Aquaman: Lost Kingdom (2023)

SO VIELE MEILEN UNTER DEM MEER

6/10


aquamanlostkingdom© 2023 Warner Bros. Entertainment


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: JAMES WAN

DREHBUCH: DAVID LESLIE JOHNSON

CAST: JASON MOMOA, PATRICK WILSON, AMBER HEARD, YAHYA ABDUL-MATEEN II, NICOLE KIDMAN, RANDALL PARK, DOLPH LUNDGREN, TEMUERA MORRISON, PILOU ASBÆK, MARTIN SHORT U. A.

LÄNGE: 2 STD 4 MIN


Unter der Riege Zack Snyders hatte die Elite der DC-Superhelden wenig Sinn für Humor, dafür aber konnten sich diese formschön und mit Bildgewalt so richtig in Szene setzen, als wären sie gerade erst aus ihren Panels gestiegen. James Wan, seines Zeichens Schöpfer des Folter-Franchise Saw und Macher von Conjuring, wollte da schon mehr sein Publikum zum Lachen bringen – und das Pathos insofern aus dem Storytelling quetschen, damit immerhin noch Schauwerte übrigblieben, die bibelgleiche Himmelsstimmungen nicht mehr am Radar hatten. Der DC-Overkill war geboren – Aquaman aus dem Jahr 2018 hat zwar Jason Momoa als leuchtturmfestes Zentrum auf der Habenseite – ringsherum aber tobt ein CGI-Gewitter, das selbst so ausufernde Rechner-Schlachten wie George Lucas‘ Angriff der Klonkrieger als nüchternen Arthouse-Film erscheinen lassen. Hinzu kommt der unfreiwillig komische Antagonist namens Black Manta, ein Schurke mit Lord-Helmchen-Optik und seltsamen Intentionen für sein Handeln. Wenn dann die Haarpracht der Atlanter unter Wasser separatistische Züge annimmt und man einem wie Willem Dafoe deutlich ansieht, dass er diese seine Rolle wirklich nur des Geldes wegen angenommen hat, erweckt das den deutlichen Eindruck, ein hochbudgetiertes, aber heillos überfrachtetes Königsdrama vorgesetzt bekommen zu haben, das mit Guilty-Pleasure-Gurken wie Masters of the Universe nicht nur Dolph Lundgren gemeinsam hat. Ein Flash Gordon unter Wasser hätte es werden können – mit Charme und verspielter Naivität. Was daraus wurde? Ein Kassenschlager. Und wieder einmal mehr der Beweis dafür, dass gutes Einspiel nichts über die Qualität eines Filmes aussagt.

Warum also habe ich nun ein zweites Mal den stolzen Preis einer Cinegold-Kinokarte gelöst, wenn schon das erste Solo-Abenteuer aus meiner Sicht so sehr zu wünschen übrigließ? Erstens resultiert meine teils unreflektierte Entscheidung daraus, dass Superheldenfilme aus Marvel und DC stets auf meiner Watchlist stehen. Zweitens stirbt die Hoffnung, dass die Macher aus ihren Fehlern vielleicht gelernt haben könnten, zuletzt. Drittens ist der Guilty-Pleasure-Faktor, wenn man gemeinsam mit dem Sohnemann und jeder Menge Popcorn in einem fast leeren Kino sitzt, unübersehbar.

