Knights of Badassdom

EIN DÄMON FÜRS WOCHENENDE

6/10


knights-of-badassdom© 2013 Pandastorm Pictures


LAND / JAHR: USA 2013

REGIE: JOE LYNCH

CAST: RYAN KWANTEN, STEVE ZAHN, PETER DINKLAGE, SUMMER GLAU, DANNY PUDI, JIMMI SIMPSON U. A. 

LÄNGE: 1 STD 29 MIN


Jeder, der sich schon mal das bunte Treiben auf einer Comic-Con gegeben hat, wird wissen, was LARP bedeutet. Für jene, die das nicht wissen: LARP ist die Abkürzung für Live Action Role Playing – das Verb dazu lautet „larpen“. Was tut man da? Man wirft sich – vom Samtmieder bis zur chromschillernden Rüstung – in das vorzugsweise selbst genähte Outfit einer Epoche oder eines fiktiven Universums und schlüpft dabei physisch in die Rolle seines erwählten Charakters. Als Waffen gelten vorzugs- und rücksichtsvollerweise liebevoll ausgearbeitete Schmiedewaren aus Schaumstoff, mit welchen man den Gegner schadlos halten kann. Es gibt ein Thema, ein Come Together, mitunter epische Schlachten. Auch hierzulande in Österreich gibt’s LARP-Events, allerdings nicht so breit gefächert wie in Deutschland. Sowohl Historisches als auch High Fantasy wird hier nachgespielt, natürlich gibts auch komplette Eigenkreationen. Am Beeindruckendsten dabei sind allerdings nicht die aus dem Boden gestampften alternativen Welten, sondern die aufrichtige Leidenschaft, mit der die LARPer zur Sache gehen. Letzten Endes bleibt die Frage offen, wann denn endlich mal diese ganz besondere Art der Freizeitgestaltung auch filmtechnisch gewürdigt werden könnte. Das ist bereits geschehen – nämlich vor rund 8 Jahren. Mit dem so denkwürdig betitelten Streifen Knights of Badassdom.

Dieses Guilty Pleasure für selbstbewusste Nerds eignet sich auch bestens für solche, die sich nicht zwingend als Nerds oder Geeks deklarieren wollen, die sich allerdings in den Kreisen fachsimpelnder großer Kinder am wohlsten fühlen. Diesen Feel Good-Effekt nutzen Rollenspieler Hung und Eric ebenso, als sie den von Liebeskummer gepeinigten Joe für ein Wochenende und anfangs gegen seinen Willen in die idyllische Waldeinkehr für ein bevorstehendes LARP-Gefecht verschleppen. Eric, der Vorzeigemagier mit Level 15, kommt sich dabei ganz wichtig vor, hat er doch von irgendwoher einen uralten Schmöker mitgehen lassen, aus dem er eifrig magisch klingenden Kauderwelsch rezitiert. Was er dabei nicht weiß: ein waschechter Dämon hat sich durch diese Worte direkt angesprochen gefühlt – und wandelt alsbald mordend durch den Hain. Authentisch ist ja gut genug – übertreiben sollte man es trotzdem nicht, finden die Buddies und versuchen ihr Bestes, ihre heile Welt vor dem Übel der Bestie zu befreien, die obendrein noch wenig zimperlich vorgeht, wenn es heißt, sich am Blut unschuldiger Schildmaiden und ritterlicher Recken zu laben.

Da spritzt der grellrote Körpersaft und werden Torsi entherzt – natürlich auf einem handwerklich recht überschaubaren Level, sagen wir auf Augenhöhe mit günstig produzierten B-Movies, die das Gaudium eines Trashfilm-Publikums schüren. Für diesen derben Spaß hat sich neben Steve Zahn und Firefly-Ikone Summer Glau im nietenbesetzten Mini auch „Tyrion Lannister“ Peter Dinklage eingefunden, der in Kettenhemd und mit Gummischwertern allen die Show stiehlt und seine Rolle aus Game of Thrones persifliert. Wenn am Ende dann der ungelenke Bodysuit einer Höllenkreatur über die Ebene stapft und Gedärme verstreut, sind fast schon die Jack Arnold-Fifties zurückgekehrt.

Knights of Badassdom eignet sich perfekt dafür, einen Themenabend rund um realitätsferne und im Phantastischen verortete Leidenschaften feuchtfröhlich ausklingen zu lassen. Ein Spaß also, der Feinschmecker keinesfalls abholt, der verspielten Frohnaturen auch am Ende eines Tages voller kraftraubender Mittelalter-Celebrations noch Laune macht.

