Jung_E: Gedächtnis des Krieges (2023)

IMMER WIEDER AN DIE FRONT

6/10


JungE© 2023 Netflix


LAND / JAHR: SÜDKOREA 2023

BUCH / REGIE: SANG-HO YEON

CAST: HYUN-JOO KIM, SOO-YEON KANG, KYUNG-SOO RYU, SO-YI PARK U. A.

LÄNGE: 1 STD 38 MIN


Natürlich ist es naiv, zu glauben, wenn in der Entwicklung künstlicher Intelligenzen die Kurve so steil nach oben geht wie in den letzten Monaten, wir einen Krieg mit entfesselten Robotern vom Zaun brechen. Natürlich nicht. Kein Skynet, kein I, Robot, kein Blade Runner. Diese Szenarien sind noch kaum absehbar. Beklemmend ist allerdings die Tatsache, dass KI dazu führt, uns Menschen alles abzunehmen, was wir delegieren möchten. Und es ist schon irgendwie ironisch, wenn die wohl realistischste Darstellung der menschlichen Zukunft zwar nicht im Weltraum, aber auf der Erde ungefähr so aussehen würde wie in Pixars ironischer Dystopie Wall-E. Vielleicht werden wir nicht ganz so ballonartig durch unsere Hallen rollen (denn Sport kann durch nichts ersetzt werden). Vielleicht manifestiert sich die Trägheit des Körpers wohl eher als Trägheit des Geistes, wenn Kreativität nur noch ausgelagert wird.

Doch im Kino werden Szenarien, die das Ende der Menschheit einläuten könnten, gerne übertrieben. Auch in diesem koreanischen Science-Fiction-Film ist Homo sapiens dessen Vorschussvertrauen für High Tech, Robotik und KI auf die Füße gefallen. In Jung_E: Gedächtnis des Krieges befindet sich eine längst dem Klimawandel zum Opfer gefallene und überflutete Erde im Krieg mit einer autark gewordenen, manischen Technologie, die separatistische Züge trägt und tut, was es, frei von Empathie und anderer Gefühle, für richtig hält. Im Orbit tobt also ein Krieg jener, die sich rechtzeitig auf Raumstationen haben retten können – und jenen, denen das Wasser auf der Erde bis zum Hals steht. Die Technik dort oben hat sich aber längst der Herrschaft des menschlichen Geistes entledigt und macht ihr eigenes Ding. Dagegen kämpfen seit Jahren perfekt ausgebildete Soldatinnen wie Jung-yi, die aber auch nur ein Mensch ist und über kurz oder lang von den Maschinen niedergestreckt wird. Mit dem Ende ihres Heldentums neigt sich auch Anthropozän einer Götterdämmerung entgegen. Jung-yi liegt im Koma, wird aber dank kniffligen High-Techs – und weil ihr Geist wohl der Prototyp eines erfolgreichen Soldaten darstellt – zu Übungszwecken in den Körper eines Androiden eingespeist, um die perfekte Armee zu erschaffen. Gerade deren Tochter Yun Seo-hyun, die längst ihre Mutter zu einer Halbgöttin verklärt hat, betreut das Projekt. Bis es, wie kann es anders sein, zwangsläufig aus dem Ruder läuft. Und der Geist Jung-yis die Befreiung plant.

Nein, Jung_E: Gedächtnis des Krieges ist kein trashiger Kawumm-Streifen voll ermüdender, dystopischer Action zwischen finsteren urbanen Ruinen. Es stimmt, das Ganze macht den Eindruck, als wäre es das – doch nur die große Eröffnungsszene liefert martialische Schauwerte, wie wir sie auch aus Edge of Tomorrow kennen. Science-Fiction-Afficionados mit eher bescheidener Vorliebe fürs Krawallkino bleibt an dieser Stelle zu empfehlen, dranzubeiben. Denn Jung_E steigt vom großen Bombast auf ein konzentriertes Machwerk um, das nur eine kleine Episode aus einer gigantischen Chronik erzählt, von welcher wir nie etwas erfahren werden. Verantwortlich für diesen, auf Netflix veröffentlichten Film ist der Macher des modernen Klassikers Train to Busan: Sang-Ho Yeon. Mit seinem „Zombie on the Train“-Thriller hat er dem Subgenre des Horrorfilms erfrischende Kicks verliehen. Der Nachfolger Peninsula sackte dann deutlich ab. Mit Jung_E: Gedächtnis des Krieges hat er sich aus seiner Schräglage geholt. Sang Ho-Yeon, der auch für den Busan-Klassiker das Drehbuch schrieb, schuf für dieses geradlinige und moralisch orientierte Thrillerdrama das trittsichere Grundkonstrukt einer sowohl dysfunktionalen als auch idealisierten Mutter-Tochter-Beziehung. Soo-Yeon Kang, die nach den Dreharbeiten mit nur 55 Jahren an einer Hirnblutung verstarb, gibt dem Film nicht nur dank ihres ungewöhnlichen Aussehens eine gewisse, vorab nicht zu erwartende Tiefe. Zum Glück reißt der Film nicht zu viele Themen an, bleibt Nebenstories fern und gewinnt durch seine dramaturgische Schlichtheit. Weniger ist mehr, auch wenn das top ausgestattete Drumherum aus Wissenschafts-Futurismus und absurd überhöhter Technik-Perfektion protzen möchte. Am Ende gewinnt das feine Drama und die variierte Idee von einem Ghost in the Shell.

Jung_E: Gedächtnis des Krieges (2023)

Der Schacht (2019)

DRUNTER UND DRÜBER

7/10


derschacht© 2020 Netflix Österreich


LAND / JAHR: SPANIEN 2019

REGIE: GALDER GAZTELU-URRUTIA

BUCH: DAVID DESOLA, PEDRO RIVERO

CAST: IVÁN MASSAGUÉ, ANTONIA SAN JUAN, ZORION EGUILEOR, EMILIO BUALE, ALEXANDRA MASANGKAY U. A.

LÄNGE: 1 STD 34 MIN


Wie kommt der Hunger in die Welt? Der Schweizer Globalisierungskritiker Jean Ziegler hat mit genau diesem Titel ein Buch an seinen Sohn geschrieben, da sich dieser nicht erklären konnte, wie es so viel Ungerechtigkeit auf Gottes Erden geben kann. Der spanische Science-Fiction-Film Der Schacht erklärt die Grunddynamik der Klassengesellschaft und ihre Folgen auf eine vermutlich viel simplere Art, dafür aber kontrastreich genug, um im Gedächtnis zu bleiben. Der Schacht (auf englisch: The Platform) ist allein schon aufgrund seiner genialen Idee ein denkwürdiges Ereignis – ein Kammerspiel zwischen menschengemachten Horror und surrealer Satire.

