Love Hurts – Liebe tut weh (2025)

HICKHACK AM VALENTINSTAG

5/10


© 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2025

REGIE: JONATHAN EUSEBIO

DREHBUCH: MATTHEW MURRAY, JOSH STODDARD, LUKE PASSMORE

CAST: KE HUY QUAN, ARIANA DEBOSE, SEAN ASTIN, DANIEL WU, MUSTAFA SHAKIR, LIO TIPTON, CAM GIGANDET, MARSHAWN LYNCH U. A.

LÄNGE: 1 STD 23 MIN


Das hätte er wohl selbst nie gedacht, einmal dort zu stehen, wo das übrige Hollywood ihm zu Füßen liegt. In den heiligen Show-Hallen der Oscar-Verleihung, eine kiloschwere Goldstatuette fest in den Händen haltend, während er womöglich Steven Spielberg eine Kusshand sendet – denn der hat den damaligen Dreikäsehoch für sein zweites Indy-Abenteuer Indiana Jones und der Tempel des Todes schließlich auch entdeckt. Als Shortround oder Shorty, wie sich der motivierte Knabe in der deutschsprachigen Synchro rufen lässt, unterstützt er Harrison Ford im Kampf gegen eine finstere hinduistische Sekte und sichert sich damit für ewig seinen Platz in der Popkultur. Dass sich einer dann so lange in der Branche halten kann, ohne regelmäßige Leinwandpräsenz zu absolvieren, muss ebenfalls gekonnt sein. Schön im Hintergrund hat Ke Huy Quan agiert, und zwar so lange, bis die beiden Daniels – Kwan und Scheinert – mit ihrem Multiversum-Wahnsinn Everything Everywhere All at Once den schmalschultrigen, zarten Amerikaner vietnamesischer Herkunft den Himmel auf Erden bescheren. Von da an ist Quan immer wieder mal zu sehen, in Marvel-Serien genauso wie zuletzt in der Stalenhåg-Verfilmung The Electric State. Doch abgesehen von Nebenrollen – gibt’s da sonst noch was? In der Tat, das gibt es, und zwar relativ brandneu: Love Hurts. Mit diesem Star-Vehikel, wenn ich es mal so nennen darf, etabliert der Oscarpreisträger mit der Brille seine Tauglichkeit als Zugpferd für einen ganzen Film. Wem er dabei ähnlich sieht? Dreimal dürft ihr raten.

Während sich schließlich das Energiebündel namens Jackie Chan dem Karate Kid-Franchise die Handkante gibt, kann dieser auch nicht überall zur gleichen Zeit Filme machen, die ihm rollentechnisch wie angegossen passen würden, für die der mittlerweile Siebzigjährige vielleicht aber auch schon mehr Verschnaufpausen benötigt als bisher. Ersetzen könnte ihn dabei Ke Huy Quan, dieser teilt in Love Hurts ordentlich aus und gibt den Flummy mit versteckter Vergangenheit. Anfangs jedoch lässt beim Anblick dieses biederen, braven Grundstücksmakler nichts darauf schließen, dass dieser weiß, wie man austeilt. Das ruhige Leben ist zwar langweilig, aber geordnet. Diese Ordnung weicht bald einer gewissen Unterwelt-Anarchie, als ganz plötzlich Marvins Ex-Kollegin Rose (Adriana deBose) aufkreuzt und den pensionierten Auftragskiller darum bittet, sie bei ihrem Racheplan gegen ihren ehemaligen Gangsterboss, der zufällig Marvins Bruder ist, zu unterstützen. Rose sollte eigentlich gar nicht mehr am Leben sein, doch Marvin, der sie damals auf der Abschussliste hatte, musste aus Liebe zu ihr ein Auge zudrücken.