Knights of Badassdom

Uncle Frank

… AND WHAT I AM NEEDS NO EXCUSES

7/10


unclefrank© 2020 Amazon Studios

LAND: USA

DREHBUCH & REGIE: ALAN BALL

CAST: PAUL BETTANY, SOPHIA LILLIS, PETER MACDISSI, JUDY GREER, STEVE ZAHN, MARGO MARTINDALE, STEPHEN ROOT U. A.

LÄNGE: 1 STD 35 MIN


Erst diesen Herbst lud „Sheldon“ Jim Parsons alle seine Freunde zu einer Geburtstagsparty. Je später der Abend, desto mehr wurde das Ganze zur Gruppentherapie einer ganzen Schar Homosexueller (und einem Heterosexuellen), die sich ihrer schwierigen sozialen Lage mehr als bewusst wurden. The Boys in the Band ist übrigens ein ausgesprochen sehenswerter und berührender Film. Nicht weniger berührt Paul Bettany, der bei Jim Parsons nicht geladen war, der allerdings wunderbar diese Gruppe ergänzt hätte. Paul Bettany, bekannt als Vision aus den Marvel-Filmen und als Dryden Vos aus Solo – A Star Wars Story, gibt in diesem auf amazon prime veröffentlichten Drama eben jenen titelgebenden Uncle Frank, der sich Anfang der Siebzigerjahre mehr oder weniger von seiner Familie distanziert hat, da keiner wissen soll, dass auch er mehr auf Männer als auf Frauen steht. Der Vater, ein forscher Patriarch, dürfte schon so was geahnt haben, da er sich Frank gegenüber distanziert verhält. Als dieser stirbt, entschließt sich Frank, im Rahmen des Begräbnisses und inmitten seiner Familie sein Coming Out einzuplanen. An seiner Seite: Nichte Sophia Lillis (u. a. Es, Hänsel und Gretel), die in Frank so etwas wie ihren Seelenverwandten sieht und das ganze sensible Drama auch aus ihrer Sicht schildert.

Paul Bettany war nie besser. Wirklich nicht. Als New Yorker Literaturprofessor mit stilsicherem Oberlippenbart und gewinnendem Lächeln, der sich in urbanen Gefilden auch nicht davor scheut, sich zu seiner Beziehung mit einem Mann zu bekennen, mit der übermächtigen Figur seines Vaters allerdings zu kämpfen hat, entwickelt der Schauspieler ein nuanciertes Arrangement an Gefühlen, zeigt sich verletzlich und erschüttert. Tatsächlich lässt sich die Gefühlswelt von Uncle Frank lesen wie in einem offenen Buch, lässt sich die vernichtende Ablehnung der Vaterfigur nachspüren wie ein Amboss auf den eigenen Schultern. Gegen diese Ablehnung, gegen diese Mauer der Verachtung kämpft sich Bettany tränenreich und seine Scheu überwindend vor Richtung Akzeptanz, Toleranz und vielleicht auch Wohlwollen. Dazu braucht es Mut, gerade angesichts des fehlenden elterlichen Vertrauens ins eigene Kind. Alan Ball hat hier mit sehr viel Sorgfalt dieses emotionale Coming Out umschrieben und auch inszeniert, dank des gewinnenden und engagierten Casts ist das eine schöne, menschliche und nur in wenigen Momenten auch sentimentale Geschichte geworden, die letzten Endes manches dann vielleicht zu glatt zeichnet. Man könnte auch Zuversicht dazu sagen, und was wäre da dann verkehrt daran?

Uncle Frank

Joyride – Spritztour

EIN FALL VON SELBER SCHULD

6/10


joyride© 2001 Twentieth Century Fox Deutschland


LAND: USA 2001

REGIE: JOHN DAHL

CAST: PAUL WALKER, STEVE ZAHN, LEELEE SOBIESKI U. A. 

