Blood & Gold (2023)

EIN WESTERN AUS DEM WELTKRIEG

5/10


BloodAndGold© 2023 Netflix Österreich / Reiner Bajo


LAND / JAHR: DEUTSCHLAND 2023

REGIE: PETER THORWARTH

BUCH: STEFAN BARTH

CAST: ROBERT MAASER, MARIE HACKE, ALEXANDER SCHEER, SIMON RUPP, JÖRDIS TRIEBEL, CHRISTIAN KAHRMANN, STEPHAN GROSSMANN, JOCHEN NICKEL U. A.

LÄNGE: 1 STD 40 MIN


Schon die längste Zeit versteht Peter Thorwarth das Handwerk des Filmemachens, bereits 1999 entstand unter seiner Regie die mittlerweile doch schon als moderner Klassiker verehrte Actionkomödie Bang Boom Bang. Die Liaison mit Netflix hingegen ist noch relativ jung und hatte seinen Einstand mit der originellen Mischung aus Vampir-Horror, Katastrophenfilm und Actionthriller: Blood Red Sky. So wirklich in Erinnerung blieb dabei auf alle Fälle Peri Baumeisters zum blutdürstenden Dämon verändertes Äußeres, dass den Vampiren aus Brennen muss Salem oder gar dem guten alten Nosferatu sehr nahekam. Das alles ist handwerklich gut gemacht, das muss man sagen, doch eine vielbefahrene Piste, auf welcher das Flugzeug letztlich landen musste. In seinem neuen, auf den Fantasy Filmfest Nights  erstmals gezeigten Reißer Blood & Gold fließt zwar auch jede Menge Körpersaft, doch die Ursache dafür hat keinen paranormalen Ursprung mehr. Peter Torwarth dreht die Zeit zurück bis zu den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945.

Irgendwo auf den Wiesen Deutschlands rennt ein Deserteur um sein Leben, der genug davon hat, die Gräueltaten der ohnehin schon gelieferten Meute an Nazi-Schergen weiter zu unterstützen. Überhaupt entsprach diese Geisteshaltung von Anfang an schon nicht seiner Wahrnehmung von der Welt, aber immerhin: besser spät als nie die Reißleine ziehen. Klar, dass das Obersturmbannführer von Starnfeld (Alexander Scheer, Gundermann) nicht gutheißen will und ihn aufknüpfen lässt. So baumelt er am Strick, als Bäuerin Elsa den halbtoten Soldaten befreit. Natürlich freunden sich beide an, während die für etwaige Partnerschaften altersmäßig gut geeignete junge Frau und ihr behinderter Bruder den Blondschopf wieder aufpäppeln. Gerade zur rechten Zeit, denn von Starnfelds marodierende Gang taucht wieder auf, um den Bauernhof auszuplündern. Es kommt, wie es kommen muss: Bevor es richtig unschön wird, muss Heinrich aus seinem Versteck, um Elsa beizustehen. Womit die eigentliche Story erst so richtig beginnt. Und die Sache mit dem Gold nur so nebenbei auch nochmal Erwähnung findet. Denn in der nahen Kleinstadt, da gibt’s was zu holen. Nur wo, ist die Frage. Und wer hat es?

Der (Welt)krieg und das unverwechselbare Edelmetall sind schon des Öfteren Synergien eingegangen, die zu Filmen wie Stoßtrupp Gold, Three Kings oder eben jüngst zum finnischen Exploitation-Actioner Sisu geführt haben. Für diesen Streifen hat Jalmari Helander genau gewusst, wo er den Genremix bedienen muss, um knackiges Abenteuerkino mit Blutverlust schwer unterhaltsam anzulegen. Peter Thorwarth sitzt da nicht so fest im Sattel. Womit wir beim Genre des Westerns wären. Denn Thorwarth, der lässt seine Goldsuche im Stile einer Pferdeoper vorangaloppieren, auch diesmal wieder auf gern frequentierten Pfaden. Dabei variiert er weder die gängigen Versatzstücke, die gerne verwendet werden, um Halfter-Schurken, die aussehen wie SS-Finsterlinge, darzustellen – noch lässt sich ein ehrgeiziges Bemühen erkennen, seinen für Rache und Gerechtigkeit kämpfenden Protagonisten mehr Charisma zu verleihen als nur irgend nötig. Robert Maaser als Deserteur Heinrich, dem jegliches noch so kleine Quäntchen an Humor oder gar Selbstironie fehlt, wirkt dadurch nicht gerade durch welche Ideale auch immer inspiriert. Auch Maria Hacke als Elsa setzt ihre Rolle viel zu farb- und freudlos an. Von Jördis Triebel ganz zu schweigen. Scheer wiederum ist das wandelnde Klischee eines grotesken Nazi-Monsters. Am besten ist immer noch Simon Rupp: der Bruder, der sich um die Milchkuh schert und dann zu den Waffen greift, ist der geheime Star des Films. Nichts anderes spiegelt dort so sehr die Wut an den beschämenden Verbrechen wider, die das Hitler-Regime damals ausgeübt hat.

Wenn man davon absieht, dass die mit den Ohrwürmern Zarah Leanders und Co unterlegten, recht solide inszenierten Actionszenen tatsächlich Spaß machen, bleibt von Blood & Gold nicht sehr viel übrig, was wirklich einen gewissen Erinnerungswert haben könnte. Manieristisch, formelhaft und bar jeglicher Satire geht die dunkle Ära der Nazis wiedermal zu Ende.

