A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando

SPIELZEUG, DAS SICH SELBER FINDET

7/10

 

TOY STORY 4©2019 Disney/Pixar. All Rights Reserved.

 

LAND: USA 2019

REGIE: JOSH COOLEY

MIT DEN STIMMEN VON (ORIGINAL): TOM HANKS, TIM ALLEN, ANNIE POTTS, JOAN CUSACK, JORDAN PEELE, KEEANU REEVES, LAURIE METCALF U. A.

 

Mein Blick schweift über die Sitzreihen des noch beleuchteten Kinosaales und sagt mir, dass die Zielgruppe für den in Kürze startenden Film im Vergleich zu anderen Genrekanditaten doch etwas aus der Norm fällt. In Toy Story verblüfft die Tatsache, dass vorwiegend und zu keinem verschwindenden Teil auch Erwachsene ohne juvenilen Anhang, sowohl in weiblicher wie männlicher Buddy-Duo-Formation, Platz genommen haben. Da sind wir und die Kids in der vorderen Reihe eher eine Ausnahme, und das lässt sich auch ganz leicht erklären. Denn Toy Story, das war in den guten Neunzigern, und zwar genau in den Iden selbiger, der spielfilmlange Einstand für Pixar, dem Team hinter der Schreibtischlampe. Fans der ersten Stunde sind wohl heute hier einige versammelt, und dank eines bis in die Gegenwart gelungen fortgeführten Franchise ist die Sympathie für Cowboy Woody, Buzz Lightyear und Konsorten aller Machart eine ungetrübte. Es ist schon etwas Besonderes, wenn bereits drei Teile nicht im mindesten weniger gut sind als der Vorgänger oder der Nachfolger. Nach 24 Jahren allerdings, wo die Kids von damals selber Kids haben und sich gerne an die guten alten Animationszeiten auf der Leinwand erinnern, müssen auch Woody und seine Freunde eine Veränderung durchmachen, es kann ja nicht so weitergehen wie bisher. Irgendwann muss das Spielzeug auch erwachsen werden. Oder sich selber finden. Wie eben ganz aktuell im Kino im vierten Abenteuer Toy Story: Alles hört auf kein Kommando.

Andy, das Kind von Cowboy Woody, ist schon im letzten Film erwachsen geworden. Und Bonnie, das kleine spielfreudige Vorschulmädchen mit ausgeprägtem Sinn für Erdachtes, findet wohl mehr Freude an einer selbst gebastelten Göffelfigur namens Forky als an den mittlerweile zur Flohmarktware zählenden Altspielzeug aus den 90ern. Woody muss sich daher umorientieren, bevor er aus Unachtsamkeit verlorengeht. Und entdeckt in sich die Rolle des selbstlosen Beschützers, der das neurotische Watschelbesteck erstmal vor der Mülltonne rettet, um dann einen Antiquitätenladen unsicher zu machen, der so einiges Potenzial für einen abendfüllenden Spielfilm bereithält. Der bis in die hintersten Lurchecken akribisch rekonstruierte Hallenflohmarkt mitsamt verstaubtem Mehrfachstecker und detailverliebt gestalteter Ladenhüter lässt nicht nur die Puppen tanzen (das Image der gruseligen Bauchrednerpuppe werden die staksenden Holzkasper garantiert bis zum Weltenende nicht mehr los), sondern auch die Outlaws rund um Woody dermaßen waghalsig improvisieren, dass man A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando zumindest stellenweise als das „Fast & Furious“ der Spielzeugwelt bezeichnen kann. Wenn Porzellinchen in adretter Mad Max-Manier im selbstgebauten Stinktier-Vehikel durch die Niederungen eines Jahrmarkts brettert oder der selbstzweifelnde Duke Kaboom zum Stunt des Jahrhunderts ansetzt, dann hat Pixar durchaus ein gewitztes Spektakel vom Computer gelassen, dass den Live-Act-MacGyver blass aussehen lässt und Suspense längst nichts mehr nur Erwachsenenkram sein muss.

