Tom & Jerry

TIERE IM HOTEL

4,5/10


tomundjerry© 2021 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: TIM STORY

CAST: CHLOË GRACE MORETZ, MICHAEL PEÑA, COLIN JOST, ROB DELANEY, PALLAVI SHARDA, KEN JEONG U. A. 

LÄNGE: 1 STD 41 MIN


Wer hätte das gedacht: das streitlustige Kultduo, das weder ohneeinander noch miteinander kann, konnte sage und schreibe siebenmal den Oscar für den besten Kurzfilm abräumen. Dazu zählen legendäre Klassiker wie jener, in welchem Tom ein nicht ganz unproblematisches Klavierkonzert gibt. Eine Sternstunde der animierten Slapstickkunst. Mit Tom & Jerry ist man aufgewachsen – hierzulande im deutschsprachigen Raum verbindet man die beiden natürlich mit Udo Jürgens‘ Hit Vielen Dank für die Blumen. Tom & Jerry ist Fernsehkindheit der vergnüglichsten Sorte, und jedes Mal, wenn Tom am Ende das Buch zerreißt, hieß es schmerzlich Abschied nehmen. Man hätte den beiden stunden-, wenn nicht gar tagelang zusehen können. Vor allem auch deshalb, weil, egal wie sehr Tom Jerry und Jerry Tom auch eines ausgewischt hat – gerade aufgrund dieser bizarren Formen blutloser Gewalt, von denen beide niemals langfristigen Schaden nahmen, konnte die Martial Art urbaner Haustiere solche humoristischen Qualitäten erreichen.

Und es braucht auch sonst nichts, wenn man Tom & Jerry sehen will. Schon gar keine Menschen. Na gut, ab und an schiebt sich die matronenhafte Hausherrin ins Bild, maximal bis zum gerüschten Unterrock. Denn das ist die Welt der beiden Buddys – so wie die Welt der Peanuts keine Erwachsenen braucht, die sowieso nur Kauderwelsch reden. Tom & Jerry wiederum sprechen kein Wort – das verleiht ihnen den Charakter eines Charlie Chaplin oder Buster Keaton, Legenden aus der Stummfilmära. Dadurch wird ihr Treiben universell und ihre Akrobatik angenehm unkommentiert.

Aufgrund dieser Faktoren ist es schwierig, Tom & Jerry in den Kontext eines abendfüllenden Spielfilms zu zwängen und den beiden mehr als nur den gegenwärtigen Moment zu bescheren. Gut, man hat es probiert. Und mit Chloë Grace Moretz auch den menschelnden Sidekick gefunden. Die junge Dame gibt eine charmante Betrügerin, die es schafft, in einem der renommiertesten Hotels in New York unterzukommen – mit dem Lebenslauf einer anderen, viel kompetenteren Person. Ihre Aufgabe: für den reibungslosen Ablauf einer Influencer-Hochzeit zu sorgen, die alle Stückchen spielen soll. Problem dabei: Mäuserich Jerry macht es sich in den Gemäuern der edlen Immobilie gemütlich. Und Kater Tom, der in Chloë Grace Moretz‘ Dienste gestellt wird, soll seinen Erzfeind gefälligst vertreiben, denn ein Mausproblem kann man hier gar nicht brauchen.

In Sachen Plot war’s das auch schon. Ach ja, Michael Peña gibt hier noch den relativ herablassenden Eventmanager. Nettes Detail am Rande: alle Tiere, die hier auftreten, sind animiert. Doch das macht keinen Unterschied mehr: Tom & Jerry von Tim Story (The Fantastic Four, Shaft (2019)) ist ein stellenweise recht überzeichneter und wenig eleganter Familienfilm, der die gewohnten und von uns so heiß geliebten Querelen der beiden Hassliebenden in eine ungemein generische und wenig originelle Story bettet. Muss das sein? Nein, muss es nicht – letzten Enden harrt das Publikum während halbgarer Textpassagen nur geduldig dem  nächsten tierischen Schlagabtausch entgegen. Gerade anfangs lässt sich Story viel zu viel Zeit und plant auch viel zu lange Sequenzen ohne jeglichen animierten Unfug mit ein.

Tom & Jerry (nicht der Film, sondern alles andere) ist etwas für Puristen – wenn man Tom & Jerry sieht, braucht man keinen Überbau, keine vorhersehbaren Geschichten mit Menschen, deren Präsenz nicht wirklich erwünscht ist. Tom & Jerry genügt sich selbst. Das wiederum war Warner Bros. nicht genug. Resümee des ganzen: Die zeitlosen Fünfminüter der beiden Fellchaoten sind und bleiben das einzig Wahre.

