Bridget Jones – Verrückt nach ihm (2025)

DIE WOHLTAT DER VORHERHSEHBARKEIT

5,5/10


© 2025 Universal Pictures


ORIGINALTITEL: BRIDGET JONES: MAD ABOUT THE BOY

LAND / JAHR: VEREINIGTES KÖNIGREICH, USA, FRANKREICH 2025

REGIE: MICHAEL MORRIS

DREHBUCH: HELEN FIELDING, DAN MAZER, ABI MORGAN, NACH DEM ROMAN VON HELEN FIELDING

CAST: RENÉE ZELLWEGER, LEO WOODALL, CHIWETEL EJIOFOR, HUGH GRANT, EMMA THOMPSON, COLIN FIRTH, ISLA FISHER, NICO PARKER, SALLY PHILLIPS, SHIRLEY HENDERSON, JIM BROADBENT U. A.

LÄNGE: 2 STD 5 MIN


Weg vom Problemkino, raus aus dem Arthouse. Gewalt, Mord und Totschlag haben Pause. Das Phantastische findet sich maximal in Happy End-Beziehungen wieder, die im exakt bemessenen Timeslot eines abendfüllenden Spielfilms nach vorprogrammiertem Auf und Ab letztlich alles richtig machen. Schön, diese heile Welt mit den Wohlstandsproblemchen, die niemals an der nackten Existenz seiner Leidtragenden rütteln. Willkommen also in der Welt der RomComs, der Romantischen Komödien, vorzugsweise nach Schema F, doch dieses Schema funktioniert, weil es sein Publikum womöglich von viel ernsteren Problemen, die das echte Leben betreffen, wegholt. Kino wird dabei zur reinen Unterhaltung, zur Entspannung, als würde man in einem Stressless-Sessel sitzen, der rund zwei Stunden einem selbst gehört. Da das Medium Film dabei aber nicht viel Neues erzählt, weil es die Karte des Vertrauten ausspielt, habe ich das Genre eher großräumig umfahren. Zumindest auf der großen Leinwand. Daheim auf der Couch darf gerne zum wiederholten Male die Lieblings-Sitcom ihre bereits auswendig erlernten Folgen abspulen, weil diese das Gefühl der Geborgenheit vermitteln und so angenehm vorhersehbar sind wie ein Mittagsschläfchen. Entspannung pur in einer Welt des Umbruchs. Selten war die Zerstreuung wichtiger denn je. Und findet im vierten Alltagsabenteuer aus dem Bridget-Jones-Universum die richtige Bildschirmshow.

24 Jahre, nachdem Helen Fieldings Figur des jungen, weiblichen Tollpatsches im Pyjama die Stereotypen der weiblichen Selbstdarstellung aufdröselte, ist der im Charlie Chaplin-Schritt watschelnde, liebevolle Charakter mit dem verkniffenen Clint Eastwood-Blick längst Mutter zweier Kinder und gleichzeitig Witwe. Wie es dazu kam? Dafür braucht man bei Gott nicht alle drei Vorgängerfilme anzusehen. Dank der recht simplen Storyline erschließt sich auch für Nichtkenner des Franchise die gesamte Welt von Bridget Jones innerhalb von Sekunden. Colin Firth also dürfte Jones Ehemann Mark Darcy gewesen sein – er buhlte schließlich mit Hugh Grant um die reizende Dame, als letzterer noch den Hechtler in den Swimmingpool gewagt hat. Darcy aber ist verstorben, Bridget muss alles allein regeln und sich einem Gewitter sämtlicher Ratschläge aus dem Freundeskreis aussetzen. Statt Hugh Grant köpfelt diesmal der deutlich jüngere Spätstudent Roxster in den Pool und verdreht der schwer in den Alltag findenden Renée Zellweger so richtig den Kopf. Damit aber nicht genug: Auch wenn es nicht so aussieht, als ob da jemals die Funken sprühen können, bläst auch noch Lehrer Chiwetel Ejiofor (von Twelve Years a Slave bis hierher ist es ein weiter Weg) als Mr. Wallaker tagtäglich in die Trillerpfeife, um Bridgets Kinder Gehorsam zu lehren.

