Slither – Voll auf den Schleim gegangen (2006)

DA IST DER WURM DRIN

7/10


slither© 2006 United International Pictures


LAND / JAHR: USA 2006

DREHBUCH / REGIE: JAMES GUNN

CAST: ELIZABETH BANKS, NATHAN FILLION, MICHAEL ROOKER, GREGG HENRY, TANIA SAULNIER, BRENDA JAMES, DON THOMPSON, JENNIFER COPPING, JENNA FISCHER U. A.

LÄNGE: 1 STD 35 MIN


Wie habe ich bedauert, dass Michael Rookers Figur des Ziehvaters Yondu im zweiten Teil der Guardians-Trilogie seinen letzten Auftritt absolviert hat. Ich muss gestehen, der blauhäutige Pirat mit seiner pfiffigen Pfeilwaffe war schon sowas wie mein Lieblingscharakter in diesem Universum. Doch auch wenn Rooker seine Rolle nicht mehr so wirklich ausleben kann – zu Gunns Haus- und Hofensemble zählt er trotzdem. Denn mit Slither – Voll auf den Schleim gegangen war er von Anfang an dabei. Übersehen wird man ihn nicht, denn seine Figur ist diesmal eine, die ihr Äußeres so lange verändert, bis kaum mehr menschliche Züge erkennbar sind. Fast so wie in David Cronenbergs Die Fliege? Wohl eher wie in John Carpenters The Thing. Letztendlich bleibt ein Organismus zurück, der die Weltherrschaft an sich reißen will. Um diesem Bio-Aggressor das Handwerk zu legen, bedarf es eines guten Magens. Und etwas Verständnis für Charles Darwins Leitsatz: Survival of the fittest. Nicht unterschätzen sollte man auch das eigene Verständnis dafür, dass wir alle doch nur aus einem Haufen Zellen bestehen, die so ihre Befehle haben und das tun, was sie tun müssen. Dass sich die biologische Beschaffenheit aufgrund dessen, das extraterrestrische Organismen dazwischenreden, ganz anders ausgestalten kann, sollte einer gewissen objektiven Betrachtung überlassen werden. Und dann – ja, dann hat man seinen Spaß. Mit Eiterbeulen, explodierenden Körpern und grotesken Mutationen, die dem Invasor aus der Hand fressen. Doch was wäre ein Splattervergnügen wie dieses, hätte James Gunn nicht auch gleich mehrere Handvoll Zombies im Repertoire. Die schieben sich ebenfalls durch die Gassen, gesteuert von sagen wir mal den spanischen Wegschnecken nicht ganz unähnlichen Parasiten, die durch die menschliche Futterluke ins Gehirn gelangen.

Die amerikanische Kleinstadt ist dabei immer und überall der ideale Schauplatz Nummer Eins (wenn man mal von arktischen Forschungsstationen absieht), wenn es darum geht, den Worst Case zu entfesseln. Der angrenzende Wald ist dabei die Quelle allen Übels. Und kaum streift Michael Rooker durch den Forst, hat’s ihn auch schon erwischt. Ehefrau Elizabeth Banks weiß noch nichts von ihrem Unglück, und Polizist Nathan Fillion (auch in Guardians of the Galaxy Vol. 3 zu sehen) kann im Rahmen der eskalierenden Ereignisse nur noch staunend kundgeben, wie sehr er nicht glauben kann, was er sieht.

Jene, die Slither auf den Schleim gehen wollen, bekommen ein deftiges Mahl serviert. Gunn erprobt seinen Stil in einem parodistischen Genre-Punsch aus Zombiefilm, Science-Fiction und Body-Horror, alles in der Isolation eines abgelegenen Kaffs irgendwo im Nirgendwo, dessen Abgeschiedenheit erst die Hölle auf Erden möglich macht. Trotz des hohen Ekel- und Blutfaktors, trotz dieser heillos überzeichneten Eskapaden, herumspritzend mit allen möglichen Körpersäften und bizarren koitalen Riten, die, wenn man im Zoologiehandbuch blättert, längst im irdischen Tierreich zum Usus gehören, bleibt Slither so richtig bodenständig. Trockener Humor, vorzugsweise als ironisches Statement, nimmt damals schon die freche Schnauze eines Rocket Raccoon vorweg. Dabei hätte dieser einen Tick sarkastischer sein können, etwas rotzfrecher und doch nicht so um die Kompensierung bizarrer Ereignisse bemüht. Die große Furcht dabei, die Kontrolle über sich selbst zu verlieren, und die Gunn auch in seinem Suicide Squad-Spinoff Peacemaker nochmal durchlebt, hängt hier als erschreckende Eventualität über allem. Ein frecher Spruch relativiert vieles – aber eben nicht alles. Und so bleibt Slither in erster Linie ein zwar launig erzählter und leichtgewichtiger, aber durchaus mysteriöser Creature-Thriller, der sich lieber vor den Meistern des Genres, die ihn wohl inspiriert haben, ehrfürchtig verbeugt, als diese lächerlich zu machen.

