Nightmare Alley

DER MENTALIST UND DAS MONSTER

8/10


nightmarealley© 2022 Twentieth Century Fox / The Walt Disney Company


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: GUILLERMO DEL TORO

CAST: BRADLEY COOPER, CATE BLANCHETT, ROONEY MARA, WILLEM DAFOE, TONI COLLETTE, RICHARD JENKINS, RON PERLMAN, DAVID STRATHAIRN, MARY STEENBURGEN, HOLT MCCALLANY U. A. 

LÄNGE: 2 STD 30 MIN


Das würde ich wirklich gerne mal machen, und zwar einen Rundgang in Guillermo del Toros schauriger Bude, auch genannt Bleak House, frei nach Charles Dickens und angesiedelt in den Vororten von Los Angeles. Dort wohnt er zwar nicht, aber er geht dorthin, um Ideen zu finden oder sich inspirieren zu lassen. Ich möchte fast sagen, es ist ein Heimkommen in ein inneres Zuhause aus Phantastereien und Alpträumen; ein Metaversum, wenn man so will. All die Räume sind bis zur Decke randvoll mit Monstern, Kuriositäten und Absonderlichem. Mit allem, was seine und andere Filme, die den Mexikaner faszinieren, jemals bevölkert haben. Da ist so viel Zeug, das hat sogar gereicht für eine ergiebige Wanderausstellung quer durch die USA bis hinauf nach Kanada. Vielleicht schafft sie es ja mal nach Übersee, wer weiß. Bis dahin sind del Toros Filme das, was immerhin auch ganz gut als Gruselkabinett funktioniert, aus welchem man allerdings nicht das Heil in der Flucht sucht, sondern fasziniert und an allen Nischen und Erkern innehält, um die bizarre Welt, getaucht in Rot- und Grüntönen, die in der Dunkelheit miteinander verschmelzen, in sich aufzusaugen.

Für diese Welt braucht es Zeit, da geht nichts zackzack. Del Toro muss man genießen wollen und sich nicht verstören lassen von in Spiritus eingelegten Missgeburten, die wie Exponate aus dem Narrenturm indirekt beleuchtet werden, um das Widernatürliche des Körperlichen zu exponieren. Es mag zwar in Nightmare Alley kein Fischmonster in die Wanne steigen, kein Vampir die Zähne fletschen oder eine gehörnte Teufelsbrut coole Oneliner schieben. Doch die Bestien aus seinen Träumen sind auch hier, in einem stringenten, opulenten Meisterwerk der Schwarzen Serie, omnipräsent.  

Guillermo del Toro hat sich eines Romans angenommen, der bereits 1947 erstmals verfilmt wurde: Der Scharlatan von William Lindsay Gresham, der den Aufstieg und tiefen Falls eines Hochstaplers beobachtet, der vorgibt, Mentalist zu sein. Und was für einer: nicht nur kann er angeblich Gedanken lesen und in die Zukunft blicken, sondern vor allem auch mit den Toten kommunizieren. Dabei sieht anfangs alles danach aus, als würde Stanton Carlisle sein Leben nicht mehr auf die Reihe bekommen. Das tut er aber doch, und zwar bei Clem und seinem Wanderjahrmarkt aus Schaustellern, Freakshows und Karussellen. Dort macht er sich nützlich, lernt Tricks und das Lesen von Menschen. Sieht, wie Missgestaltete und Saufbolde als Sensationsbestien missbraucht werden, brennt dann bald durch mit seiner Geliebten, dem Jahrmarktmädchen Molly. Stanton will mehr. Mit seiner Gabe und dem perfekten Betrug die Oberschicht für sich gewinnen und reiche Beute machen. Er wird zu weit gehen, das ist klar. Und er wird einbiegen, in die Allee der Alpträume, die kein Ende hat.

