Jumanji – The Next Level

OPA IST DER BESTE

7/10

 

jumanji-the-next-level© 2019 Sony Pictures

 

LAND: USA 2019

REGIE: JAKE KASDAN

CAST: DWAYNE JOHNSON, KEVIN HART, KAREN GILLAN, JACK BLACK, DANNY DE VITO, DANNY GLOVER, AWKWAFINA U. A. 

 

Die Würfel sind gefallen – und das schon seit zwei Jahrzehnten. Als das Original Jumanji mit Robin Williams die Kinokassen klingeln ließ, waren Brettspiele plötzlich wieder in und die Zufälligkeit von 1 bis 6 fast schon wieder ein Mysterium. Wem Mensch ärgere dich nicht zu langweilig war, der hatte plötzlich den ganzen Dschungel bei sich daheim. Ein großartiges Entertainment-Movie – gewitzt, dramatisch und kreativ bis dorthinaus. Brettspiele sind zwar immer noch in, doch Joe Johnstons spannendem Fantasyabenteuer war nichts mehr hinzuzufügen. Es sei denn, man hebe das Geschehen auf ein neues Level. Und wer, wenn nicht Dwayne „The Rock“ Johnson und eine ganze Handvoll ohnehin schon etablierter Comedians wie Jack Black oder Kevin Hart wären dafür besser geeignet, in den tropischen Ring zu steigen, um Nilpferden, Affen oder wilden Stämmen zu zeigen, wo der Hammer hängt. Das erste Sequel aus 2018 hatte da relativ viel Hammer. Gut, die Idee, in ein Videospiel einzusteigen, hatte schon Tron, nur komplett spaßbefreit, während Jake Kasdans Jumanji – Willkommen im Dschungel neben einigen netten Game-Gadgets nur darauf aus war, die kalauerbewährte Volldröhnung einem Popcorn knabbernden Generationenmix um die Ohren zu hauen. Ja natürlich, volle Unterhaltung. Will ja nicht sagen, dass es fürs Amüsement nicht gereicht hätte. Der kreative Kniff aber hat gefehlt. Dafür bot die Komponente eines Videospiels zu wenig Fläche.

Jetzt aber hat es Jake Kasdan wieder getan – und die Clique um den introvertierten Spencer wieder in den virtuellen Ring geschickt. Doch siehe da: der Witz scheint hier einen neuen Namen zu haben: Danny DeVito. Der hat zwar nur in der Rahmenhandlung seinen liebevoll schrulligen Auftritt, ganz so wie der andere Danny, nämlich „Ich bin zu alt für diesen Scheiß“ Clover, doch was alle Comedians gemeinsam hinbekommen, ist so, als wäre DeVito in Gestalt des bärbeißigen Muskelprotzes Dwayne Johnson die ganze Zeit über präsent. Der Plot ist in Jumanji – The Next Level fast derselbe wie im letzten Film, nur mit ein paar Abweichungen und Ergänzungen bei den Avataren. Der Grund aber, warum diese Episode besser geglückt ist als die letzte (dem Original aber dennoch nicht das Wasser reichen kann) liegt an den perfekt synchronisierten Manierismen von Johnson und DeVito. Oder De Vito und Awkwafina. Oder Kevin Hart und Danny Glover. Die Grumpy Old Men in völlig konträre Körper zu stecken ist Bodyswitch-Komik vom Feinsten. Es macht einen Riesenspaß, Johnsons Mimik an jene von De Vito angepasst zu sehen. Mitunter kommt das Switchen der Persönlichkeiten diesmal viel öfters vor, und jedes Mal ist es ein Vergnügen, zuzusehen, wie das Verhalten der Figuren plötzlich ein ganz anderes ist. Das ist der Reiz des Films, und weniger das CGI-gestraffte Szenario malerisch perfekter Kulissen, die aber in ihrer Makellosigkeit natürlich für ein generiertes Videospiel besser passen als in sonst einem Film. Sieht man genauer hin, lassen sich von Seriensets wegrekrutierte Stars aus Game of Thrones oder Big Bang Theory ebenfalls entdecken, die alle hinter einem Juwel her sind, das in Sicherheit gebracht werden muss. Da spielt man schon gerne Hängebrückenmikado oder lässt sich in die Wüste schicken. Action gibt es satt, und dabei noch ausgesprochen virtuos inszeniert.

Indiana Jones ist schon lange her. Als Reserve gab’s da immer noch Quatermain, auch schon lange her. Für so etwas gibt’s jetzt entweder Lara Croft oder eben Jumanji: The Next Level, um wirklich mal funparkmäßig im Kino abzuhängen. Dabei lässt sich feststellen, dass das wahre Abenteuer jenes zwischen den Charakteren ist, die sich gegenseitig an ihren inneren Werten erkennen. Zugegeben, das war in Jumanji – Willkommen im Dschungel natürlich auch so, doch durch den starken Kontrast zwischen Alt und Jung hat das verfluchte Spiel tatsächlich sein nächstes Level erreicht.