Man sieht schon: der angerissene Plot oder sagen wir die Ausgangssituation der kleinen, knappen Actionkomödie erzählt wahrlich nichts Neues. Ex-Killer und Kampf-Virtuosen, die sich ihrer Vergangenheit stellen müssen, gibt es wie Sand am Meer, diese Filme lassen sich sowieso kaum mehr voneinander unterscheiden. Es ist ein austauschbares Subgenre geworden, in welchem schon seit geraumer Zeit kein Skriptschreiber oder Regisseur es wagt, die Perspektive zu wechseln oder gar Genre-Versatzstücke auszutauschen. Und wenn, dann ist da irgendwie der Wurm drin und will nicht so recht funktionieren – für die letztlich schale Story von Love Hurts mussten gleich drei Schreiberlinge Hand anlegen. Kein gutes Zeichen.

Dass Ke Huy Quan auf Adriana DeBose abfährt und umgekehrt, kann Regisseur Jonathan Eusebio nicht plausibel darstellen, dass ersterer aber anderen Mordskerlen zeigt, wo die Kampfakrobatik zuhause ist, allerdings schon. Da aber Love Hurts darauf ausgerichtet ist, im Wesentlichen eine schlagkräftige Romanze zu erzählen, deren Beweggründe eigentlich aber niemanden sonderlich interessieren oder noch während des Films in Erinnerung bleiben, fehlt hier die Substanz für so ziemlich alles. Ke Huy Quan aber freut sich, seinen ersten eigenen Film zu rocken. Die Glückseligkeit des Schauspielers motiviert ihn genug, das Beste aus dieser austauschbaren Dutzendware herauszuholen, die ihre Hoffnung vergeblich in schrägen Nebenrollen sucht. Dabei lässt sich wiedermal feststellen, dass Mustafa Shakir und Lio Tipton (u. a. The Big Bang Theory) das weitaus spannendere Duo gewesen wären, womit wir Quan wieder zur Nebenrolle degradieren müssten. Das aber würde ich ihm nicht antun wollen.

Love Hurts – Liebe tut weh (2025)

Emancipation (2022)

DER MEUTE EINS AUSGEWISCHT

6,5/10


emancipation© 2022 AppleTV+


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: ANTOINE FUQUA

BUCH: WILLIAM N. COLLAGE

CAST: WILL SMITH, BEN FOSTER, STEVEN OGG, CHARMAINE BINGWA, GILBERT OWUOR, MUSTAFA SHAKIR, GRANT HARVEY, RONNIE GENE BLEVINS, TIMOTHY HUTTON U. A. 

LÄNGE: 2 STD 12 MIN


Nach dem Watschen-Eklat bei der letzten Oscar-Verleihung 2022 (ob er wohl heuer tatsächlich nicht eingeladen wird, trotz sichtbarer Reue?) präsentiert sich Will Smith erstmals wieder in einem Film aus dem Sortiment des Streamingdienstes AppleTV+ – weit, weit entfernt von seiner exaltierten Kunstfigur des Prinzen von Bel Air, dem Buddy aus Bad Boys oder dem Date Doctor, der Kevin James das richtige Werkzeug fürs Anbaggern in die Hände gelegt hat. Seit seinem Oscar-Triumph für King Richard – und auch schon längst davor – sieht der impulsive Charaktermime nur in wirklich ernsten, tieftragischen und verzweifelten Rollen die wahre und einzige Wiege guter Schauspielkunst. So wird auch das von Antoine Fuqua inszenierte Abenteuer- und Historienepos für Will Smith eine Rolle vorgesehen haben, die durch die Hölle gegangen sein muss und immer noch geht, die sich aber dadurch auszeichnet, dass sie wirklich allen Gräueln dieser Welt, allen Zumutungen und Entbehrungen letztlich widerstehen kann, einzig und allein durch den unerschütterlichen Glauben an einen gnadenvollen Gott der Christenheit.

