No Exit

MITGEHANGEN, MITGEFANGEN

3,5/10


noexit© 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: DAMIEN POWER

CAST: HAVANA ROSE LIU, DANNY RAMIREZ, DAVID RYSDAHL, DENNIS HAYSBERT, DALE DICKEY U. A. 

LÄNGE: 1 STD 35 MIN


Schneechaos ist das Beste, was einem Thriller passieren kann. Gut, manchmal reicht auch Regen und Gewitter, denn bei so mieser Witterung will keiner wirklich aus dem Trockenen. In Drew Goddards Bad Times at the El Royale hat’s zumindest geschüttet wie aus Schaffeln, was Chris Hemsworth mit seinen blanken Brustmuckis nicht sonderlich gestört hat. Denn das Wetter ist die Stimmungskanone schlechthin. Da rücken die verbliebenen Insassen zusammen, auch wenn sich diese untereinander fremd sind. Keine Ahnung, was der oder die Einzelne schließlich im Schilde führt oder welchen Rattenschwanz an Lebensbeichten herumgeschleppt werden muss. In Quentin Tarantinos Hateful Eight ist das Schneechaos, ähnlich wie in vorliegendem Film No Exit, der Schraubstock für eine angespannte Gesamtsituation, in der sich alle auf Augenhöhe begegnen müssen – das Katz- und Mausspiel, sofern es eines geben soll, kann beginnen. 

Und ja, auch bei diesem Direct-to-Disney+-Thriller stehen die Zeichen auf Sturm. Wir befinden uns irgendwo auf dem Weg nach Salt Lake City, das heißt: Ex-Junkie Darby tut das, sie ist mit dem Auto unterwegs und will zu ihrer im Sterben liegenden Mutter. Blöd nur, dass ein Blizzard die Straße unpassierbar macht. Zurück in die Reha will Darby auch nicht, also bleibt ihr nur die Touristeninfo am Rande eines Waldes, weitab jeglicher Kontrollinstanz. Natürlich ist sie in dieser wohlig eingerichteten, mit allerlei Nationalparkinfos ausgestatteten Zuflucht nicht allein. Vier weitere Individuen harren besseren Zeiten entgegen. Ein älteres Ehepaar und zwei Mittzwanziger, die unterschiedlicher nicht sein können. Der eine pennt, der andere blickt verstohlen um sich, wagt dabei aber nicht, jemandem ins Gesicht zu sehen. Doch so Freaks gibt’s immer, was soll da schon groß passieren. Der Breakfast Club für die Durchreise ist angerichtet, am besten, man verbringt die Zeit mit Kartenspielen – was die Anwesenden dann auch tun. Der Film wäre nicht aufregender als das Wetterpanorama geworden, wäre Darby nicht durch Zufall auf das entführte und gefesselte Mädchen in einem weißen Van gestoßen. Einer oder eine aus der Gruppe muss also Dreck am Stecken haben. Nur wer?

Wenn Darby ihr Geheimnis noch für sich behält und gute Miene zu bösem Spiel macht; wenn alle fünf um den Tisch sitzen und das dubiose Kartenspiel Bullshit spielen, dann hat das latent bedrohliche Kammerspiel durchaus seinen Reiz. Den es aber auch wieder schnell verliert, so nach dem Motto: wie gewonnen, so zerronnen. Denn sobald klar wird, wer hier nun perfide genug ist, um ein unschuldiges Mädchen zu entführen, sackt die Spannungskurve nach unten. Vielleicht aber helfen ein paar Story-Twists, denn viel mehr ist angesichts des begrenzten Settings ja vielleicht gar nicht möglich. Irrtum – gerade in solchen Situationen lässt sich die Unberechenbarkeit menschlichen Verhaltens ausreizen. Da wären aufgesetzte Wendungen wie diese hier, die offensichtlich nur dazu da sind, um kreatives Defizit zu kompensieren, gar nicht mal nötig. Man hätte den Faktor X noch durchaus weiter in die Spieldauer hineinnehmen können, doch die Mystery weicht einem trivialen Duell Gut gegen Böse, wobei hier niemand Wert legt auf plausible Charaktere, mit Ausnahme vielleicht von Havana Rose Liu, die als moralisches Zentrum ihre sozialen Defizite durch ritterliche Verzweiflungstaten ausgleicht. 

No Exit überrascht nicht, sondern bestätigt immer wieder die Vermutungen des Zuschauers. Der würde sowieso anders agieren, und das gleich zu Beginn. Doch da wäre aus Damien Powers Romanverfilmung ein Kurzfilm geworden. Na und? Vielleicht wäre der aber knackiger.