LÄNGE: 1 STD 38 MIN


Womit hat sich J. J. Abrams eigentlich herumgeschlagen, bevor er das Kultkino der 80er fürs 21. Jahrhunderts salonfähig gemacht hat? Er hat Drehbücher geschrieben. Zum Beispiel für das Amnesiedrama In Sachen Henry mit Harrison Ford. Oder für Forever Young, dem Kryonik-Drama mit Mel Gibson. Wohl eher weniger bekannt ist seine Vorlage für den Autobahn-Psychothriller Joyride – Spritztour von Genrespezialist John Dahl (Red Rock West). J. J. Abrams ist ja irgendwie so ein verspielter Kerl wie Steven Spielberg es zu seinen besten Zeiten gewesen war. Dessen Lebenswerk dürfte Abrams mit Sicherheit auch inspiriert haben, da braucht man sich nur Super 8 anzusehen. Der Mann hat ein Händchen für Suspense und Spannung, für Figuren und deren Beziehung untereinander. Seine Filme wirken lebendig, und nicht wie aufgewärmte Variationen etablierter Klassiker. Abrams hat auch den Mut, neues zu wagen. Aber nicht immer. Sein Script zu Joyride ist eine deftigere Version des 70er-Fernsehthrillers Duell von – wie kann es anders sein ­- eben Steven Spielberg, der damit eines der besten Genrestücke abgeliefert hat, die mit wenig Budget größtmögliche Wirkung erzielen. Für die, die das Szenario nicht kennen: ein Mann fährt mit seinem Auto den Highway entlang und wird von einem schwarzen Truck verfolgt, dessen Fahrer man nie zu Gesicht bekommt. Mehr ist es nicht – doch das reicht schon, um mit Spaß an der Freude und den Versatzstücken aus Paranoia und dem Unberechenbaren herumzujonglieren. Macht und Ohnmacht wurde selten so gnadenlos gut auf grobe Muster reduziert.

Joyride ist ähnlich. Auch hier jagt bald ein dunkler Truck die formschöne Karre von Paul Walker und Steve Zahn. Diesmal aber, im Gegensatz zu Duell, aus gutem Grund: die beiden Brüder erlauben sich einen schlechten Scherz mit einem Trucker, der glaubt, das Date seines Lebens zu verbuchen. Walker tut nämlich auf leichtes Mädchen und lockt den Unbekannten, dessen Funk-Pseudonym „Rostiger Nagel“ lautet, um Mitternacht in ein Motel. Natürlich ist dort vom Date keine Spur. Solche Spielchen kann man treiben – muss man aber nicht. Und wenn doch, sollte man in Betracht ziehen, dass manche einen ganz anderen Sinn für Humor an den Tag legen als die, die andere bis zur Peinlichkeit triezen wollen. Durchaus kann es passieren, dass dieser andere gar einer ist, der nicht ganz so eine gesunde Psyche an den Tag legt wie du und ich.

Was folgt, ist ein Katz- und Mausspiel. Falsche Fährten und gemeine Finten wechseln sich ab, irgendwann ist auch noch Leelee Sobieski mit dabei. Das alles ist schön auf Zug inszeniert, doch das Nachsetzen des Psychopathen ist eine hausgemachte Sache, nicht so eine völlig ungeahnte Katastrophe, die aus heiterem Himmel kommt wie bei Duell. Abrams und Dahl machen aus diesem David gegen Goliath-Konzept einen handfesten Thriller mit allem, was dazugehört, von verstörender Gewalt bis zum eskalierenden Showdown. Von perfiden dramaturgischen, aber doch halbwegs zu erahnenden Hakenschlägen bis zur Anonymität des Bösen. Joyride ist ein Fall von selber schuld – ohne Chance auf ein klärendes Gespräch.

Wenn ihr erst kürzlich den Thriller Unhinged mit Russel Crowe gesehen habt, der ungefähr in dieselbe Kerbe schlägt, könnt ihr John Dahls Reißer schon mal richtig einordnen. Im Grunde ein ähnlicher Film, nur das Böse hat dort Star-Appeal.

Joyride – Spritztour

Bernadette

KREATIV DURCH DIE KRISE

6/10

 

bernadette© 2018 Universum Film GmbH

 

LAND: USA 2018

REGIE: RICHARD LINKLATER

CAST: CATE BLANCHETT, BILLY CRUDUP, KRISTEN WIIG, EMMA NELSON, JUDY GREER, LAURENCE FISHBURNE, STEVE ZAHN U. A. 

 

Da sieht man mal wieder, das Geld allein überhaupt nicht glücklich macht. Diese Frau, Bernadette, hat alles, was man nur haben kann. Einen Gatten, der mit Microsoft (Achtung: dieser Film kann Produktplatzierungen enthalten!) große Kohle macht. Eine kluge Tochter, ein herrschaftliches Anwesen, da wird selbst die Addams Family neidisch. Und wenn Familie Fox mal in die Antarktis will, dann fliegt sie einfach in die Antarktis. Kostet doch nur mehrere tausend Dollar pro Person, das zahlt die Portokassa.