Tom & Jerry

Boss Level

GUTEN MORGEN, LIEBE SORGEN

6,5/10


boss_level© 2021 Leonine


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: JOE CARNAHAN

CAST: FRANK GRILLO, NAOMI WATTS, MEL GIBSON, WILL SASSO, ANNABELLE WALLIS, MICHELLE YEOH, KEN JEONG U. A. 

LÄNGE: 1 STD 41 MIN


Da ist es unserem geschätzten Bill Murray innerhalb seiner Zeitschleife ja noch ganz gut ergangen. Der notorische Misanthrop hat zwar allen die Freude am Alltag versaut und einmal gar das Murmeltier entführt, aber so wirklich schlechte Karten waren da nicht im Spiel. Zumindest nicht im Vergleich zur Situation von Frank Grillo, den Sylvester Stallone bei seinem in den Startlöchern stehenden Expendables 4 gefälligst mit auf die Gästeliste nehmen sollte. Denn den gern gebuchten B-Movie-Star und Marvel-Schurken mit dem Körperbau eines Arnold Schwarzenegger zu seinen besten Zeiten kitzelt des Morgens nicht die Sonne, sondern die scharfe Klinge einer Machete. Wer um alles in der Welt hat es auf Söldner Roy um diese Zeit schon abgesehen? Und warum? Keine Ahnung, wie viele Tode der Mann erlitten haben muss, um irgendwann beim nächsten Hahnenschrei entsprechend pfeilschnell reagieren zu können. Natürlich hängt Grillo, wie er selbst bald feststellt, in einer Zeitschleife. Was ja an sich schon irgendwie nervig erscheint, es sei denn, man arbeitet sich zum Menschenfreund durch wie Phil Connors. Doch an diesem einen Tag scheint es die ganze Welt auf den wuchtigen Schönling abgesehen zu haben. Von der Klingen-Amazone bis zum Gatling-Virtuosen spielt hier der Tod alle Stücke. Und Grillo macht den Hasen, während er versucht, Licht ins Dunkel seines Dilemmas zu bringen, sich um seinen Sohn zu kümmern und das Ende der Welt zu verhindern. Ein bissl viel für einen Wochentag.

Grillo hat aber echt Spaß daran. Boss Level ist ein großzügig ironisches Guilty Pleasure, ein knackiges, bunt bebildertes B-Action-Movie, in dem der Verputz nur so von den Wänden bröckelt. Überraschenderweise finden wir hier Charakterdarstellerin Naomi Watts. Warum eigentlich nicht, mal was ganz anderes. Ausnahmsweise ist das hier mal kein Film, den Cineasten auf der Liste haben müssten. Tut gut, hier zwischen Bomben und Granaten und vom Halse rutschenden Köpfen relativ unentdeckt zu bleiben. Als Miesepeter fungiert der auf schnelle Kinokost umgesattelte Mel Gibson, der es immerhin noch besser draufhat als Bruce Willis und den zigarrenrauchenden Neureichen gibt, der das Geld hat und somit anschafft. An der Besetzungsliste ist also nicht geschludert worden – und selbst die wasweißichwievielte Version des Murmeltiertags, die sogar schon Tom Cruise in Edge of Tomorrow interpretieren hat müssen, macht hier, unter Joe Carnahans Regie (The Grey, Smokin‘ Aces) durchaus und noch viel besser mit Bier und Knabberzeugs gute Laune.

Der richtige Spaß an der Sache entsteht aber erst, als unser Actionheld versucht, den Tag unter Aufgebot all seiner Multitasking-Kenntnisse so hinzubiegen, dass letzten Endes alles seine Ordnung hat. Wie in einem Konsolenspiel heißt es hier Game Over nach Game Over, und da es mehrere Tasks zu erledigen gibt statt nur den einen, nämlich sich selbst zu einem besseren Menschen zu machen, frohlockt bei diesem Szenario die Neugier, einfach wissen zu wollen, welche Prioritäten der gute Mann nun setzen muss. Und die Tage, an denen alles misslingt – nun, da spricht Grillos Resignation einem fast schon aus der Seele.

Boss Level

Die bunte Seite des Monds

MYTHENJAGD AM ERDTRABANTEN

6,5/10


bunteseitedesmondes© 2020 Netflix, Inc.