Nach rund zwei Stunden solider Unterhaltung ist klar: Die Hoffnung hat nochmal die Kurve gekriegt, Aquaman behält Oberwasser. Das in sich abgeschlossene Abenteuer rund um ein verlorenes Königreich schließt ohne Wehmut, doch mit Reminiszenzen an literarische Vorbilder, die Pforten einer Welt, in der das Casting der Helden das Beste war, was DC jemals passieren konnte. Momoa fühlt sich in seinem Da Capo-Auftritt regelrecht verpflichtet dazu, mit Humor vieles besser zu machen. Das Vertrauen darauf, dass er es damit ehrlich meint, schwindet ab und an, doch prinzipiell kann man ihm dankbar sein. Patrick Wilson, der vormals seinem Halbbruder den Thron streitig machen wollte, wirkt fast schon wie eine Alternative zu Captain America. Und der intelligente Wissenschafts-Normalo Randall Park, der auch im Marvel-Universum mitmischt, probt den Aufstand im Kleinen, was das Abenteuer bis zu einem gewissen Grad erdet. Diesem Dreier-Gespann ist es zu verdanken, dramaturgisch solide zu bleiben. Amber Heard, Nicole Kidman und all die anderen Mitstreiter bleiben flach und empfinden niemals, was in ihrem Skript steht. Doch das macht nichts. Denn der großartige Jules Verne schwebt als körperlose Ideen-Entität über allem. Das, was Bösewicht Black Manta unter dem Eis der Antarktis findet, wird zum aquanautischen Retro-Paradies für Fans des Schmökers 20.000 Meilen unter dem Meer. Wäre es nicht der finstere Kordax, der darauf wartet, das siebente Königreich dank des umweltschädlichen Orichalcum-Gemischs, das als phantastisches CO2-Schreckgespenst die Welt aufheizt, wieder erstarken zu lassen, hätte auch Captain Nemo sein Konterfei durchs kristallklare Eis der Tiefe schimmern lassen können. Das U-Boot, mit welchem der wahnsinnige David Kane Atlantis überfällt, wird zweifelsohne zur Nautilus. Das Meer wird zum Dorf, und dennoch für die Oberwelt eine Terra incognita, aus der nichts an die Festlandvölker hindurchsickert, so wild auch die Kriege da unten toben mögen.

Mit dieser Patina aus lang vergangenen Technologie-Zeiten zwischen Steampunk, Fluch der Karibik und Arielle, die Meerjungfrau nimmt Aquaman: Lost Kingdom zumindest jede zweite Welle – unterm Meeresspiegel ein guter Schnitt. Das Abenteuer, wenn auch nicht sonderlich originell, bleibt kurzweilig und lässt seine retromechanischen Kraken auffallend oft durch Bild staksen. Jules Verne selbst, wäre er im Auditorium gesessen, hätte wohl Spaß daran gehabt, wenngleich ihm so manche evolutionäre Unlogik schmecken würde wie ein Schluck Salzwasser.

Aquaman: Lost Kingdom (2023)

Zack Snyder´s Justice League

ALLES EINE FRAGE DES STILS

7,5/10


Fim/ Zack Snyder's Justice League© 2021 Warner Bros. Entertainment


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: ZACK SNYDER

CAST: BEN AFFLECK, HENRY CAVILL, GAL GADOT, JASON MOMOA, EZRA MILLER, RAY FISHER, AMY ADAMS, CIARÁN HINDS, JEREMY IRONS, JOE MORTON, WILLEM DAFOE, AMBER HEARD, JESSE EISENBERG, JARED LETO U. A. 

LÄNGE: 4 STD 2 MIN


Da werden einige mit den Augen rollen, aber um einen Vergleich mit dem Marvel Cinematic Universe werde ich gerade hier nicht herumkommen. Marvel und DC sind eine Art Dualität, wobei die eine Comicwelt gar nicht so sein will wie die andere. Dort tönt Led Zeppelin oder Blue Swede, hier erklingen Nick Cave oder Leonard Cohen. Und das ist gut so. Das DC Expanded Universe, kurz DCEU, wird niemals diese leichte und verspielte Tonalität von Marvel erreichen. Das will es auch gar nicht. Und würde allein schon aufgrund seiner Figuren nicht funktionieren. Dabei gibt es, mit Ausnahme von Taika Waititi vielleicht (Thor: Tag der Entscheidung) keinen anderen Filmemacher, der das Genre des Comicfilms so sehr beim Wort nimmt wie Zack Snyder. Das hat er mit 300 längst bewiesen.