Die Kammer, in der das Ganze spielt, könnte einem Drama des absurden Theaters von Beckett oder Ionesco als dramaturgischer Unterbau gereichen. Vielmehr ist es eine Art Turm (wir wissen nicht, ob dieser unter- oder oberirdisch errichtet wurde) mit scheinbar unendlichen Ebenen, die weder Aus- noch Einstieg besitzen, die jeweils ungefähr quadratisch groß sind und in der Mitte eine Aussparung besitzen, durch welche täglich eine Plattform vorbeirauscht, die, beladen mit den köstlichsten Speisen, die man sich nur vorstellen kann, den Freiwilligen oder unfreiwilligen Teilnehmern den Magen füllt. Allerdings gibt es da ein kleines Problem: Die oberen Ebenen, beginnend bei 1, können sich noch die Bäuche vollschlagen, während die jeweils darunter liegende Kammer nur das bekommt, was die obere übriggelassen hat. Man kann sich also vorstellen, wie es, sagen wir, Ebene Nummer 48 ergeht – oder gar Ebene 100. Die müssen sehen, wie sie überleben, denn da ist außer abgenagten Knochen und leergegessenem Gedeck nicht mehr viel übrig.

Goreng – einer, der mit dem Vertikalen Zentrum für Selbstverwaltung einen Deal ausgehandelt hat, um einen Studienabschluss zu bekommen, wacht eines Tages also auf Ebene 48 auf. Das ist zwar nicht so glücklich gewählt, als wäre man drüber, aber besser als drunter. Ihm gegenüber ein älterer Herr, der schon lange Zeit festsitzt. Jeden Monat erwachen beide auf einer neuen Ebene, die mal besser, mal schlechter sein kann. Ein Ding darf jeder mitnehmen, Goreng hat Don Quichotte, sein Mitinsasse ein Messer. Man kann sich denken, wohin das führt, sitzen beide mal tiefer. Denn die Nahrungsbeschaffung in der Not kann letztlich nur eines bedeuten.

Wer mit Kannibalismus im Film überhaupt nicht umgehen kann, sollte Der Schacht tunlichst meiden. Andererseits ist dieser blutige Umstand Teil eines höchst durchdachten Konzepts zur Veranschaulichung eines sozialen Gefälles und gleichzeitig eines Phänomens, dass die Satten gieriger werden lässt und die Hungrigen verzweifelter. Dabei sollte der üppigst beladene Tisch für alle hier Anwesenden genug Essen zur Verfügung stellen, damit niemand mehr darben muss. Allein: Am menschlichen Verhalten scheitert es. Jesus wäre mit seiner wunderbaren Brot- und Fischvermehrung wohl gescheitert, hätte er den Korb durch die Reihen gehen lassen. Solidarität ist ein rares Gut. Warum teilen, wenn man selbst nichts davon hat? Altruismus ist nicht leicht zu verstehen.

Der Schacht ist zynisch, brutal und pessimistisch. Aber nicht ganz hoffnunsglos, obwohl der Streifen versucht ist, die Hoffnung auf den besseren Menschen aufzugeben. Da ist ein Streben in diesem Film, ein Vorwärtskämpfen und der Wille zum Stürzen geltender Systeme. Auch das ist dem Menschsein inhärent. In seiner mit scharfer Klinge geschriebenen Dialogen und absurden Plot-Highlights so wie jenem, die Panna Cotta als Botschaft des Umbruchs zu erwählen, mag Galder Gaztelu-Urrutias Film seine im Widerspruch zur klinischen Kulisse archaische Gewalt und deftige Exzesse manchmal zu sehr entarten zu lassen – im Grunde aber bleiben diese Elemente Teil einer höheren Bedeutung, nämlich die einer lustvollen bis gar leidenschaftlichen Zurschaustellung der Gier, der Macht und des Eigennutzes. Da dies so hell und klar durch den Schacht strahlt, lässt sich die Hölle ertragen, solange die Suche nach der Erlösung anhält.

Der Schacht (2019)

Under the Shadow (2016)

DER ERRUNGENE MUT ZUM AUFBRUCH

7,5/10


undertheshadow© 2016 Netflix Österreich 


LAND / JAHR: GROSSBRITANNIEN, JORDANIEN, KATAR 2016

BUCH / REGIE: BABAK ANVARI

CAST: NARGES RASHIDI, AVIN MANSHADI, BOBBY NADERI, ARASH MARANDI, RAY HARATIAN, ARAM GHASEMY, HAMID DJAVADAN, SOUSSAN FARROKHNIA, KARAM RASHAYDA U. A.

LÄNGE: 1 STD 24 MIN


Wir alle kennen diese Träume, oder besser gesagt: Albträume, in denen wir weit von zuhause weg sind, womöglich auf Reisen, und dann haben wir das Wichtigste vergessen, was immer das auch sein mag, aber es ist etwas Unverzichtbares. Es gibt auch Träume, in denen wir versuchen, von irgendwo wegzukommen, meist aus dunklen Räumen, und jeder Schritt fühlt sich so an, als hätte man kiloweise Blei um die Knöchel. So schleppt man sich zum Licht, kommt aber niemals wirklich voran. Etwas hält uns zurück, in der Finsternis. Ein Trauma, eine Gestalt, eine Geschichte. Etwas Erlebtes. Und dann ist da Babak Anvaris Film. Eine Allegorie auf die Angst, Wichtiges zurücklassen zu müssen. Die Heimat zurücklassen zu müssen, das Zuhause oder das, was mehr ideellen als materiellen Wert hat, denn wir leben nun mal in einer Welt voller Dinge, mit denen wir manchmal unsere Seele teilen.

Für die Flucht weg aus dem eigenen Ursprung braucht es Kraft, Mut und Zähigkeit. Die Flucht ist meist die Reaktion auf den Totalzerfall des Systems – sprich: Krieg. In Under The Shadow lebt Shideh (Narges Rashidi) mit ihrer kleinen Tochter und ihrem Mann zur Zeit des Iran-Irak-Konflikts in Teheran. Die Lage spitzt sich täglich zu, im Nachbarland Irak werden die Raketen Richtung iranischer Hauptstadt in Stellung gebracht. Immer wieder jault die Sirene, um die Bewohner in die Luftschutzkeller zu befehlen. Shidehs Ehemann, ein Arzt, wird eines Tages einberufen – er muss an die Front. Zurück bleiben Mutter und Kind, und doch steht ihnen die Möglichkeit offen, du den Großeltern zu flüchten, außerhalb der Stadt, wo die beiden sicherer wären als hier in diesem kleinen Wohnhaus, wo all die anderen Parteien bereits darüber nachdenken, alles stehen und liegen zu lassen – oder zumindest das meiste. Shideh zögert, doch als eine Rakete das Haus trifft, scheint die Gefahr akuter denn je. So weit, so sehr Kriegsdrama aus der Sicht der Zivilbevölkerung. Wo ist nun der Horror?

Tochter Dorsa ist fest davon überzeugt, dass mit dem ersten Luftangriff und mit den Stürmen, die plötzlich toben, ein Djinn sich ihrer angenommen hat. Und zwar keiner, der, blauhäutig und dauergrinsend, drei Wünsche erfüllt. Sondern etwas Böses, Hinterlistiges. Etwas, das Mutter und Tochter daran hindert, fortzugehen. Das fängt damit an, dass der Djinn die heißgeliebte Puppe von Dorsa versteckt. Ohne dieses Spielzeug ist an Aufbruch nicht zu denken. Und sehr bald schon bleibt es nicht nur bei diesem Schabernack – der Dämon treibt sein Verwirrspiel bis zum Äußersten.