Ja, im Grunde ist sie das, die Geschichte. Ein bisschen geht’s auch um Verlust, um das Alter, um die eigene Erlaubnis, die man sich gibt, um einen Neuanfang zu wagen. Geht alles nicht so einfach, aber einfach genug, um Brigdet Jones – Verrückt nach ihm in einlullender Geschmeidigkeit dahinzuerzählen, während der Stressless-Sessel arbeitet und man selbst immer weicher und elastischer wird. Dazwischen darf man schmunzeln, wie in den vertrauten Sitcoms auch. Und manchmal, da wundert man sich, mit welchen banalen Versatzstücken man ein längst schon vieles gesehene Publikum abholen kann. Langeweile wird dabei zur Tugend, das gute Gefühl, Erwartbares erwarten zu können, zum Sonntagsausklang für die Gebeutelten, die Ja zur idealen, manchmal aber auch leicht reparierbaren Welt sagen.

Bridget Jones – Verrückt nach ihm (2025)

See How They Run

DER KRIMI IM KRIMI

4/10


seehowtheyrun© 2021 20th Century Studios All Rights Reserved


LAND / JAHR: GROSSBRITANNIEN 2022

REGIE: TOM GEORGE

BUCH: MARK CHAPPELL

CAST: SAM ROCKWELL, SAOIRSE RONAN, ADRIEN BRODY, DAVID OYELOWO, RUTH WILSON, HARRIS DICKINSON, SHIRLEY HENDERSON, PEARL CHANDA U. A.

LÄNGE: 1 STD 38 MIN


Schlagen wir mal das Buch der Rekorde auf. Unter der Rubrik Theater und Schauspiel wäre auch in der allerneuesten Guinness-Ausgabe folgender Eintrag zu finden: Agatha Christies Die Mausefalle gilt als das am längsten ununterbrochen laufende Theaterstück der Welt (abgesehen von der überall gesetzten Pause durch Covid-19).

Da kann selbst die Lindenstraße klein beigeben, denn Christies Stück holt sich bereits seit 1952 den Applaus von der Bühne ab, selbstredend in unterschiedlicher Besetzung, wie bei Dr. Who, nur eben als Live-Event. Im Dunstkreis dieser Bühnen-Hommage auf einen klassischen Whodunit bettet Regie-Newcomer Tom George mit der nostalgischen Komödie See How They Run einen Krimi in einen Krimi. Ein bisschen erinnert mich die Sache an den Miss Marple-Klassiker Vier Frauen und ein Mord, einer der vier schwarzweißen Ausflüge von Margaret Rutherford, welche eine Theatertruppe infiltriert, um einem Mörder auf die Schliche zu kommen. Und ja – auch dort segnet so manches Opfer das Zeitliche vorort, auf den Brettern der Welt, jedoch nicht während der Vorstellung wie in diesem nagelneuen Streifen, der aber weniger erfrischend anmutet wie das zum Vergleich von mir herangezogene Samstagnachmittag-Guilty Pleasure von George Pollock aus dem Jahre 1964.

Es passiert also ein Mord. Und der beginnt gar nicht mal aus der Sicht eines wortlosen Beobachters, der quasi das Publikum darstellt, sondern aus der Sicht des Mordopfers. Siehe da, es ist Adrien Brody – zuletzt als Arthur Miller in Blond zu sehen. Dieser spielt hier den Filmemacher Leo Köpernick, der irgendwann in den Fünfzigerjahren und anlässlich der 100. Aufführung von Die Mausefalle den Stoff für einen Film adaptieren soll. Um sein kreatives Know-How einzubringen, fallen ihm einige Adaptionen ein, die das Werk für die Leinwand wohl spannender und griffiger gestalten würden, wofür Produzent John Woolf allerdings keinerlei Interesse zeigt. Der sich selbst überschätzende, zur Gala-Aufführung geladene Köpernick baggert zum Leidwesen des jungen Richard Attenborough noch dazu dessen Ehefrau an, um kurze Zeit später in der Garderobe hinter der Bühne tot aufgefunden zu werden. Wer hat’s getan?, stellt sich der zerknitterte und trinkfreudige Ermittler, Inspektor Stoppard, die Frage. Ihm zur Seite wird ihm – natürlich zu seinem anfänglichen Leidwesen – Constable Stalker gestellt, eine wissbegierige, neugierige und übermotivierte junge Frau, die alles, was ihren Horizont erweitert, in sich aufsaugen möchte – und gar oft voreilige Schlüsse zieht.