Wir wissen auch: Snyder hat 2017 seine Arbeit an der Erstversion der Justice League abgeben müssen. So ein Schicksalsschlag, wie er ihn erlebt hat, wirft jeden aus der Bahn. Joss Whedon hat übernommen und dabei versucht, dem DC-Universum den Charakter seiner Avengers-Filme umzuhängen. Was Whedon dabei entglitten war, ist klar zu erkennen. Und zwar die Darstellung des Antagonisten, in diesem Falle Steppenwolf – eine unheilbar eindimensionale Wutgestalt ohne Perspektiven. Da braucht Thanos nur zu schnippen, schon löst sich der gehörnte Despot in Rauch auf. 

„Sie dir das bloß nicht an!“, soll Produzentin Deborah Snyder ihrem Gatten geraten haben, nachdem die 2017er-Version der Justice League im Kasten war. Diese sei nicht das, was ursprünglich geplant war. So ein Herzensprojekt lässt man sich im Endeffekt auch nicht nehmen. Da geht man zum rechten Zeitpunkt nochmal drüber. Entstanden ist einer jener Filme im Corona-Jahr 2021, die am meisten mit Spannung erwartet wurden: Die 4-Stunden-Version der Justice League, eine Art Ben Hur unter den Superheldenfilmen oder Wagners Ringoper für das autoaggressive Klientel. Die Backgroundstory um Snyder und seine Justice League ließe sich ohne weiteres als Teil einer umfangreichen Fachbereichsarbeit zum Thema Film im Comic – Comic im Film anführen. Womöglich gibt es die auch schon, und ich würde mich wundern, würde der Mann mit dem Hang zu malerisch-sattem Pathos dort nicht Erwähnung gefunden haben. Sein Werk ist das eines Comicnerds für Comicfans. Bei jenen, die andauernd über das ewige Getöse comiclastiger Blockbuster motzen, könnte eine gewisse Ratlosigkeit in Sachen Panel-Literatur zu vermuten sein. Daher ist Zack Snyder´s Justice League in Wahrheit nichts für die breite Masse, sondern fast schon ein orthodoxer Nischenfilm für Nerds und Liebhaber, die wissen, wie Superman, Batman und Co immer schon getickt haben, seit sie erstmals gezeichnet wurden. Snyder weiß das und wusste das und fusioniert sämtliche Interpretationen besagter Helden zu stolzen Compilations.

Sein Film ist düster, melancholisch und theatralisch, hat sogar weniger Witz als Whedons Version. Seine Bilder kennen wir – dunkle Wolkentürme vor tiefstehender Sonne, harte Kontraste und satte Farben. Altdorfer, William Turner oder der Romantiker Géricault – Inspirationen aus der Stilkunde für den mit Auszeichnung promovierten Kunststudenten. Umso logischer erscheinen die Ikonographien der Helden und Finsterlinge in charakteristischen Posen, wie Skulpturen griechischer Gottheiten, gerne auch im Freeze Frame.

Zwei deutliche Verbesserungen stechen sofort ins staunende Auge: Erstens die Änderung des Bildformats auf 4:3. Was für eine angenehme Abwechslung zum Cinemascope. Und das, um auch mehr den Dimensionen gezeichneter Panels zu entsprechen. Zweitens: die Metamorphose des Bösewichts. Steppenwolf ist nun nicht mehr der triviale Plagegeist mit Superaxt – er ist ganz plötzlich der Handlanger eines noch finsteren Gesellen. Steppenwolf hat eine Schuld zu tilgen, also will er in der Gunst des Meister stehen und ihm die Erde zum Geschenk machen. Das hat schon mehr Facetten, da lässt sich auch mehr herausholen – einfältig fies bleibt der Wicht aber immer noch. Wieder sind Comicleser eine Nasenlänge voraus und lächeln wissend: dieser Meister ist das Äquivalent zu Thanos, nämlich Darkseid. Ein grimmiger Haudrauf, der ganze Sonnensysteme seinem Willen unterwerfen will. Damit schafft Snyder den narrativen Überbau wie Marvel ihn mit Infinity hatte. Einen, der alles Kommende unter sich versammeln wird. 