Jumanji – The Next Level

Wiener Dog

WENN ICH MIT MEINEM DACKEL…

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wienerdog

Der Hund ist der beste Freund des Menschen. Er redet nicht zurück, verrät einen nicht, beleidigt einen nicht, ist unendlich dankbar und kann ewig zuhören. Ja, ich weiß, das wissen wir. Ist alles nichts Neues. Da das vom Wolf und vom Schakal abstammende treue Wesen aus unserer urbanen wie ländlichen Kulturgeschichte einfach nicht wegzudenken ist, gibt es auch schon längstens ein eigenes Genre im Film. Angefangen von Mickeys orangefarbenen Köter Pluto bis über einen Hund namens Beethoven, Scott & Huutch und Kommissar Rex bis zu Marley und Ich, einem ziemlich gelungenen, allerdings auch recht schmalzigen Vierbeinerdrama mit Owen Wilson und Jennifer Aniston. So gesehen hat man alle Variationen des Hunde-und-Herrchen-Filmes schon gesehen. Möchte man meinen. Doch sowas wie Wiener Dog bereichert das spezielle Genre um eine ungewöhnliche, makabre Facette und haben Kenner der bellenden Materie auf diese Weise noch nie zuvor gesehen.

Im Mittelpunkt, oder eher am Rande des Geschehens, steht ein klassischer brauner Dackel auf seinen vier kurzen Beinchen. Im Amerikanischen bezeichnet man diese Rasse als Wiener Dog, was aber irgendwie auch klingt wie die Wurst im ausgehöhlten Weißmehlweckerl, serviert an der Imbissbude. Dieser Hund ohne Identität, sowohl mit vielen Namen genannt und gleichzeitig namenlos, wackelt in dem Episodendrama vom amerikanischen Independentregisseur Todd Solondz durch eine Welt voller Randgruppen, Außenseiter und Verlierer. Jeder von ihnen scheint im wahrsten Sinne des Wortes auf den Hund gekommen zu sein, sei es aufgrund familiärer Kälte, aufgrund besonderer Bedürfnisse oder gesellschaftlicher Ignoranz. Irgendwie dürfte Solondz die Filme des schwedischen Kunstfilmers Roy Andersson zu schätzen wissen – denn Wiener Dog ist in seiner Bildsprache, seiner bühnenhaften, langsamen Erzählweise und seinen sperrigen, knappen Dialogen den allegorischen Filmen des Skandinaviers sehr nahe. Allerdings weicht das filmische Requiem auf einen Hund der nordischen Schwere durchwegs erfolgreich aus und bedient sich dann doch noch der Stilmittel amerikanischen Erzählkinos, wenn auch nur zaghaft.

Das Schwierige an dem Film ist, nicht zu sehen zu bekommen, was man erwartet. Hat man diese Niederlage überwunden, bleibt man aber trotzdem dran. Denn Solondz erweckt aufgrund seiner eigenwilligen Sprache beim Zuseher ein nicht sofort nachvollziehbares Interesse und verblüfft mit bizarren Einfällen wie zum Beispiel einer inszenierten Werbeunterbrechung mitten im Film. Am Absurdesten jedoch ist das Ende der sozialen Grottenbahnfahrt und dürfte Hundeliebhaber ziemlich verstören. Nicht nur Roy Anderssons Einfluss ist spürbar – Wiener Dog hat in seiner Episodenhaftigkeit auch ein bisschen was von Tarantinos Pulp Fiction. Weniger radikal, gar nicht kriminell, aber in seinen grotesken, teils geschmacklosen Bildern, die wiederum John Waters ins Gedächtnis rufen, eine ähnlich komplexe Schlüssigkeit und unbeirrbare Konsequenz. Obendrein holt Solondz auch lange verschollene Schauspieler aus der Versenkung, allen voran der recht stark gealterte Danny De Vito, den man als Schwarzeneggers Sidekick aus Twins noch in guter Erinnerung hat und den man nun mit mitleidigen, gemischten Gefühlen willkommen heißt. Ein Häufchen Elend, genau wie der vierbeinige Wanderpokal eines Dackels, der auch schon mal auf den Namen Tumor getauft wird. Kein gutes Omen, so wie der ganze Film.

Ein unerwartetes, seltsames Vergnügen, auf das man sich entweder einlassen möchte oder vor dem Ende rechtzeitig aussteigt. Für alle, die im Kino gerne experimentieren, Und für alle, deren bester Freund der Hund ist. Aber das wissen wir ja. Ist alles nichts Neues.

Wiener Dog