Es fällt schwer, die Handlung dieser Krimikomödie länger in Erinnerung zu behalten als bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem ich hier diese Review verfasse. Interessanterweise tummeln sich in diesem Film sämtliche historische Persönlichkeiten der britischen Kulturszene, angefangen eben von Richard Attenborough über besagten Produzent Woolf bis Agatha Christie, die selbst eigentlich noch nie in einem Kinofilm dargestellt wurde, nicht mal in der Ermittlerfarce Ein Leiche zum Dessert, was ich fast vermutet hätte. Diese schillernde Gesellschaft macht Tom Georges Debüt aber auch nicht besser. Einen Whodunit kann man so knackig inszenieren wie Rian Johnson mit Knives Out. Oder aber man inszeniert ihn so völlig ohne Belang wie See How They Run. Sam Rockwell und Saoirse Ronan sind gut, Liv Lisa Fries und Volker Bruch aus Babylon Berlin sind besser. All diesen vielen Figuren mangelt es nicht nur an biografischer Tiefe – auch sind sie nur so weit charakterisiert, soweit ihr Auftritt reicht. Und das, obwohl Rockwells Rolle mehr mit dem Fall verbunden sein will als man vielleicht vermutet hätte. Das macht den Fall aber auch nicht relevanter, sondern noch zerfahrener als er ohnehin schon ist. So schleppt sich das Ensemble durch eine hausbackene Regie, das sich schwertut, selbst die zum Verklären einladenden Fifties entsprechend attraktiv ins Bild zu rücken.

See How They Run (die Bedeutung des Titels erschließt sich mir nicht) bemüht sich, ein Gespür für Krimis besitzen zu wollen, wie Agatha Christie eins hatte. Nur leider setzt Tom George selten die richtigen Schwerpunkte, um den Murder Mystery so richtig den Suspense abzuringen.

See How They Run

Stan & Ollie

NICHT OHNE MEINEN BUDDY

5,5/10

 

Unit stills photography© 2019 SquareOne Entertainment / capelight pictures

 

LAND: GROSSBRITANNIEN, USA, KANADA 2019

REGIE: JON S. BAIRD

CAST: STEVE COOGAN, JOHN C. REILLY, DANNY HUSTON, NINA ARIANDA, SHIRLEY HENDERSON U. A.

 

Es gibt Beziehungen, die sind in so heißem Feuer geschmiedet, da reichen weder familiäre Bindungen noch ein Ehegelübde heran. Sie sind sogar schon mehr als nur eine innige Freundschaft, das ist sogar schon so etwas wie eine Symbiose – eine Existenz, die nur doppelt gemoppelt gelebt werden kann. Im fiktionalen Kulturkreis findet sich da einiges, wie zum Beispiel Don Camillo und Peppone oder Asterix und Obelix. Oder könntet ihr euch Obelix ohne Asterix vorstellen? Oder umgekehrt? Fix ohne Foxi? Peterson ohne Findus? Dinge der Unmöglichkeit. Bud Spencer oder Terence Hill waren im Alleingang bei weitem nicht so gut. Genauso verhält es sich auch mit Stan Laurel und Oliver Hardy. Ihre Beziehung war genauso, nämlich die eines dynamischen Duos, das ohne den anderen niemals konnte und wenn doch, dann war das eine Schmach für beide. Stan & Ollie oder Dick & Doof, wie sie im deutschen Sprachraum auch hießen, waren nicht auseinanderzudividieren, waren wie Dean Martin & Jerry Lewis, Farkas & Waldbrunn und wie sie noch so alle hießen, diese Buddies, die sich ihre Pointen zuwarfen wie treffsichere Pässe beim Volleyball. Wo einer die Scherze auflegt, und der andere hineinsteigen muss. Das war wohl witzig damals, das war Slapstick mit Niveau, perfekt getimt und minutiös vorbereitet. Da saß jede Geste, jede Mimik. Sogar das Schälen von Eiern wurde zur Lachnummer. Das musste man können, so clownesk aufzutreten, dass es nicht peinlich wirkt, sondern pointiert und von lässiger Jovialität, trotz oder gerade wegen der hingebungsvoll nervenden Blicke von Oliver Hardy, der den achselzuckenden und kopfkraulenden Stan Laurel stets maßregeln musste, um kurzerhand Torten oder ähnliches ins Gesicht zu bekommen. Es lassen sich die Klassiker wie Die Wüstensöhne tatsächlich noch genießen – diese Nummernrevuen haben ein Kolorit und eine paraverbale Palette an komischer Performance, die heutzutage noch ihresgleichen sucht.