Snyder gliedert seinen Film in 5 Kapitel, einem Prolog und einem Epilog. Er gibt den Helden mehr Biographie, teasert neue Charaktere an, die die Tafelrunde ergänzen sollen und spielt auch mit kryptischen Traumsequenzen zwischen Steampunk und Terminator, die in ihrer Überstilisierung erneut den oft barocken Weltuntergangszenarien in den jüngeren Comics entsprechen, wo längst alles möglich und in alternativen Universen längst alles passiert ist. Unterm Strich ist dieser monumentale Schinken vor allem einer, der nach langem Kämpfen nun erreicht hat, was Marvel schon längst hatte: die Emanzipation vom großen Bruder, sein Coming-of-Age in Richtung eines Selbstbewusstseins, das ihm womöglich niemand mehr nehmen kann – sofern Zack Snyder dranbleibt und im DCEU weiterwirkt wie bisher.

Das DC-Universum ist und bleibt düster, schwermütig, vielleicht sogar manchmal in seinen Klageliedern träge und auf der Stelle tretend – aber mit dieser Psychonummer kann Marvel wiederum nur wenig anfangen. Mit diesem hechelnden Wahnsinn, dieser pessimistischen Weltsicht, dem ewigen Unwetter und dieser elegischen Melancholie in Slow Motion. Wenns hochkommt, lassen sich zarte Spitzen der Selbstironie entdecken, in dieser verbissenen, fast schon reaktionären Strenge, die sich leichter verhöhnen lässt als etwas, das sich von vornherein nicht ernst nimmt. Doch der Entschluss, so zu sein, steht nun fest. 

Wäre Justice League-Schöpfer Gardner Fox Filmemacher, er würde es, denke ich, nicht anders machen.

Zack Snyder´s Justice League

Aquaman

WENN SUPERHELDEN IM TRÜBEN FISCHEN

3/10

 

aquaman© 2018 Warner Bros. Pictures Germany

 

LAND: USA 2018

REGIE: JAMES WAN

CAST: JASON MOMOA, AMBER HEARD, WILLEM DAFOE, PATRICK WILSON, NICOLE KIDMAN U. A.

 

Gegenwärtig ist nur ein Bruchteil unserer Meere eingehend erforscht worden. Die Tiefsee ist gar ein Buch mit sieben Siegeln – diese lebensfeindliche lichtlose Welt lässt sich ohnehin nur in einzelnen Kubikmetern genauer betrachten. Dennoch – so blind könnten nicht mal wir Menschen sein, um nicht irgendetwas von irgendeinem dieser sieben gigantischen unterseeischen Königreiche zumindest aus den Augenwinkeln spitzzukriegen. Nach den DC Comics über Aquaman dürfte die Menschheit auf trockenem Fuß so sehr mit sich selbst beschäftigt sein, dass bisher nichts über die Existenz mehr oder weniger evolutionär begünstigter Fischmenschen durchsickern konnte. Schön für Atlantis, schön für alle anderen, die Haie, Riesenseepferdchen und Buckelwale domestizieren konnten und Städte aus Medusenschirmen und Fischblasen erbauen. Die Rätsel solcher Koexistenzen, die hat zum Beispiel die Wizarding World einer Jeanne K. Rowling geschickter gesponnen. Und auch Marvel hat sich mit seiner unter einem Tarnschirm verborgenen afrikanischen Stadt Wakanda ein bisschen mehr für eine der alternativen Realität inhärente Logik bemüht. Aber sei’s drum, ist nicht so wichtig. Das phantastische Kino darf fast alles – wenn der Rest irgendwie passt, soll von mir aus alles, was sich unter dem Meeresspiegel abspielt, ein Geheimnis bleiben.