Auf Babak Anvari wurde ich erstmals aufmerksam, als sein perfider und daher auch unberechenbarer Psychothriller I Came By letztes Jahr auf Netflix erschien. George McCay wird da zum Opfer eines sinistren Hugh Bonneville. Einige Jahre zuvor gelingt ihm auch mit diesem subtilen und gewieften Escape Home-Thriller ein regelrechter Geheimtipp, der mit Leichtigkeit Elemente des Horrors mit jenen des Psychodramas aus dem Antikriegs-Genre verschachtelt. Die Metaebene offenbart sich wie der schwarzweiß gemusterte Dschilbab des paranormalen Eindringlings, das erzwungene Verharren am Ort der Gefahr wird zum Sinnbild für Verlust, Abschied und der Furcht davor, selbst zurückgelassen zu werden. So wie der Djinn die Möglichkeiten der Mutter aussetzt, ihren fürsorglichen Pflichten nachzukommen, so wird die Suche nach der Puppe zum innerfamiliären Nervenkrieg. Anfangs offenbart sich Under the Shadow in so pragmatischem Stil, wie ihn Asghar Farhadi gerne anwendet, um dann das Metaphysische im wahrsten Sinne des Wortes durchbrechen zu lassen und einige Jumpscares aufzufahren, die unerwartet passieren und nie zum Selbstzweck verkommen. Sie sind Teil dieses Halbwach-Zustandes, in welchem sich der ganze Film befindet – weil man eben nicht glauben und nur schwer annehmen kann, dass das Leben, wenn Krieg herrscht, in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher ist. All die Ängste, die dazugehören, mutieren dabei zum mythischen Quälgeist.

Under the Shadow (2016)

Do Revenge (2022)

WIE DU MIR, SO ICH DIR

5/10


DO REVENGE© 2022 Netflix Österreich


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: JENNIFER KAYTIN ROBINSON

BUCH: JENNIFER KAYTIN ROBINSON, CELESTE BALLARD

CAST: CAMILA MENDES, MAYA HAWKE, RISH SHAH, SOPHIE TURNER, AUSTIN ABRAMS, ELIZA BENNETT, ALISHA BOE, TALIA RYDER, SARAH MICHELLE GELLAR U. A.

LÄNGE: 1 STD 58 MIN


Sind die Eltern mal berühmte Schauspieler, werden es deren Kinder oft ebenso. Da bräuchte man nur Uma Thurman und Ethan Hawke als Beispiel nehmen, aus dessen Ehe Stranger Things-Star Maya Hawke hervorgegangen war. Da staunt man wieder, wie lange Andrew Niccols SciFi-Streifen Gattaca zurückliegt, denn am Set dieses Films haben sich die beiden kennengelernt. Maya Hawke ist mittlerweile 24 Jahre alt und schon dick im Geschäft. Dank ihres erfrischenden Spiels im Netflix-Knüller rund um düstere Parallelwelten steht ihr eine schillernde Karriere bevor, und der Weg dorthin wird mit mittelprächtigen Werken gepflastert, in welchen sie wie gewohnt ihr strahlendes Lächeln verbreitet, dieses aber nicht die Handlung ganzer Filme pushen kann. Da braucht es schon noch ein knackiges Drehbuch und eine schlüssige Story, die vor allem im Thriller-Genre eine plausible Basis schaffen muss, auf der dann, aufbauend, eine Wendung die andere bedingt.

Die Programm-Virtuosen bei Netflix denken womöglich nicht zweimal nach, wenn ihnen ein Film ins Haus steht, der einen Star aus Stranger Things im Cast hat. Da scheint ganz egal, worum dieser wirklich handelt. Wichtig ist, Publikumslieblingen präsent zu halten. Und ja, natürlich, Maya Hawke zählt zu den Lieblingen der Serie, vor allem auch, weil sie eine queere Funktion übernimmt, und zwar auf eine Weise, die sich nachvollziehen lässt. Auch in Do Revenge ist Hawkes Rolle ähnlich ausgestaltet – sie gibt Eleanor, eine High School-Schülerin, die nicht gerade die Beliebtheitsskala anführt, sondern eher als duckmäuserische Außenseiterin am besten nicht auffallen will. Krasser Gegenpol zu diesem Charakter ist Drea Torres (Camila Mendes) – ein Social Media-Star und It Girl, überall beliebt und bewundert und so authentisch wie billige Weihnachtsbeleuchtung. So ist das, wenn man nur nach außen hin funktioniert – man vergisst zusehends, wer man wirklich ist und welche Werte man vertritt. Jedenfalls sind es unmöglich die, für die man auf sämtlichen Kanälen Werbung macht. Wie auch immer – eines Tages enthüllt ihr Liebhaber ein Sex Tape. Im prüden Amerika ist sowas natürlich Grund genug, die Blamierte schief anzusehen oder ihr die Freundschaft zu kündigen. Geht ja gar nicht. In dieser Not tun sich Eleanor und besagte Drea zusammen, um Rache zu üben. Allerdings auf eine Art, wie wir es in seinen Grundzügen aus dem Hitchcock-Werk Der Fremde im Zug gewohnt sind. Um ungewünschte Emotionen beim Racheschmieden außen vor zu lassen, soll die jeweils andere dem Subjekt des Hasses eines auswischen. Eleanor Dreas Ex-Freund, und Drea jener Kommilitonin, die Eleanor seinerzeit auf einem Feriencamp grausam erniedrigt hat.

In Anbetracht von wohlgesetzter Rache stellt sich mir die Frage: Sollten die zur Rechenschaft Gezogenen nicht wissen, wer ihnen die Suppe versalzt? Normalerweise funktioniert das so: Wenn man Rache übt, denn es geht ja in erster Linie darum, als Absender unübersehbar zu sein, damit der oder die Vorgeführte den Zusammenhang auch überzuckert und die Chance bekommt, sein oder ihr damaliges Verhalten zu reflektieren. In Do Revenge ist schon mal die Ausgangssituation eine, die über sich selbst stolpert, solange kein letales Kapitalverbrechen mit im Spiel ist, denn da muss der Absender niemandem mehr übermittelt werden. Im Laufe des Films aber werden wir sehen, wohin das führt. Und dennoch: das ganze Konstrukt einer Intrigenkomödie kommt nicht aus seiner selbstgefälligen Convenience-Blase heraus. Mit Hitchcock hat das ganze Hin und Her nichts zu tun, viel mehr mit dem zynischen Young Adult-Thrillern Eiskalte Engel von Roger Kumble oder Heathers von Michael Lehmann, mit Winona Ryder in der Hauptrolle.

In Eiskalte Engel gibt sich Sarah Michelle Gellar die Ehre – lustigerweise (oder vielleicht genau deshalb) darf die Ex-Buffy hier als Schuldirektorin die Next Generation des Intrigantenstadels, dem sie selbst mal angehört hat, an die Kandare nehmen. Das alles hilft aber dennoch nicht viel: Do Revenge fehlt der Biss, den die vorhin genannten garstigen High School-Filme einst hatten. Jennifer Kaytin Robinson, Co-Autorin von Thor: Love and Thunder, läutet scheinbar ein neues Zeitalter von viel zu bequemen Rachefeldzügen ein, die sich kaum mehr ins Zeug legen. Der Story-Twist gegen Ende wirkt aufgesetzt, das Vorführen an den Bildungsstätten oder House-Partys war schon mal zorniger, wenn nicht gar perfider in der Wahl der Mittel. Schwarze Komödie? Manchmal ja, meistens jedoch: nein. Bei Do Revenge ist Rache zwar ein süßes Wort, doch kurz danach hätte man gerne wieder etwas Salziges.

