Plan A – Was würdest du tun? (2021)

RACHE, NICHT GERECHTIGKEIT

5/10


PlanA© 2021 Camino Filmverleih


LAND / JAHR: ISRAEL, DEUTSCHLAND 2021

REGIE / DREHBUCH: DORON & YOAV PAZ

CAST: AUGUST DIEHL, SYLVIA HOEKS, MICHAEL ALONI, NIKOLAI KINSKI, MILTON WELSH, OZ ZEHAVI, ECKHARD PREUSS, BARBARA BAUER, ISHAI GOLAN, KAI IVO BAULITZ, AENNE SCHWARZ U. A.

LÄNGE: 1 STD 50 MIN


Verkehrte Welt? Israel mache sich derzeit, so sagen einige, im Konflikt mit der Terrororganisation Hamas des Völkermordes schuldig. Gerade Israel, jener nach dem zweiten Weltkrieg gegründete Staat, der mithilfe der in Europa verfolgten Juden errichtet wurde – sehr zum Missfallen eines anderen Staates, der zur gleichen Zeit am gleichen Ort seine Heimat hat: Palästina. Da haben wohl jene Herrschaften, die damals die Grenzen zogen, nicht genau hingesehen. Jetzt haben die einen keine Heimat mehr, während die anderen ihre neue Heimat um jeden Quadratmeter verteidigen. Das schürt Frust, das schürt Hass, das schürt Ressentiments auf beiden Seiten. Klar, dass es dort irgendwann so sehr eskaliert, dass es das Zeug dazu hätte, einen dritten Weltkrieg zu entfachen. Dass die Israelis sich dort nicht mehr vertreiben lassen wollen, nachdem sie aus ganz Europa vertrieben wurden, kann man ihnen nicht verdenken. Das erlittene Leid ist nicht wiedergutzumachen, der Holocaust ist für immer ein Teil des ethnischen wie religiösen Bewusstseins – auf dass nie wieder etwas Ähnliches geschähe. Nur leider ist das passiert: Der systematische Angriff der Hamas im Oktober letzten Jahres.

Doch wie war das damals, nach dem letzten Weltkrieg? Hat sich da das jüdische Volk zur Selbstheilung in den Nahen Osten zurückgezogen, ohne Durst nach Rache? Simon Wiesenthal zum Beispiel wollte sich schließlich nicht zu einer emotional motivierten Genugtuung hinreissen lassen, sein Credo lautete stets: Gerechtigkeit, nicht Rache. Wie klug und letztlich effektiv: sämtliche Schergen des Nazi-Regimes erhielten, nachdem sie aufgespürt wurden, ihren Prozess. Doch nicht alle tickten so. Die Nakam zum Beispiel, eine jüdische Organisation, die sich zum Ziel setzte, Millionen Deutsche nach dem Auge-um-Auge-Prinzip zu ermorden. Für diesen Racheakt hätten sie das Trinkwasser großer deutscher Städte vergiftet, der Plan scheiterte aber bereits im Vorfeld. Auf Basis dieser Fakten erzählen die israelischen Filmemacher Doron und Yoav Paz in ihrem Geschichtsdrama Plan A – Was würdest du tun? eine womöglich etwas frei formulierte Nachstellung eines fast vergessenen Kapitels der Nachkriegszeit mit dem Zuviel an weichgezeichnetem Melodrama und in einer wenig speziellen, weil leidenschaftslosen Inszenierung.

August Diehl, der bereits international bekannte und heimische Produktionen stets veredelnde Charaktermime, gibt die fiktive Identifikationsfigur des Juden Max, der nach dem Ende des Krieges sein altes Zuhause von arischen Deutschen besetzt sieht und folglich nicht mehr weiß, wohin mit seiner Existenz. Empfohlen wird ihm, wie so vielen seiner Leidensgenossen, nach Israel auszuwandern. Bevor Max aber diese Option reifen lassen kann, macht er Bekanntschaft mit den bereits erwähnten Rächern, die sich als eine Art Inglourious Basterds das Recht herausnehmen, Handlanger des alten Systems aufzuspüren und hinzurichten. Irgendwie scheint Max das Vorhaben suspekt und arbeitet fortan für die britische Armee, um herauszufinden, was die Nakam im Schilde führen. Dabei fällt ihm schwer, das eigene Verlangen nach Rache zu unterdrücken, um nicht die Gründung des Staates Israel zu gefährden.

Plan A – Was würdest du tun? widmet sich dank erzählerischer Freiheit nicht nur den Umständen, die zu dieser Fast-Umsetzung eines verheerenden Racheakts geführt hätten, sondern lässt auch die alternative Realität in der Vorstellung von August Diehls Figur Wirklichkeit werden. Aufschlussreich ist das Drama der Gebrüder Paz auf jeden Fall – die Umsetzung setzt jedoch auf Schablonen. Sowohl die fiktive zentrale Figur des Max noch das ihn umgebende, ebenfalls – so vermute ich – fiktive Ensemble bleiben flach. Die Eigenständigkeit der Charaktere fehlt; diese scheinen aus mehreren, ähnlich gelagerten Rollen aus ähnlichen, aber anderen Filmen zusammengesetzt zu sein. Die prinzipiell spannende Geschichte um Moral, Vergebung und natürlich Vergeltung entwickelt selten einen entsprechenden Sog und erstaunt eigentlich nur aufgrund seines im Hintergrund errichteten, historischen Kontextes.

Plan A – Was würdest du tun? (2021)