Suburbicon

SICH´S RICHTEN ODER GERICHTET WERDEN

6/10

 

suburbicon© 2017 Constantin Film

 

LAND: USA 2017

REGIE: GEORGE CLOONEY

DREHBUCH: JOEL & ETHAN COEN

MIT MATT DAMON, JULIANNE MOORE, NOAH JUPE, OSCAR ISAAC U. A.

 

Der Papa wird’s schon richten – so haben es zumindest mal Bronner und Qualtinger gesungen. Ob der Papa es hier in Suburbicon richten wird, da hat der kleine Nicky so seine Zweifel. Und das völlig zurecht. Der Junge lebt gemeinsam mit seinen Eltern in einer ziemlich langweiligen Einfamilien-Haussiedlung, für welche die Desperate Housewives wohl schwach werden, alle anderen aber großräumig ausweichen würden. Es strotzt hier nur so vor Spießigkeit, ein jeder biedert den anderen an und zumindest die Damen tauschen im züchtig beschürzten Faltenrock Kuchenrezepte aus. Die Männer gehen ordentlich arbeiten, das Heimchen hinter dem Herd wissend. Die 50er Jahre, da hatte alles noch seine Ordnung, denkt der kleinkarierte Chauvinist. In diesem Dunstkreis spielen sich alsbald Dinge ab, die fürchterlich eskalieren. Dabei will doch jeder nur seine Ruhe, und die Frömmsten in Frieden leben. Wobei – fromm ist hier niemand. Diesen Frieden ersehnen auch die Niederträchtigsten. Womit hätten sie das nur verdient? Zuerst alles Geld in den Sand setzen und dann der Mafia die Kohle schuldig bleiben. Geht gar nicht. Also muss der Biedermann Matt Damon mit altväterischer Krankenkassabrille und täuschend rechtschaffener Mimik die Dinge übers Knie brechen. Die Versicherung zum Narren halten. Und nicht nur die – auch den eigenen Sohn. Welcher aber nicht so naiv zu sein scheint wie sein gieriger Vater, der sich gesundgestoßen glaubt, nachdem die Ehefrau bei einem häuslichen Überfall das Zeitliche segnet.

Ganz schön bizarre Verhältnisse, dabei habe ich noch nicht mal die afroamerikanische Familie erzählt, die sich – warum auch immer – an diesem unsäglichen Ort niederlassen hat müssen. In den 50ern war der Rassenhass womöglich noch en vogue, worauf das fortschrittliche Amerika wahnsinnig stolz sein kann. Da gehört es zumindest in Clooneys schwarzer Groteske zum guten Ton, auf die Straße zu gehen und mit dem Kochlöffel auf Pfannen zu klopfen, um böse Geister zu vertreiben. Doch dieser rote Faden gesellt sich nur nebenbei zum eigentlichen Geschehen, damit deutlich bleibt, in welchem gesellschaftlichen Fegefeuer wir uns befinden. Außerdem sind die bigotten Fünfziger eine Zeit, in welcher Joel und Ethan Coen in genüsslicher Verschwendungssucht die Abgründe kleinkarierter Vorteilssucht wie nirgendwo sonst so deutlich karikieren können. Aus ihrer Feder stammt auch, wie kann es anders sein, die Vorlage zu Suburbicon. Und wenn wir nun ehrlich sind – die Wahl des Regisseurs war hier womöglich keine Qual der selbigen, sondern ein sozialergonomischer Freundschaftsdienst, den die beiden Schreiberlinge dem Schönling mit dem Haus am Comer See angedeihen haben lassen. Genauso gut hätte Regisseur XY den Film inszenieren können. Die Handschrift eines George Clooney trägt der Film beim besten Willen nicht. Matt Damon und Julianne Moore muss man auch längst nicht mehr sagen, wie man zu arbeiten hat. Also könnte der Adressat Clooney tatsächlich nur ein netter Promotiongag gewesen sein.

Und doch – das Kaffeekapsel-Testimonial hat solide Arbeit geleistet. Die konsequent augenzwinkernde Vernichtung des Kleinbürgertums mit allerlei Mord- und Totschlag spitzt sich in frappanter Kurzweil einer kleinen Apokalypse entgegen – ohne aber sehr zu überraschen. Denn den Drang, alles haben und Mitwisser dabei aus dem Weg räumen zu wollen, die Sehnsucht nach dem Paradies des Nichtstuns und des Schlendrians – all das hat schon der Gesundheit etlicher Figuren aus dem Coen-Universum geschadet. Die Gier nach Kapitalglück ist ein Hund, auch und gerade erst in Suburbicon. Das Drehbuch variiert gängige Figuren, die aber allesamt kalt lassen, bedient sich aus der eigenen Mottenkiste und schafft mal hier und mal da ganz gewiefte Konstellationen. Sonst aber macht der Film deutlich, dass auch die Kreativität der ganz Kreativen seine Grenzen hat. Das konnte ich erstmals bei Hail, Caesar! erkennen, einem der schwächsten Werke der beiden Brüder. Viel Lärm um nichts, dafür schön ausgestattet. Da wirkt Suburbicon im Vergleich dazu schon straffer, wenn auch einfallsloser. Und die Moral von dieser G´schicht:  Diesmal wird selbst aus dem horrenden Schaden keiner klug. Oder doch? Womöglich der kleine Nicky. Aber der ist dann schon ein Kind der 60er. Des Jahrzehnts des Umbruchs, der da kommen wird.

Suburbicon