Companion – Die perfekte Begleitung (2025)

I WAS MADE FOR LOVING YOU BABY

6/10


© 2024 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2025

REGIE / DREHBUCH: DREW HANCOCK

CAST: SOPHIE THATCHER, JACK QUAID, LUKAS CAGE, MEGAN SURI, HARVEY GUILLÉN, RUPERT FRIEND, MARC MENCHACA U. A.

LÄNGE: 1 STD 37 MIN


Wie über einen Film berichten, über den man am besten kein Sterbenswörtchen verlieren sollte, außer vielleicht, dass Sophie Thatcher, zuletzt mit Hugh Grant in Heretic um die Wahrheit ringend, darin die Hauptrolle verkörpert? Man erzählt genau das: Welche kinematographischen Faktoren den Film so besonders machen und welche nicht. Neben Thatcher agiert übrigens Jack Quaid, unverkennbar der Sohn von Hollywoodstar Dennis und Freunden der Comicserie The Boys als einzig moralisch integre Institution und Identifikationsfigur bekannt, die in diesem Anti-Superhelden-Wahnsinn wohl als einziger einen kühlen Kopf behält. Jack Quaid also scheint auch hier, in Companion – Die perfekt Begleitung, als perfekter Partner mit freundlichem Lächeln und charmant-natürlicher Art Freundin Iris so sehr bezirzt zu haben, dass diese sich jeden Wunsch von dessen Augen abzulesen imstande sieht. Iris hat Josh, den Mann ihrer Träume, wohl gefunden – im Supermarkt beim Obstkisten-Fauxpas. Kitschiger kann die Liebe auf dem ersten Blick nicht sein. Dabei stellt sich die Frage: Ist es das, was Männer wünschen? Die bedingungslose Hingabe des oder der anderen? Wer will nicht gern hofiert und angehimmelt werden, oder sind diese Zeiten wirklich vorbei, wo Geschlechterrollen aus dem vorigen Jahrhundert bemüht werden und Gleichberechtigung nur etwas ist, das sich vielleicht bei den nächsten Wahlen niederschlägt.

Doch Iris hat kein Problem damit. Sie weiß nur: Sie ist in Gesellschaft nicht so die Rampensau und hat ihre Bedenken, wenn es darum geht, zur richtigen Zeit das Richtige von sich zu geben, um nicht die Stimmung zu ruinieren. An diesem Wochenende bei Freunden in der Luxuswohnstatt eines neureichen russischen Unternehmers scheint alles auf Grün gepolt. Man unterhält sich, tanzt, trinkt, Josh und Iris haben Sex. Ein erster Verdacht kommt auf, der die Situation so, wie sie scheint, nicht als gegeben hinnehmen kann. Am nächsten Morgen dann das Unglück: Der Russe liegt tot am Strand – und Iris rechtfertigt blutverschmiert ihre lethale Notwehr in Anbetracht sexueller Nötigung.

Fälschlicherweise wird Companion – Die perfekte Begleitung als ein Werk promotet, dass, so scheint es, mit Barbarian-Mastermind Zach Cregger in kreativer Verbindung steht. Letztlich verhält es sich nur so, dass dieser an der Produktion beteiligt war. Eigentlich hat hier Drew Hancock, bislang nur fürs Fernsehen tätig, die ganze Arbeit gemacht. Und ja, für ein Erstlingswerk auf Spielfilmlänge kann sich der wendungseiche Thriller durchaus sehen lassen. Allerdings: So wendungsreich ist er gar nicht, dafür versprach das Marketing deutlich mehr, um die Neugier zu wecken. Letztlich kommt alles so, wie man es ahnt oder erwartet – der prognostizierte Twist, der einen aus den Socken haut; der Zickzack-Kurs im Handlungsverlauf: überschaubar. Natürlich bemüht sich Hancock auf spielerische Weise, sein Publikum an der Nase herumzuführen. Es scheint, als wäre ihm dies sein größtes Anliegen – im Gegensatz dazu lässt er die Katze relativ früh aus dem Sack und wechselt elegant das Genre – nämlich dann, wenn keiner mehr den Saal verlässt. Er kann von Glück reden, hier Sophie Thatcher in die Bresche springen und alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen zu lassen. Ihr Spiel ist prickelnd, kokett und verführerisch, im Ensemble agiert sie prächtig.