Dieses Geheimnis, das hätte Aquaman am Besten für sich bewahren sollen. Denn sein Solo-Abenteuer unter der Regie von Saw und Fast&Furious-Virtuose James Wan unterliegt qualitativ sogar der Keilerei Batman vs. Superman (die ich ohnehin gar nicht mal so misslungen fand) und donnert noch kurz vor Ende des Kinojahres 2018 kalter Gischt gleich als quälend trivialer Trashfilm gegen die Wellenbrecher des guten Filmgeschmacks. Dabei trifft Muskelpaket Jason Momoa eigentlich gar keine Schuld. Nicht nur einmal beweist er während der überlangen 145 Minuten Spielfilmlänge, wie sehr ein schöner Rücken nicht entzücken kann, und der Understatement-Blick über die Schulter ist das Beste, was Aquaman zu bieten hat. Alles andere ist eine Panscherei wie bei einem Science-Workshop für Vorschulkinder, die mal ausprobieren wollen, welche Substanzen nicht alle miteinander effektiv reagieren können. James Wan führt sich dabei auf wie ein entfesselter Lausbub, der sehr von den schwankend qualitativen CGI-Orgien eines George Lucas aus Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger beeindruckt gewesen zu sein scheint und genauso breitenwirksam in die Schlacht ziehen will wie der Schöpfer von Luke Skywalker und Co. Nur – System hat das ganze nicht mehr. Frozen Stills wechseln mit Superzeitlupe, und jene wechselt mit tosenden Bilderstrudeln, die für gähnende Übersättigung beim Publikum sorgen. Doch die wahre Leistung für einen der schwächsten Comic-Verfilmungen aus dem DC-Universum ist sprachlicher Natur. Schauspielgrößen wie Nicole Kidman und der allen Genres aufgeschlossene Willem Dafoe, der so wie Ben Kingsley überhaupt schon alles spielt, was er in die Finger bekommt, haben womöglich die Dreharbeiten zu Aquaman unbeabsichtigt in die Länge gezogen – bei diesen Dialogen reicht ein Take nicht aus, um nicht noch nach dem zehnten Mal in Gelächter auszubrechen. Selbst ein Profi tut sich dabei schwer, ernst zu bleiben. Das Dumme: Aquaman möchte gar nicht mal so sein wie Thor: Tag der Entscheidung, andererseits aber auch nicht spaßbefreit, am Besten etwas selbstironisch wie Deadpool. Ist er aber nicht. Komische Kalauer zu schieben ist eine Sache, genau dann unfreiwillig komisch zu sein, wenn es dramatisch zugehen soll, ist ein Fettnäpfchen, das seine Bremsspur durch den ganzen Film zieht.

Wer sich noch an den Achtziger-Sci-Fi-Gschnas Flash Gordon erinnern kann, darf davon ausgehen, dass der Solo-Auftritt der laut Big Bang Theory wohl unbeliebtesten Figur des Superhelden-Universums ähnlich verbraten wird. Der Trash-Sender Tele 5 wird sich womöglich rechtzeitig und unter lautem Jubel die Free-TV-Rechte dafür sichern wollen. Und all die Unkenrufer gegen den drögen Superhelden-Overkill, die gerne alles über einen Kamm scheren, bekommen mit Aquaman wieder jede Menge unterstützenden Zündstoff für die Legitimation ihrer heftigen Kritik. Ja, bei dieser Gurke hier gebe ich Ihnen recht. So macht man keinen Superhelden-Film, so rückt man das Genre wieder ins falsche Licht. Jason Momoa, den können wir als Aquaman gerne behalten, das ganze chaotische, erschreckend undurchdachte Brimborium drumherum kann gerne unbefristet auf Tauchstation gehen, bei aller Liebe zu den Kreaturen des Meeres, die von mir aus jedem Evolutionsgedanken trotzen.

