Maleficent: Mächte der Finsternis

BEI DEN HÖRNERN GEPACKT

6,5/10

 

maleficent2© 2019 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

 

LAND: USA 2019

REGIE: JOACHIM RØNNING

CAST: ANGELINA JOLIE, ELLE FANNING, SAM RILEY, MICHELLE PFEIFFER, ED SKREIN, HARRIS DICKINSON, IMELDA STAUNTON, CHIWETEL EJIOFOR U. A.

 

Falls sich jemand beim Dacapo des Disney-Märchens aus dem Jahre 2014 die Challenge auferlegt hat, sämtliche Easter Eggs zum Oeuvre Grimm’scher Märchen ausfindig zu machen, wird sehr schnell die Freude daran verlieren. Denn bis auf Dornröschens obligater Spindel, die in den Kerkern hochgotischer Gemäuer samt Spinnrad als ausrangiertes Gut auf bessere Zeiten wartet, gelten die klassischen Elemente weitestgehend als vermisst. Macht aber nichts, Maleficent: Mächte der Finsternis (so finster sind die Mächte eigentlich gar nicht) orientiert sich ohnehin viel mehr am Fantasy- als am Märchenkino, obwohl der integre König mit Krone und Stracciatella-Pelzkragen unter rotem Samtmantel den Klischee-Königen schlechthin alle Ehre macht. Auch das kleine schlanke Perlenkrönchen darf nicht fehlen, welches das Haupt von Michelle Pfeiffer ziert, die in der epischen Fortsetzung als sinisteres Schwiegermonster nur das Beste für sich selbst will, und das auf süfisant aufspielende Art. So zwischen Fantasy- und Märchenkino mäanderte auch die italienisch-deutsche Koproduktion Prinzessin Fanthagiro dahin, damals in den 90ern, voll mit klassischen Märchenzitaten, aber auch jeder Menge finsterer Mächte, die allerlei beseelte Wald- und Wiesenwesen unter Kuratel stellten. Das passiert bei Maleficent auch – nur sind wir diesmal fast 30 Jahre später, und die tricktechnischen Skills im Vergleich zu Fantaghiro sind wie vom anderen Stern. Maleficent: Mächte der Finsternis erstaunt also in erster Linie durch ein phantastisch-lebendiges Ökosystem, da muss sich selbst die durch und durch organische Welt aus The Dark Crystal ab und an ein bisschen anstrengen, um mithalten zu können. Was da im Reich der Moore alles an Zauberwesen aufmarschieren, ist wieder mal ein Fest fürs Auge. Von Elfen so groß wie Pusteblumen bis zu Groot-ähnlichen Baumriesen, die schweren Schrittes durch den Sumpf waten, ist alles da, was das dem phantastischen Realismus hoffnungslos erlegene Herz alles begehrt. Szenenweise wähnt man sich in einem Potpourri aus Motiven der Maler Max Ernst oder Arik Brauer, es kreucht und fleucht, und das ist atemberaubend gut arrangiert. CGI also, wo es hingehört.

In zweiter Linie erstaunt Maleficent: Mächte der Finsternis durch das ikonische Spiel Angelina Jolies. Mit kantigen Wangen, leichenblasser Haut und blutroten Lippen sowie leuchtenden Augen ist die den Zeichentrickfilmen Disneys angelehnte Figur fast schon das Alter Ego der von Glamour und erhabener Unnahbarkeit umgebenen Schauspielerin, die dank ihrer PR-Taktik so auftritt, als wäre sie bereits eine Stufe weiter als all ihre FachkollegInnen, die immer noch einfach nur ihren Job machen. Jolies Auftritt als Dunkelfee mit Hörnern wie Hellboy und Flügeln wie Lucifer lässt sich auf ungenierte Weise genießen, denn alles zusammen ist das eine kongeniale Mischung, und wenn Brad Pitts Ex dann mit offenem Haar und deutlich entrüscht durch das an Alfred Kubins phantasmagorische Strichzeichnungen erinnernde Hideaway der Dunkelfeen schlendert, dann sind das enorm stilsichere, fast schon stilbildende Momente, die den relativ simplen Aufbau der Geschichte vergessen machen. Tatsächlich ist Maleficent: Mächte der Finsternis ein Schaufilm der ersten Liga, das sollte man tunlichst nicht am Fernsehschirm ansehen, sondern im Kino. Die wuchtige, üppige Optik kommt erst dann so richtig zur Geltung, wenn die Leinwand nicht groß genug sein kann.

Ein Film also wie ein Bilderbuch, fast schon für die ganze Familie, in herrlichen Farben und Formen. Darüber hinaus lassen Avatar, Barbarella oder gar der knallige Flash Gordon herzlich grüßen. Ihr seht also, da lässt sich so manch Gesehenes nochmal Revue passieren, und da stört auch der märchenhafte Kitsch nicht, der sich natürlich immer wieder breit macht. So will es Disney, und so will es womöglich auch das Genre des klassischen Märchenfilms, der seine Grenzen Richtung Fantasy mit Spaß an der Sache auslotet. Das viel verpönte CGI hingegen, das immer mehr in Verruf gerät, darf mit dieser Werkschau allerdings wieder sein State-of-the-Art präsentieren. Wer sich damit anfreunden kann, profitiert davon, alle anderen mögen es etwas zu geschniegelt finden. Das Make Up jedenfalls (der gehörnte Ed Skrein im Close Up!), das ist in jeder Hinsicht bereits schon jetzt konkurrenzlos preisverdächtig.

Maleficent: Mächte der Finsternis

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