Dinner für Acht (2022)

ACHTUNG, FEIND HÖRT MIT!

6,5/10


dinnerfueracht© 2022 Amazing Austria Entertainment


LAND / JAHR: ÖSTERREICH 2022

REGIE: BERNHARD RATKA

BUCH: RUTH C. KOPINITSCH

CAST: KATHARINA SCHEUBA, SAMUEL TEHRANI, YLVA MAJ, ANGELO KONZETT, NINA HAFNER, PATRICK LAUB, IGOR KARBUS, TONY MATZL U. A.

LÄNGE: 1 STD 32 MIN


Eine Gruppe Young Adults, die einander kennen und von externen Aggressoren aufgemischt werden – kennen wir. Eine Gruppe Young Adults, die einander kennen und sich selbst aufmischen – das ist fast noch interessanter. Letztes Jahr lief der hochsommerfrische Nobel-Villa-Slasher Bodies Bodies Bodies in unseren Kinos. Besagte Truppe aus attraktiven jungen Frauen und nicht weniger attraktiven jungen Männern feiern eine Poolparty. Je länger der Abend, desto repetitiv die Gestaltung desselbigen. Bei diesem amerikanischen Film hier wählt man zum Ausgleich das titelgebende Gesellschaftsspiel – es gilt herauszufinden, wer der Mörder ist. Klarerweise endet das in einer unglücklichen Verkettung von ungesunden Missverständnissen. Und hebt am Schluss noch ganz keck den moralischen Zeigfinger.

In der österreichischen Version besagten Sommerabends unter Freunden ist ein Gesellschaftsspiel wie dieses vielleicht ein bisschen unterfordernd. In Zeiten devoter KIs, Permanentortung anderer und geschmissenen Haushalten durch verknüpfte Elektronik fällt diesen intellektuellen Kindsköpfen etwas ganz anderes ein, um sich die Zeit zu vertreiben: Sie schalten ihre Handys ein. Nichts neues, könnte man meinen. Wird’s fad, hilft ein Check der Social Media Apps. Doch diese Zerstreuung ist im noblen Zuhause von Sophie und Arian allerdings nicht gemeint. Hier geht die Idee viel tiefer, und zwar noch viel tiefer, als sie bereits ging, als Elyas M’barek, Karoline Herfurth und Florian David Fitz ihre aus dem Smartphone erhaltenen Message-Geheimnisse an die große Glocke hängen mussten. Auch schön grimmig, fast so wie Flaschendrehen. An diesem Dinner made in Austria geht es aber weder um private Geheimnisse noch um Beziehungsstati, sondern um die totale Überwachung: Was also, wenn alle so tun, als plane man einen Terroranschlag – würde jemand mithören? Und wenn ja – würden Antiterroreinheiten bald das Grundstück stürmen? Spannend, das Ganze. Also werden verborgene schauspielerische Talente aus dem Nähkästchen geholt, jeder wettert für sich und so, dass es alle hören können, gegen das korrupte System. Während alle in ihrem Eifer das Experiment des Abends wagen, taucht ein ungebetener, aber nicht unbekannter Gast auf. Seis drum, je später der Abend, desto schöner die Gäste. Dieses Sprichwort muss allerdings erst noch auf Herz und Nieren überprüft werden.

Wer genau mitgezählt hat, wird über die Zahl 7 der anwesenden Gäste nicht hinauskommen. Was hat es also mit den Acht auf sich? Dieser wunderliche Umstand ist nur ein weiterer unter ein paar anderen Rätseln, die in dieser Nacht gelöst werden wollen. Werbefilmer Bernhard Ratka würdigt in seinem ersten Kinofilm die Grundmechanismen des Slasher-Subgenres, ohne dessen Versatzstücke aber weiterzuführen. Der Thriller-Aspekt hängt wie ein Damoklesschwert über alle hier Anwesenden. Das Unbequeme lauert an allen Ecken, der externe Aggressor mag kommen, alle sind bereit. Doch diese Erwartungen erfüllt Ratka nicht. Ein Fehler? Eher ein kluger Schachzug. Statt auf Volldampf das Spannungskino zu zelebrieren, vergnügt sich Dinner für Acht lieber noch ein paar Einstellungen länger, während eines feuchtfröhlichen Tanzabends, bis vielleicht gar die Exekutive auf der Matte steht. Das Risiko ihres Spiels, die potenzielle Straftat für ein mediales Experiment pfeffert den Abend. Die Spannung, bevor sie sich entlädt, das Warten darauf, das etwas geschieht, hält die Gesellschaft alleine schon auf Trab.

