Violent Night

WEIHNACHTEN WIRD DER HAMMER

6,5/10


violentnight© 2022 Universal Studios. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: TOMMY WIRKOLA

BUCH: PAT CASEY, JOSH MILLER

CAST: DAVID HARBOUR, LEAH BRADY, JOHN LEGUIZAMO, BEVERLY D’ANGELO, ALEX HASSELL, ALEXIS LOUDER, EDI PATTERSON, CAM GIGANDET, ANDRÉ ERIKSEN, BRENDAN FLETCHER U. A.

LÄNGE: 1 STD 52 MIN


Wo Tommy Wirkola draufsteht, ist auch Tommy Wirkola drin. Das zumindest könnte man annehmen, und ja, genau diesen Stoff bekommt man auch, schön verpackt in rotweiß gestreiftem Geschenkpapier mit grüner Schleife. Wirkola hat schon Hänsel und Gretel als wehrhafte Hexenjäger in den dunklen Tann geschickt – warum nicht auch den von Coca-Cola so vehement distributierten, stämmigen Wohlfühl-Opa, der gar nichts mehr gemein hat mit dem guten Mann aus Smyrna, der ja trotz seiner guten Taten Zeit seines Lebens lieber unentdeckt geblieben wäre.

Den Weihnachtsmann oder Santa Clause, den sollte vor allem der Nachwuchs nicht zu Gesicht bekommen. Am Christtag dann, so bleibt zu hoffen, sind dann die Kekse gegessen und die Milch getrunken. Doch was, wenn der kauzige Typ mit den Rentieren gar keine Milch mag, sondern lieber auf den Hochprozentigen schielt, der im Regal der reichen Oma steht? Santa Claus bleibt also ein Mythos, und zu Beginn des Films Violent Night scheint es, als wäre dieser tatsächlich nur ein des Geldes wegen zelebrierter Auftritt, dessen Gelingen erst ein paar Bier als Basis braucht. Der Unwille erinnert an Billy Bob Thorntons Auftritt in Bad Santa. Nur „bad“ ist dieser Weihnachtsmann hier, verkörpert von Stranger Things-Star David Harbour, nur dann, wenn all die Unartigen dem Mann aus dem Norden auf die Nerven fallen. Einer dieser Finsterlinge ist ein Verbrecher namens Scrooge (John Leguizamo), der die gesamte Familie Lightstone mitsamt der kleinen Trudy in seiner Gewalt hat. Das schmucke Anwesen der eingangs erwähnten Oma (Beverly D’Angelo, bis zur Unkenntlichkeit umoperiert) birgt nämlich satte 300 Millionen Dollar im Keller, und die will Scrooge haben, koste es, was es wolle. Die Entourage des bösen Buben hat sich zeitgerecht als Catering-Service an Heiligabend eingeschleust, und so ist es ein leichtes, die Bude auf Stirb langsam umzukrempeln. Womit die Jungs (und zwei Damen) wohl nicht gerechnet haben, das ist der Knüppel zwischen ihren Beinen: besagter Santa Claus, der eigentlich keinen Ärger will, jedoch lang genug provoziert wird, um zum Hammer zu greifen. Diesen zu schwingen beherrscht er ganz gut, war er doch nicht immer der, für den man ihn heutzutage hält.

Violent Night (was sich genauso singen lässt wie Silent Night) gibt dem eher müden Konkurrenzprodukt Fatman aus dem Vorjahr mit Mel Gibson keinerlei Überlebenschancen – David Harbour hat’s besser drauf. Auch die kauzig-schrulligen Attitüden stehen dem desillusionierten Geschenkebringer aus Wirkolas Film deutlich besser als dem abgebrühten Gibson. Was noch hinzukommt: Diese Version hier greift das Konzept der ersten beiden Stirb Langsam-Filme auf, die ebenfalls beide an Heiligabend spielen und in denen Bruce Willis als unbekannte Variable die Pläne einer fiesen Entourage durchkreuzt. Genauso handhabt das ein von der Habgier der Kinder mürbe gewordenes, mythologisches Überwesen, an welches kaum mehr jemand glaubt, das aber in besagter Trudy seinen Kevin findet: Bruce Willis und Macaulay Culkin – heute sind es David Harbour und die kleine Leah Brady, die diesen Joint Venture begehen, dieses Crossover sozusagen. Was sich streckenweise auch ziemlich schmissig, herzlich und blutig anfühlt, denn Wirkola ist natürlich wenig zimperlich und agiert, was Gewalt angeht, mit ledernen Fäustlingen. Hier fliegen die Zähne und knacken die Knochen, hier klatscht das Blut in guter Tonqualität auf Parkett und Asphalt. Diese Mischung ist’s, worauf es ankommt, zwischen selbstironischer Fantasy und eindeutigen Reminiszenzen an zwei Weihnachtsklassikern, die alle Jahre wieder nicht fehlen dürfen. Will man sich beide Filme sparen, tut Violent Night ein gutes Werk.

