Cargo

DA IST WAS IM BUSCH

6/10

 

cargo© 2018 Netflix

 

LAND: AUSTRALIEN 2018

REGIE: BEN HOWLING, YOLANDA RAMKE

MIT MARTIN FREEMAN, ANTHONY HAYES, CARMEN PISTORIUS U. A. 

 

Auch wenn Zombies im Grunde ihres Un-wesens wandelnde Tote sind – für Verblichene haben sie in der Welt von Film und Fernsehen wirklich einen langen Atem. Dabei ist nicht der Zombie an sich das Faszinierende für den Mainstream, sondern das Aushebeln gesellschaftlicher Ordnung – sprich das gesetz- und anstandslose Vakuum, das den Menschen umgibt, der doch so sehr so viele Regeln braucht, um überhaupt geradeaus existieren zu können. Survival of the Fittest ist dann meistens nur mehr eine Frage der Zeit, denn fit sind die wenigsten. Und die Unfittesten schlagen sich als geifernde Kannibalen durch den Großstadtdschungel. Allerdings muss es nicht immer der Großstadtdschungel sein, auch wenn die Gier nach Blut und Menschenfleisch das Non Plus Ultra einer pervertierten Weltordnung darstellt. Ohne Kannibalismus geht es gar nicht – ohne urbane Orientierungspunkte schon. Das beweist die neueste Produktion, die derzeit in den (noch) nicht vorhandenen Lichtspielhäusern von Netflix vom LED-Bildschirm flimmert.

Cargo nennt sich das apokalyptische Szenario aus Australien, und ja, auch hier trinken Zombies Blut. Wer glaubt, dass Cargo die Tendenz zur kolonialkritischen Abhandlung aufweist, der irrt: Dieses Virus trifft sowohl Aborigines als auch die weiße Herrenrasse. Woher diese Krankheit kommt, wird nicht näher erläutert. Wohin sie geht und ob man ihr Herr werden kann, ebenso wenig. Cargo ist eine Episode aus der Endzeit, die vielleicht nur Australien betrifft – wie es in Übersee aussieht, bleibt ein Geheimnis. In dieser Episode rennt der grundsympathische Familienvater Martin Freeman ums Überleben, in der Buckelkarre seine Tochter. So hetzt er durch den Busch. Immer wieder mal tauchen die Untoten auf, aus ihren Augen quillt Sekret, dass an Marmelade erinnert. Und wo Marmelade klebt, da können die torkelnden Kranken nicht weit sein. Selten ist es einem Zombie-Film so sehr gelungen, die instinktgesteuerten Mutanten als einen Haufen bemitleidenswerter Opfer darzustellen. Wenn die grobmotorischen Marmeladinger ihren Kopf in den Sand stecken, oder im Tunnel rastend an der Wand lehnen, wirken sie in ihrer symptomatischen Berechenbarkeit fast ein bisschen harmlos – und sehr, sehr armselig. Der Mensch ist in Cargo so wirklich ziemlich am Sand. Da würde sich empfehlen, auf dem Wasser zu bleiben. Und keinesfalls in vermeintlich verlassenen Booten herumzustöbern. Natürlich ist die Nahrung knapp. Aber die Neugier ist ein Hund, und die ist letzten Endes bissig. Also ist Freeman irgendwann ein lettes Überbleibsel – und wer weiß, vielleicht sogar selbst bald einer dieser traurigen Gestalten.

Das Zombie-Genre hat zwar, wie eingangs erwähnt, einen langen Atem, tendiert aber gleichermaßen dazu, langatmig zu werden. Angesichts des Bulks an thematisch ähnlich gelagerten Endzeit-Visionen laufen Film-Frischlinge dieser Art sehr leicht Gefahr, auszuleiern und kaum mehr Neues zu erzählen. Der Plot zu Cargo verheddert sich gelegentlich im dornigen Gestrüpp des Outbacks. Vieles, was der Film erzählt, ist vorhersehbar und allerlei Vorahnungen finden sich bestätigt. Dennoch liegt über dem Buschland, in dem einst Crocodile Dundee seine Abenteuer erlebt haben möchte, eine schicksalsversöhnte Melancholie, als wäre das Ende der Zivilisation nur willkommen. Und als würde die Zukunft des Menschen im Reboot seiner gesellschaftlichen Entwicklung liegen. Trotz der Anspannung herrscht resignativer Friede, ein Aftermath im Gelände, ein Ausatmen abgestandener Atemluft. In dieses schaumgebremste Aufbegehren der biedermännische Hobbit von früher  – voll väterlicher Verantwortung und panischer Suche nach einer Normalität, die niemals wiederkehren wird. Insofern ist das langsam erzählte Footmovie durchaus stimmig, wenn auch viel zu schnell mit sich selbst zufrieden.