Blood & Gold (2023)

Wonder Woman

LADYS FIRST!

7/10

 

wonderwoman

REGIE: PATTY JENKINS
MIT GAL GADOT, CHRIS PINE, CONNIE NIELSEN, DAVID THEWLIS

 

Man kann an Zac Snyders Superheldenclash Batman vs. Superman zur Genüge herummäkeln – eines hat der einstige Visionär wirklich gut gemacht: Die Rolle der Wonder Woman mit Gal Gadot zu besetzen. Nicht nur, daß sie den vorjährigen Blockbuster aus dem Nirvana gerettet hat – die atemberaubend schöne Israelin verhilft dem düster-depressiven DC-Universum zurück ins Licht. Wobei Schönheit alleine noch nicht alles ist. Was es dazu noch braucht, um Wonder Woman zu sein, ist Natürlichkeit, Intelligenz und augenzwinkernde Ironie. Und den Willen, der Versuchung einer One-Woman-Show zu widerstehen. All das weiß Gadot einzusetzen. Und all das macht aus der filmgewordenen Frauenpower ein spezielles Abenteuer, das Marvel schön langsam ins Schwitzen kommen lässt, hat die Avengers-Fraktion über ihre DC-Konkurrenz doch bislang nur mitleidig schmunzeln können. 

Das scheint jetzt vorbei zu sein. Warner Brothers hat bei der Heldengenese des stärksten weiblichen Comic-Charakters sowohl im Cast als auch in der Wahl der Regie aufs richtige Pferd gesetzt. Wonder Woman steht und fällt mit den beiden Hauptdarstellern, mit Gal Gadot und Chris Pine. Beide geben sich locker, natürlich und intuitiv, als hätte ihnen Patty Jenkins weitestgehend freie Hand gelassen, um ihre Rollen zu interpretieren. Der neue „Captain Kirk“ zeigt sich von seiner besten Seite, weder aufgesetzt cool noch bemüht komisch. Überhaupt scheint sein Part in diesem charmanten, lebhaften Abenteuer seine bislang beste Performance zu sein.

Jenkins, die vor einigen Jahren dem Model Charlize Theron in dem beeinduckend starken Killerdrama Monster zu Oscarruhm verholfen hat, legt mit Wonder Woman tatsächlich erst ihre zweite Regiearbeit vor. Wonder Woman ist allerdings kein Frauenfilm, doch leicht passiert es, und vorwiegend weiblich besetzte Filme lassen männliche Sidekicks dumm aus der klischeebeladenen Wäsche schauen. Hier passiert das in keinster Weise. Der Mann ist hier nicht aus Protest das schwächere Geschlecht, sondern ebenbürtig, obwohl der Amazone kräftemäßig haushoch unterlegen.

Was Wonder Woman ganz sicher nicht zu ihren Eigenschaften zählen kann, ist das zwangsläufig zur Überheblichkeit führende Bewusstsein, ein Übermensch zu sein. Gadot´s Diana hat den Mut zur Blauäugigkeit. Zur geradezu kindlichen Naivität. Aufgewachsen im von der Außenwelt abgeschotteten Eiland namens Themyscira, begegnet die sprachlich hochbegabte Tochter der legendären Hippolyte der gnadenlos unbequemen Welt der Menschen mit jenen Erfahrungen, die sich aus ihrer isolierten Kindheit ergeben haben. Ihre Handlungen sind nachvollziehbar, ihre Unkenntnis, ihre Planlosigkeit machen die Figur der Superheldin zu einem greifbaren und glaubwürdigen Charakter. Fehlerhafte Helden waren zwar schon Batman oder Superman, aber ihre Selbstgerechtigkeit und ihre eigene Vorstellung von Justiz machen sie unnahbar. Wonder Woman hat weder das eine noch das andere. Wonder Woman will geradezu instinktiv helfen und beschützen. Der ihr innewohnende Impuls ist fast schon ein mütterlicher. Dass Wonder Woman so tatsächlich existieren könnte, ist vorstellbar.

Hätte Patty Jenkins nicht ihre beiden Asse im Ärmel, wäre ihr Ausflug ins Blockbusterkino nur halb so prickelnd geworden. Der Plot des phantastischen Weltkriegsabenteuers folgt, diktiert von Warner und DC, üblichen Mustern von Heldengenesen und Konterparts, wie sie bereits allseits bekannt sind. Was funktioniert, wird beibehalten. Siehe Captain America, siehe Doctor Strange. Schema F, nur anders bemalt. Und die Liebe als abgedroschene Phrase darf zum ungezählten Male wieder die Lösung für alles sein. Wonder Woman ist aber dank ganz besonderer, menschlicher Eigenschaften anders geworden. Spätestens dann, wenn Diana unter den fetzigen Klängen des Soundtracks aus dem Schützengraben steigt, um den Lauf des Krieges zu verändern und Ares die Stirn zu bieten, wird klar, dass ein neuer Personenkult die Filmwelt erobert hat. Gal Gadot ist Wonder Woman. Wonder Woman ist Gal Gadot.

Wonder Woman