Do Revenge (2022)

Devotion (2022)

BLACK LIVE MATTERS AM FLUGZEUGTRÄGER

6,5/10


devotion© 2023 Netflix Österreich


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: J. D. DILLARD

BUCH: JAKE CRANE, JONATHAN A. STEWART, NACH DEM ROMAN VON ADAM MAKOS

CAST: JONATHAN MAJORS, GLEN POWELL, CHRISTINA JACKSON, THOMAS SADOSKI, DAREN KAGASOFF, JOE JONAS, SPENCER NEVILLE, JOSEPH CROSS, NICK HARGROVE, SERINDA SWAN U. A.

LÄNGE: 2 STD 19 MIN


Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich, gerade mal Teenager, im Modellbaufachgeschäft meines Vertrauens Wurzeln schlug und dort all die Bausätze bekannter Kampfflugzeuge bewunderte, die es zu kaufen gab. Ganz besonders angetan hatte es mir die elegante wie typische Form des Vought F4U, auch genannt Corsair mit seiner nachtblauen Lackierung und den geschwungenen Tragflächen. Und Propeller geht sowieso immer, da können die Tomcats und F-18 Hornets noch so schallgeschwind übers Firmament düsen – den rustikalen Retro-Charme eines Corsair-Fliegers besitzen sie nicht. Und für all jene, die für den im zweiten Weltkrieg erstmals zum Einsatz gekommenen Flugmaschinen ebenso eine Portion Bewunderung abringen konnten – vielleicht in ihrer Kindheit oder auch als Airforce-Afficionado in späteren Jahren – dem sei nun die 50ties-Antwort auf Top Gun: Maverick ans Herz gelegt. Zu sehen ist dieses in den USA bereits im Kino gestartete Actiondrama hierzulande exklusiv auf Netflix. Devotion von J. D. Dillard mag zwar nicht die Akkuratesse des Tom Cruise-Vehicles besitzen, dass letztjährlich die Einspielkonkurrenz geradezu wegfegen konnte, bis Avatar 2 kam – hat dafür aber einen realen Bezug. Erzählt wird die Geschichte des schwarzen Corsair-Piloten Jesse Brown, des ersten afro-amerikanischen Fliegers der United States Navy – dessen Aufstieg, dessen Hadern mit sich selbst und einer rassistisch geprägten Gesellschaft, dessen Erfolg und letztendlich sein tragischer Tod.

In diesem mehr als Drama statt als Popcornkino angelegten Geschichtsfilm schreiben wir die beginnende Dekade der Fünfziger, und Kampfpilot Tom Hudner (Glen Powell, ebenfalls Co-Star von Tom Cruise im neuen Top Gun) trifft am Luftwaffenstützpunkt auf Rhode Island den eher kaltschnäuzigen und zurückgezogenen Kollegen Jesse Brown, dessen Verhalten sich nach näherer Betrachtung als nachvollziehbar herausstellt, war dieser doch Zeit seines bisherigen Lebens ständigen Erniedrigungen ob seiner Hautfarbe ausgesetzt, die er, sofern sie verbaler Natur waren, alle in einem Notizbuch zusammengefasst hat. Um mit der gesellschaftlichen Ablehnung besser klarzukommen, sagt er sich diese vor dem Spiegel immer wieder vor. Denn nur wer abhärtet, hat als Schwarzer vielleicht das Zeug zum Erfolg. Hudner allerdings kann den schroffen, aber verlässlichen jungen Mann ganz gut leiden – und rein zufällig wird dieser zu seinem Wingman. Statt den herkömmlichen Übungsfliegern müssen beide bald mit der Corsair klarkommen – und auf einem Flugzeugträger landen können, denn ein Konflikt im Osten lässt das Damoklesschwert des Kommunismus zittern: der Koreakrieg bahnt sich an. Und da sind die USA die ersten, die dem Einhalt gebieten wollen, mitsamt ihrer Luftstreitkraft.

Devotion ist keine trockene Chronik der Ereignisse, aufgepeppt mit einigen großartig choreographierten Flugszenen wie Roland Emmerichs Midway, bedient aber auch nicht die geschmeidigen Versatzstücke gängiger Flugzeugfilme wie eben Top Gun, und da schließe ich beide Teile mit ein. Devotion ist Biografie und Rassismusdrama, aber auch Psychogramm und erst zuallerletzt wirklich Actionfilm, wobei die Tendenz Richtung Kriegsfilm deutlicher zu sehen ist. Jonathan Majors, den wir in Kürze im Auftakt der neuen Marvel-Phase, und zwar in Quantumania als Kang zu Gesicht bekommen werden (den ersten Auftritt hatte er in der Serie Loki), verleiht der historischen Figur des Jessie Brown genug ohnmächtige Wut, Verbissenheit und Misstrauen – bei Familie und seinem Buddy Hudner macht er da eine Ausnahme, und genau dieses Changieren zwischen Selbstschutz und Offenheit lindert das obligate Pathos gern gezeigter, heldenhafter Piloten. Bei Brown steckt mehr dahinter. Bei einem wie Maverick – naja, das Übliche.

Mit dieser Tendenz zum historischen Gesellschaftsdrama mag der Film eingefleischte Aviator-Fans vielleicht ein bisschen am Gängelband halten. Devotion, basierend auf dem Buch Devotion: An Epic Story of Heroism, Friendship, and Sacrifice, will Militärgeschichte erzählen, und zwar mit Fokus auf ein Einzelschicksal. Das gelingt durchwegs wirklich gut, und selbst Details wie dem Stopover in Cannes inklusive der verbürgten Begegnung mit Liz Taylor findet seinen Eingang. Dadurch erhält Dillards Film einen Spin in Richtung einer melodramatischen, doch konventionell erzählten True History, die in seinen wenigen, aber beeindruckenden Kampfszenen Emmerichs Film oder gar Top Gun: Maverick um nichts nachsteht, sich dabei aber wie der schweigsamere und bedächtigere Bruder so mancher Lederjacken-Haudraufs gibt, die ihren Flieger bis ans Limit bringen wollen.

Devotion (2022)

1922 (2017)

AN LANDFLUCHT IST NICHT ZU DENKEN

4/10


1922© 2017 Netflix Österreich


LAND / JAHR: USA 2017

REGIE: ZAC HILDITCH

BUCH: ZAC HILDITCH, NACH EINER NOVELLE VON STEPHEN KING

CAST: THOMAS JANE, MOLLY PARKER, DYLAN SCHMID, BRIAN D’ARCY JAMES, NEAL MCDONOUGH, KAITLYN BERNARD, TANYA CHAMPOUX U. A. 

