Sympathy for the Devil (2023)

IM OVERACTING DURCH DIE NACHT

5/10


sympathyforthedevil© 2023 Leonine


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: YUVAL ADLER

DREHBUCH: LUKE PARADISE

CAST: NICHOLAS CAGE, JOEL KINNAMAN, KAIWI LYMAN, CAMERON LEE PRICE, BURNS BURNS, ALEXIS ZOLLICOFFER, RICH HOPKINS U. A. 

LÄNGE: 1 STD 30 MIN


Was habe ich da unlängst gelesen? Nicholas Cage hat beschlossen, weniger Filme zu machen? Würde dieser Vorsatz für 2024 tatsächlich Gestalt annehmen, blieben immer noch genug Werke übers Jahr verteilt übrig, um den Mann nicht aus den Augen zu verlieren. Vielleicht wird er ja wählerischer, und nicht jedes dahergelaufene Drehbuch wird von ihm vor der Rundablage bewahrt. Man merkt auch: die Wahl seiner Filme ist längst eine durchdachtere. Mehr Abwechslung heisst es längst. Demnächst wird er in Dram Scenario einen Mann geben, der in den Träumen anderer auftaucht und folglich für Unordnung sorgt. Diesmal allerdings, in Sympathy for the Devil (dabei muss ich unweigerlich an den Song der Rolling Stones denken), sorgt er für Trouble am Rücksitz eines Privat-PKWs, der von Joel Kinnaman gelenkt wird. Dieser gibt einen erschreckend farblosen Durchschnittstypen, der in Kürz nochmals Papa werden wird. Auf dem Weg ins Krankenhaus – oder genauer gesagt: bereits dort angekommen, wird dessen restliche Agenda so ziemlich über den Haufen geworfen. Ein rotmähniger Typ mit Glitzersakko, quasi aufgedonnert fürs Casino, zwängt sich ins Auto und hält dem verstörten Bürger eine Waffe unter die Nase. Entbindung ist also nicht, viel eher begeben sich die beiden wieder auf die Straße, quer durch Las Vegas und darüber hinaus. Dieser scheinbar vom Wahnsinn anheim geholte Typ hat irgendeine Rechnung offen. Oder er will einfach nur von A nach B. Irgendetwas scheint da nicht auserzählt, da lauern Geheimnisse am Fahrbahnrand, die nach und nach in den Schein der Straßenlampen kommen, wenn nicht gar ins heimelige Licht eines Diners im Nirgendwo, ganz klassisch im Sechzigerlook und mit kaum fluktuierender Kundschaft, denn es ist mitten in der Nacht, und vielleicht ist Cage gar einer, der aus dem Reich des Unerklärlichen kommt.

Lange hält uns Yuval Adler (u. a. Die Agentin, The Secrets wie Keep – ebenfalls mit Joel Kinnaman) im Unklaren darüber, was die beiden eigentlich verbindet oder nicht verbindet. Und eigentlich ist es auch ziemlich egal. Denn das Einzige, was an diesem Film wirklich fasziniert, ist Nicholas Cage. Zweifelsohne ist der Mann immer noch eine einzigartige Nummer. Sein Overacting ist Markenzeichen, und in vielen anderen Fällen ist dieses Outrieren, wie man in Fachkreisen auch noch sagt, ein Manko. Beim Coppola-Neffen allerdings nicht. Selbst Overacting muss man mal können – dabei ist die Darstellung seiner Figur, wenn man mal die schauspielerischen Spitzen wegnimmt, souverän angelegt, zeugt von Können und bleibt auch glaubhaft. Schwer hingegen hat es da Joel Kinnaman. Gegen Cage hat dieser keine Chance, auch wenn seine Figur vieles zu verbergen scheint und lange Zeit so tut, als wäre nichts. Wenn der für diese Art Film unvermeidliche Storytwist uns Zusehern dann die Gnade erweist, aus seinem Drehbuchloch hervorzukommen, entgleitet die Rolle. Doch Cage schert das nicht. Er weiß, dass er seinen Filmpartner platt macht, auch wenn das Kräftemessen zwischen den beiden ab und an die Seite des Siegers wechselt. Auch das ist vorhersehbar, denn wie sonst soll man Spannung in einem Film halten, der sich mit einigen Ausnahmen als Zweipersonen-Thriller durch die Nacht kämpfen muss. Filme dieser Art gibt es viele, anderen fällt dabei gerne Collateral mit Tom Cruise und Jamie Foxx ein. Doch dieser Film ist, was er ist, und betrachtet seinen Plot maximal aus sozialphilosophischer Distanz. Adler zieht in seinem Film aber eine gewichtige Background-Ebene ein, die das ganze Dilemma letztlich erklären soll. Nun, es bleiben wenige Worte für eine dünne Story, die, sobald man sie gehört hat, schnell wieder in Vergessenheit gerät. Die Courage zum Psychothriller als perfides Spiel mit Identitäten reicht leider nicht ganz, um in seiner Prämisse zu überzeugen. Cage als manisch grinsender Rotschopf hingegen kann noch einige Zeit länger in Erinnerung bleiben. Sympathy for the Devil ist kaum der Rede wert, die Sympathy for Nicholas Cage jedoch schon.

