Playmobil: Der Film

SPIELEND DURCHS ABENTEUER

5,5/10

 

playmobil-film© 2019 Concorde Filmverleih

 

LAND: FRANKREICH 2019

REGIE: LINO DISALVO

CAST: ANYA TAYLOR-JOY, GABRIEL BATEMAN

UND DEN STIMMEN VON: DANIEL RADCLIFFE/MATTHIAS SCHWEIGHÖFER, MEGHAN TRAINOR/BEATRICE EGLI, ADAM LAMBERT/RALF SCHMITZ U. A.

 

Dass die Macher den orangeblauen, kleinen Roboter auf Rädern in die Riege der Filmhelden aufgenommen haben, war dann doch eine Überraschung. Das kleine, gelenkige Spielzeug hatte ich schon als Kind in den 80ern, und so wie es in Playmobil: Der Film aussieht, hat sich das robuste Teil kein bisschen verändert. Mein Exemplar existiert auch heute noch, irgendwo inmitten der Kisten voll Spielzeug, aus denen mein Sohn jeden Tag aus dem Vollen schöpft, um Burgen, mittelalterliche Städte oder Wälder aus dem Teppich zu stampfen. Mitunter dürfen es auch die punischen Kriege sein, die da, hochgerüstet bis zur letzten Zickzackperücke, in die Idylle des Kinderzimmers hereinbrechen. Neben LEGO, das vor allem dazu da ist, den kreativen Baumeister in uns zu wecken, ist Playmobil ein Spielzeugkonzept, dass das kreative Geschichtenerzählen fördert. Das fällt der jungen Generation Smartphone zusehends schwerer. Gegen die vorgefertigten Welten der Computerspiele ist Playmobil nämlich wie ein unbeschriebenes Blatt. Die Herausforderung bei diesem analogen Spiel ist es, Welten und Szenarien von der Pieke auf selbst zu erfinden. Das hat seinen Reiz. Und da Playmobil noch dazu fast unkaputtbar ist, muss man auch nicht ständig Sorge tragen, der mühsam zusammengebaute Millennium Falke von LEGO bricht irgendwann während des Spiels auseinander.

Nun flimmert also auch zu diesem Patent der entsprechende Film über die Leinwand, sehr viel später als LEGO, doch Playmobil will dem Bauklotzriesen mit den rundkantigen Zylinderkopfmännchen das Medium Kino letztendlich doch nicht alleine überlassen. Und wenn schon ein Abenteuer über die nasenlosen, rundköpfigen Smiling Faces, dann gleich eines, das die gesamte Bandbreite der Spielewelten abdecken kann. Klar, was dabei herauskommt: ein Marketingfilm, der Lust auf Shopping machen soll. Denn natürlich gibt es, so wie bei allen LEGO-Filmen auch, jede Menge Sets zu erstehen, welche Figuren vom alten Rom bis in die Welt der 007-Agenten im Sortiment haben. Playmobil: Der Film ist also in erster Linie ein Abenteuer, das bei bereits etablierten Playmobil-Fans Wünsche weckt. Und alle anderen? Nun, die sehen einen teils bemüht lustigen Film, der im Groben an die Idee von Jumanji erinnert und den rasanten Grundtonus sämtlicher CGI- Spielzeugfilme auch für sich beansprucht. Andauernd finden sich die beiden elternlosen Geschwister Marla und Charlie in anderen Welten wieder, wobei wenig Zeit bleibt, sich wirklich auf diese ganzen Szenerien einzustellen, in die sie wie durch ein Wunder während des nächtlichen Betretens einer Spielzeugmesse hineingesaugt werden. Vom Live-Act also ins animierte Kinderkino, das sich wie eine abendfüllende Folge von Serien wie Super 4 oder Mia and Me anfühlt. Playmobil: Der Film ist enorm kurzweilig, das aber ganz ohne Brummschädel im Nachhinein. Viel nachdenken braucht man dabei nicht, hauptsächlich nur Details entdecken und im Geiste bereits eine Liste machen, welche Figuren als nächstes angeschafft werden sollen. Der juvenilen Sammelwut kann man als freundlich mahnendes Elternteil aber mit Hinweis auf den Ist-Zustand des Sortiments spielend einfach Einhalt gebieten. Wenn man es geschickt anstellt, lässt sich der Film daher auch relativ spesenfrei genießen, bis auf den Preis der Kinokarte natürlich.

Was Playmobil: Der Film allerdings fehlt, das sind die Referenzen an die Pop- und Nerdkultur, wie es LEGO stets in petto hat. Das Leinwandabenteuer der Firma Geobra Brandstätter spart sich daher jeglichen Witz, der vielleicht nur für die erwachsene Begleitperson bestimmt ist – und ist folglich ein astreiner Kinderfilm, der auch nur dann elterliches Publikum begeistern kann, wenn dieses mit den Playmobilwelten des eigenen Nachwuchses vertraut ist, oder mitunter in völlig autark entwickelter Sammelfreude gerne seltene Sets über Second-Hand-Plattformen ersteht. Vielleicht auch, wenn die Nostalgie der eigenen Kindheit zuschlägt. Dann sind wir Eltern den spielfreudigen Grundschülern immer noch ein willkommener Partner, wenn es darum geht, in 10 cm Zimmerhöhe liebevoll detaillierte Welten im Stegreif entstehen zu lassen. Lino DiSalvo, seines Zeichens Head of Animation bei Filmen wie zum Beispiel Die Eiskönigin, hat mit seinem ersten Produkt-Spielfilm ebenfalls auf sehr viel Details gesetzt – zu entdecken gibt es für Kenner also einiges. Alle anderen freuen sich mit, wenn die Kids bei den Eskapaden von Wikinger, Ritter und Co völlig aus dem Häuschen sind.