Aquaman

Justice League

DIE WÜRFEL SIND GEFALLEN

6,5/10

 

HAR_DM_FIRST LOOK RND F04© 2017 WARNER BROS. AND RATPAC-DUNE ENTERTAINMENT LLC / Courtesy of Warner Bros. Pictures/ TM & © DC Comics

 

LAND: USA 2017

REGIE: ZACK SNYDER, JOSS WHEDON

MIT BEN AFFLECK, GAL GADOT, JEREMY IRONS, EZRA MILLER, JASON MOMOA U. A.

 

Steppenwolf, Steppenwolf… irgendwas sagt mir das. Ja, genau, und zwar drei Dinge. Erstens ist das der Name einer Rockband, die mit Born to be Wild das Titellied zu Easy Rider komponiert hat. Zweitens ist das auch ein Roman von Hermann Hesse. Drittens – der Vollständigkeit halber – bezeichnet die Astronomie als Steppenwolf vagabundierende Planeten ohne fixer Umlaufbahn. Und viertens? Viertens ist der Steppenwolf ein Superschurke aus dem DC-Universum, kreiert von Jack Kirby und erstmals erschienen in einem Comic aus dem Jahre 1972. Dieser gehörnte Psychopath und machtgierige Bosnigl treibt nun auch in der neuesten Verfilmung der sprechenden Bilder rund um Batman sein Unwesen – und erinnert an eine etwas einfallslose Mischung aus dem gehörnten König aus Ridley Scott´s Legende, dem Feuerdämon Surtur aus Thor – Tag der Entscheidung (schon alleine wegen des Helmes) und Apocalypse aus dem letzten, leider misslungenen X-Men-Abenteuer. Betrachtet man aber die Comics von damals, so ist gegen die Darstellung des größenwahnsinnigen Berserkers nichts einzuwenden – Zack Snyder hat, wenn auch nicht ohne Hilfe von außen, alles richtig gemacht. Und das meine ich tatsächlich so, wie ich es sage, ohne Sarkasmus. Snyder ist womöglich der wirklich einzige Filmemacher unter der Blockbuster-Riege, der das Wort Comic-Verfilmung wörtlich nimmt. Dem Visionär, welcher mit Watchmen tatsächlich einen Meilenstein der laufen lernenden Panels erschaffen hat, merkt man seine Liebe zu dem meist belächelten Nischenmedium an. Comics sind für Snyder nicht nur lose Vorlage – seine Interpretationen sind aufrichtige Huldigungen an Text, Tinte und Papier. 