Ein klassischer Film Noir, würde man meinen. Und natürlich mit dazugehöriger Femme Fatale, die Cate Blanchett als gnadenlose und maskenhafte Überzeichnung einer Lauren Bacall zum Versatzstück einer Geisterbahn werden lässt, deren Schein trügt. Es wäre aber nicht Guillermo del Toro, wäre der Film nicht genauso ein seltsames Mischwesen wie seine Kreaturen, die ihn umgeben. Das Publikum wird zum Begaffer eines ganz anderen Bestiariums, das sein großes Vorbild, nämlich Tod Brownings Horrorklassiker Freaks, vor allem in seiner parabelhaften Moral präzise zitiert. Es gibt Szenen und Bilder, die erinnern so frappant an das Schreckensdrama von damals, da gibt’s für mich keine Zweifel. Browning hatte damals mit tatsächlich missgestalteten Menschen gearbeitet, die in einer simplen, aber effektiven Rachegeschichte die finsteren Pläne einer bildschönen Trapezkünstlerin sühnen werden. Auch dort ist ein Jahrmarkt Ort des Geschehens, und auch dort sind niedere Triebe wie die Gier nach Mammon und Wohlstand der Grund dafür, die Gutgläubigkeit anderer zu manipulieren und deren Vertrauen zu missbrauchen. Bradley Cooper alias Stanton tut als Blender nichts anderes als das Schändliche und mutiert zur Kreatur der Nacht mit Vaterkomplex und Hang zum Wahnsinn – ein intensives Spiel, so wie das des gesamten Ensembles des Films, die geben, was verlangt wird, und noch ein bisschen mehr an grimmigem Spuk. In malerische Bilder taucht del Toro sein üppiges Opus Magnum, und schließt mit sicherer Hand den Teufelskreis, aus dem es kein Entkommen gibt.

Nightmare Alley

Der Hauptmann

DES MÖRDERS NEUE KLEIDER

7/10


hauptmann© 2018 Weltkino


LAND / JAHR: DEUTSCHLAND, FRANKREICH, POLEN 2017

BUCH / REGIE: ROBERT SCHWENTKE

CAST: MAX HUBACHER, MILAN PESCHEL, FREDERICK LAU, WALDEMAR KOBUS, ALEXANDER FEHLING, SAMUEL FINZI U. A. 

LÄNGE: 1 STD 59 MIN


Wenn der Tod wie in Zeiten des Krieges so omnipräsent ist, verschwimmen die Grenzen zwischen normalem Atmen und dem letzten Röcheln. Gerade noch mit beiden Beinen das Rundherum wahrgenommen, ist im nächsten Moment alles vorbei. Für Angst bleibt da gar nicht mehr viel Zeit. Für Wahnsinn schon. Denn der bleibt denen, die sich auf den Knochenbergen der anderen hochgearbeitet haben. Oder das Privileg besitzen, dem Sensenmann selbige für die Dauer der Anarchie aus der Hand zu reißen. Tod spielen kann man gut, wenn man einen militärischen Rang besitzt. Da reicht schon eine frisch gebügelte Uniform, die dem auf der Flucht befindlichen Gefreiten Willi Herold in die Hände fällt. Plötzlich ist man wer, nämlich Herr über Leben und Tod. Und nichts und niemand kann einen zur Rechenschaft ziehen. Dieses Szenario erinnert natürlich unweigerlich an Carl Zuckmayers Klassiker Der Hauptmann von Köpenick. In diesem Bühnenstück, unter anderem mit Heinz Rühmann oder Harald Juhnke mehrmals verfilmt, kommt ein entlassener Sträfling zu der bahnbrechenden Erkenntnis, das Kleider sehr wohl Leute machen – und schlüpft ins vielversprechende Outfit. Zuckmayers Werk ist aber mehr Satire als Schreckensbildnis. Letzteres ist Robert Schwentkes Verfilmung eines tatsächlichen Falls wohl eher.