Slither – Voll auf den Schleim gegangen (2006)

Im Zweifel glücklich

WARS DAS?

7/10

 

BradsStatus#2052.ARW© 2018 Weltkino

 

LAND: USA 2017

REGIE: MIKE WHITE

CAST: BEN STILLER, AUSTIN ABRAMS, JENNA FISCHER, MICHAEL SHEEN, LUKE WILSON U. A.

 

Da bedarf es schon eines ausgeprägten Fokus auf die eigene innere Mitte, wenn es darum geht, sich nicht mit anderen zu vergleichen. Wenn dann noch die eigenen Schulkollegen mit deutlich mehr PS auf der Überholspur gen Erfolgshorizont des Lebens davonbrausen, ist der Selbstwert auf Kleinkindgröße dahingeschmolzen. Der Wettbewerb ist allgegenwärtig, vor allem in so selbstverliebten Zeiten wie diesen, wo Fleiß und Idealismus nur noch bedingt zu wünschenswerten Ergebnissen führen. Allerdings übersehen hierbei die gebeugten Häupter der vermeintlichen Loser sehr gerne, dass der vielfach kolportierte Erfolg der Mitmenschen reichlich Fassade ist, und Vergleiche oft mit zweierlei Maß gemessen werden. Die einen, die haben dann meist das Kapitalglück, dass in ausreichender Werbewirksamkeit die Gesellschaft fasziniert. Und die anderen, die haben das Basisiglück, und können sich, wenn alle Stricke reissen, auf wahre Werte zurückbesinnen, auf die es letzten Endes wirklich ankommt. Die Erfolgsformel ist also eine Unbekannte. Sich daran zu reiben wie Ben Stiller es tut, kann zu einem ernüchternden, aber undurchdachten Status Quo führen, der längst nicht alle Indizien, die für ein besseres Leben sprächen, abgeklopft hat.

Im Zweifel gücklich, im Original schlicht und ergreifend als Brad´s Status betitelt, treibt einen innerlich strauchelnden Ben Stiller vor sich her, der überhaupt nichts mehr mit den klamaukigen Peinlichkeiten aus früheren Filme zu tun hat, der geradezu ernüchternd unmöbliert und verkatert auftritt, als würde er tatsächlich in das tiefe Loch einer sinnlos erscheinenden Existenz geworfen worden sein. Diesen Zustand könnte jetzt ein anderer Filmemacher kabarettistisch ausschlachten, sich darüber lustig machen, die Midlife crisis durch den Kakao ziehen. So wie es der Österreicher Harald Sicheritz Anfang der 90er getan hat. Freispiel mit Alfred Dorfer zählt bis heute zu den besten Kabarettfilmen überhaupt, lässt dabei aber seinen Antihelden Robert Brenneis als ausgebrannten Musiklehrer über das eigene Leben und das der anderen sinnieren, bevorzugt über das seines ehemaligen besten Freundes, des Schlagerstars Pokorny, süffisant verkörpert von Wuchtelgranate Lukas Resetarits. Der Neid könnte einen fressen, angesichts dieses Glamours, den manche umgibt, vor allem jene, die das gleiche Startkapital für die Zukunft hatten, und plötzlich hinten anstehen müssen. Sich klarzuwerden, worauf es im Leben wirklich ankommt, dafür braucht Alfred Dorfer einen ganzen Film voller Zynismus und kluger Kommentare. Ben Stiller tut Ähnliches, wenn auch nicht im Bierzelt schunkeln oder in Italien urlauben. Er begleitet seinen Sohn an die Ostküste Amerikas, um Universitäten abzuklappern und den richtigen Studienplatz zu ergattern. Dabei stößt Brad zwangsläufig auf die Karrieren seiner Kommilitonen von damals, um sich selbst ganz klein vorzukommen. Bis er die Dinge vor seinem geistigen Auge wieder in die richtige Ordnung bringt, auf Reboot Prioritäten setzt und seinem Filius den Rücken freihält.

Dieser Status, den Brad abruft, der könnte der Status von jedem von uns sein, mal mehr mal weniger. Den großen Vogel, den haben die wenigsten abgeschossen, dabei ist die Frage nach einem zweifelhaften Lebensglück gerade bei jenen womöglich ungleich größer als bei den sogenannten Niemanden, die trotz fehlenden Reichtums und Scheinwerfern die Erfüllung in sich selbst und ihrer Familie finden. Regisseur Mark White lässt Ben Stiller tatsächlich immer stiller werden, immer nachdenklicher, und gibt ihm Raum für Gedanken, die aus dem Off auch für das interessierte Publikum zu hören sind. Im Zweifel glücklich ist ein langsames, gedankenverlorenes, aber alltagsrelevantes Drama, leichtfüßig und nicht verkopft. Nachvollziehbar und durchaus bereichernd, wenn mal wieder das eigene Leben unzureichend erscheint.

Im Zweifel glücklich