Ob der Pfad der scheinbar unerwarteten Ereignisse nicht etwas zu verschlungen angelegt wurde, könnte man bei Companion locker hinterfragen. Vielleicht verheizt Hancock sein Ensemble auch viel zu schnell, um dann den letzten Akt in seiner Ausgestaltung genauso zu rechtfertigen. Wohin die Reise inhaltlich geht – um dies zu erwähnen, sind mir schließlich aus Respekt vor jenen, die den Streifen noch nicht gesehen haben, die Hände gebunden. Nur soviel: Theoretisch könnte Companion – Die perfekte Begleitung als ein weit entferntes Prequel für eine Dystopie herhalten, die sich gegenwärtig auch in der Realität langsam anbahnt. Mit welchen Karten hier geweissagt wird, bleibt offen. Dass der Film angesichts des näher rückenden Valentinstages speziell für Romantik-Zyniker ein idealer abendfüllender Zeitvertreib darstellt, lässt sich auf jeden Fall fix auf der Habenseite verbuchen.

Companion – Die perfekte Begleitung (2025)

Cat Person (2023)

VORSICHT VOR MÄNNERN

7,5/10


cat-person© 2023 Studiocanal


LAND / JAHR: FRANKREICH, USA 2023

REGIE: SUSANNA FOGEL

DREHBUCH: MICHELLE ASHFORD, NACH DER KURZGESCHICHTE VON KRISTEN ROUPENIAN

CAST: EMILIA JONES, NICHOLAS BRAUN, GERALDINE VISWANATHAN, ISABELLA ROSSELLINI, HOPE DAVIS, CHRISTOPHER SHYER, LIZA KOSHY, JOSH ANDRÉS RIVERA U. A.

LÄNGE: 2 STD 


Etwas schräg ist der Kerl an der Kinokassa eigentlich schon, aber andererseits auch süß. Doch Vorsicht. Dieses „Süß“ könnte nur die Fassade für einen charakterlichen Zustand sein, der – wie bei zu viel Süßem – in weiterer Folge für Unwohlsein sorgt. Ein Problem, mit welchem Frau sich herumschlagen muss, will akuter Männernotstand im Rahmen heterosexueller Beziehungsmuster behoben werden. Denn Männer wollen – ganz oben auf der Agenda – empirischen Wissens nach immer nur das eine. Dafür schlüpfen sie in Rollen, die für das andere Geschlecht attraktiv genug erscheinen. Sie bewahren ihre Geheimnisse und verkaufen sich gänzlich ohne Unzulänglichkeiten. Eigenwerbung und Partner-PR – nichts davon, damit ist zu rechnen, mag authentisch sein. Und doch passiert es immer wieder. Denn die Liebe ist – wie Conny Francis schon singt – ein seltsames Spiel, aus dessen Fehlern niemand lernt.

Dieser Kerl an der Kinokassa also, dieser Robert, der auf charmante Weise unbeholfen daherkommt, will Margot (Emilia Jones) gerne näher kennenlernen. Oftmals hat man Pech und das Gegenüber ist bereits vergeben – so aber hat Robert Glück und beide kommen sich näher. So weit, so simpel wäre Cat Person von Susanna Fogel, gäbe es da nicht die potenzielle Gefahr, die, sensibilisiert durch News und Medien, hinter jedem Mannsbild steckt, welches sich an soziokulturell tief verankerten Stereotypen und Rollenbildern abarbeitet, die jahrhundertelang alles Weibliche als zu unterdrückendes Feindbild entsprechend behandelt haben, aus Angst, nicht nur intellektuell zu unterliegen. Mit dieser herumgeisternden Möglichkeit, die Katze im Sack erstanden zu haben, muss Margot nun umgehen. Ein kleiner Trost mithilfe eines Glaubenssatzes gefällig?