Diesen Willi Herold, den Henker vom Emsland, hat es, man glaubt es kaum, wirklich gegeben. Das ganze wäre an sich eine groteske Anekdote aus der Endzeit des Zweiten Weltkriegs gewesen, hätte dieser Willi Herold nicht seinem Beinamen auch alle Ehre gemacht. Unter seinem falschen Kommando wurden rund 170 Menschen ermordet, darunter eine ganze Menge Lagerhäftlinge, die ohne Prozess und teilweise mit schwerem Geschütz niedergemetzelt wurden. Nach der Bombardierung des Lagers durch die alliierte Luftwaffe schart sich der gerade mal 19 Jahre alte Bursche eine Schar Getreuer um sich, die marodierend durchs Land ziehen, um unter dem Motto Schnellgericht überall Blut zu vergießen und einem gewissen Endzeit-Hedonismus zu frönen. Um Willi Herold mit einer fiktiven Figur aus Literatur und Kino zu vergleichen: viel anders als General Kurtz, bekannt aus Herz der Finsternis und Apocalypse Now, ist der psychopathische Jungspund jedenfalls nicht. Und Robert Schwentke, der sonst ja eigentlich nur mit maximal soliden Action- und Science-Fiction-Filmen in Hollywood Karriere gemacht hat, erregt durch diese thematische Anomalie in seiner Filmografie natürlich Aufmerksamkeit. Mitunter auch deshalb, weil diese Chronik wahrer Ereignisse, womöglich inspiriert durch Schindlers Liste, in akkuratem Schwarzweiß und dank der starken Bilder von Kameramann Florian Ballhaus seine filmische Perfektion findet.

Doch für einen kaltblütigen Kriegsverbrecher wie Willi Herold scheint diese filmische Akkuratesse ja eigentlich gar nicht mal angemessen. Dabei ist das immer so eine Sache, dermaßen finsteren Gestalten einen ganzen Film zu widmen. Doch Der Hauptmann will schließlich nichts bewundern oder ihrer zentralen Person im Stillen den Charme des Bösen zugestehen. Was wir hier verbildlicht sehen, sind die Paradigmen menschlicher Verrohung, die akute Entwertung eines Lebens und die Leichtigkeit, Macht zu missbrauchen. Durch das Schwarzweiß wird der Zuseher zum Reporter im Feld. Zu jemandem, der die Chronik des Zweiten Weltkriegs durchblättert und bei Bildern wie diesen hängenbleibt.

Der Hauptmann ist ein grausamer Film. Einer, der des Tötens müde wird. Irgendwann setzt eine gewisse Abstumpfung ein, die irritiert zurücklässt. Konnte ich die pragmatische Gewalt in Der Pianist gar nicht ertragen, fiel es mir in Schwentkes Film zumindest zeitweise schwer, dranzubleiben. Allerdings: durch die künstlerische Ambition des Regisseurs, dem Gleichnis-Charakter einer Köpenickiade und dem grandios aufspielenden Ensemble wird der zynische Antikriegsfilm zu einem Appell an eine in Deckung gegangene Menschlichkeit, den man sich, sofern die eigene Gemütslage es zulässt, antun sollte.

Der Hauptmann

The Nightingale – Schrei nach Rache

GESCHUNDENES TASMANIEN

7/10

 

The Nightingale© 2020 Koch Films

 

LAND: AUSTRALIEN 2020

DREHBUCH & REGIE: JENNIFER KENT

CAST: AISLING FRANCIOSI, BAYKALI GANAMBARR, SAM CLAFLIN, DAMON HERRIMAN, EWEN LESLIE, CHARLIE SHOTWELL U. A. 

 

Erst vor Kurzem hatte sich das belgische Könighaus für seine Gräuel während der Kolonialzeit im Kongo entschuldigt. Wem nützt das noch? Eine Entschuldigung ist schnell daher gesagt, und nichts mehr wert, nach so vielen Jahrzehnten des Zierens. Besser spät als nie, würden manche behaupten. Wäre es nie so weit gekommen, würde ich sagen. By the way: hat sich Großbritannien eigentlich schon dafür entschuldigt, die Ureinwohner Tasmaniens ausgerottet zu haben? Wahrscheinlich schon, und wahrscheinlich gab’s jede Menge Reparationen, um zumindest das letzte Bisschen ethnisches Erbe zu konservieren und fortleben zu lassen, zumindest in musealen Freilichtenklaven und in der Sprache der Ureinwohner, dessen zeitgerechte Archivierung grundlegend dafür war, das gesprochene Wort in seiner Originalität auch für diesen Film hier zu adaptieren, einem Rape and Revenge-Thriller im erd- und blutverkrusteten Gewand eines historischen Abenteuerfilms aus einer Zeit, in der Tasmanien noch Van Diemens-Land hieß und in welcher der Genozid gegen die schwarze Bevölkerung hoch im Kurs lag. Wie erquickend kann so ein Film nur sein, der von Ausbeutung, Versklavung, Vergewaltigung und Tod erzählt? Gar nicht.

