The Foreigner

EIN GLÜCKSKEKS SIEHT ROT

5/10

 

foreigner© 2018 Universum Film

 

LAND: GROSSBRITANNIEN / CHINA 2018

REGIE: MARTIN CAMPBELL

MIT JACKIE CHAN, PIERCE BROSNAN, ORLA BRADY U. A.

 

Jackie Chan – ja, natürlich kenn ich den. Vom Hörensagen. Viel am Hut habe ich mit ihm nie gehabt. Eigentlich eine Frechheit, in Anbetracht des immensen Pensums an Produktionen, in welchen das ostasiatische Multitalent mitgespielt, mitproduziert und mitgeschrieben hat. Im Grunde eine Ikone des Kinos. Von mir schmählich ignoriert. Ich kenne gerade mal zwei Filme, in denen Jackie Chan seinen Auftritt hat – das ist In 80 Tagen um die Welt und The Lego Ninjago Movie. Martial Arts-Kampfsport ist aber auch nicht wirklich das Genre meiner Wahl. Das war damals in den Achtzigern und frühen Neunzigern mit Jean Claude Van Damme etwas anderes, seine Filme sind zwar rückblickend auch unfreiwillig komisch, aber nie so überdreht wie die Filme des mittlerweile in die Jahre gekommenen Hals- und Beinbrechers. Hätte er bei den Expendables mitgemischt, hätte ich jetzt drei Filme zu verzeichnen. Doch da hat ihm wohl Jet Li, der kleine selbstironische Haudrauf, die Rolle weggeschnappt. Macht nix, die Drei bekomme ich auch so zusammen. Und zwar mit The Foreigner.

Hier darf Jackie Chan mit James Bond gemeinsame Sache machen. Und das in zweierlei Hinsicht. Erstens ist niemand geringerer als Pierce Brosnan – sichtlich ergraut, kurzgeschoren und schneidig wie ein Ex-Knacki – das vermeintliche Opfer privat initiierten Terrors. Und zweitens führt Martin Campbell Regie, seines Zeichens Regisseur von Goldeneye – eben mit Pierce Brosnan – und Casino Royale, dem Einstand mit Daniel Craig. Ein Experte also, was Agentenkino betrifft. Weniger ein Experte, was Superhelden betrifft. Denn Green Lantern geht auch auf sein Konto. Zum Glück ist The Foreigner keine Fantasy, sondern handwerklich fehlerloses Selbstjustizkino fürs Heimformat. Warum eigentlich dieses? Nun, Pierce Brosnan wird längst wohl eher mit den Premium-Produkten einer Supermarktkette in Verbindung gebracht als mit Spannungskino von Format. Obwohl der neben Roger Moore wohl am meisten augenzwinkernde Gentleman der Kinogeschichte immer noch das Zeug für letzteres hätte. Man sieht, Brosnan spielt immer noch Brosnan wie ein erfahrener Universitätsdozent, mit Charme und ohne Harm. Dass er dann von Jackie Chan bis aufs Blut getriezt wird, mag man so gar nicht. Der ist nämlich trauernder Vater. Nach dem Bombenanschlag einer IRA-Splittergruppe in London, die seine Tochter auf dem Gewissen hat, kennt der von Schmerz und seelischem Leiden gezeichnete Ex-Elitekämpfer nur noch das Gefühl der Rache – welches sich allerdings in seinem zu Stein gewordenen Konterfei nur bedingt widerspiegelt. Man kann natürlich seine Rolle so verbissen emotionslos wie Jackie Chan anlegen – oder eben wutschnaubend Amok laufen. Wäre vielleicht die bessere Wahl gewesen. Denn eines kann ich mir schwer vorstellen – dass Chan bei seinen Fans mit der Rolle des schweigsamen Aufräumers im Stile von Takeshi Kitano wirklich gut ankommt. Vielleicht war das auch der Grund, warum die Studios es nicht gewagt haben, The Foreigner auf die große Leinwand zu bringen. Dem Japaner Kitano kann wohl als lakonische Killermaschine niemand den Rang ablaufen. Im Vergleich dazu wirkt Jackie Chan seltsam unbeholfen, ja fast schon unfreiwillig komisch. Wäre ich Ex-Terrorist Pierce Brosnan, würde ich ihn womöglich genauso wenig erst nehmen. Das aber wird sein Fehler gewesen sein.

Den Fehler, mir The Foreigner ein zweites Mal anzusehen, werde ich sicher nicht machen. Zu wenig plausibel sind seine Figuren, zu vorhersehbar der ganze Film. Da wäre es ratsamer, das 1992 erschienene Buch Der Chinese von Stephen Leather zu lesen. Da hat man seine eigenen Figuren im Kopf. Und nicht den quirligen Martial-Arts-Yoda Chan oder Ex-Bond Brosnan, beides Gesichter, die schon zur Genüge für anderes besetzt sind.

The Foreigner

The Lego Ninjago Movie

ANOTHER BRICKS IN THE WALL

6,5/10

 

Ninjago© 2017 Warner Bros. Entertainment Inc.