Sympathy for the Devil (2023)

Palm Springs

SCHATZ, DU WIEDERHOLST DICH

7/10


palmsprings© 2021 LEONINE Distribution GmbH


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: MAX BARBAKOW

CAST: ANDY SAMBERG, CRISTIN MILIOTI, J. K. SIMMONS, PETER GALLAGHER, MEREDITH HAGNER, CAMILA MANDES, TYLER HOECHLIN U. A.

LÄNGE: 1 STD 30 MIN


Immer und immer wieder hat Bill Murray versucht, Andie McDowell für sich zu gewinnen. Anfangs manipulativ, schlußendlich aus tiefstem Herzen. Bis es schließlich wirklich geklappt hat. Denn Murray, der war in seiner Murmeltier-Zeitschleife allein auf weiter Flur. Und niemand da, dem er sich hätte anvertrauen können oder der ihn vielleicht nicht für verrückt erklärt hätte. Dieses Zeitschleifen-Paradoxon ist mittlerweile eine gern verwendete Basis für allerhand Spaß, Spiel und Spannung. Doug Limans Edge of Tomorrow zum Beispiel hat aus der Idee ein futuristisches Actiongewitter extrahiert. Frank Grillo wiederum musste erst kürzlich im B-Movie Boss Level den Killern immer und immer wieder von der Klinge springen. Doch allesamt waren sie Solisten. Mit Palm Springs ändert sich dieses Konzept – und bläst der mittlerweile vielleicht recht verbraucht wirkenden Grundidee frischen Wind ins verschlafene Gesicht. Denn aus Eins mach Zwei.

Und weil es schließlich ein Tag sein muss, der nicht zu denen gehört, die man liebend gerne wiederholen würde (sonst wär’s ja halb so lustig), stehen sich auf einer klassischen Hochzeit gelangweilte Gäste die Knie in den Bauch, um gespreizte Konversationen zu führen. Wie wunderbar, denkt sich Nyles, der des Morgens als ebensolcher in fremden Betten erwacht, vor seinen Augen seine Freundin, die sich die Beine cremt. Ein kurzer Quickie, dann Abhängen im Pool, dann starten die Feierlichkeiten. Nyles, ganz leger in Hawaiihemd und Shorts, schmettert in Vertretung einer ziemlich unpässlichen Trauzeugin eine Rede ins Publikum. So, als hätte er die schon hundertmal geprobt. Hat er auch. Denn Nyles steckt in besagter Zeitschleife fest. Trauzeugin Sarah wird auf den selbstlosen Partycrasher mit Charme natürlich aufmerksam – und ehe sie sich versieht, hat auch sie den Tag gepachtet. Für beide geht das Leben also weiter – für den Rest der Welt nicht. Schräg-romantische Momente mit übernatürlichem Touch sind vorprogrammiert. Und nicht zu vergessen: die Rechnung ohne J. K. Simmons darf auch nicht gemacht werden.

Das Turnaround-Ticket gleich für zwei auszustellen, ist wirklich bereichernd. Auch auf diese Weise lässt sich das eigene Leben optimieren. Zumindest hat man so Feedback von außerhalb. Und tatsächlich hebt es das ganze Murmeltier-Chaos auf eine zeitgemäß romantische Ebene. Palm Springs – der wüstenhafte Ort, an welchem das ganze Dilemma stattfindet – ist eine schrullige Liebeskomödie mit einem schlagkräftigen und (selbst)ironisch aufspielenden Paar. Andy Samberg mit Pfeifdrauf-Sarkasmus und hedonistischem Gehabe ist zwar kein Griesgram wie Murray, dafür aber von so schlaksigem Phlegmatismus, dass man gut versteht, dass Cristin Milioti sich zu ihm hingezogen fühlt. Das Gesicht dieser jungen Schauspielerin kommt vielleicht bekannt vor? Kann gut sein – hat sie doch in How I Met your Mother genau die Mutter verkörpert, um die es sich in all den Staffeln eigentlich gedreht. Wir wissen noch: der gelbe Regenschirm! In ihrem so skurrilen wie rotzfrechen Auftreten erinnert sie unweigerlich an Awkwafina.