Playmobil: Der Film

Jumanji: Willkommen im Dschungel

PANIK IN DER BOTANIK

5/10

 

jumanji© 2017 Sony Pictures

 

LAND: USA 2017

REGIE: JAKE KASDAN

MIT DWAYNE JOHNSON, KEVIN HART, JACK BLACK, KAREN GILLAN U. A.

 

Wenn einmal die Würfel fallen, gibt es kein Entrinnen mehr. Das Spiel muss zu Ende gespielt werden, und zwar von allen Spielern. Keiner darf aussteigen. Und das schlimme daran: Es geht um Leben und Tod. So sehr die ertönenden Buschtrommeln auch ein exotisches Abenteuer verheißen – als großer Brettspielfreund würde ich um Jumanji einen großen Bogen machen. Zu riskant, das Ganze. Vor lauer Nägelbeißen und Angstschweiß absondern vergisst man ja glatt das Würfeln. Doch zum Glück hatten wir Robin Williams, damals in den 90ern. Der begnadete und leider viel zu früh von uns gegangene Komiker und Charakterdarsteller hat in Zeiten der boomenden Spielkonsolen das Brettspiel wieder salon- und haushaltsfähiger gemacht. Wenngleich die Haushaltsversicherung bei Jumanji die Versicherung des Vertrauens wohl in den Ruin treiben würde. Im Original von 1995 bleibt wahrlich kein Stein auf dem anderen, und das phantastische Rennen, retten und Flüchten kocht nur so über vor zündenden Ideen und spannenden Wendungen. Damals war Jumanji auch tricktechnisch State of the Art. Und das dynamische Zusammenspiel der wirklich verzweifelt wirkenden Alt- und Jungdarsteller ist von ansteckender Motivation.

2017 gibt es keinen Robin Williams mehr. Und das zum Kult gewordene Brettspiel fristet seit 22 Jahren sein ungeöffnetes Dasein einer Tretmine gleich unterm Sand an irgendeinem namenslosen Strand (sofern ihr euch noch an die letzte Szene von damals erinnern könnt, wisst ihr, was ich meine). Das unter der Regie von Jake Kasdan nachgereichte Sequel – und nein, es ist kein Remake – schließt genau mit dieser Szene wieder an. Und um zeitgemäß zu sein, spielt man heutzutage Jumanji lieber auf der Konsole als auf einem analogen, rund 30 x 30 cm großen Brett mit Würfelschutz. Schade eigentlich, denn damit entledigt sich der neue Jumanji-Film haufenweise origineller Ideen. Die Digitalisierung des Abenteuerspiels wäre nicht zwingend notwendig gewesen. Gut, aber damit steht und fällt das Konzept des vorliegenden Filmes. Denn diesmal wird nicht nur Robin Williams alias Alan Parrish in die gefährliche Dschungelwelt hineingesogen – diesmal sind es alle, die mitspielen. Was ganz witzig ist, denn die Schüler, die während des Nachsitzens das mysteriöse Spiel in die Finger kriegen, werden in der virtuellen Welt so ziemlich gegen ihren Typ besetzt. Die Tussi vom Dienst ist ein übergewichtiger Kartograph mit Kniestrümpfen und Tropenhelm, der Schüchti aus der letzten Bank ein zwei Meter großer, muskelbepackter Hüne, der so gut wie alles kann und keine Schwächen hat, und der sportaffine lange Lulatsch ein abgezwickter Zoologe, der dem frohgemuten Dwayne Johnson fast nur bis zur Brust geht.

Damit hätten wir aber schon den Reiz des neuen Abenteuers beschrieben. Jumanji: Willkommen im Dschungel ist komödiantisches Schauspielkino voller fehlbesetzter Avatare, die die neugewonnene Situationskomik aufgrund all ihrer Unbeholfenheit für sich entdecken. Das ist manchmal wirklich saukomisch, manchmal aber – und das im Laufe des Films des Öfteren – seufzt man wissend und maximal nur noch schmunzelnd. Das Szenario selbst, die Geschichte hinter dem Spiel, bleibt mit ihrem Einfallsreichtum weit hinter dem Jaguarberg zurück. Ob Elefanten, Raubkatzen oder schnappende Krokodile – der Kniff mit der Kohärenz von Dschungelwelt und Realität fehlt hier ganz. Und genau das war aber der Reiz des unberechenbaren Originals. Vollends digitalisiert, erreicht das Jumanji von heute mit Ausnahme einiger weniger kreativer Momente den Reiz eines öffentlich begehbaren Dschungelzoos – Jurassic World lässt grüßen, allerdings ohne Dinos. Das würde ich mir in natura fraglos gerne ansehen – im Kino erwarte ich mir dann schon noch etwas mehr als eine klamaukige Gruppenführung durch die Botanik.

Jumanji: Willkommen im Dschungel