LÄNGE: 1 STD 41 MIN


Wer die neu aufgelegten Planetenabenteuer rund um die Familie Robinson gesehen hat, wird die Protagonistin in diesem Film sofort wiedererkennen. Es ist Molly Parker, in der Serie Lost in Space die toughe und kluge Turbo-Mama mit MacGyver-Überdosis. Hier spielt sie die Frau von Thomas Jane, der nichts prickelnder findet, als in den Äckern vor seinem Haus die Tugenden eines Landwirts auszuspielen. Schön für ihn, weniger schön vielleicht für den Ehepartner, der die Nase voll davon hat, tagein tagaus in der absoluten Einschicht immer auf die gleiche Landschaft zu starren. Landleben mag ja so seine Reize haben, gute Luft gibt’s obendrein, doch wenn gerade gedüngt wird, kann Landluft sehr schnell auch sehr dünn werden. Aber bitte, soll doch ein jeder tun, was er für sein Seelenheil braucht, solange der andere nicht gegen seinen Willen mitziehen muss. Im Falle der adaptierten Kurzgeschichte 1922 von Stephen King sind Molly Parker und Thomas Jane zwei in sich verkeilte Sturköpfe, die vom Traum ihrer eigenen Zukunft nicht abrücken wollen. Arlette James, die das Vermögen, den Grund und das Haus besitzt, will alles verkaufen und in die Stadt ziehen, wo frischer Wind weht. Wilfred James will das nicht, wird jedoch wenig gegen Arlettes Bestimmungen ausrichten können, ist sie doch die Besitzerin der Farm und des ganzen Drumherums. Was bleibt Wilfred also anderes übrig, als, gemeinsam mit seinem Sohn Henry, in letzter Instanz Gewalt anzuwenden, um sein Fleckchen Erde zu retten? Was er damit aber in Gang setzt, sind seltsame Ereignisse, unglückliche Umstände und eine Art Fluch, der den Fortbestand der Familie James gefährden könnte.

Natürlich, Stephen King ist ein Vielschreiber. Und das wirklich Außergewöhnliche dabei ist, dass die meisten seiner Geschichten richtig gut erfunden sind und komplex genug, um sie auch nachhaltig in Erinnerung zu behalten. Allerdings gibt es auch Arbeiten, die, für andere Medien adaptiert, weniger zünden. Wie zum Beispiel 1922, eine Erzählung aus dem Sammelband Zwischen Nacht und Dunkel, die kurz nach seiner Premiere auf dem Fantastic Fest sofort von Netflix abgeholt wurde. Auswertung in den Kinos gab’s keine, obwohl Thomas Jane durchaus solide aufspielt, doch den Wahnsinn, der dieser Figur wohl ins Gesicht geschrieben werden sollte, kann der Schauspieler kaum in darstellerische Energie umwandeln. Grimmig und vielleicht das Gruseligste an diesem ganzen kleinen Psychothriller bleibt indes eher die Verantwortungslosigkeit des Vaters hinsichtlich seines Sohnes, der durch diesen zu einer finsteren Verschwörung getrieben wird. Wie sehr man den Nachwuchs verderben kann, und was für Unglück dieser Umstand nach sich zieht, lässt Regisseur Zac Hilditch sein Publikum durchaus wissen – und auch das schlechte Gewissen jagt Thomas Jane in Gestalt von einer in Mitleidenschaft gezogenen Untoten Molly Parker, die durchs Haus schleicht und keine Ruhe findet. All diese Elemente mögen für sich ihr Potenzial aufweisen – unheilvolle Beklemmung oder gar Gruselstimmung erzeugen sie nicht. Dafür bleibt die Dramaturgie zu hölzern, atmosphärische Zwischentöne, die bei der sehr viel späteren King-Verfilmung Mr. Harrigans Phone so außerordentlich gut zu bemerken waren, lässt 1922 so ziemlich außen vor. Daher begnügt sich die schwarze Farmer-Tragödie mit dem rustikalen Charme erdiger Finger und abgetragener Bauernmöbel, ohne auch nur das Schicksal zu Bösem Getriebener, die es nicht besser wussten, fühlbar zu machen.

1922 (2017)

RRR (2022)

SUPERHELDEN DES SUBKONTINENTS

7/10


rrr© 2022 Netflix Österreich


LAND / JAHR: INDIEN 2022

BUCH / REGIE: S. S. RAJAMOULI

CAST: N. T. RAMA RAO JR., RAM CHARAN, ALIA BHATT, OLIVIA MORRIS, RAY STEVENSON, ALISON DOODY U. A. 

LÄNGE: 3 STD 7 MIN


Wie viel Pathos verträgt ein Film? Nach indischen Maßstäben scheint es da keine Grenzen zu geben. Überhöht wird, was Emotionen weckt. Ins Gottgleiche überstilisiert wird, wer das Zeug hat, als Identifikationsfigur einer ganzen Nation zu gelten. Da muss man vielleicht selbst irgendeinen höheren Bezug zur Mentalität des gigantischen Subkontinents haben, der über die mitgebrachten Erfahrungen aus einer Fernreise hinausgeht. Indisch essen reicht da auch nicht, einen Tanzkurs belegen ebenso wenig. Um die authentische Filmsprache eines Landes, die sich nicht den Stereotypen des Westens anbiedert, schätzen zu wissen, muss man Kajol, Salman Khan oder Shah Rukh Khan bereits mit der Muttermilch verabreicht bekommen haben. Muss man allwöchentlich mit der Familie oder später mit Freunden ins Kino gegangen sein, um sich mindestens drei oder vier Stunden lang der bunten, überbordenden Fülle an Rhythmen, Gefühlen und Action-Akrobatik hingegeben haben, alles knallbunt und expressiv bis zur Erschöpfung. Überzeichnet, exaltiert, so richtig melodramatisch.

Dass diese Art, Filme zu machen, nicht ins Groteske ausschlägt, ist einem Lebensgefühl zu verdanken, das all diesen Werken zugrunde liegt. Für das westliche Publikum, zu welchem ich mich zähle, und das mit amerikanischen Narrativen aufgewachsen ist, enthält die indische Erzählweise zumindest jene Exotik, die uns Fernweh verursacht und uns deswegen so sehr fasziniert, weil wir in Europa relativ wenig davon besitzen. Ein Walzer wirkt geradezu statisch im Vergleich zu einem Bollywood-Tanz. Dieser gehört ins indische Kino wie der Koriander ins Chicken Masala. In RRR – was für die Imperative Rise Roar Revolt steht (doch ursprünglich nur als Arbeitstitel galt, der sich aus den Anfangsbuchstaben des Regisseurs und seiner beiden Stars zusammensetzen ließ) – wird Desi Naach erwähnt, und auf den fragenden Blick des fiesen Kolonialisten hin beginnen die beiden Actionstars Rama Rao Jr. und Ram Charan nicht nur ihre Hüften zu schwingen, sondern auch, in akkurater Choreographie aufeinander abgestimmt, mit den Füßen zu stampfen, die Arme im rechten Winkel hin und herschiebend. Bald tanzen alle mit, und das eigentliche Drama, das da abgeht, gerät in den Hintergrund, denn im indischen Kino lässt sich die Pause-Taste drücken, so oft man will, kann man Rückblenden einbinden und das Ensemble Sachen machen lassen, die der Folklore huldigen. In überschaubaren Dosen genossen ist dieser Stil verblüffend anders. Und auch was Regisseur S. S. Rajamouli hier so an aalglatter Action von der Leine lässt, sprengt längst die Grenzen des Möglichen.