Männer, die Katzen halten, also eben Cat Persons, sind harmlos, so sagt man. Stimmt das? Je mehr die beiden Zeit miteinander verbringen, desto deutlicher regt sich in Margot der Verdacht, dass mit Robert irgendetwas nicht stimmt. Oder ist es nur die eigene Angst, irgendwann ausgeliefert zu sein? Als die Katze durch Abwesenheit glänzt und der Sex dann auch kein zündendes Heureka verursacht, sondern ganz im Gegenteil, lediglich zur Tortur wird, distanziert sich Margot, will gar Schluss machen. Doch einen Mann wie Robert einfach so abservieren, der vielleicht seinen Psychopathen hervorgekehrt, wenn es um Kränkung geht? Immer mehr spitzt sich Cat Person zum Thriller zu, zum psychologischen Tagebuch unguter, gar bedrohlicher Vorahnungen, die in der Fantasie Margots eher Gestalt annehmen als es tatsächlich der Fall ist. Diese stete Furcht vor toxischer Männlichkeit gebiert Ungeheuer, wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Susanna Fogel, welche die viral gegangene Blogger-Story von Kristen Roupenian interpretiert, spielt geschickt mit Erwartungen, Ängsten und den Zwickmühlen gesellschaftlicher Pflichten, die auf kolportierten Glaubenssätzen basieren. Cat Person atmet die kontaminierte Luft aus Misstrauen und berechtigter Vorsicht. Anders als Bisheriges, das aus spannungsgeladenen Beziehungskisten gezaubert wurde – von Eine verhängnisvolle Affäre bis zum eben in den Kinos angelaufenen Romantikdrama It Ends with Us mit Blake Lively – liefert Cat Person keinen offenen Kampf und keine klar markierten Positionen. Die spielerische Suspense entsteht durch das Ausleben der bitteren Konsequenzen, die aufgrund von Vorurteilen entstehen, die über ein gesamtes Geschlechterbild hinwegschwappen. Die Vermutung ist das Indiz, die Möglichkeit der Beweis. Fogel ist eine ausgesprochen kluge und ungewöhnliche Tragikomödie gelungen, deren Protagonisten einem leidtun können, die jedoch Opfer des eigenen mitgelebten sozialen Wahnsinns geworden sind, der immer mehr um sich greift. Ein Film, der ausser oft ins Schwarze auch den Puls der Zeit trifft.

Cat Person (2023)

Femme (2023)

VOM MANN, DER SEINER FRAU STEHT

7,5/10


femme© 2023 BBC / Agile Films


LAND / JAHR: GROSSBRITANNIEN 2023

REGIE / DREHBUCH: SAM H. FREEMAN & NG CHOON PING

CAST: NATHAN STEWART-JARRETT, GEORGE MACKAY, JOHN MCCREA, AARON HEFFERNAN, ANTONIA CLARKE, NIMA TELEGHANI, MOE BAR-EL U. A.

LÄNGE: 1 STD 39 MIN


Damit hatten schon Albert und Renato in Ein Käfig voller Narren kämpfen müssen: Mit der gesellschaftlichen Akzeptanz durch alle Schichten, vor allem durch jene, die sich’s längst gerichtet haben und aufgestiegen sind zum Kulturattachée, wie der Vater der jungen Andrea, die ein Auge auf Renatos Sohn geworfen hat. Beide wollen heiraten, und um sich gegenseitig kennenzulernen, muss der schwule Besitzer eines Nachtclubs die versnobten Eltern zum Dinner laden. Liebling Alberto, Dragqueen bar excellence und längst eine Diva, ist gar nicht davon begeistert, ist er doch nicht mal willkommen und muss stattdessen zusehen, wie Renatos Exfrau seinen Platz einnimmt. Es wird klar: Als Dragqueen hatte man schon damals keine Chancen auf Akzeptanz. Und Schwulsein war etwas, das man hinter verschlossenen Türen praktiziert hat, ohne auch nur im Traum daran zu denken, sich irgendwo auf offener Straße zu committen.