Cargo

Underdog

APOKALYPSE WAU

7/10

 

weissergott2© 2014 Delphi Filmverleih

 

LAND: UNGARN 2014

REGIE: KORNÉL MANDRUCZÓ

MIT ZSÓFIA PSOTTA, ZSÁNDOR ZSÓTÉR, KORNÉL MANDRUCZÓ, LILI HORVÁTH, LILI MONORI U. A.

 

Eben erst haben die diversesten Hunderassen in Wes Anderson´s utopischem Puppen-Mandala Isle of Dogs – Ataris Reise den Aufstand geprobt. Dabei gab es vor einigen Jahren bereits einen anderen, thematisch ähnlichen Film, der das Wesen des Hundes und seine Beziehung zu den Menschen auf eine gesellschaftspolitische Ebene hob. 2014 entstand im filmisch eher kleinlaut tönenden Land Ungarn die allegorische Parabel Fehér Isten, was soviel heißt wie Weißer Gott und hierzulande, also im deutschsprachigen Raum, mit Underdog betitelt wurde. Sowohl die eine als auch die andere Bezeichnung des Filmes ist passend, Weißer Gott trifft es aber eher, und war auch die ursprüngliche Wahl von Regisseur Kornél Mandruczó, dessen neuester Streifen Jupiter´s Moon in den österreichischen Kinos auf ungerechtfertigt wenig Aufmerksamkeit stieß.

Weißer Gott beginnt mit einem postapokalyptischen Szenario – wir sehen ein menschenleeres Budapest, verlassene Autos, deren Blinker immer noch an sind. Plötzlich ein Mädchen auf dem Fahrrad. Wäre das verlassene Auto nicht, könnte die Radlerin auch an einem Sonntag sehr früh aufgestanden sein – doch Sekunden später wissen wir, dass dem nicht so ist. Das Mädchen wird verfolgt von einer nicht enden wollenden Meute wilder Hunde. Die Aggressoren haben aber auch wirklich jeden Grund dazu, wütend zu sein. Im Zentrum steht die Promenadenmischung Hagen, die vom Vater der pupertären Lili erstmal nur gebilligt, dann missbilligt und folglich am Rande von Budapest ausgesetzt wird. Auf der verzweifelten Suche nach Nahrung kommt der Shar Pei-Retriever-Mischling tatsächlich in Teufels Küche, wo er Hackebeilen ausweichen muss. Wie ein vierbeiniger Oliver Twist wird der Hund fortan von einem Peiniger zum Nächsten gereicht, vom Sklaventreiber zum Hundekampftrainer. Zwischendurch müssen er und seine Leidensgenossen vor den Hundefängern flüchten, die wenig zimperlich ihre Arbeit erledigen wollen. Der Mensch, so erfährt Hagen, ist ein sadistisches, knechtendes Scheusal. Machgierig, eigennützig, erbarmungslos. Viel braucht es nicht mehr, und die ausgestoßenen, weil gemischtrassigen Vierbeiner tun sich zusammen – um dem „Weißen Gott“ zu zeigen, dass der Spieß sehr schnell umgedreht werden kann.

Immer noch ist der Hund ein Raubtier. Ein domestiziertes zwar, aber im Grunde seines Wesens ein archaisches Kraftpaket, schnell und wendig und mit einem Gespür für jene Angst, die von ihren Herren ausgeht. Mundruczó distanziert sich bewusst von den anthropomorphisierten Darstellungen von Hunden, die vor allem in Hollywood und insbesondere bei Disney gang und gäbe sind. Seine tierischen Stars können weder sprechen noch tun sie Dinge, die Menschen ihnen gerne andichten. Das einzige was sie tun, ist, sich zusammenrotten und gezielten Terror verbreiten. Spätestens hier wird Weißer Gott zur mysteriösen Chronik eines Ausnahmezustandes, der so unmöglich tatsächlich passieren kann und der endzeitliche Tendenzen aufweist, diese aber nicht wirklich bis zu letzten Konsequenz auslebt. Die Eroberung Budapests bleibt aus, die Zuspitzung ins Bizarre wäre womöglich misslungen, als mögliches, weil vielleicht gar nicht gewolltes Pamphlet gegen die Ideale einer Victor Orban-Regierung funktioniert Weißer Gott aber auch so, wenn auch entschärft. Obwohl in Anbetracht der Wiederwahl eines Rechtspopulisten eine nachhaltig tierische Pedigree-Revolution wohl noch mehr befreiender Zündstoff gewesen wäre.