Dabei ist der Plot des für den Golden Globe als besten fremdsprachigen Film nominierten Drei-Stunden-Epos im Grunde alles andere als realitätsfern. Wir schreiben das Zeitalter des Britischen Empire, und bis auf wenige Ausnahmen ist die dominierende weiße Rasse aus arroganten und gnadenlosen Gouverneuren, Generälen und ordnungshütenden Brigaden das überhöhte Abziehbild eines nuancenlos verzerrten Aggressors, den ganz Indien loswerden will. Bevor es aber so weit kommt und der Rest zur Geschichte des Subkontinents wird, eröffnet Rajamouli das schmachtende Drama im Kleinen: Im Wald von Adilabad entführen ein superfieser Gouverneur und seine ebenfalls superfiese Gattin ein junges Mädchen, der durchtrainierte Waldläufer Komaram Bheem, der es sogar mit wilden Tigern aufnimmt, macht sich auf die Suche nach ihr. Zeitgleich schafft es der Inder Alluri Sitarama Raju, in der englischen Armee zu gewissem Ansehen zu gelangen, was sich noch steigern würde, könnte er seine Mission, Bheem auszuschalten oder dingfest zu machen, erfüllen. Wie es das Kismet will, treffen die beiden aufeinander, ohne zu wissen, mit wem sie es genau zu tun haben und dass der eine für den anderen der Schlüssel für den jeweiligen Erfolg wäre. Beide werden dicke Freunde, tanzen eben zu Naatu Naatu und geraten dann später auch mit Händen und Füßen aneinander – in heillos überhöhter, die Gesetze der Physik aushebelnder Bewegungskunst.

Würde man alle Slow Motion-Passagen dieses Films in normaler Geschwindigkeit abspielen, wäre RRR womöglich nur zwei Stunden lang. Die beiden Haudegen springen, kreisen, kämpfen, rennen und reiten, erdulden Schmerzen und entrinnen dem Tod, der sich fragen muss, ob er nun komplett versagt, so einige Male. Natürlich ist der getragene Irrsinn zutiefst antikolonialistisch und beweint dabei tränenreich alle möglichen familiären Schicksale; dann wieder gewinnt die Wut, der Enthusiasmus und die Ekstase die Oberhand. Gefeiert werden dabei in ihrer Apotheose zwei historische Persönlichkeiten gleichen Namens, die als Rebellenführer gegen Britannien zum Mythos geworden sind. Ähnlich wie in der Schwerelosigkeit des asiatischen Wuxia-Genres können sie sich als Duracell-Superhelden auch alle Freiheiten leisten, um der finsteren Historie einen phantastischen Anstrich zu geben, der sein Publikum glatt zur Welle animiert.

Auf Filme wie diesen sollte man sich ganz und gar einlassen, und ihnen nicht mit rationaler Skepsis begegnen. Einfach reinkippen, nicht unbedingt mitdenken, sondern diese andere Art des Kinos genießen und sich von den Grundemotionen triggern lassen, auch wenn vieles über unfreiwillige Komik hinausgeht und so bizarr erscheint, dass man das Sichten des Films mitunter als vergeudete Zeit betrachten könnte. Das mag alles sein, und vielleicht wird das auch passieren – im Ganzen aber ist das heißblütige Potpourri aus Freundschaft, Leidenschaft und Selbstlosigkeit eine einzige folkloristische Zirkusnummer, die, säße man im Rundzelt, auch nicht hinterfragen würde. Was zählt, ist die Erfahrung einer ganz anderen Mentalität.

RRR (2022)

Der denkwürdige Fall des Mr Poe

VERRÄTERISCHE HERZEN UND BLASSBLAUE AUGEN

4,5/10


The Pale Blue Eye© 2022 Netflix Österreich


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: SCOTT COOPER

BUCH: SCOTT COOPER, NACH EINEM ROMAN VON LOUIS BAYARD

CAST: CHRISTIAN BALE, HARRY MELLING, GILLIAN ANDERSON, LUCY BOYNTON, CHARLOTTE GAINSBOURG, TOBY JONES, TIMOTHY SPALL, HARRY LAWTEY, ROBERT DUVALL U. A.

LÄNGE: 2 STD 8 MIN


„Wer auch immer dieser armen Seele das Herz entwendet hat, es muss ein Poet gewesen sein.“ Ungefähr so ähnlich erklingen Edgar Allan Poes erste Hinweise, die er für den längst außer Dienst befindlichen Polizeiinspektor Augustus Landor bereithält. Ein Herz hat mehr Bedeutung als nur die eines kräftigen Muskels, der das Blut durch die Venen pumpt. Ein Herz ist dem Organischen längst erhaben, es geht mit Kummer, Seele und dem Intuitiven einher. Augustus zeigt sich interessiert, wenn auch etwas skeptisch. Und dann ist da bald diese Verbundenheit unter dem Deckmantel der geheimen Ermittlung. Und ehrlich gesagt: Mit wem würde man nicht lieber Gräueltaten wie diese unter die Lupe nehmen als mit einem, der später für seine Schauerromane und Gruselgeschichten berühmt sein wird, die wie beim späteren P.H. Lovecraft tief in die Dimensionen der Angst, Paranoia und Panik eintauchen?

Scott Cooper, zuletzt mit dem mythologischen Horrorstreifen Antlers unterwegs, der sich mit der legendären Gestalt des Wendigo beschäftigt, hat nun dem Roman The Pale Blue Eye von Louis Bayard atmosphärische, schaurig-romantische Winterbilder verpasst. Schon zu Beginn müht sich ein recht mitgenommener und zerzauster Christian Bale mit schwarzem Mantel und Zylinder durch den Schnee. Nicht weit davon entfernt könnte Sleepy Hollow liegen. Wir schreiben das Jahr 1830, es ist das Zeitalter des Okkulten und einer ausgeprägten Neugier für das Jenseits sowie allen Entitäten, die es bis in unsere Welt schaffen. Es müsste mehr vorhanden sein als das, was sich sehen und hören lässt. Und auch Edgar Allan Poe, damals noch Kadett an einer Militärakademie, kann sich mit diesen Vermutungen in Bezug aufs Transzendente ganz gut anfreunden. Ein obskurer Selbstmord wie jener des Kollegen Fry kommt da ganz gelegen. Der wird nämlich eines Nachts an einem Baum erhängt aufgefunden, dabei wurde ihm postmortal das Herz entfernt. Wer macht denn sowas, stellt sich Landor die Frage. Poe hilft ihm, diese zu beantworten.