Bernadette, die war mal eine berühmte Architektin, eine Koryphäe auf ihrem Gebiet. Eine Visionärin und kreativer Kopf, wie es kaum einen zweiten in dieser fiktiven Realität gegeben haben kann. 18 Visionen will diese, bezugnehmend auf ihre Namensvetterin aus Lourdes mit ihren 18 Sichtungen, umsetzen. Doch schon Idee Nr. 2 hat ein trauriges Schicksal erleiden müssen. Und seitdem gibt’s keine Entwürfe mehr. Familie, Kind und Eigenheim, sowieso sehr extravagant und nach eigenem Geschmack eingerichtet, sollte zukünftig reichen. Tut es aber nicht. Eine Künstlerin wie Bernadette, die wird da ganz unrund. Wenn ein Sonderling also in die Midlife- bzw. Existenzkrise schlittert, dann haben wir es meist mit Woody Allen zu tun. Nein, diesmal ist es aber Cate Blanchett als verschrobene Sonnenbrillenträgerin (auch wenn’s bewölkt ist) und Hassobjekt der Nachbarin. Irgendwas muss sich ändern. Und wenn es die Reise an den Südpol ist, wovon die an Sheldon Cooper erinnernde Neurotikerin nur alpträumen kann.

Talk King und Coming of Age-Guru Richard Linklater meldet sich wieder zu Wort, und ja, auch relativ wortgewaltig. Gesprochen und diskutiert und natürlich auch gejammert wird viel, wie gesagt fast schon in Woody Allen´scher Manier, aber längst nicht so beseelt von raffiniertem Allerwelt-Zynismus. Cate Blanchett sucht ihre Identität, zwischen allerlei Baukunst, fenzy Interieur und auf Kosten vieler. Egoismus kann man ihr nicht wirklich vorwerfen – oder doch? Weltfremdheit zumindest? Ja, die vielleicht. Also sucht sie sich und ihre Leidenschaft fürs Leben, und gemäß der Weisheit, die uns auf jedem einschlägigen Spruchkalender, sofern wir einen haben, morgendlich entgegensinniert, bedarf es manchmal eines Orts- bzw. Perspektivwechsels. Hatte ich nicht die Antarktis erwähnt? Genau – dorthin verschwindet Bernadette plötzlich. Ohne Auf Wiedersehen zu sagen. Gut, wenn schon Auszeit, dann richtig. Allerdings hat Linklater aufgrund seines womöglich begrenzten Budgets Grönland der ewigen südlichen Eiswüste den Vorzug gegeben. Die Pinguine sind wahrscheinlich aus dem Tiergarten. Aber sei´s drum, so viel Low Budget muss sein. Es geht doch um die Message dahinter. Um den Frust von in die Enge getriebener Künstler. Die, sofern sie nicht was weiß ich was kreieren können, anderen auf den Wecker fallen.

Bernadette ist ein filmgewordenes Unterschriftesammeln für ein Mehr an Verständnis für jene, die nicht unbedingt das Rad neu erfinden, aber neu gestalten können. Die für mehr frischen Wind sorgen können – wenn man sie lässt – oder sie sich selbst lassen. Natürlich findet da Cate Blanchett vorzüglich in ihre Rolle, vielleicht aber auch, weil sie ein bisschen selber so sein könnte. Exaltiert, abenteuerlustig, und manchmal, wie jeder Mensch auch, von liebenswürdiger Nervigkeit.

Bernadette

Planet der Affen: Survival

AUF DIE BÄUME!

7,5/10

 

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REGIE: MATT REEVES
MIT ANDY SERKIS, WOODY HARRELSON, STEVE ZAHN, AMIAH MILLER

 