Storyboardzeichner Josh Cooley sitzt diesmal im Regiestuhl, und es lässt sich erkennen, dass Bildidee und Umsetzung aus einer Hand gehen. Insofern steht das 3. Sequel all den anderen Teilen in punkto Spielzeugstunts um nichts nach, im Gegenteil, es setzt noch eins drauf. Allerdings nicht nur bei den haarsträubend gut animierten Hetzjagden quer durchs adulte Interieur. A Toy Story will zwischen all dem Slapstick auch etwas ernster sein. Und verliert dabei manchmal leicht den Überblick. Gefühlt ein jedes Spielzeug sucht seine wahre Bestimmung, hat sie gefunden oder trauert Bewährtem nach. Muss sich neu definieren oder Vergangenes zurücklassen. In Cooleys Film ist Abschied und Neuanfang das große Thema, Umorientierung und das Hören auf die innere Stimme. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber in A Toy Story ist Zeit Spielgeld und keiner will Bonnie nach ihrem Göffel weinen sehen. Also ist das ganze Abenteuer aufgrund des straff gezogenen Zeitrahmens durchaus fesselnd, voll schlagfertigem Humor und sowieso satt an liebevoll skizzierten Charakteren, die so angenehm durch den Wind sind, wie Spielzeug eben sein muss. Längst nicht perfekt, und – ob auf sich alleine gestellt oder durch die Augen eines Kindes – immer bereit, neu entdeckt zu werden.

A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando

Vier gegen die Bank (2016)

ZURÜCK ZU DEN WURZELN

5/10

 

vierbank

REGIE: WOLFGANG PETERSEN
MIT TIL SCHWEIGER, MICHAEL BULLY HERBIG, MATTHIAS SCHWEIGHÖFER, JAN JOSEF LIEFERS

 

Was war das doch für ein erschütterndes Meisterwerk. Mit Das Boot hat Regie-As Wolfgang Petersen neue Parameter für das Genre des Kriegsfilms festgelegt. Vorallem die auf eine Miniserie übertragene Langfassung seiner U-Boot-Tragödie bleibt nachhaltig im Gedächtnis. Kein Wunder, dass Hollywood auf den Mann aufmerksam wurde. Auch in Übersee konnte Petersen beweisen, dass sein Talent für Spannungsstoffe keine Eintagsfliege gewesen war. Ich erinnere mich gerne an In the Line of Fire zurück – wohl sein bester Film aus Hollywood. Schade nur, dass der Katastrophenthriller Poseidon zum Waterloo des Regisseurs wurde. Diese Niederlage war für den Emdener so erschütternd, dass er 10 Jahre lang keine Regie mehr übernommen hat. Gut, Fehler können passieren. Flops müssen in Folge irgendwann sein, aber dass man gleich das Handtuch wirft – da muss es noch andere Ursachen gegeben haben.

Wie auch immer – seine Rückkehr ins Kino ist zwar lobenswert, und ich wünsche mir für Wolfgang Petersen, dass er wieder zu jener Begeisterung zurückfindet, die er einmal gehabt zu haben scheint. Doch mit der launig-belanglosen Krimikomödie Vier gegen die Bank tut er sich selbst und der Welt keinen sehr großen Gefallen. Auch wenn Til Schweiger diesmal eine wirklich sehenswerte Selbstparodie hinlegt: Besser als ein mittelmäßig budgetierter Fernsehfilm ist das Comeback nicht geworden. Ob mit oder ohne illustrer Besetzungsliste – das Remake seiner 1976 erstmals selbst inszenierten Heist-Komödie ist so banal und von infantiler Ungenauigkeit, dass in keinster Weise Spannung aufkommt. Einzig manch eine Szene mit Michael Bully Herbig hat skurrilen Charme, wie zum Beispiel jene, in der er als Flitzer vor dem Papst auch noch das letzte Bisschen Selbstachtung verliert. Doch entspricht so ein entbehrlicher Film dem Kaliber eines Wolfgang Petersen, der die Schlacht von Troja inszeniert und den amerikanischen Präsidenten entführt hat? Wohl eher nicht. Wenn Vier gegen die Bank als Fingerübung dienen soll, um wieder ins Geschäft zu kommen, dann kann ich es als leidlich gelungenen Neueinstand akzeptieren. Ist der Kalauerkrimi aber eine ernstgemeinte Regiearbeit, mit welcher sich der Schöpfer von Das Boot wieder rehabilitieren möchte, dann muss ich leider sagen: Sorry Wolfgang: Gesehen, geschmunzelt, vergessen. Sowas kannst du besser.

Vier gegen die Bank (2016)