiederung zu verlieren – das ist ein Umstand, der Fingerspitzengefühl erfordert. Ein durchdachtes Drehbuch, ein kluger Plot. Spreitzhofer, die ihren Film auch geschrieben hat, versucht merkbar diplomatisch, sich durch das Chaos eines Culture-Clash zu winden, ohne irgendwo anzuecken. Das Ausbleiben des Unbequemen mag in anderen Filmen langweilig wirken, in Womit haben wir das verdient? gerät es zu einem versöhnlichen Alltagslustspiel, das nichts weniger will als zu diffamieren. Die Religion an sich bleibt unangetastet, blasphemisch ist hier gar nichts. Das war es allerdings bei Das Leben des Brian der Monty Pythons genauso wenig, und doch hagelte es Proteste. Vielleicht, weil manche gewisse Details übersehen haben. Das kann bei Spreitzhofer´s Film nicht passieren. Behutsam wie beim Errichten eines Kartenhauses erklärt sich die gut besuchte, österreichische Erfolgskomödie mit fast jeder Szene als Botschafterin eines repsektorientierten Miteinanders, und zieht einzig und allein die stets widersprüchliche Auslegung verfasster Dogmen durch den Kakao. Dabei geht es viel weniger um Religion als um die individuellen Befindlichkeiten gesellschaftlicher Eitelkeiten, für die Selbstreflexion ein Fremdwort ist. Im Zeitalter der Sozialen Medien überbrückt das Ereifern im Glauben persönliche Defizite, und deklariert seine eigene Unzulänglichkeit, mit sich und der Welt gelassen klarzukommen. Womit haben wir das verdient? provoziert nicht, und entlässt das Publikum auch nicht mit gemischten Gefühlen. Mit gehörig Understatement gelingen die besten satirische Spitzen in unaufgeregten Nebensätzen, welche Widersprüche in bigottem Verhalten so manche Konformität hinfällig werden lassen. Das ist erhellend, vollkommen logisch und nichts was es zu diskutieren gilt. Das sieht ein jeder, egal ob und wenn ja welchem Glauben er anhängt. Das macht den Film auch so richtig zu einem gewieften Feel Good Movie, das sich nicht lustig macht, sondern abendfüllend zum Schmunzeln einlädt, obwohl mit mehr Reibung und weniger Rücksicht auf Befindlichkeiten das ganze verdientermaßen nachhaltiger und griffiger geworden wäre.

Schauspielerisch ist hier einiges an Luft nach oben, vor allem Chantal Zitzenbacher als Teenager auf konfessionellem Egotrip ist manchmal zu aufgesetzt genervt von allem, was ihre Figur auch anfangs unsympathisch macht. Caroline Peters hingegen ist ideal besetzt und leidenschaftlich genug in ihrer selbstlosen Mutterliebe, Simon Schwarz in einer Nebenrolle hat vor allem in der jetzt schon kultigen Niqab-Szene die meisten Lacher auf seiner Seite. Trotz der wechselnden Schauspielqualitäten und der schaumgebremsten Ambitionen ist Womit haben wir das verdient? pfiffige Unterhaltung mit liberalen Einsichten und dialogfähigen Aussichten, mit oder ohne Hidschab. Am liebsten aber ohne.

Womit haben wir das verdient?

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