Das klingt pathetisch, das klingt nach Märtyrer zur Zeit der Christenverfolgung, und in gewisser Weise scheint Emancipation auch so ein Film zu sein, der für die historische Figur des Whipped Peter, der aufgrund einer 1863 entstandenen Fotografie seines von Peitschenhieben vernarbten Rückens zu weltweiter Bekanntheit gelangte, eine Art Seligsprechung auszurufen gedenkt. Ein Vorhaben, dem Will Smith, womöglich selbst strenggläubig, nur zu gerne zum Ziel verhelfen mochte. Diesem Peter also, welchem die Flucht aus dem Arbeitslager tatsächlich gelang, folgt Emancipation auf historisch akkurate Weise, ohne scheinbar viel zu verfälschen. Um die Schrecken der Sklaverei auch zu übermitteln, wie es seinerzeit schon Steve McQueen mit Twelve Years A Slave getan hat, legt Fuqua enorm viel Wert auf Opulenz und Ausstattung, gönnt seinem Publikum großzügige Panoramabilder und elegante Drohnenfahrten über den Sumpf. Alles in so stark entsättigten Bildern, dass die Frage aufkommt, warum nicht von vornherein in Schwarzweiß gedreht wurde, wenn schon das bisschen Farbe überhaupt keine Notwendigkeit mehr hat. Das Grün der Vegetation des Sumpfes oder die Gesichter des Sklaven im Schein der Lagerfeuer erscheinen dann doch wie handkoloriert – ein Effekt, den man selten sieht, der für die Wahl der Optik aber ein Grund sein kann. Durch das Weglassen der Farbe bekommt aber auch die dargestellte Gewalt der weißen Herren den Farbigen gegenüber eine andere Dimension. Es entsteht ein Eindruck, als wäre man nicht in den USA, sondern in einem Konzentrationslager der Nazis – Assoziationen mit Schindlers Liste drängen sich auf, und Co-Star Ben Foster, der als wortkarger und gefährlich ruhiger Chefaufseher die bösartige Selbstverständlichkeit eines Amon Göth widerspiegelt, der als Morgensport mit dem Gewehr auf Häftlinge zielt, pfeift seine Hunde zum Halali. Doch hier, in dieser Hölle auf Erden, ist ein Schindler leider fünf Tagesmärsche durch den Sumpf entfernt – nämlich dort, wo Lincoln seine Armeen hat: in Baton Rouge. Peter gelingt es zu fliehen, mit ihm ein paar andere. Ihnen nach: eine vierpfotige Meute, die mit erstaunlicher Genauigkeit die Positionen der Flüchtlinge erschnüffeln kann. Oben im Sattel: Ben Foster, ebenfalls hinterher. Alle treibt es durch die Wildnis, und so sehr sich Peter auch bemüht, seine Verfolger abzuhängen – immer wieder kreuzen sich deren Wege.     

Ja, Will Smith ächzt und stöhnt wie Leonardo DiCaprio in Iñárritus The Revenant. Seine Gesichtszüge verraten Panik, Angst, Stress und Wut. Das Entsetzen und der Irrsinn des nackten Überlebens trägt Smith in dezentem Overacting zur Schau. Eine geschundene, aber willensstarke Seele, doch immer wie eine, die sich in einer Challenge mit der Wildnis messen mag. Fuqua will mit diesem Denkmal für eine Ikone der Emanzipation und dem Ende der Sklaverei aber nicht nur dessen Schicksal zelebrieren, sondern auch den Sezessionskrieg in prächtiger Ausstattung heraufbeschwören – was ihm gelingt. Zwar nicht spiefilmlang, sondern als letztes Kapitel, und von einem martialischen Naturalismus, welcher in der aktuellen deutschen Oscar-Hoffnung Im Westen nichts Neues seinen stilistischen Meister gefunden hat. Emancipation hat also alles, was es für ein Drama aus der finstersten Epoche der USA eigentlich braucht. Und tatsächlich gelingt es Fuqua, eine packende Geschichtslektion zu erteilen, wenn auch das christliche Pathos zu viel dem lieben Gott verdanken will.

Emancipation (2022)