Weißer Gott ist eine stringente Parabel auf Rassismus, Unterdrückung und Ignoranz. Nimmt sich viel Zeit, um zu beobachten und lässt sich nicht drängen, die Initiative ergreifen zu lassen, trotz all der animalischen Wut, die den Zuschauer befällt. Dass angesichts all dieser teils heftigen Tierszenen wirklich keine Hunde zu Schaden gekommen sind, wie nach jedem Film pflichtgemäß im Abspann deklariert wird, ist kaum zu glauben. Gut, mit Hunden lässt sich so manches Kunststück bewerkstelligen. Hunde sind angefangen von Benji bis zu Lassie die wohl dankbarsten tierischen Darsteller – weil sie sich perfekt abrichten lassen, weil sie lernen und gehorsam sind. Doch Vorsicht an alle Hundeliebhaber und all jene, die gerne Hundefilme wie Beethoven, Marley & ich, Scott & Huutch oder Pets in ihrer DVDthek wissen – Weißer Gott ist was ganz anderes und wird so manches Frauchen oder Herrchen mit Sicherheit verstören. Ihrem „besten Freund des Menschen“ als indikativer Spiegel der Gesellschaft aber wären sie womöglich dankbarer als zuvor.

Underdog

Maze Runner: Die Auserwählten in der Todeszone

HEILE, HEILE WELT

5/10

 

mazerunner3© 2018 Twentieth Century Fox

 

LAND: USA 2018

REGIE: WES BALL

MIT DYLAN O’BRIEN, KAYA SCODELARIO, WALTON GOGGINS, GIANCARLO ESPOSITO, ADIAN GILLEN U. A.

 

Ich habe da so mein Problem mit Fortsetzungsfilmen im Kino – sie funktionieren nur selten. Maze Runner: Die Auserwählten in der Brandwüste war 2015 im Kino. Seit damals sind zweieinhalb Jahre vergangen. Jeder, der sich nicht ausführlich mit den Inhalten der dystopischen Jugendbuchreihe auseinandergesetzt hat oder diese zwischenzeitlich gelesen hat, und jeder, der nicht kurz vor Sichtung von Tteil 3 noch mal Teil 1 und 2 auf dem Radar gehabt hat, wird in Maze Runner: Die Auserwählten in der Todeszone, nur vage anknüpfen können. Gut, hat man keine Vorarbeit geleistet, hat man selbst Schuld. Aber wie viele Kinogeher machen das? Ich hab das bei Blade Runner durchgezogen, auch bei Guardians of the Galaxy (was nicht zwingend notwendig gewesen wäre). Bei Maze Runner habe ich es verabsäumt. Doch besser wäre gewesen, ich hätte es getan. Denn Maze Runner: Die Auserwählten in der Todeszone zu sehen ist so, als würde man die Staffel einer spannenden Fernsehserie nach einem Cliffhanger unterbrechen und zwei Jahre warten, bis das Geschehen wieder nahtlos anschließen kann – obwohl man die nachfolgenden Episoden in petto hätte. Bis ins Detail erinnern kann ich mich beim besten Willen nicht mehr. Leute mit eidetischem Gedächtnis können da nur lachen. Aber egal, irgendwie werde ich schon anknüpfen ans Finale.