No Exit

Geostorm

…UND NUN ZUM WETTER

3/10

 

GEOSTORM© 2017 Warner Bros.

 

LAND: USA 2017

REGIE: DEAN DEVLIN

MIT GERARD BUTLER, JIM STURGESS, ABBIE CORNISH, ED HARRIS, ALEXANDRA MARIA LARA U. A.

 

Da hilft nicht mal mehr warm anziehen: Möchte ich dem mir hier vorliegenden Katastrophenszenario Glauben schenken, kann es in wenigen Jahren tatsächlich schon so weit sein – der Zusammenbruch des globalen Wetters. Moderatorinnen und Moderatoren desselbigen wären entweder arbeitslos oder unter Dauerstress. Vorhersagen ließen sich keine mehr machen. Und die aufgrund des viel zitierten, vom Menschen verschuldeten Klimawandels zubereitete Suppe müssten wir angesichts dieser verheerenden Wetterküche dann folglich auch im Alleingang auslöffeln. Helfen wird uns da niemand – wer denn auch? Aliens haben uns bis heute nicht unter die Arme gegriffen. Also was tun? Ein Zusammenschluss vieler Staaten hat die Steißgeburt einer Idee geboren, die in ihrem finalen Look im wahrsten Sinne des Wortes irgendwie beklemmend wirkt: Ein den Planeten umspannendes Netz aus Wettersatelliten sollen Ordnungshütern gleich radaumachende Wetterkapriolen im Keim ersticken. Wie das gehen soll, erfahren wir aus dieser Geschichte nicht wirklich. Was bewirken Satelliten, die im Orbit stationiert sind, wenn der Hurrikan Dutzende Kilometer weiter unten zu toben beginnt? Aber sei´s drum, die Idee ist weit hergeholt, aber es ist zumindest eine Idee. Oder ein Anfang. Mit dem kann man noch ganz gut leben. Auch mit der Tatsache, dass die USA und China hier als Masterminds hervorgehen. Zum Glück nicht Nordkorea. Es gibt also immer noch Schlimmeres.

Das denkt sich Gerard Butler auch, wenn er auf Du und Du mit der überraschend für diesen Film besetzten Alexandra Maria Lara an Bord der generalüberholten ISS eine Verschwörung aufzudecken hat, die jedes noch so wüste James Bond-Abenteuer als realitätsnahen Tatsachenbericht in den Schatten stellt. Moonraker ist im Vergleich zu Geostorm tatsächlich schon als seriös zu bezeichnen. Und Roland Emmerich sieht angesichts dieses fast schon an den schütteren Nasenhaaren herbeigezogenen Unding von High-Tech-Wetterthriller sein Desaster-Movie 2012 in wohlwollenderem Licht. Was ich zugegebenermaßen auch bestätigen kann. 2012 ist Spaß an der Filmstars verschonenden Zerstörung. Geostorm ist weder virtuos getrickster Weltuntergang noch ernstzunehmende Hard-SciFi. Das wäre der Film wohl gerne, man sieht es ihm an. Vor allem in den Szenen, die so sein wollen wie Interstellar oder Gravity. Das sind sie aber nicht. Was wiederum am durchwachsenen Spiel der Darsteller liegt, die im Grunde nichts für ihre Rolle übrighaben. Alexandra Maria Lara weiß sich in all dem Chaos überhaupt nicht zu helfen, und womöglich wird sie es sich zweimal überlegen, nochmal in so einem kalkulierten Blockbuster mitzuspielen. Und Butler genauso wie der sonst famose Ed Harris haben ihren Rollen nichts hinzuzufügen. Es sind Rollen, die Geld bringen. Das weiß die Zunft seit Flammendes Inferno. Und ist niemals wieder so bewusstgeworden wie bei The Core oder Armageddon. Filme ähnlichen Fahrwassers, wofür sich Hollywood wirklich nicht zu rühmen braucht.

Ohne viel verraten zu wollen – was aber in diesem Fall ohnehin schon egal ist – kann sich der aufopferungsvolle Zuseher letzten Endes einerseits ziemlich ärgern, andererseits aber auch ziemlich wundern. Denn niemals zuvor sind die wenig überraschend entlarvten bösen Buben so dermaßen sinnlos mit der Kirche ums Kreuz gezogen, um ihre Ziele zu erreichen. Sowas schafft nicht mal Blofeld. Kann man nur sagen: Hut aber oder Hut drauf. Je nach Wetterlage.

Geostorm