Die nackte Kanone (2025)

HARDBOILED-UNSINN TO GO

6/10


© 2025 Paramount Pictures


ORIGINALTITEL: THE NAKED GUN

LAND / JAHR: USA 2025

REGIE: AKIVA SCHAFFER

DREHBUCH: DAN GREGOR, DOUG MAND, AKIVA SCHAFFER

KAMERA: BRANDON TROST

CAST: LIAM NEESON, PAMELA ANDERSON, PAUL WALTER HAUSER, KEVIN DURAND, DANNY HUSTON, CCH POUNDER, LIZA KOSHY, CODY RHODES U. A.

LÄNGE: 1 STD 25 MIN 


Nicht wegen seiner filmischen Brillanz hat Frank Drebins Ersteinsatz in einem abendfüllenden Spielfilm für mich den Stellenwert eines Meilensteins. Sondern weil dieser die erste VHS-Kassette war, die ich besessen habe. Geschenkt bekommen im Rahmen einer meiner selten geschmissenen Geburtstagsfeiern als gerade mal vor dem Teenageralter stehender Bursche, war mir die Art und Weise des Brachialhumors dank eines Filmes namens Top Secret nicht ganz fremd, andererseits aber entlockte mir die Nonsens-Revue mehr Verwunderung als gellende Lacher, vom Schenkelklopfer ganz zu schweigen. Was die Zucker-Brüder und Jim Abrahams da geschaffen hatten, war eine ganze Reihe an verbalen Missverständnissen, Zweideutigkeiten und surrealen Fehltritten, die nicht selten ganze Kettenreaktionen katastrophalen Slapsticks nach sich zogen. Wen kümmerte das gar nicht? Frank Drebin, Spezialeinheit. Mit Leslie Nielsen, der ja zuvor schon diesen Rechtsvertreter in der zumindest in den USA wenig erfolgreichen Serie Police Squad verkörpert hat, mauserte sich Die Nackte Kanone zum Guilty Pleasure unter jenen, denen nichts zu blöd sein konnte und die in der Gruppe so sehr dem Schwachsinn huldigten, dass sich noch Jahrzehnte später so mancher Gag als Dauerzitat im Alltag etabliert hat. Kein Auge trocken blieb auch bei den beiden Fortsetzungen, die in Sachen Humor die Klinge zwar nicht verfeinerten, aber noch viel wilder herumschwingen ließen.

Siebenunddreißig Jahre später, bis auf Priscilla Presley hat der Main-Cast bereits seinen Platz im jenseitigen Olymp des Unterhaltungsfilms eingenommen, schieben die Verantwortlichen nun einen wie Liam Neeson ins Sperrfeuer schlüpfriger und trivialer Gags, die manchmal aber, um mit der Zeit zu gehen, ein bisschen mehr Understatement besitzen als früher. Ich wiederhole: Nur manchmal. Und auch wenn der Trailer mich wohl kaum ohne der Intervention meines Sohnes dazu bewogen hätte, mir mit diesem Unsinn meine Zeit zu verschwenden: Das Gesamtergebnis unterm Strich fällt deutlich weniger fragwürdig aus als gedacht. Natürlich liegt das nicht unwesentlich an einem wie Neeson, der wohl weniger als Humorgranate bekannt ist und mit Filmen wie Excalibur (dort gab er den Tafelritter Gawain) und erst recht mit einem der größten Filme aller Zeiten, nämlich Schindlers Liste, Ruhm erlangte. Der Weg von einem wie Oskar Schindler, der mehr als tausend Juden vor der Vernichtung bewahrte, bis hin zu Frank Drebin, die Neuauflage, ist ein weiter. Und ja, es ist genug Wasser die Donau hinuntergeflossen, um so manche Charakterrolle hinter sich lassen zu können. Neeson hat zuletzt wiederholt in Schema F-Kriminaldramen den alternden Moralisten und manchmal auch den alternden Killer mit weichem Kern gegeben, der im Alleingang die wirklich Bösen aufzumischen hatte. Manchmal etwas zu antriebslos, manchmal völlig lustlos, manchmal motiviert durch manchen Co-Star. Jetzt macht er sich über sich selbst lustig, und über all diese Hardboiled-Krimis und Cop-Thriller und den ganzen Klischees und stereotypischen Formeln, die dieses Genre in seiner Innovation hemmen.

Dabei kommt der Humor aus der Konserve. Saturday Night Live-Macher Akiva Schaffer dürfte Leslie Nielsens Vermächtnis eingehend studiert haben – entsprechend zielsicher schmückt sich Drebin Jr. mit dem Erbe seines chaotischen Vaters. Neu erfunden wird hierbei nichts, lediglich variiert. Diese Variation alleine trifft mitunter die Pointe, und ja, auch bei dieser Menge an Sex-Witzen muss man sich, wenn man das eigene Niveau zumindest temporär runterschraubt, gar nicht so sehr fremdschämen. Was der Kalauer-Cop letztlich mit Buffy, der Vampirjägerin zu tun hat oder warum er sich um alles in der Welt der Rache eines Schneemanns aussetzen muss – dafür gibt es nicht die geringste Erklärung.