Iim Grunde ist das Unterbrechen einer kontinuierlichen Handlung inmitten eines Kapitels eine Taktik, die nach hinten losgeht. Gibt es reichlich Action, fällt das nicht weiter auf. So viel zum Plan dahinter. Und ja, die Action fetzt – zumindest anfangs. Und dann ist die Erinnerung glücklicherweise auch wieder da. Wer zu wem gehört und warum sie alle da sind wo sie sind. Thomas, der Vorzeige-Maze Runner, und Newt, sein treuer Begleiter. Ja, da gibt es noch Teresa, die die Seiten gewechselt und alle verraten hat. Und Breaking Bad-Star Giancarlo Esposito als ergrauter Pistolero im Jeep, der einen Flieger kapert und die visuell beeindruckendsten Szenen für sich verbuchen kann. Alles Figuren, die zumindest in einer Serie das Potenzial hätten, den Zuseher emotional abzuholen. Die Beziehung zu den jungen Helden findet im Kino allerdings nicht statt. Auch wenn der Plot sehr auf das Thema Freundschaft setzt und die Belastbarkeit einer solchen bis zur Schmerzgrenze ausreizt. Aber wozu sind auch Freunde da, angesichts tintespuckender Zombies und vor der nächtlichen Kulisse bedrohlich funkelnder Hochhäuser. Wieso die Organisation WCKD das ganze Brimborium ins Rollen gebracht hat, nur um ein Heilmittel gegen einen hartnäckigen Virus zu finden, ist ebenso rätselhaft wie die umständlich erzählte Befreiungsaktion ins Herz der bösen Wissenschaft.

Vieles aus bereits gesehenen Dystopien wie Blade Runner, World War Z und Mad Max findet im Finale ihre Verwendung. Das Ganze wirkt eher mühsam zusammengesetzt als virtuos vereint. Und gipfelt in einer überlangen, pyrotechnischen Apokalypse, die wohl Sylvester Stallone mit seinen Expendables gerne gesehen hätte. Warum Trilogien letzten Endes immer davon ausgehen, den Begriff Finale Furioso fast schon zwingend wörtlich nehmen zu müssen, bleibt angesichts einer im Grunde fesselnden Story, die in Kriegsgewitter ausufert, reichlich unverständlich.

Maze Runner: Die Auserwählten in der Todeszone

Downsizing

ZUR WELTRETTUNG NACH LILIPUT

6/10

 

downsizing© 2017 Constantin Film

 

LAND: USA 2017

REGIE: ALEXANDER PAYNE

MIT MATT DAMON. CHRISTOPH WALTZ, HONG CHAU, UDO KIER, KRISTEN WIIG U. A.

 

Die Welt steht vor dem Kollaps. Die schreckliche Konsequenz des Evolutionstheoretikers und Vordenkers Thomas Malchus zu Überbevölkerung Mitte des 18ten Jahrhunderts wird irgendwann mal tatsächlich wahr werden. In Alexander Payne´s neuem Film ist sie das bereits. Die Menschheit in all ihren Ballungszentren hat keinen Platz mehr. Unbesiedelte Regionen der Erde sind zurecht unbesiedelt. Wo es einem gefällt, da kann man sich längst nicht mehr niederlassen. Vor allem nicht in gewohntem Wohlstand. Um dieses Problem zu beheben – da gibt es einige Ideen. Manche davon sind so greifbar real wie das Geschwisterverbot aus Tommy Wirkola´s What happened to Monday?, die düstere Vision einer Ein-Kind-Gesellschaft, wie sie heute bereits in China der Fall ist. Manche wiederum sind so absurd und unmöglich wie in Downsizing.

Zu Downsizing fällt mir der Bestseller des Hypothetikers und Zeichners Randall Munroe ein. In What if? beantwortet der Science-Blogger in wissenschaftlicher Klarheit diverse unmögliche Fragen wie „Was wäre, wenn sich alle Menschen an einem Ort der Erde einfinden und gleichzeitig loshüpfen?“. Oder „Was wäre, wenn die Erde plötzlich aufhören würde, sich zu drehen?“ Eine dieser Fragen könnte somit auch lauten: „Was wäre, wenn sich ein Teil der Weltbevölkerung auf 12cm verkleinern würde?“ Auf diese bizarre Vorstellung hat aber diesmal nicht Munroe, sondern Alexander Payne die Antwort. Und er hat nicht eine Antwort, sondern gleich mehrere parat. Weil man so eine Frage ja nicht nur aus einem Blickwinkel beantworten kann. Da gibt es Feedback auf sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Ebene. Payne will alle zugleich beantworten. Das ist wiederum typisch für den Filmemacher. In seinem Familiendrama The Descendants, zu welchem er ganz so wie bei Downsizing auch selbst das Drehbuch verfasst hat, geht es auch nicht nur um eine Sicht der Dinge, um eine Botschaft oder um einen roten Faden. Payne mixt diverse Genres subtil ineinander. Mal wirken sie komisch, mal sehr ernsthaft, und plötzlich handelt der Film wieder von gänzlich anderen Dingen. Mag sein, dass seine Methode des Geschichtenerzählens vielen Zusehern als zerstreut erscheint. Alles anschneiden zu wollen, lässt keiner Perspektive die Chance, zur Gänze gesehen zu werden. Das trifft auch zweifellos auf Downsizing zu.