Wie Harry Melling, ehemaliges Ekelpaket Dudley Dursley aus den Harry Potter-Filmen und diesem Image längste Zeit entwachsen, die Figur des versponnenen und psychisch höchst labilen Sonderlings anlegt, ist das einzige Denkwürdige an einem Historienkrimi, der viel zu oft an seiner eigenen Inszenierung ermüdet. Die Gestalt des werdenden Poeten allerdings, in Filmen sehr selten bis gar noch nie verkörpert, gelingt Melling ausgezeichnet. Sowohl in überhöhter Exaltiertheit und wortgewandt als auch verängstigt und mit starker Affinität zum Morbiden – der in seiner Rolle geschickt balancierende Schauspieler mit den markanten Gesichtszügen hat überdies mit dem historischen Poe so ziemliche Ähnlichkeiten, mit Ausnahme des späteren Schnauzers. Es wäre im Nachhinein besser gewesen, man hätte eine tatsächlichen Biographie von Poe verfolgt statt nur eine fiktive, sich dahinschleppende Kriminalgeschichte mit vielen verheizten Gaststars, die zu viele Biographien in den Vordergrund stellt und auch dem Kommissar – routiniert und mitunter manchmal gelangweilt dargestellt von Christian Bale – eine vergangene Tragödie an den Leib schreibt, mit der er hadern muss. Und wir mit ihm.

Der denkwürdige Fall des Mr Poe scheint, die einzelnen Elemente für sich genommen, anfangs durchaus reizvoll, hat aber in Summe zu viele Leerläufe, um nur auf Atmosphäre setzen zu können. Die wäre ja prinzipiell vorhanden, auch das ganze Setting stimmt. Doch letzten Endes schwelgt Cooper in gepflegter Langeweile, und der Zuseher blickt genauso übernachtig durch die Wäsche wie Bales Figur das manchmal tut.

Der denkwürdige Fall des Mr Poe

Weißes Rauschen

VERHEDDERT IN DER ENDLICHKEIT

6,5/10


weissesrauschen_1© 2022 Netflix Österreich


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: NOAH BAUMBACH

BUCH: NOAH BAUMBACH, NACH DEM ROMAN VON DON DE LILLO

CAST: ADAM DRIVER, GRETA GERWIG, DON CHEADLE, RAFFEY CASSIDY, SAM NIVOLA, MAY NIVOLA, JODIE TURNER-SMITH, LARS EIDINGER, ANDRÉ BENJAMIN, BARBARA SUKOWA U. A. 

LÄNGE: 2 STD 16 MIN


Der schlimmste Widersacher von Gevatter Tod ist nicht der abstrakte Umstand des ewigen Lebens. Er ist die fehlende Furcht vor ihm. Wer seine Existenz von Geburt bis Ableben sinnvoll nutzt und es dabei noch schafft, völlig angstfrei dem Ende selbiger entgegenzusehen, den kann der Tod nicht tangieren. Nur weil wir nicht wissen, was hinter diesem Mysterium steht, heißt es nicht, dass wir in Panik geraten müssen. Doch andererseits: Panik, wenn sie in Massen auftritt, ist zumindest eine Möglichkeit, die Angst untereinander aufzuteilen. Oder von anderen, die vielleicht weniger davon besitzen, absorbieren zu lassen. Womit wir beim Phänomen der Massendynamik wären, der Gruppensuggestion. Denn wenn einer gen Himmel blickt und den Stern der Weisen erblickt, erblicken es die anderen womöglich auch. Ähnliches Wunder dürfte jenes von Fatima gewesen sein. In Noah Baumbachs Verfilmung von Don DeLillos Roman Weißes Rauschen ist es eher die Faszination Adolf Hitler. Oder das Ende der Welt. Oder beides, denn so weit liegen der Mann aus Braunau und der Untergang der Zivilisation nicht auseinander. Über Adolf Hitler weiß Baumbachs feiste Filmfigur Jack Gladney (Adam Driver, weit, weit entfernt von Kylo Ren) so einiges, und auch über dessen Mechanismen, um die Massen unter seine Knute zu stellen. Er verbindet das Erscheinen des Diktators mit der Möglichkeit des Einzelnen, in der Masse die eigene Existenzkrise verschwinden zu sehen. In der Gemeinschaft gibt es keine Furcht mehr – entweder so. Oder andersrum.

Andersrum kommt es, als ein Öllaster mit einem Zug kollidiert, der chemische Substanzen führt. Alles explodiert, eine Giftwolke entsteht, und die zieht später übers Land. Solange keine extra Winde wehen, lässt sich der Schaden eingrenzen, doch dieses Ideal hält nicht lange vor. Bald herrscht Ratlosigkeit an allen Orten, sogar in den Medien gibt es unterschiedliche Anweisungen, was man nun, als Otto Normalverbraucher, zu tun hat, um heil aus der Sache herauszukommen.

Die To-Do-Liste kann man drehen und wenden, wie man will. In Don DeLillos verschwurbelter Odyssee nach Angstfreiheit kommt hier, aus der kleinen Existenz, keiner lebend raus. Das klingt jetzt etwas nach Jean Paul Sartre, dessen Existenzialismus eine ähnliche Richtung geht – oder so wie der Titel von Sugermans und Hopkins‘ Biografie über Jim Morrisson, der ja, wahrscheinlich ohne es je gewusst zu haben, zum Club 27 zählt. Im Grunde laufen all diese vielen Details und verqueren Geschehnisse auf einen Sollzustand hinaus: Das Ende des eigenen Ichs leichten Herzens hinnehmen zu können.

Auf diesem Weg aber gibt Weißes Rauschen dem Zuseher allzu viele Hausaufgaben. Vor allem sind es solche, die keiner versteht. Zumindest ich nicht. Deshalb mühe ich mich die erste Dreiviertel Stunde durch ein konfuses Alltagsportrait aus exaltiertem Hitler-Experten, tablettensüchtiger Ehefrau und einigen Patchwork-Kindern, von denen einer so allwissend zu sein scheint wie Sheldon Cooper. Worauf wollen Noah Baumbach und Don DeLillo eigentlich hinaus? Nach ungefähr 30 Minuten wäre auch die Möglichkeit gegeben, den Film einfach abzubrechen und sich Sinnvollerem zuzuwenden, denn zu viele leere Filmmeter scheinen abgespult, ohne ihren Zweck zu enthüllen. Anders als in The Meyerowitz Stories oder Marriage Story, die Baumbach selber verfasst hat und auch sein szenisches Gespür widerspiegeln, scheinen Buchadaptionen, vor allem diese hier, nicht die Stärke des Künstlers zu sein. Autorenfilmer ist nicht gleich literarischer Interpret, so viel scheint klar. Nach dieser halben Stunde aber konzentriert sich der Film auf das Katastrophenszenario, und wenn man da den Absprung verpasst hat, wird man auch bis zum Ende dranbleiben müssen. Dann geht es erst so richtig los, und obwohl Weißes Rauschen bereits 1985 geschrieben wurde, lassen sich vor allem in diesem filmischen Mittelteil so einige Seitenhiebe auf den medialen Umgang mit der Corona-Pandemie entdecken sowie auf das Erstarken einer Querdenker- und Besserwisser-Community. Dies geschieht leider nur am Rande, denn Baumbachs Verfilmung will dann doch wieder ganz etwas anderes, oder auf ganz anderem Wege sein diffuses Ziel erreichen, dass allerdings auch, um es als Hauptthema auszurufen, viel zu wenig fokussiert wird.