Vielleicht aber ist gerade dieses völlig Absurde die wahre Stärke dieses straffen 80-Minüters, der die Kuh nicht melkt, bis sie sauer wird. Obendrein tritt nicht nur Liam Neeson, sondern auch Pamela Anderson souverän in die Fußstapfen von Priscilla Presley, die hier einen klitzekleinen Cameo hat. Letztlich sollen sich beide ja ineinander verknallt haben. Doch das wundert mich nicht. Die Harmonie stimmt. Und wenn jazzige Saxophonklänge das schwülstige Raunen des schrägen Detectives aus dem Off begleiten, sind die meisten Schäfchen im Trockenen.

Die nackte Kanone (2025)

Cat Person (2023)

VORSICHT VOR MÄNNERN

7,5/10


cat-person© 2023 Studiocanal


LAND / JAHR: FRANKREICH, USA 2023

REGIE: SUSANNA FOGEL

DREHBUCH: MICHELLE ASHFORD, NACH DER KURZGESCHICHTE VON KRISTEN ROUPENIAN

CAST: EMILIA JONES, NICHOLAS BRAUN, GERALDINE VISWANATHAN, ISABELLA ROSSELLINI, HOPE DAVIS, CHRISTOPHER SHYER, LIZA KOSHY, JOSH ANDRÉS RIVERA U. A.

LÄNGE: 2 STD 


Etwas schräg ist der Kerl an der Kinokassa eigentlich schon, aber andererseits auch süß. Doch Vorsicht. Dieses „Süß“ könnte nur die Fassade für einen charakterlichen Zustand sein, der – wie bei zu viel Süßem – in weiterer Folge für Unwohlsein sorgt. Ein Problem, mit welchem Frau sich herumschlagen muss, will akuter Männernotstand im Rahmen heterosexueller Beziehungsmuster behoben werden. Denn Männer wollen – ganz oben auf der Agenda – empirischen Wissens nach immer nur das eine. Dafür schlüpfen sie in Rollen, die für das andere Geschlecht attraktiv genug erscheinen. Sie bewahren ihre Geheimnisse und verkaufen sich gänzlich ohne Unzulänglichkeiten. Eigenwerbung und Partner-PR – nichts davon, damit ist zu rechnen, mag authentisch sein. Und doch passiert es immer wieder. Denn die Liebe ist – wie Conny Francis schon singt – ein seltsames Spiel, aus dessen Fehlern niemand lernt.

Dieser Kerl an der Kinokassa also, dieser Robert, der auf charmante Weise unbeholfen daherkommt, will Margot (Emilia Jones) gerne näher kennenlernen. Oftmals hat man Pech und das Gegenüber ist bereits vergeben – so aber hat Robert Glück und beide kommen sich näher. So weit, so simpel wäre Cat Person von Susanna Fogel, gäbe es da nicht die potenzielle Gefahr, die, sensibilisiert durch News und Medien, hinter jedem Mannsbild steckt, welches sich an soziokulturell tief verankerten Stereotypen und Rollenbildern abarbeitet, die jahrhundertelang alles Weibliche als zu unterdrückendes Feindbild entsprechend behandelt haben, aus Angst, nicht nur intellektuell zu unterliegen. Mit dieser herumgeisternden Möglichkeit, die Katze im Sack erstanden zu haben, muss Margot nun umgehen. Ein kleiner Trost mithilfe eines Glaubenssatzes gefällig?

Männer, die Katzen halten, also eben Cat Persons, sind harmlos, so sagt man. Stimmt das? Je mehr die beiden Zeit miteinander verbringen, desto deutlicher regt sich in Margot der Verdacht, dass mit Robert irgendetwas nicht stimmt. Oder ist es nur die eigene Angst, irgendwann ausgeliefert zu sein? Als die Katze durch Abwesenheit glänzt und der Sex dann auch kein zündendes Heureka verursacht, sondern ganz im Gegenteil, lediglich zur Tortur wird, distanziert sich Margot, will gar Schluss machen. Doch einen Mann wie Robert einfach so abservieren, der vielleicht seinen Psychopathen hervorgekehrt, wenn es um Kränkung geht? Immer mehr spitzt sich Cat Person zum Thriller zu, zum psychologischen Tagebuch unguter, gar bedrohlicher Vorahnungen, die in der Fantasie Margots eher Gestalt annehmen als es tatsächlich der Fall ist. Diese stete Furcht vor toxischer Männlichkeit gebiert Ungeheuer, wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Susanna Fogel, welche die viral gegangene Blogger-Story von Kristen Roupenian interpretiert, spielt geschickt mit Erwartungen, Ängsten und den Zwickmühlen gesellschaftlicher Pflichten, die auf kolportierten Glaubenssätzen basieren. Cat Person atmet die kontaminierte Luft aus Misstrauen und berechtigter Vorsicht. Anders als Bisheriges, das aus spannungsgeladenen Beziehungskisten gezaubert wurde – von Eine verhängnisvolle Affäre bis zum eben in den Kinos angelaufenen Romantikdrama It Ends with Us mit Blake Lively – liefert Cat Person keinen offenen Kampf und keine klar markierten Positionen. Die spielerische Suspense entsteht durch das Ausleben der bitteren Konsequenzen, die aufgrund von Vorurteilen entstehen, die über ein gesamtes Geschlechterbild hinwegschwappen. Die Vermutung ist das Indiz, die Möglichkeit der Beweis. Fogel ist eine ausgesprochen kluge und ungewöhnliche Tragikomödie gelungen, deren Protagonisten einem leidtun können, die jedoch Opfer des eigenen mitgelebten sozialen Wahnsinns geworden sind, der immer mehr um sich greift. Ein Film, der ausser oft ins Schwarze auch den Puls der Zeit trifft.

Cat Person (2023)