Und nun, da sind sie wieder, begleitet vom musikalischen Intro des Cuckoos Dance und nach einem Drehbuch von Jeff Pope (Oscarniminierung für Philomena), der die Fakten zu den letzten Dekaden des Komikerduos gewissenhaft zusammengetragen hat. Handverlesene Momente, hinter den Kulissen hervorgeholt. Was da zum Vorschein kam? Der Plan zu einem Film über Robin Hood. Veralbernd natürlich und aus der Feder von Stan Laurel, sowieso stets der Mastermind hinter dem Erfolg, wie Blitzgneisser Asterix, dem Obelix in blindem Vertrauen stets folgt. Nur – die Zeiten haben sich geändert, wir schreiben Anfang der 50er Jahre. Da fährt das Publikum doch eher auf die Eskapaden von Abbot & Costello ab, und weniger auf den lakonischen Fettnäpfchenreigen, wie sie Chaplin, Lloyd oder Keaton auch so an den Tag gelegt hatten. Die Investoren zieren sich, die Bühnenversion ihrer Filmsketches sind im Rahmen einer England-Tournee nur spärlich besucht. Und Ollie, der hat Knieprobleme. Beide aber können es nicht lassen. Sie müssen weitermachen, denn was wären sie ohne einander. Und ohne ihren Sinn für Humor, der die Massen doch bis jetzt begeistert hat. Alles hat aber ein Ende. Und irgendwann müssen auch die beiden ihre viel zu kleinen und zu großen Melonen an den Haken hängen.

Stan & Ollie ist ein wehmütiges Farewell für Fans und Kenner dieser Urgesteine aus einer längst vergangenen, analogen Ära. Steve Coogan und John C. Reilly sind phänomenal – nicht nur dass sie so aussehen wie die beiden darzustellenden Kindsköpfe. Sie bewegen sich auch genauso, haben dieselbe Mimik. Machen immer wieder mal vergessen, dass es sich hierbei gar nicht um die echten Stars handelt. Darüber hinaus aber bleibt das Porträt einer innigen künstlerischen Verbundenheit in schaumgebremster Zurückhaltung seltsam blass. Und das nicht wegen des grauen Schnauzers von Ollie. Sondern, weil das Abendrot ihres Erfolges nicht die ganze Geschichte ist – die ich aber gerne gesehen hätte. Der Film hebt zwar am Höhepunkt ihrer Karriere an, springt aber sofort 16 Jahre weiter. Was bleibt, ist ein Abgesang. Rührend zwar, aber verdünnt auf Spielfilmlänge. Reilly und Coogan legen sich ins Zeug, füllen mit ihren Konterfeis vorwiegend die Kamera aus und machen schon deutlich, was beide damals wirklich verbunden hat. Das hat als Psychogramm einer Freundschaft schon Hand und Fuß, leidet aber schnell unter Atemnot, wie Oliver Hardy, dessen Herz bald nicht mehr mitmacht. So ist das ganze biografische Fragment: langsam, irgendwie schwächelnd, wenn geht rastend. Das passt natürlich zum Befinden von Stan & Ollie, lässt aber deren unverwüstlichen komödiantischen Esprit der beiden auf Dauer vermissen, auch wenn die Vision eines letzten gemeinsamen Films wehmütig macht.

Stan & Ollie