 

LAND: USA 2017

REGIE: CHARLIE BEAN

MIT DEN STIMMEN VON Dave Franco, Zach Woods, Jackie Chan

 

Eine Kindheit ohne LEGO geht fast gar nicht. Und ich kann diese Review auch nicht wirklich schreiben, ohne zwangsläufig Werbung für LEGO zu machen. LEGO ist allgegenwärtig. Keine Ahnung, ob ich hier die Wortmarke LEGO überhaupt ohne ® oder TM-Vermerk hier mit einbeziehen darf. Allerdings denke ich – LEGO ist in seiner Art und Weise so konkurrenzlos, dass ich mit der im Folgenden dauerhaften Produktbenennung ohnehin offene Türen einrenne. Da kann Cobi oder wie sie alle heißen seit dem Ablauf der Lizenz für das Patent des Legosteins sowieso nicht mithalten – geschweige denn all die chinesischen Plagiate, die gern so qualitativ sein wollen wie das Original. LEGO – das ist unverwüstlich. Und motiviert auch den weltweiten Ideenreichtum im Kinderzimmer. Am besten sind ohnehin die puren Steine, Achter oder Vierer oder wie sie alle heißen. Von den Spezialsteinen rede ich gar nicht, die lizenztypischen Steine bremsen wiederum die Kreativität. Wie auch immer – es war ja nur eine Frage der Zeit, bis das Spielzeug seinen Weg auf die Leinwand findet. Mit LEGO können Filmemacher einiges anstellen – oder alles auf einmal, wie in The LEGO Movie. Eine wüste Bausteinorgie, schwindelerregend überdreht, hysterisch und knallbunt. Nach zwanzig Minuten kollabierender Reizverarbeitung kam dann bei mir das errettende selbstinitiierte Time-Out. Über The LEGO Batman Movie habe ich mir nur sagen lassen, dass dieser in seiner wüsten Chaosmanier sogar noch eines draufgelegt hat. Gut, das will ich lieber nicht so genau wissen. Viel lieber kauere ich mich im Schneidersitz ins Kinderzimmer und schlichte Steinchen für Steinchen und schaffe so eine gewisse Ordnung. Aber: Projekt incompleted. Das kann ich wohl erst machen, wenn ich in Pension oder arbeitslos bin. Es kann sich ja keiner vorstellen, wie zeit- und platzaufwändig das ist, das Projekt „Ordnung ist das halbe Lego“ durchzuziehen. Dann vielleicht doch lieber den nächsten LEGO-Film. Und wenn, dann gleich im Kino, volle Dröhnung. The Lego Ninjago Movie bietet sich an, weil LEGO Ninjago etwas ist, womit mein Sohn so einiges anfangen kann.

Also erwühlen wir uns einen der Ninjago-Helden aus der Steinchenschütte, denn die müssen neben uns auf der gepolsterten Sessellehne im Kinosaal sitzen, und ziehen los. Damit sich das Ganze gleich interaktiv anfühlen kann. Und siehe da – womit mich der dritte Lego-Film gleich zu Beginn abgeholt hat, das war die Illusion des Stop-Motion. Spielsteine täuschend echt zu animieren ist im Grunde keine Kunst, jedenfalls nicht für Professionisten. Es aber so aussehen zu lassen, als hätte Nick Park anstatt seiner Plastilin-Figuren Wallace & Gromit diesmal die knapp 4cm hohen Legofiguren in menschenverachtender, mühsamer Kleinarbeit Bild für Bild animiert, ist entweder eine feine Art des Hinters-Licht-Führens oder die große Kunst bildlastiger Fake-News. Wobei – die Katze, die Ninjago City heimsucht, muss aber ein Live-Act-Element gewesen sein! Oder doch nicht? Tatsächlich wandern meine Gedanken während des Betrachtens dieses launigen LEGO-Films in Richtung Quantenphilosophie. Ist die Katze echt, oder ist sie es nicht? Diese absichtlich kindlich-plumpe Art des Animierens und das Placebo von Schrödingers Katze, die sich anstatt in einer Kiste im zweidimensionalen Rechteck einer Leinwand befindet und mit der 3D-Brille sogar noch mit der dritten Dimension liebäugelt, ist aber allerdings nur ein Bonus, der den Spaß am Aufbauen und Umhauen von LEGO-Konstruktionen noch versüßt.

Denn die quirlige Brick-Action mit zahlreichen USP-Momenten ist längst nicht so ein Zudröhner wie erwartet. Ganz im Gegenteil – die augenzwinkernde Vater-Sohn-Geschichte zwischen dem grünen Ninjago Lloyd (das L ist bitte zweimal zu betonen) und dem vierarmigen, schwarzen Mutantenpapa Garmadon bietet schlagfertigen Witz, liebevoll überzeichnete Emotionen und pfiffige Action, die an Abenteuer wie Indiana Jones oder Tomb Raider erinnert. Dazwischen geizt man nicht mit allerlei ironischen Zitaten auf das Kaju-Filmgenre des Fernen Ostens. Aus The LEGO Ninjago Movie ist so etwas wie ein Merchandise-Eastern geworden, der unerwartet unterhält, Spaß macht und, daheim angekommen, die Ninjago-Sets wieder aus der Schublade holen lässt.

The Lego Ninjago Movie