Dementsprechend ikonisch wirken seine Bilder. Nahezu jede Einstellung eignet sich für ein attraktives Cover lang erwarteter Heftausgaben für Fans, wie Jack Snyder einer ist. Im Grunde ist Justice League also ein Fanfilm – von Fans für Fans. In kaum einer anderen Produktion aus dem wohl am meisten gemobbten Subgenre des Fantasyfilms ist das hochstilisierte Fabulieren mit den Kultfiguren stärker zu spüren – und zu erfahren. Wenn Batman ganz weit oben am Dach eines Altbaus in Gotham City kauert und über den Moloch blickt, wähne ich mich im Comic-Zweiteiler Batman: Hush zu blättern. Ganz großes Bilderkino, das muss man dem Burschen lassen. Obwohl, naja, manch Weltherrschaftsfantastereien meistens nur lächerlich sind. Aber das sind sie in den Comics auch. Das ist ihnen eigen. Übertrieben aufzutreten, nicht nur die eine Katze, sondern auch gleich mehrere von der Sorte aus dem Sack zu lassen. Und endlich ist es auch soweit – DC antwortet den Avengers aus Marvel mit der Liga der Gerechtigkeit. Die kann sich sehen lassen – allen voran natürlich Gal Gadot als die leibhaftige Amazone. Apart, faszinierend und mit ganz viel sinnlich-kokettem Understatement. Ihr zur Seite ein quirliger, heillos konfuser Flash, der zwar etwas bemüht, aber immer mal wieder für Schmunzeln sorgt. Ein Raubein von einem Wassermann, mit Inbrunst verkörpert von „Khal Drogo“ Jason Momoa. Seine Grunge-Attitüde und seine zynische Sicht auf die Welt ist ihm auf den schuppig gepanzerten Leib geschrieben. Sogar Cyborg, mit dem ich im Vorfeld so meine Zweifel hatte, macht eine gute, wenn auch enorm kybernetische Figur. Allen höchst unterschiedlichen Charakteren gelingt die Entwicklung von leicht identifizierbaren Persönlichkeiten. Gut, Wonder Woman hatt da schon einen gewissen Heimvorteil. Und Batman auch. Batman – viele Fans des dunklen Ritters haben schlaflose Nächte, wenn sie daran denken, dass einer wie Ben Affleck maskiert durch die Nacht hirscht. Nun, obwohl ich mich hier nun der Gefahr eines Shitstorms aussetze – tatsächlich halte ich den besten Freund von Matt Damon als die bislang idealste Verkörperung von Bruce Wayne seit Michael Keaton. Der Wayne aus den Comics ist längst nicht so ein Dandy wie Christian Bale. Aber auch nicht so ein naiver Schönling wie Val Kilmer und George Clooney welche waren. Der Milliardär ist ein bulliger, verkorkster Materialist, ein Bandleader, der nur durch Vermögen und sagenhafter Technik als Superheld gilt. Nicht unbedingt ein sympathischer Zeitgenosse, aber ein persönlich motivierter, pflichtbewusster Moralist, der wie ein Bill Gates mit Muskelmasse Verantwortung für die Welt übernehmen muss – einfach weil er es kann.  

Spaß an der Sache hat Batman keinen – das Publikum aber schon. Justice League ist deutlich klarer strukturiert als der Vorgänger Batman vs. Superman. Um nicht zu sagen – der Plot ist straioght, aber sehr dünn. Stattdessen haben die Figuren zwischen all dem Getöse. bröckelnden Mauern und Gefechten mit Schwert, Kanone und Dreizack mehr zu sagen als sonst. Wie gesagt – Zack Syder hat da schon alles richtig gemacht. Zwar ein bisschen von Marvels humoristischer Leichtigkeit abgeguckt, aber immer noch den eigenen Stil beibehalten, der so anders ist als der aus dem Marvel Cinematic Universe. Dieser dramaturgische Sinneswandel verdankt Warner Bros. der Aushilfe von Buffy-Erfinder Joss Whedon bei Regie und Drehbuch. Inoffiziell hat der Avengers-Experte sogar tatsächlich vollends die Regie übernommen, da Snyder aus familiären Gründen aus dem Projekt aussteigen musste. Dass die bierernste Erzählweise des neuen Bat- und Superman die eigentliche Achillesferse der bisherigen Filmreihe war, ließ sich leicht diagnostizieren. Mit Vitamin W für Whedon ist der Klotz am Bein beseitigt worden. Dennoch – es ist immer noch Snyders Film daraus geworden, soviel Respekt unter den Kollegen muss sein. Dementsprechend geklotzt und blickdicht aufgetragen sind seine martialischen Visionen daher immer noch. Und sehr wahrscheinlich wird Snyder auch wieder in weiteren Batman-Abenteuern, sofern Affleck dabei bleibt, das Zepter führen. Was ich nicht bedaure, denn aus Fehlern kann man nur lernen. Diese zweite Chance sollte man gewähren. Und im Kino nicht daran vorbeisehen. Genausowenig wie die Post Credit Szene nach dem Abspann – Sitzenbleiben, denn es zahlt sich diesmal wirklich aus!

Justice League