LAND / JAHR: USA 2020

REGIE: GLEN KEANE, JOHN KARS

MIT DEN STIMMEN VON (ORIGINAL): CATHY ANG, ROBERT G. CHIU, KEN JEONG, SANDRA OH, KIMIKO GLENN, PHILLIPA SOO U. A. 

LÄNGE: 1 STD 40 MIN


In China filmtechnisch Fuß zu fassen scheint schon längst das oberste Anliegen sämtlicher Medienkonzerne zu sein, allen voran Disney, das nach Mulan Monate später noch sein wunderschön getrickstes Märchen Raya und der letzte Drache nachgeschossen hat. Beide Filme finden ihre Entfaltung auf den Ebenen zwischen tibetischem Hochland und der Wüste Gobi – der eine ganz konkret, der andere tut zwar so, als wäre die Welt eine phantastische, blättert aber ganz offensichtlich im folkloristischen Ausstattungskatalog des Reichs der Mitte herum. Und es ist nicht leicht, den dortigen Filmmarkt und überdies noch das Publikum für sich zu gewinnen. Es sei denn, man holt sich lokale Partner ins Boot, die den Ehevertrag aus Do´s und Don´ts gleich mitbringen. Am liebsten sind natürlich harmlose Familiengeschichten fern jeglichen scheelen Blickes auf Vater Staat. Historienfilme kommen da auch immer gut an, da geht’s schließlich ums jahrtausendealte Fundament eines nationalen Selbstbewusstseins.

Nicht nur Disney biedert da etwas überdeutlich herum – auch Netflix klopft an die fernöstliche Pforte. Mit seinem selbstredend harmlosen, familientauglichen und überdies knallbunten Singspiel Die bunte Seite des Monds und winkt dabei mit wohlbekannten chinesischen Mythen – nämlich jenen rund um Mondgöttin Chang’e und ihren Jadehasen. Ein Film, der das chinesische Publikum ganz sicher abholen wird. Im Filmbiz wie diesem wird nämlich nichts produziert, nur weil es künstlerischen oder ideellen Wert hätte. Es wird produziert, weil es Profit bringen kann. Die bunte Seite des Mondes ist genauso ein Film. Ein durchgeplanter, nach Formeln funktionierender, marketingtechnisch nichts dem Zufall überlassender Unterhaltungsfilm, der auf global gültige Werte setzt. Wie so meist geht´s um elterlichen Verlust und um die Trauerarbeit eines Kindes, das nicht weiß, wohin mit seiner übriggebliebenen Liebe für seine verstorbene Mutter.

Dieses Mädchen, Fei Fei, findet in den Legenden um Göttin Chang’e eine Schwester im Geiste. Chang’e, durch einen Trank unsterblich, wartet den Erzählungen nach schon eine Ewigkeit auf ihren Mann Houyi, von dem sie, auf den Mond verbannt, getrennt wurde. Eine Liebe also, die sich nirgendwo hin kanalisieren lässt. Frustrierend auch für Fei Fei, dass niemand sonst an die reale Existenz dieses Mythos glauben mag. Also bastelt das gewiefte Mädchen eine Rakete, setzt ihr Kaninchen auf den Beifahrersitz und wie durch ein Wunder schafft sie es tatsächlich auf unseren Trabanten. Hinterm Mond gleich links dann die Stadt Lunaria. Wo Chang’e tatsächlich existiert. Und die Fei Feis Hilfe benötigt, um ihren Gatten endlich wieder in die Arme schließen zu können.

Aufgetischt wird ein üppiges Familienabenteuer mit allen dazugehörigen Versatzstücken, die so ein Film natürlich braucht. Witzige Kerlchen, knuffige Tierchen, elegante Göttinnen und neben leicht verdaulichen Sentimentalitäten auch jede Menge Slapstick. Wirklich berauschend ist dabei die optische Umsetzung und die beeindruckend plastische Physis der Figuren, Welten und astralen Interieurs, die manchmal so viel Mut zur Abstraktion haben wie Pixar. In nichts steht Die bunte Seite des Monds der optischen Raffinesse von Raya und der letzte Drache nach. Überdies ist der Charakter der Fei Fei nicht so sehr von ihrer Mission eingenommen wie manch eine andere junge Heldin. Fei Fei zuzusehen macht Spaß. Die Musik teilweise weniger. Dass Filme wie diese als Musical astrein funktionieren, ist mit Ausnahme eines führenden Ohrwurms, den es auch hier gibt, selten der Fall. Wäre also meiner Meinung nach nicht notwendig gewesen, hier andauernd das Glas zum Klirren zu bringen. Aber wenn das Disney andauernd tut, kann es, wenn es nichts nutzt, auch nicht groß schaden.