Doch im Grunde sieht man Weihnachtsfilme lieber daheim im kerzenbeleuchteten Kämmerlein mit LED-Rentier auf dem Balkon – ist es nicht so? Selten, dass ich mich in diesem Genre zum Kinobesuch hinreißen lasse. Der letzte war wohl der mit Kevin. Als zweiter ist es nun dieser hier: eine Vermöbelungsfest ohne Tiefgang, einfach als Guilty Pleasure zum Abreagieren nach dem unsäglichen Gedränge am Weihnachtsmarkt. Auch wenn sich der Film ungern, aber doch den amerikanischen Moraltabus unterwirft und am Ende die Pflichtminuten an versöhnlichem Kitsch aussitzt, lässt Harbour dennoch den guten alten Tim Allen wissen, dass dieser sich schon bald wärmer anziehen kann. 

Violent Night

The Trip – Ein mörderisches Wochenende

PAARTHERAPIE DURCH DRITTE

6/10


thetrip© 2021 Leonine Distribution


LAND / JAHR: NORWEGEN 2021

REGIE: TOMMY WIRKOLA

CAST: NOOMI RAPACE, AKSEL HENNIE, ATLE ANTONSEN, CHRISTIAN RUBECK, ANDRÉ ERIKSEN, STIG FRODE HENRIKSEN, NILS OLE OFTEBRO U. A. 

LÄNGE: 1 STD 54 MIN


Am Wochenende sucht man Ruhe und Entspannung. Wenn’s ohnehin schon stressig zugeht, drängt sich die traute Zweisamkeit irgendwo abgelegen an einem See und umgeben von Wald und Wiese richtig auf. An so einem Wochenende kann gar nichts – oder alles passieren. Plüschige Aliens können kommen, wie in Save Yourselves!. Oder ein Psychokiller treibt sein Unwesen und lässt die Zerstreuungswütigen über die Klinge springen, wie Dan Stevens und Sheila Vand in Tod im Strandhaus das gemacht haben. Selbst Comedian Kevin James als bemüht bösartiger Knastbruder nervt in Becky eine Patchworkfamilie, die ohnehin genug Probleme hat. 

Ihr seht, es gibt jede Mange Zeug zum Thema Wochenende in Schieflage, und auch The Trip – Mörderisches Wochenende vom Norweger Tommy Wirkola hat da gar nicht den Anspruch, anders sein zu wollen als all die eben erwähnten genretypischen Produktionen. Wirkola, nicht sehr zimperlich, was seine Filme angeht (Händel & Gretel: Hexenjäger, Dead Snow) bringt in seiner Splatterkomödie die Ehekrise zum Bluten, da sind ihm alle Mittel recht. Und noch schöner ist es, wenn Noomi Rapace, die bereits in seinem originellen Science-Fiction-Thriller What Happened To Monday? in siebenfacher Ausführung ums Überleben gekämpft hat, den Nerv hat, um einer wie aus heiterem Himmel hereinbrechenden Home Invasion handfeste Argumente entgegenzusetzen. Bevor es aber so weit kommt, will „Headhunter“ Aksel Hennie seiner Göttergattin ans Leder – dahinter mag stecken was will, das ist für den Film nicht relevant. Ebenso hegt eine erblondete Rapace wohldurchdachte Pläne, um ebenfalls das Witwendasein zu forcieren. Wenn man doch nur miteinander reden könnte – doch dieser Zug ist abgefahren. Die beiden hätten sich wohl gegenseitig ins Aus manövriert, wären da nicht drei wirklich miese Gesellen, die ordentlich Stunk machen. Frei nach dem Sprichwort Der Feind meines Feindes ist mein Freund muss das Paar wieder ihr eheliches Gelübde ausgraben, welches für schlechte Tage den Zusammenhalt predigt.

Auch wenn The Trip – Mörderisches Wochenende vorzugsweise als respektlose, derbe Komödie zu bezeichnen ist, bleibt dennoch der größte Anteil einem gewalttätigen Thriller geschuldet, der den Hass auf die wirklich bösen Jungs gehörig schürt – um dann in aller Genugtuung dem Blut beim Herumspritzen zuzusehen. Da werden Arme geschreddert und Bäuche aufgeschlitzt, Köpfe weggeschossen und was weiß ich noch alles, natürlich ist das ganze Handgemenge mit Ironie zu genießen und das richtige Quantum an flapsigem Zynismus und lakonischem Humor verleihen der Hämoglobin-Groteske sogar noch sympathische Zwischentöne, vor allem Aksel Hennies Film-Vater könnte der grantige Bruder vom Mann namens Ove sein, so nordländisch geistert die schräge Nebenfigur durch das gar nicht jugendfreie Szenario.

Wirkola liebt den augenzwinkernden Trash, richtet sich ans weniger zartbesaitete Publikum und bietet genau das, was in so einem Genremix auch zu holen ist. Will man sich allerdings wirklichen Hirnideen widmen, die das Töten auf originelle Bahnen hebt, sollte man vielleicht lieber beim Saw-Franchise bleiben. Bei The Trip kommt zum Einsatz, was in einem Ferienhaus mit Garten eben so rumliegt, Rasenmäher inklusive. Doch den gab‘s auch schon bei Becky. Demnach ist der Splatterspaß zwar kurzweilig, aber nicht die eigentliche Attraktion: die findet sich in den kleinen, zwischenmenschlichen Verschnaufpausen, in denen nichts und niemand gewillt ist, die Hoffnung auf eine gute Ehe aufzugeben.

The Trip – Ein mörderisches Wochenende