Das Sympathische an Andy Serkis ist, dass laut eigener Aussage sein Gesicht niemand kennen muss. Dieser angenehm uneitle Performancekünstler ist ein Handwerker auf dem Gipfel seines Könnens. Und sein Erfolg liegt in der Spezialisierung seiner Arbeit: Es ist die des Motion Capture. Eine kinematographische Kunstrichtung, die ihre holprigen Anfänge in Filmen wie Beowulf und Der Polarexpress hatte, beide von Robert Zemeckis. Anstatt die Technik des Ganzkörper-Marionettentheaters zu verfeinern, überließ der Schöpfer von Zurück in die Zukunft und Forrest Gump das Feld jemand anderem. Bekannt wurde Serkis durch sein Quasi Alter Ego Gollum aus den Herr der Ringe-Filmen. Die tragische Kreatur war der Beginn einer erstaunlichen Erfolgsgeschichte. Ihren vollendeten Status Quo findet die ausgefeilte Kinoillusion in der Trilogie über die Affen-Genese. Dabei war selbst im Zeitraum von 6 Jahren, von 2011 bis 2017, ein erstaunliches Qualitätsgefälle nach oben hin zu beobachten. Was den Zuseher mittlerweile im dritten und vorläufig letzten Teil des apokalyptischen Evolutionswechsels erwartet, ist der aktuelle Stand der Technik – und kaum bis gar nicht mehr von der Realität zu unterscheiden. Schon gar nicht, wenn keine Vergleiche mit echten Primaten zur Hand sind, was im Kino wohl eher schwer zu bewerkstelligen ist. Bewegung, Körper, Struktur und vor allem Gesichter sind sogar im Close Up auf der großen Leinwand so dermaßen täuschend echt, dass man versucht ist, an Wunder zu glauben. Für Außenstehende gibt’s hier keine technisch nachvollziehbare Erklärung mehr. Vor allem keine, die ein Laie versteht. Die Perfektion der Texturen ist gewaltig. Das Zusammenspiel realer Settings mit den computergenerierten Körpern ist lückenlos. Schmunzelnd denke ich an Zeiten zurück, in denen das Agieren der Schauspieler vor der Blue Screen von einer scherenschnittartigen hellen Corona umgeben war. Auch nicht schlecht, zumindest für damals. Hätten die Trickser von damals gewusst, welchen Olymp die Technik des Kinos erreichen kann, hätten sie vor lauter Scham ihre Ideen gar nicht erst umgesetzt. Doch ohne deren Ideen wären wir jetzt nicht da, wo wie jetzt sind. Inmitten von lebendig gewordenen Affen. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Motion Capture Performance womöglich zu einer neuen Oscar-Disziplin wird. Steve Zahn als Eremiten-Schimpanse „Bad Ape“ wäre da schon eine Nominierung wert.

Das seit Cloverfield allseits bekannte Naturtalent Matt Reeves holt nun mit Planet der Affen: Survival zum finalen Rundumschlag aus, an dem sowohl Mensch wie auch Affe zu kiefeln haben werden. Denn in Anbetracht des evolutionären Wetteiferns zwischen befellten und fellfreien Primaten kann es aufgrund von Kapazitätsschwierigkeiten auf dem Planeten Erde nur zu einem Entweder-Oder kommen. Einer von beiden muss die Nische verlassen. Doch kein Wesen räumt freiwillig das kognitive Feld. Da muss die Natur schon selbst eingreifen, und zwar mit einem Virus. Mehr wird hier nicht verraten. So verzweifelt Homo sapiens auch um die Vorherrschaft kämpft, so verzweifelt suchen Schimpanse, Bonobo und Co einen friedlichen Ausweg – angesichts dieser Tatsache hätte Primatologin und Umweltschützerin Jane Goddall schlaflose Nächte, zählen doch vor allem Goddall´s Lieblinge zu einer relativ aggressiven Spezies. Doch in einer dystopischen alternativen Zukunft ist alles möglich. Da reflektiert selbst der Wildeste seine Gewaltbereitschaft. So nicht der Mensch. Reeves versteht sein spannendes, hochdramatisches Finale als einen atmosphärischen Abgesang auf Gewalt, Unterjochung und Rassismus, irgendwo zwischen The Revenant und Gesprengte Ketten. Den drohenden Niedergang der Menschheit als bitteren Gefängnisfilm zu inszenieren, hat was. Der Film verbeugt sich aber auch tief vor Francis Ford Coppolas Vietnamkriegsinferno Apokalypse Now. Die Verballhornung Ape-okalypse Now gilt mittlerweile als Schlagwort für die Affenkrise, und auch der famose Woody Harrelson spielt seine Rolle des endzeitlichen Colonel Kurtz mit geradezu sadistischer Leidenschaft. Er sieht Marlon Brando szenenweise sogar zum Verwechseln ähnlich, vor allem in einer ganz bestimmten Schlüsselszene gegen Ende des Filmes, die wohl zu den Besten des ganzen Filmes zählt. 

Das Ende des Filmes ist es aber dann auch, das Reeves leider nicht ganz zufrieden-stellend hinbekommt. Seine Konsequenz im Erzählen in allen Ehren, doch seine Bequemlichkeit zugunsten höherer Mächte geht auf Kosten einer Radikalität, die ich erwartet hätte. Mit einem Knalleffekt, der fast schon am Präsentierteller dargereicht worden wäre, hätte Planet der Affen: Survival ein fast schon geniales Opus Magnum werden können. So aber wirkt die Apokalypse doch wieder allzu versöhnlich, und die künstliche Sonne beleuchtet unter Tränen eine ungewisse, aber allzu milde Zukunft.

Planet der Affen: Survival