Das farbintensive Stelldichein vor der Finsternis des Alls wird  – und das ist der eigentliche Grund, sich diesen Film anzusehen – zum visuellen, gestalterisch durchaus innovativen Genuss, der sich von Miró und Pink Floyd inspirieren ließ und der eigentlich noch mehr überzeugt als Disneys taufrisches Fernost-Abenteuer.

Die bunte Seite des Monds

Killing Hasselhoff

TOTGESAGTE LEBEN LÄNGER

4/10

 

killinghoff© 2017 Universal Pictures / Quelle: darkagent.blogsit.net

 

LAND: USA 2017

REGIE: Darren Grant

Mit David Hasselhoff, Ken Jeong, Rhys Darby, Michael Winslow u. a.

 

Erste Regel: Don´t hassle the Hoff. Zweite Regel: Tust du es doch, tritt automatisch Regel Nr. 1 in Kraft. Denn mit he Hoff legt man sich grundsätzlich nicht an. Niemals nicht. Gut, man kann warten, bis er ins Gras beißt. Tut er das nicht, kann man ja auch mal da oder dort nachhelfen. Vor allem, wenn mächtig Kohle dabei herausspringt. Vorausgesetzt, man gewinnt die Wette, welcher Promi zuerst das Zeitliche segnet. Wäre es David Hasselhoff, hätte Ken Jeong, bekannt als ausgeflippter Asiat aus der Hangover-Trilogie, mehr als ausgesorgt. Der Nachtclub wäre nicht mehr verschuldet, und bei so manch bösem Buben wäre der Alltime-Loser schuldenfrei, was außerdem noch für die körperliche Gesundheit begünstigend wäre. Also dann, nichts wie ran an den alten Rettungsschwimmer, der auch nach so vielen Jahren Bildschirmabstinenz immer noch Kultstatus genießt.

Dieser Hasselhoff-Mythos, der rührt nicht nur von Baywatch her. Da war in den 80ern noch etwas ganz anders, was uns vor die Glotze getrieben hat: nämlich Knight Rider. Ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Unrecht – damals hat das sprechende Auto K.I.T.T. Hasselhoff ohnehin die Show gestohlen, dem fast zwei Meter großen Gigolo mit Lederjacke und Dauerwelle. Dennoch hat es für den Einlass in den Serien-Olymp gereicht. Und gesungen – gesungen hat der sympathische Kalifornier auch noch. Das ist jetzt kein akustisches Must-Hear, aber dennoch ein nostalgischer Ausflug in eine Zei des persönlichen wie politischen Um- und Aufbruchs. Looking for Freedom. Besser ließ sich die Wende damals ja gar nicht beschreiben.

Mittlerweile ist Hasselhoff Symbol der skurrilen, unfreiwillig komischen, aber liebenswerten Achtziger und beginnenden Neunziger geworden. Für Selbstironie, herzhaftem Trash und TV-Score-Party. Brusthaar und Baywatch-Boje inklusive. Bei soviel Guilty Pleasure ist Killing Hasselhoff für die Achtziger-Generation fast schon Pflicht. So wie die Expendables. dem Halali alternder Actionstars mit Sinn fürs Rezitieren popkultureller Zitate. Wobei mir einfällt: Hasselhoff war niemals bei Stallones Retro-Ballerei zugegen, nicht mal als Cameo. Dafür aber bei Guardians of Galaxy Vol.2, und das unter Lachgarantie. Und bitteschön – hier hat er seinen eigenen Film. Für welchen er sich, hätte the Hoff nicht gar so viel Selbstironie, geradezu fremdschämen müsste. Denn Killing Hasselhoff ist seichter Klamauk zwischen Hangover und Kill the Boss, im Grunde miserabel erdichtet und unbeholfen inszeniert. Die Witzkiste strotzt vor peinlichen Kalauern, und wäre David Hasselhoff nicht das Objekt der Begierde und gäbe es nicht jede Menge Reminiszenzen an die TV-Highlights vergangener Jahrzehnte, wäre Killing Hasselhoff zu vergessen. Im Grunde ist es das ja auch, nur der in die Jahre gekommene, lange Lulatsch mitsamt seiner kindlichen Spielfreude und eingezogener Altmännerwampe baggert sich ins Gedächtnis. Aber war das nicht der Grund, warum ich mir die Mordversuche an Mitch Buchannon aka Michael Knight trotz begrenzter Lebenszeit überhaupt erst angetan habe?

Killing Hasselhoff