Weißes Rauschen ist ein verwirrendes Kunstwerk, liebäugelnd mit dem Farbspektrum der Achtziger und einer obsoleten Konsumgesellschaft, die ausgedient hat. Was das wieder mit dem Tod zu tun hat? Genaues lässt sich nicht herausfinden, und dennoch bleibt hier ein gewisses Staunen übrig, das daher rührt, nicht mehr vorhersagen zu können, was denn nun als nächstes geschieht. Ist das, was wir sehen, nun bedeutungsschwer oder so weit irreführend, dass hinter der Fassade einer kaspernden und wertelosen Gesellschaft nur diese Angst vor dem Tod steht, für die Lars Eidinger, der mittlerweile wie Landsmann Daniel Brühl vermehrt in internationalen Produktionen zu sehen ist, den richtigen Stoff hat.

Vielleicht – und das sogar ziemlich sicher – liest sich Weißes Rauschen besser als es sich ansehen lässt. Doch irgendwie hält dieser Reigen den Betrachter fest, als wäre man unfreiwilliger Teil einer Massenhysterie.

Weißes Rauschen

Glass Onion: A Knives Out Mystery

WER IM GLASHAUS SITZT

6/10


glassonion© 2022 Netflix Österreich


LAND / JAHR: USA 2022

BUCH / REGIE: RIAN JOHNSON

CAST: DANIEL CRAIG, JANELLE MONÁE, EDWARD NORTON, DAVE BAUTISTA, KATE HUDSON, KATHRYN HAHN, LESLIE ODOM JR., MADELYN CLINE, JESSICA HENWICK, NOAH SEGAN, ETHAN HAWKE, HUGH GRANT U. A. 

LÄNGE: 2 STD 20 MIN


Mit Rian Johnsons Whodunit Knives Out hätte Krimigöttin Agatha Christie eine Riesenfreude gehabt, war der doch ganz im Stile ihrer eigenen Fälle konzipiert, die manchmal so undurchschaubar waren, dass man sich als Leser nur noch wundern konnte, warum man auf die Wahrheiten dahinter nicht schon eher gestoßen war. Christie hat ihre kriminalistischen Abenteuer stets so verwoben, dass die Indizien und Verdachtsfälle in munterer Geistesgegenwart die richtigen Haken schlugen, ohne zu weit auszuholen. Johnson ist mit Knives Out genau diesen Anweisungen – oder anders gesagt: dem Stil des überschaubaren Kreises üblicher Verdächtiger – gefolgt. Das Ergebnis war von Christopher Plummer über Don Johnson bis Ana de Armas der illustre Reigen eines familiären Tohuwabohus, inmitten dieses Sturms im Herrenhaus Daniel Craig als moderner Hercule Poirot, genannt Benoit Blanc. Mit französischem Namen, aber ohne französischem Akzent. Für seine charmante, eloquente und auch zurückhaltende Art hat er sich wohl vom Gehirnakrobaten aus Belgien inspirieren lassen, den mittlerweile Kenneth Branagh in ganz anderen Filmen sehr solide nachinterpretiert. Blanc ist einer aus der Gegenwart. Ein bisschen wie Sherlock Holmes am Verzweifeln, wenn keine neuen Fälle eintrudeln. Von James Bond fehlt jede Spur.  

Und so wird Benoit Blanc in seinem zweiten Fall auf die Insel eines unanständig reichen Superreichen a la Elon Musk geladen, der mit seinen engsten Vertrauten ein luxuriöses Wochenende zu verbringen gedenkt, das noch dazu mit einem netten Cluedo-Spiel aufgepeppt werden soll, übertragen auf das Anwesen und all die netten Gäste. Was diesen Miles Bron am meisten überrascht, ist das Erscheinen seiner längst aufs Abstellgleis des Erfolges verfrachteten Business-Partnerin Andi, die ebenfalls eine dieser verzwickten Rätsel-Einladungen in Form einer Box erhalten hat. Dass Benoit Blanc auch noch aufschlägt, war im Gegensatz dazu überhaupt nicht vorgesehen. Doch der ist nun mal hier, und schon bald, nachdem alle ihre Ambitionen anhand langer Gespräche dargelegt haben, kommt es zum verhängnisvollen abendlichen Umtrunk. Einer streckt die Patschen, und es ist nicht der Hausherr, welcher im Spiel eigentlich das Opfer sein sollte.  

Rian Johnson setzt zu Beginn seines Glamour-Krimis die richtigen Hebel in Bewegung. Das Böse unter der Sonne lauert anfangs überall, wir haben das Mittelmeer, Leinenhosen umspielen Daniel Craigs Beine, Kate Hudson trägt einen breiten Sonnenhut wie seinerzeit Diana Rigg unter Guy Hamiltons Regie. Janelle Monáe (u. a. Moonlight, Harriet) unterstreicht ihre stoische Mimik mit flaschenbodengroßen Sonnengläsern. Während Dave Bautista, unser geliebter Drax aus dem Marvel-Kosmos, hier völlig aus der Agatha Christie-Reihe tanzt. Als tätowierter Youtube-Hüne ist er mit von der Partie und bringt das ganze Sammelsurium aus Motiven, Indizien und Manierismen auf einen etwas anderen Kurs. Und endlich – endlich darf Edward Norton wieder mal aus dem Nebenrollenschatten diverser Wes Anderson-Filme heraustreten und eine größere Rolle spielen, die ihm formidabel zu Gesicht steht. Als reicher Schnösel geht er problemlos durch, vielleicht spielt er sich auch ein bisschen selbst, ist doch klar, wie wenig umgänglich der Star hinter den Kulissen agieren kann.

Mit all diesem Potenzial sollte Johnson ein ähnlicher Spaß gelingen wie bei seinem Franchise-Kick Off. Und ja, es sieht alles danach aus. Die Charaktere sind wohlpositioniert, alle haben ihre Hühnchen, die sie mit Edward Norton rupfen wollen. Die Sonne brennt heiß, das Anwesen ist unübersichtlich genug, um zündende Mystery darin zu verstecken. Was für ein Filmabend, könnte man meinen. Und dann holt Johnson aus. Sehr weit, viel zu weit. Wie beim Stabhochsprung wuchtet er sich über die dramaturgische Latte, unter welcher kompaktes Rätselraten garantiert scheint – und ufert aus. Mit Rückblenden, die viel zu lange dauern, verwässert Glass Onion – A Knives Out Mystery seine Mitgefangen-Mitgehangen-Regel zu sehr, um seinen anfänglichen Suspense zu halten. Story Twists werden viel zu früh platziert, all die Motive der einzelnen Figuren so sehr ausgewalzt, als ginge es längst nicht mehr darum, einen Mord aufzuklären. Das ist nur bedingt interessant, wohingegen Mona Lisas Lächeln, das einmal hinter Panzerglas und dann wieder ohne erstrahlt, einen netten Sidekick ergibt, der für die Story aber ungenutzt bleibt. Genauso wenig wie manches Detail am Rande, dass mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. So ist schnell klar, worauf der Krimi, der nur noch zur Nebensache wird, hinausläuft. Und Benoit Blanc, der kann nicht viel mehr tun als seine Indizien-Rede zu schwingen und zuzusehen, wie sich die erfolgsverwöhnte Elite untereinander aufreibt. Genau das ist schließlich sehenswert, während die Hatz nach der Mörderin oder dem Mörder hinter dem Horizont des Mittelmeeres entschwindet.

Glass Onion: A Knives Out Mystery