Shaun das Schaf – Der Film: UFO-Alarm

DIE WOLLE IST IRGENDWO DA DRAUSSEN

8/10

 

Mit LU-LA entdeckt Shaun die Welt mit neuen Augen!© 2019 Studiocanal

 

LAND: GROSSBRITANNIEN 2019

REGIE: RICHARD PHELAN, WILL BECHER

MIT DEN STIMMEN VON: JUSTIN FLETCHER, JOHN SPARKES, KATE HARBOUR U. A.

 

Ach, wie unkreativ diese deutschen Übersetzungen manchmal sind. Ufo-Alarm – ich bitte schön. Im Original hat sich das Aardman-Studio zu einer herrlichen Verballhornung eines mittlerweile als Endzeit-Trash in die Filmgeschichte eingegangenen Klassikers hinreissen lassen – zu Farmageddon. Was für ein süffisantes Wortspiel und ein gelungener Start ins Sequel zum Kino-Einstand des wortlosen Superschafs Shaun, das längst schon Serienkult genießt und mittlerweile neben Wallace & Gromit zum Steckenpferd besagter Studios geworden ist. Mit Shaun das Schaf – Der Film: Ufo-Alarm (ich bleib jetzt mal dabei) haben sich die kreativen Ausdauer-Plastininkneter einen großen Gefallen getan: ihr Film ist ein enorm liebenswerter Slapstick-Hit, der das Original noch weit in den Mondschatten stellt und wirklich jedes Stop-Motion-Herz zu erfreuen weiß, das überdies noch für Science-Fiction schlägt, denn ich weiß gar nicht mehr, wann ich bei all den Querverweisen zum Genrekino aufgehört habe zu zählen.

Die Welt geht auf der Mossy Bottom Farm zum Glück für alle Vier-, Zwei- oder Garnichtbeiner natürlich doch nicht unter, und das ganz ohne Bruce Willis, dafür aber unterbricht den strengen Alltag unter der verbotswütigen Aufsicht des Hirtenhundes Bitzer das Auftauchen eines sonderbaren Wesens, das auf Pizza und kurze Zeit später den Schafen im Weg steht. Ganz klar, das ist eine unheimliche Begegnung der dritten Art, und das Raumschiff des versehentlich auf der Erde gelandeten Alienmädchens LU-LA (weniger ist mehr – in ihrer Schlichtheit einfach entzückend) ist ebenfalls nicht unentdeckt geblieben. Agentin Red, die ganz fest daran glaubt, dass die Wahrheit irgendwo da draußen liegt, lässt nichts unversucht, ihren Begriff von Willkommenskultur ganz anders auszulegen. Die Medien tun ihr Übriges – verbreiten das wahre Gerücht in allen Zeitungen, und der ebenfalls maximal nur murmelnde und fehlsichtige Farmer wittert hier ein großes Geschäft. Ein Freizeitpark soll entstehen, mit dem Namen Farmageddon – und das nur, um sich einen neuen Mähdrescher zu finanzieren. Alle rund um das Städtchen Mossingham sind also aus dem Häuschen – und die Kunst der Knete erreicht ein neues Level an Warpgeschwindigkeit.

Dabei behält der Film trotz all der Turbulenz und der bis zum manchmal sichtbaren Fingerabdruck penibel ausgearbeiteten Slapstick-Szenen eine ungewohnt entschleunigte Gelassenheit. Das liegt vielleicht am Verzicht von Sprache, an der begrenzten Geschwindigkeit der Stop-Motion-Technik. Und an der Verwendung analoger Bausteine, die, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, dem Abenteuer diesen unvergleichlichen Charme eines mit Fingerspitzengefühl arrangierten Atelierwunders verleihen. Sowas wirkt wie aus der Zeit gefallen, aber genau dieser anachronistische Ansatz und das Gegenwirken zum digitalen Overkill wie zum Beispiel bei Familie Willoughby garantiert auch das Gewahrwerdens der vielen Details, die nicht nur die Kids als Zielgruppe gewinnen, sondern auch den Rest der Familie – uns Erwachsene. Von Kubricks 2001 über Spielbergs Unheimlicher Begegnung der dritten Art bis hin zu Akte X fühlen sich Schaf und Co mit all ihren Insider-Anspielungen, die der Nachwuchs gar nicht zu checken braucht, weil der Film auch so funktioniert, der Weltraum-Popkultur wie Brüder im Geiste. Dabei reagieren Mensch und Tier in ihrem bescheidenen Anspruch an einen zerstreuungsfreudigen Sonntag am Land auf diese unerklärlichen Phänomene sehr pragmatisch, und gerade diese lakonische Lässigkeit ist einfach über alle Bildkader hinweg einfach nur liebenswert.