The Nightingale von Jennifer Kent, bekannt geworden durch ihren Psychohorror The Babadook, ist trotz all der Hoffnungslosigkeit ein zutiefst feministisches, aufbrausend rechtefordendes Werk. Im Zentrum steht die Ex-Strafgefangene Clare, die beim britischen Leutnant Hawkins (gnadenlos böse und perfide: Sam Claflin) ihre Restschuld abarbeitet, von diesem aber regelmäßig missbraucht wird und die Freiheit, die ihr längst zugesteht, auch nicht bekommt. Irgendwann aber platzt Clares Ehemann der Kragen – was Hawkins natürlich nicht auf sich sitzen lassen kann und seinen ganzen Unmut eines Nachts an Clares Familie auslässt. Die Folge: Mann und Kind sind tot, der Leutnant mitsamt seines nicht weniger abscheulichen Sergeants (ekelerregend: Damon Herriman) bereits unterwegs in die Stadt, um sich befördern zu lassen. Doch falsch gedacht, wenn man vermutet, dass Clare sich nach all der Tragödie das Leben nimmt. Nein: Clare wird zur Furie, zum wütenden, keifenden, schreienden Racheengel, der Hawkins hinterherfolgt. Ohne Fährtenleser allerdings geht’s nicht, also gesellt sich unter anfänglichem Widerwillen der Tasmanier Billy an ihre Seite. Beide haben anfangs nichts gemein, doch später mehr, als sie vermutet hätten.

Eine Warnung gleich vorweg: The Nightingale hat nicht zu Unrecht eine FSK-Freigabe von 18. Die dargestellte sexuelle Gewalt an Frauen ist in diesem Film ziemlich unerträglich. Wer hier also zu sensibel auf solche Szenen reagiert, und das auch weiß, sollte den Film möglichst vermeiden. Ich selbst habe kurz überlegt, vorzeitig abzubrechen, denn nachdem man ohnehin schon die Nase voll hat von so will menschlichen Abgründen und irreversiblem Leid, setzt Jennifer Kent noch eins drauf. In The Nightingale ist die Bestie Mensch allgegenwärtig, andererseits aber findet die Kamera für einen ruhenden Gegenpool atemberaubende Aufnahmen der tasmanischen Wälder, in denen die Verlorenen umherirren. Doch der eigentliche Grund, The Nightingale nicht dem Bösen zu überlassen und sich erbaulicheren Themen zu widmen ist die Figur des Fährtenlesers Billy. Der Aborigines Baykali Ganambarr ist in jeder Sekunde seiner Spielzeit eine Entdeckung. Seine pragmatische Sicht auf die Gegenwart vereint sich auf berührende Weise mit seiner Wut über das Übel der britischen Land- und Lebensenteignung. Dann aber ist er wieder kindlich beseelt von den alten Mythen seiner Kultur, und man wünscht sich unentwegt, Billy möge diese Tortur durch die Wildnis gut überstehen. Die Finsternis aber, die legt sich über jedes Bild. Die Schönheit einer fremden Welt leidet – sie bleibt entsättigt, regennass und düster. In manchen Szenen, wenn Clare Alpträume plagen, hat der Streifen auch einigen Horror parat, um dann, nach ihrem Erwachen, in das gutmütige Gesicht des Fährtenlesers zu blicken, der sich ihrer annimmt. The Nightingale ist ein erschütterndes Drama über eines der dunkelsten Episoden der Menschheit, ein tiefschwarzer Film, in seiner Kompromisslosigkeit vergleichbar mit Twelve Years a Slave, allerdings nicht ohne bedingungsloser Liebe zu einem verlorenen Paradies, die letzten Endes über den Tod erhaben sein lässt.

The Nightingale – Schrei nach Rache

Herz der Finsternis

IM AUGE DES TOTEN ELEFANTEN

5/10

 

heart_of_darkness© 1993

 

LAND: USA 1993

REGIE: NICHOLAS ROEG

CAST: TIM ROTH, JOHN MALKOVICH, ISAACH DE BANKOLÉ, JAMES FOX, IMAN U. A.