Jean Poirets Theaterstück hat diese bedenkliche Inakzeptanz in einen zeitlosen Komödienklassiker verpackt, der zwar vordergründig ordentlich Lacher lukriert, in Wahrheit aber gesellschaftliche Defizite aufzeigt, die auf Kosten von Toleranz, Respekt und sexueller Freiheit ihr Unwesen trieben. Dabei hat der Job einer Dragqueen gar nichts mit sexuellen Präferenzen zu tun. Es können sich auch Hetero-Männer in den Fummel werfen, solange es Spaß macht und Frau die Bühne rockt – Why not? Meistens jedoch, und jedenfalls hier, im immersiven Beziehungsthriller Femme, ist der Star unterm Rampenlicht ein homosexueller Mann namens Jules, der die mit Verve und Stilsicherheit ausgestattete Aphrodite Banks zum Leben erweckt – mit Rasta-Mähne, eleganter Mode und perfekt sitzender Choreografie. Die Besucher toben, und wenn Aphrodite auftritt, gibt’s Glanz und Glamour. Nicht so außerhalb des Clubs. Denn da gibt’s Leute, die Dragqueens nicht mögen. Wie zum Beispiel der aggressive, Gift und Galle spritzende Preston, der anfangs die Gunst von Jules, immer noch gekleidet als Frau, auf sich zieht, was ihm gar nicht behagt. Wenig später, beim Zigarettenholen, passiert das Unausweichliche: Jules wird von Preston und seiner Gang angegangen, zusammengeschlagen und nackt und gebrochen auf der Straße liegengelassen. Ein Akt aus purem Hass. Jules aka Aphrodite wird diese Gesichter niemals vergessen, schon gar nicht das des Rädelsführers. Als Jules diesen in der Schwulensauna Monate später wiedererkennt, plant er, sich ihm anzunähern. Aus Rache, aus Neugier, wer weiß das schon so genau. Vor allem, um diesem Gewalttäter eine Lektion zu erteilen.

Als Revenge-Thriller würde ich Femme nicht unbedingt bezeichnen wollen. Diese Kategorisierung macht es sich zu einfach. Der auf der diesjährigen Berlinale erstmals präsentierte Film von Sam H. Freeman und Ng Choon Ping lässt sich schwer in eine Genre-Schublade stecken. Natürlich trägt er die Anzeichen eines Thrillers, doch diese sind versteckt, subtil, finden sich stets in einer diffusen, von Spannungen aufgeladenen Atmosphäre wieder, aus der sich alles entwickeln kann. Eine weitere gewaltsame Auseinandersetzung zum Beispiel, oder ein gelungenes Vabanquespiel, denn nichts anderes hat Jules im Sinn. Er will in Prestons Leben Platz gewinnen, so erniedrigend dies auch manchmal sein mag, insbesondere beim Sex. Da niemand weiß, dass Preston selbst schwul ist, scheint ein erzwungenes Outing die beste Methode, um ihn dranzukriegen. Wie sich diese Liaison aus Gehorchen und dem Sabotieren von Gefühlen letztlich entwickelt, bleibt fesselnd, nicht zuletzt aufgrund der eindringlichen Performance von Nathan Stewart-Jarrett (Dom Hemingway, Candyman). Ob dieser tatsächlich schwul ist oder nicht, braucht ja niemanden zu interessieren, denn im Gegensatz zu den Meinungen vieler „Wokisten“ ist Schauspielern nun mal die Kunst, in andere Rollen zu schlüpfen, eben auch in jene von Leuten, die sexuell anders orientiert sind. Wie auch immer Stewart-Jarretts Privatleben aussieht: als gekränkter, seelisch verletzter Mann, der wieder zurück zu seinem Selbstwert gelangen möchte und dabei die Ursache seiner Niederlage analysiert, um sie dann auszuquetschen wie eine Zitrone, spielt der charismatische Künstler auf der gesamten emotionalen Klaviatur, und das mit mimischer Akkuratesse, ohne nachzulassen und ohne vielleicht zu dick aufzutragen, mit Ausnahme des Makeups.

Diese Meisterleistung teil sich Stewart-Jarrett mit George McKay, den wir alle schließlich auch Sam Mendes 1917 kennen und der auch mal gerne ambivalente Rollen spielt, wie zum Beispiel diesen Ned Kelly im wüsten Australien-Western Outlaws. Als tätowierter Grenzgänger in steter Gewaltbereitschaft, mit unverhandelbaren Prinzipien und dann plötzlich wieder verletzlichem Charme ist das wohl eine der besten Darbietungen seiner Karriere. Beide ergänzen sich prächtig: beide entwickeln einen Sog aus psychologischer Manipulation, Freiheitskampf und Selbstbehauptung, dabei isolieren Freeman und Ping ihre beiden Akteure von allem anderen Beiwerk, rücken so nah wie möglich heran und bleiben stets so konzentriert, als würden sie durch ein Zielfernrohr blicken.

Doch wenn Femme schon kein klassischer Revenge-Thriller mit Bomben, Granaten und Shootouts ist, so ist er zumindest der Film Noir unter den queeren Filmen – grobkörnig bebildert, direkt und authentisch. Und düster genug, um nicht auf ein Happy End zu hoffen.

Femme (2023)