Denn im Grunde ist Downsizing ein Episodenfilm, der auf den ersten Blick nicht so aussieht wie einer. Das liegt schon allein daran, dass Payne seinen Film auch nicht in Episoden unterteilt hat – was aber dem Film besser bekommen hätte. Eigentlich sind es drei Teile. Der erste handelt von der allen physikalischen Gesetzen zum Trotz von norwegischen Wissenschaftlern entdeckten Möglichkeit, sich verkleinern zu lassen – zum Wohle der Umwelt und der eigenen Geldbörse – denn alles was kleiner ist, kostet weniger. Ist also eine augenzwinkernde, aber niemals scherzhaft gemeinte Utopie einer globalen Notbremse. Die zweite Episode spielt in Leasure Land, dem Land der Minikins (kann sich wer noch an die gelungen Serie aus den frühen Achtzigern erinnern?), in welchem unser lebensüberdrüssiger Paul „Matt Damon“ Safranek versucht, auch ohne seiner besseren Hälfte, die ihn im Stich gelassen hat, klarzukommen. Wie ist es, so groß wie eine Actionfigur zu sein? Und was für Nebenwirkungen schleichen sich ein? Weniger gesundheitlich, viel mehr sozialer Natur. Die dritte Episode spielt in Norwegen, im Herzen der Downsizing-Kommune, quasi in Liliput. Der letzte Akt ist es dann auch, der sich wieder betont mit der Zukunft der Menschheit beschäftigt – und mit der Prognose für die Gesamtheit des Lebens überhaupt. Das hat dann fast schon Endzeitstimmung. Und ich hätte nie gedacht, dass Downsizing eine solche Richtung nehmen würde. Denn Satire ist was anderes, davon ist Paynes Utopie weit entfernt.

Seiner Geschichte wohnt eine reizvolle Thematik zugrunde und ist nur von ganz subtilem Humor durchzogen, welcher der Ernsthaftigkeit eines unmöglichen Szenarios etwas mehr Leichtigkeit verleiht. Die hat der Film dringend notwendig, weil Payne´s Fokus auf manche Details so wirken, als hätte die Regie vergessen, sich rechtzeitig auszuklinken, um die Aufmerksamkeit wieder woandershin zu richten. Vieles verliert sich dadurch wie schon eingangs erwähnt als Fragment in den Hirnwindungen des Zusehers und hinterlässt offene Fragen.

Dennoch – Downsizing als (Alb)traum einer Menschheit im Puppenhaus-Format war es wert, verfilmt worden zu sein. Auch wenn die erwartete Farce gar keine ist.

Downsizing

Planet der Affen: Survival

AUF DIE BÄUME!

7,5/10

 

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REGIE: MATT REEVES
MIT ANDY SERKIS, WOODY HARRELSON, STEVE ZAHN, AMIAH MILLER

 