Shaun das Schaf – Der Film: UFO-Alarm

Early Man

AM ANFANG WAR DER FUSSBALL

7/10

 

EARLY MAN© 2018 Studiocanal

 

LAND: GROSSBRITANNIEN 2018

REGIE: NICK PARK

MIT DEN STIMMEN (OV) VON EDDIE REDMAYNE, MAISIE WILLIAMS, TOM HIDDLESTON U. A.

 

Mit Wallace und Gromit hat Nick Park und sein Aardman-Studio den Stop Motion-Trickfilm neu definiert. Der grobmotorische Käseliebhaber und sein Köter haben vom Mondflug bis zum Riesenkaninchen schon so allerlei Abenteuer erlebt. Das brandaktuelle Ergebnis mühsamster Kleinarbeit und engelsgeduldigem Fingerspitzengefühl ist erneut eine Liebeserklärung an das unverwüstliche und von Kindern aller Altersklassen hochgeschätzte Plastilin und diesmal auch eine Hommage an das Massenphänomen des Sports schlechthin – an den Fussball. Bei Early Man dachte ich anfangs jedoch nicht unbedingt an einen Film über Fussball. Early Man verspricht zuallererst mal so etwas wie eine Parodie auf Ötzi und Konsorten zu werden. Eine Verballhornung von Annaud´s Am Anfang was das Feuer. Ein Urzeitabenteuer frei nach naturgeschichtlichen Eckpfeilern von Terra, in welchem ungefähr genauso viel gesprochen wird wie in Aardman´s Shaun das Schaf.

Die grossmäuligen Frühmenschen mit den exorbitant grossen Beisserchens können sprechen, so wie ihnen der zumodellierte Schnabel gewachsen ist. Und sie werden eines Nachts von Invasoren heimgesucht, die die Leiter der Zivilisation schon einige Sprossen weiter sind. Und nicht nur das. Die bronzezeitlichen Krieger haben eine ähnliche Schwäche für Ballspiele wie seinerzeit das Volk der Mayas aus Mittelamerika. Anstelle von Steinkugeln und abgetrennten Köpfen tritt aber glücklicherweise das klassische Rund aus Leder. Also schliesst der kleine Frühmensch Dug mit den frankophonen Übermenschen einen Pakt. Gewinnen die Höhlenbewöhner das Match gegen Real Bronze, die schnöselige Mannschaft der evolutionär Begünstigten, dürfen die Vertriebenen wieder in ihr Tal zurück. Siegessicher stimmt der linkische Grosswesir der Forderung zu – und intrigiert fortan, wo es nur geht, um das Glück der einfachen Menschen zu vereiteln.

Das ist natütrlich keine hochkomplexe Story. Und nichts, was nicht vorhersehbar wäre. Doch Early Man hat ganz andere Stärken – und das weiss man, wenn man in einen Aardman-Film geht. Das Kunstwerk landet nicht auf der Watchlist, weil die Handlung so ausgefeilt konstruiert ist. Das Figurentheater landet dort, weil der Effekt des liebevollen Stop Motion gerade bei Aardman so schadstofffrei zu bewundern ist. Alleine das Design des ums Mammut gelegten Harnisch gefällt dem Betrachter, die Outfits und schmuckvollen Details an den einzelnen Figuren sind von ausgesucht gedulderprobter Machart. Dieses entschleunigte Kino der Puppen hat etwas zeitlos Nostalgisches. Eine Direktheit, die schon seit dem Sandmännchen das Staunen weckt. Blickt man ganz genau hin, lassen sich hauchzarte Fingerabdrücke auf den Gesichtern der Modelle erkennen. Immer wieder müssen die Visagen nachgeformt werden. Und immer wieder freuen, bangen und schwärmen die etwas über eine Handbreit großen Helden aufs Neue, immer wieder ein neues Gesicht, in der Laterna Magica von Nick Park vollendet zu einer geschmeidigen Animation.

Obendrein ist Early Man natürlich ein Pflichttermin für junge Kicker, aber nicht nur für die. Verstehen muss man die Geheimnisse des Fußballs nicht, und ein sonderlich großer Fan von Freistoß, Elfmeter und Co muss man ebenso wenig sein. Viel mehr ist der kunterbunte Sportfilm aus einem Land vor unserer Zeit eine schrullige Ode auf den Teamgeist und die Fairness im Spiel. Knuffig, exaltiert und mit ganz viel versponnener Obsession geknetet.

Early Man