Man könnte meinen, dass Dinner für Acht demnach vielleicht zu wenig bietet, und sich auch zu lange ziert, um als kammerspielartiger Thriller durchzugehen. Bodies Bodies Bodies war da schon viel eher am Eingemachten dran. Der Rückzug aber vor dem Plakativen ist eine nette Abwechslung, dank des glücklich gecasteten Ensembles rund um die einnehmende Katharina Scheuba (bitte mehr von ihr!) geht die Rechnung auch auf, wobei die Mystery-Komponente dann doch noch – und fast schon pflichtschuldig – zum Einsatz kommt.

Dinner für Acht (2022)

Save Yourselves!

INVASION DER FLAUSCHIS

5,5/10


saveyourselves© 2020 Bleecker Street


LAND / JAHR: USA 2020

BUCH / REGIE: ALEX HUSTON FISHER & ELEONOR WILSON

CAST: SUNITA MANI, JOHN PAUL REYNOLDS, JOHN EARLY, JO FIRESTONE U. A.

LÄNGE: 1 STD 33 MIN


Wenn irgendetwas mit Fell die Absicht hat, fremde Welten zu erobern, wird es generell mal unterschätzt. Star Trek-Fans wissen, dass Kirk und Co die legendären Tribbles anfangs für harmlos hielten, bis sie sich ungebremst vermehrten. Oder die dauergrinsenden Critters. Im Grunde niedliche kleine Flauschkugeln, die aber nur eines im Sinn hatten: Fressen! Selbst die Ewoks aus Star Wars wurden unterschätzt, vor allem ihr Appetit auf Menschenfleisch, den nur ein goldener Roboter zügeln konnte. Was Fell hat, kann sich also gut hinter seinem Kinderzimmer-Stofftier-Klischee tarnen. Auch in diesem kleinen Independetfilm, der auf Sky seine Premiere hatte, sind mit Plüsch überzogene Fellhocker nicht das, was sie vorgeben zu sein. Denn sie bewegen sich – und können gehörigen Schaden anrichten.

Auch wenn Save Yourselves! ganz eindeutig eine Science-Fiction-Komödie im Stile von Gremlins oder den eingangs erwähnten Critters in die Wege leitet, will das Regieduo Alex Huston Fischer und Eleonor Wilson zusätzlich auch noch etwas ganz anders erzählen. Oder etwas ganz anderes austeilen. Und zwar einen Seitenhieb auf unser ach so bequemes Zeitalter der immanenten Erreichbarkeit und der sozialen Medien. Um sich diesen Druck auf Facebook, Instagram und Twitter und wie sie alle heißen zu entziehen, plant ein junges Ehepaar nach einigen beruflichen Niederlagen einen Neuanfang. Den startet man am besten damit, zumindest mal eine Woche alle mobilen Gerätschaften abzuschalten und das Internet daheimzulassen. Eine Woche nur Analoges, keine Calls von außerhalb, keine Likes, keine Postings. Nur eine Hütte in der Natur, ein Buch und massig Zeit, um sich als Paar wieder näherzukommen. Was sie demzufolge nicht mitbekommen, ist die Invasion der Flauschis. Aber auch nur so lang, bis plötzlich ein Möbelstück im Wohnzimmer steht, das vorher nicht da war.

Als dialogstarke Beziehungskomödie funktioniert Save Yourselves! ganz gut. Sunita Mani und John Reynolds agieren sehr natürlich. Wie für einen zeitgeistigen Independentfilm üblich gönnt sich auch dieser sozialkritische Untertöne und spickt diese mit alltagsrelevanten, knackigen Gesprächen, deren Themen wir alle ganz gut nachvollziehen können. Sobald die unheimliche Begegnung der dritten Art aber unweigerlich ins Haus steht, wird’s etwas unentschlossen. Woran das liegt? Vielleicht, weil diese Fellbommel längst nicht so eine Reproduktionsrate haben wie die Tribbles. Weil sie theoretisch relativ leicht in den Griff zu kriegen wären – die Apokalypse aber dennoch droht. Das Augenscheinliche und das Kolportierte will nicht so ganz zusammenpassen. Und auch die Verzichts-Challenge mit den sozialen Medien ist irgendwann nicht mehr wichtig, dazu gibt´s auch sonst nichts mehr beizusteuern, außer vielleicht die Empfehlung, doch irgendwie immer erreichbar zu sein. Es könnten ja Dinge wie diese passieren. Und da wäre es gut, zu wissen, was in den Nachrichten steht. Und was, wenn nicht? Die Antwort darauf wäre vielleicht noch interessanter gewesen als die letztendlich entworfene Grundsituation.

Save Yourselves!