Das Sympathische an Andy Serkis ist, dass laut eigener Aussage sein Gesicht niemand kennen muss. Dieser angenehm uneitle Performancekünstler ist ein Handwerker auf dem Gipfel seines Könnens. Und sein Erfolg liegt in der Spezialisierung seiner Arbeit: Es ist die des Motion Capture. Eine kinematographische Kunstrichtung, die ihre holprigen Anfänge in Filmen wie Beowulf und Der Polarexpress hatte, beide von Robert Zemeckis. Anstatt die Technik des Ganzkörper-Marionettentheaters zu verfeinern, überließ der Schöpfer von Zurück in die Zukunft und Forrest Gump das Feld jemand anderem. Bekannt wurde Serkis durch sein Quasi Alter Ego Gollum aus den Herr der Ringe-Filmen. Die tragische Kreatur war der Beginn einer erstaunlichen Erfolgsgeschichte. Ihren vollendeten Status Quo findet die ausgefeilte Kinoillusion in der Trilogie über die Affen-Genese. Dabei war selbst im Zeitraum von 6 Jahren, von 2011 bis 2017, ein erstaunliches Qualitätsgefälle nach oben hin zu beobachten. Was den Zuseher mittlerweile im dritten und vorläufig letzten Teil des apokalyptischen Evolutionswechsels erwartet, ist der aktuelle Stand der Technik – und kaum bis gar nicht mehr von der Realität zu unterscheiden. Schon gar nicht, wenn keine Vergleiche mit echten Primaten zur Hand sind, was im Kino wohl eher schwer zu bewerkstelligen ist. Bewegung, Körper, Struktur und vor allem Gesichter sind sogar im Close Up auf der großen Leinwand so dermaßen täuschend echt, dass man versucht ist, an Wunder zu glauben. Für Außenstehende gibt’s hier keine technisch nachvollziehbare Erklärung mehr. Vor allem keine, die ein Laie versteht. Die Perfektion der Texturen ist gewaltig. Das Zusammenspiel realer Settings mit den computergenerierten Körpern ist lückenlos. Schmunzelnd denke ich an Zeiten zurück, in denen das Agieren der Schauspieler vor der Blue Screen von einer scherenschnittartigen hellen Corona umgeben war. Auch nicht schlecht, zumindest für damals. Hätten die Trickser von damals gewusst, welchen Olymp die Technik des Kinos erreichen kann, hätten sie vor lauter Scham ihre Ideen gar nicht erst umgesetzt. Doch ohne deren Ideen wären wir jetzt nicht da, wo wie jetzt sind. Inmitten von lebendig gewordenen Affen. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Motion Capture Performance womöglich zu einer neuen Oscar-Disziplin wird. Steve Zahn als Eremiten-Schimpanse „Bad Ape“ wäre da schon eine Nominierung wert.

Das seit Cloverfield allseits bekannte Naturtalent Matt Reeves holt nun mit Planet der Affen: Survival zum finalen Rundumschlag aus, an dem sowohl Mensch wie auch Affe zu kiefeln haben werden. Denn in Anbetracht des evolutionären Wetteiferns zwischen befellten und fellfreien Primaten kann es aufgrund von Kapazitätsschwierigkeiten auf dem Planeten Erde nur zu einem Entweder-Oder kommen. Einer von beiden muss die Nische verlassen. Doch kein Wesen räumt freiwillig das kognitive Feld. Da muss die Natur schon selbst eingreifen, und zwar mit einem Virus. Mehr wird hier nicht verraten. So verzweifelt Homo sapiens auch um die Vorherrschaft kämpft, so verzweifelt suchen Schimpanse, Bonobo und Co einen friedlichen Ausweg – angesichts dieser Tatsache hätte Primatologin und Umweltschützerin Jane Goddall schlaflose Nächte, zählen doch vor allem Goddall´s Lieblinge zu einer relativ aggressiven Spezies. Doch in einer dystopischen alternativen Zukunft ist alles möglich. Da reflektiert selbst der Wildeste seine Gewaltbereitschaft. So nicht der Mensch. Reeves versteht sein spannendes, hochdramatisches Finale als einen atmosphärischen Abgesang auf Gewalt, Unterjochung und Rassismus, irgendwo zwischen The Revenant und Gesprengte Ketten. Den drohenden Niedergang der Menschheit als bitteren Gefängnisfilm zu inszenieren, hat was. Der Film verbeugt sich aber auch tief vor Francis Ford Coppolas Vietnamkriegsinferno Apokalypse Now. Die Verballhornung Ape-okalypse Now gilt mittlerweile als Schlagwort für die Affenkrise, und auch der famose Woody Harrelson spielt seine Rolle des endzeitlichen Colonel Kurtz mit geradezu sadistischer Leidenschaft. Er sieht Marlon Brando szenenweise sogar zum Verwechseln ähnlich, vor allem in einer ganz bestimmten Schlüsselszene gegen Ende des Filmes, die wohl zu den Besten des ganzen Filmes zählt. 

Das Ende des Filmes ist es aber dann auch, das Reeves leider nicht ganz zufrieden-stellend hinbekommt. Seine Konsequenz im Erzählen in allen Ehren, doch seine Bequemlichkeit zugunsten höherer Mächte geht auf Kosten einer Radikalität, die ich erwartet hätte. Mit einem Knalleffekt, der fast schon am Präsentierteller dargereicht worden wäre, hätte Planet der Affen: Survival ein fast schon geniales Opus Magnum werden können. So aber wirkt die Apokalypse doch wieder allzu versöhnlich, und die künstliche Sonne beleuchtet unter Tränen eine ungewisse, aber allzu milde Zukunft.

Planet der Affen: Survival