 

Er setzte elternlose Kids ins australische Outback, ließ schwarz beflaggte Gondeln zu Wasser und Anjelica Huston das Hexen-Einmaleins aufsagen: die Rede ist von Nicolas Roeg, britisches Film-Urgestein und Relikt aus der Ära des psychedelischen Kaderschnitts. Sobald irgendwer in seinen Werken auch nur annähernd Visionen hatte, so waren diese wie Fremdkörper ins Werk montiert, als wäre man Testobjekt für Gehirnströme, die sich verändern, sobald Einsprengseln artfremder Bilder homogene Betrachtungen stören. Beliebt war die Methode sehr gerne bei Experimentalfilmen der Siebziger. Das Ganze sieht dann ungefähr so aus wie der Vorspann des ehemaligen österreichischen TV-Kinomagazins Trailer. Verändert hat sich Roegs assoziative Schnitttechnik bis in die 90er Jahre hinein nicht, mit der (un)bewussten Ambition, als anachronistischer Konterpart übrigzubleiben. Roeg konzentrierte sich dabei später nur noch auf das Medium Fernsehen, daher ist auch seine Verfilmung des Klassikers von Joseph Conrad eine solche fürs inoffizielle Heimkino geworden, lange bevor es den Begriff On Demand gab.

Herz der Finsternis ist die bislang dritte Verfilmung des gern zitierten Abenteuerromans, wovon eine natürlich, wie wir alle wissen, auf das Konto von Francis Ford Coppola ging, der für sein Meisterwerk Apocalypse Now das zutiefst kolonialkritische Szenario aus den Dschungeln Belgisch-Kongos geholt hat, um es in den Kontext des Vietnam-Debakels der USA zu stellen. Der Rest ist Filmgeschichte. Roeg bleibt dem schwarzen Kontinent treu und lässt statt Matin Sheen „Pumpkin“ Tim Roth nebst den eigenen inneren Dämonen den ominösen Kurtz finden, für dessen Darstellung John Malkovich gar mit einer Golden Globe-Nominierung geadelt wurde. Anders als der diabolische Marlon Brando im Halbdunkel gebärdet sich Malkovich als wehleidiger König im Tüllkleid, umringt von einer Kohorte halbnackter Maskenträger, die wie mythologische Wesen aus welcher Zwischenwelt auch immer den Normalsterblichen Angst einjagen. Bei beiden Kurtz-Interpretationen steht die Barbarei des Menschen im Vordergrund – Malkovich hat allerdings eindeutig die ökologische Fraktion inne, und zwar jene mit Greenpeace und Amnesty-Gedanken im Hinterstübchen, während Brando wie der Leibhaftige all die Kriegsgebeutelten für das Endspiel erwartet. Statt Krieg quält bei Roeg der Raubbau an Elfenbein die Welt, in der wir leben – währen des Vorspanns zu Herz der Finsternis setzt der Film mit Close Ups auf Elefantenhaut ein bitteres Mahnmal.

Dennoch ist die in Belize gedrehte und zugegeben selten gezeigte Version von Herz der Finsternis sehr träge geraten, so träge wie der Flusslauf durch den Regenwald und so matt wie das Aufwachen nach einer tropischen Siesta. Die Zooms wirken seltsam billig und Blut sieht aus wie das Ziegelrot aus dem Tempera-Malkasten. Roth steht meistens nur staunend herum, es wird viel palavert und nichts kommt in die Gänge. Es ist wie das Warten auf das Public Boat während des Rucksack-Trampens, das irgendwann abfährt, keiner weiß wann, jedenfalls aber bringt es uns fort von dieser grob montierten Phlegmatik, die Roeg hier zulässt. Der Mensch, schon klar, ist ein Monster bei Joseph Conrad, und das Grauen ist auch hier das letzte Wort, das Kurtz über die Lippen kommt. Doch allzu deutlich fehlt die Ambition, fürs Kino zu drehen, was für diesen Stoff das bessere Medium gewesen wäre.

Herz der Finsternis