Zwei Persönlichkeiten, die sich also gefunden haben – und finden mussten. Die mit sich selbst nicht im Reinen sind und nun die Zeit dafür finden, ihre eigene Psycho- und Beziehungshygiene zu betreiben. Das sitzt locker wie ein Sommerkleid, ist eloquent und sympathisch.

Palm Springs

Killer´s Bodyguard

JACKSON´S HIGH FIVE

6/10

 

killersbodyguard

LAND: USA 2017
REGIE: PATRICK HUGHES
MIT SAMUEL L. JACKSON, RYAN REYNOLDS, SALMA HAYEK, GARY OLDMAN

 

Was tun nach einem entbehrungsreichen Arbeitstag unter der Woche? Am Besten ins After-Work-Kino gleich ums Eck. Popcorn, ein Getränk mit Blubberblasen, Hirn abschalten und den Rest des Tages einfach nur noch genießen. Da möchte vor allem Mann gerne nur klotzen, ohne mitdenken zu müssen. Denn Kino ist vor allem und für solche Fälle zu Unterhaltung da. Zur Zerstreuung, nicht zur Belastung. Kunst hat hier Pause. Ein Buddy-Movie muss her. Aber eines von den guten.

Bitte, da hätten wir ja schon genau das Richtige im Wochenprogramm der urbanen Kinos: The Hitman´s Bodyguard. Für alle, die nicht wissen, was ein Hitman ist, haben die Verleiher den Titel eingedeutscht in Killer´s Bodyguard. Was ein Killer ist weiß also jeder. Aber kein Killer ist so wie der alte Sack Samuel L Jackson. Mit anderen Worten eine coole Sau, die einzig und allein und immer sich selbst spielt und sich im wahren Leben wahrscheinlich genau so wenig um Unannehmlichkeiten schert wie vor der Kamera. Es gab eine Zeit, da hat Samuel L. Jackson in fast jedem Film mitgespielt, und sei es auch nur eine kleine Nebenrolle. Samuel war immer und überall, und ist es auch heute noch. Ein Phänomen, der Mann. Ein fleischgewordener Chuck-Norris-Witz, nur wüsste ich adhoc nicht, unter wem sich die Erde schneller wegdreht. Unter dem Kampfsportler oder unter dem glatzköpfigen „Motherfucker“ Jackson? Wo Samuel L. Jackson draufsteht, ist Samuel L. Jackson drin. Womöglich lieben ihn die Filmemacher. Weil er eben keinen Plan hat. Und einfach ist wie er ist. Ganz so wie im Film. Wahrscheinlich ein enorm einnehmender, humorvoller Zeitgenosse. Und womöglich auch nicht überbezahlt. Schon allein wegen diesem Buddy, der sich gebärdet wie eine Mischung aus Bruce Willis und Eddie Murphy, ist Killer´s Bodyguard ein kurzweiliges Vergnügen. Ein enorm seichtes zwar, mit einer Story so schlicht wie ein lässiger Oneliner, aber ein Vergnügen. Dazu trägt auch die irre Salma Hayek bei, die jedwede kunstinnige Aura einer Frida Kahlo hinter sich gelassen hat, um als dauerfluchende Killerqueen mit Knackarsch Männerfantasien neu zu entfachen. Zumindest die von Samuel L. Jackson. Von Deadpool Ryan Reynolds wohl eher weniger. Der versucht sich als Saubermann mit Regeln – ein guter Konterpart in diesem Zweiergespann, der aber meist gegen die Dauerdominanz seines Spielpartners nicht ankommt. Auch sitzt natürlich nicht jeder Gag, was bei Buddy-Movies fast unmöglich ist. Und wer sich noch an die alten Haudegen Nick Nolte und Eddie Murphy erinnern kann, denen nur 48 Stunden für ihr Himmelfahrtskommando geblieben sind, wird sich ungefähr vorstellen können, womit er rechnen muss. Mit Kalauern, jeder Menge Pyrotechnik und dem reuelosen Abknallen von offensichtlichen Bösewichten an der Grenze zur Selbstparodie. Das Kunstblut spritzt, und serviert wird, was bestellt ist. Dazu grinsen wir mal zähnefletschend, so wie Samuel L. Jackson.

Killer´s Bodyguard