Des Teufels Bad (2024)

GEH, ABER GEH MIT GOTT

8,5/10


desteufelsbad© 2024 Ulrich Seidl Filmproduktion – Heimatfilm


LAND / JAHR: ÖSTERREICH, DEUTSCHLAND 2024

REGIE / DREHBUCH: VERONIKA FRANZ & SEVERIN FIALA

KAMERA: MARTIN GSCHLACHT

CAST: ANJA PLASCHG, DAVID SCHEID, MARIA HOFSTÄTTER, NATALIJA BARANOVA, LUKAS WALCHER, CLAUDIA MARTINI, AGNES LAMPL, CAMILLA SCHIELIN U. A.

LÄNGE: 2 STD 1 MIN


Dieses Jahr könnte das Jahr des österreichischen Films sein. Nach Adrian Goigingers Austropop-Lokalaugenschein Rickerl, der sehr zu Herzen ging und die Wiener Seele wie kaum ein anderes aktuelles Werk so gut verstanden hat, legt nun das Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala, geübt im Understatement-Horror mit Kloß im Hals, einen Einblick in die Volksseele des 18. Jahrhunderts vor, der alle Stücke spielt. Man darf getrost und völlig bedingungslos vom besten Film sprechen, den die beiden bislang auf die Leinwand brachten.

Des Teufels Bad ist eine Zeitreise. Nicht nur ins provinzielle Oberösterreich des Jahres 1750, zu einer Zeit, als Mozart gerade mal sechs Lenze zählt und bereits das Establishment mit seinem Naturtalent begeistert. Es ist vor allem auch ein Exkurs in die Psyche eines vom religiösen Glaubenseifer eingenommenen Menschenschlags, ins verschwurbelte Gemüt am Rande der Armut stehender Subsistenzwirtschafter, die in heruntergekommenen Bauernhäusern mitten oder am Rande des Waldes ein zwar gottgegebenes, aber karges und entbehrungsreiches Leben in der Monotonie eines immer gleichen Alltags aus Erwirtschaftung, Erschöpfung und kargen Gesprächen führen, in dem brauchtümliche Vergnügungen zu Dorfhochzeiten oder Hinrichtungen die einzigen Highlights waren. Dieses penibel recherchierte und detailgenau rekonstruierte, vergangene Oberösterreich fasziniert alleine schon dadurch, in notwendiger Entschleunigung und in einer damit einhergehenden immensen Konzentration auf das Gezeigte eine Zeit nachgestellt zu haben, die vor gerade mal 274 Jahren durchdrungen war von Aberglauben, kuriosen Riten und bizarren Heilmethoden. Es ist verblüffend, was Franz & Fiala hier zutage befördern. Basierend auf authentischen Aufzeichnungen und gebettet auf einer so glaubwürdigen wie ungemein realitätsnahen Gesamtbetrachtung einer ländlichen Welt aus Gottesfurcht und erdgrauem Naturalismus rückt eine Frau namens Agnes in den Mittelpunkt. Sie wird zur Leidtragenden in einem so wuchtigen wie wichtigen Opus Magnum über Leid und Untröstlichkeit, über psychische Erkrankung und verzweifeltem Escape-World-Kreuzweg.

Agnes, historisch dokumentiert als tatsächlich gelebte Person, ist zu anfangs noch glückselig und verspürt, was junge Frauen eben verspüren, wenn sie sich vermählen und ihr neues Leben beginnen. Wenn alles gut geht, ruft die Mutterschaft; ein kleiner Mensch will großgezogen werden. Das Paradies in einem wenig paradiesischen Umfeld weckt letzte Hoffnungen, bevor die Fakten auf dem irdenen Präsentierteller womöglich Anderes verheißen. Die noch so lebensfrohe und von der Natur faszinierte Agnes sieht sich nach anfänglicher Begeisterung alsbald in einem düsteren Eigenheim wieder, wo Ehegatte und Karpfenfischer Wolf nicht daran denkt, seinen „ehelichen Pflichten“ nachzugehen. Darüber hinaus schlägt die Schwiegermutter ständig auf und belehrt Agnes ungefragt in allen Lebenslagen. Als dieser klar wird, dass nichts so ist, wie sie es sich erträumt hat, fällt sie in Des Teufels Bad – die damalige Umschreibung einer Depression. Psychisches Leiden ist damals weder greif- noch ergründbar – den Leibhaftigen zu bemühen, eine willkommene Bequemlichkeit. Alles sei entweder von Gott gewollt oder vom Teufel, ein Sigmund Freud ist undenkbar, und man darf davon ausgehen, dass seelische Resilienz angesichts so schlechter Zeiten damals noch viel weniger vorhanden war als heute.

Nun aber kommt eine paradoxe Denkweise ins Spiel, die von jenen, die so wie Agnes daran dachten, sich das Leben zu nehmen, als letzte Instanz angewandt wurde: Selbstmord führt zu ewiger Verdammnis, für Mord gibt’s immer noch die Chance zur Absolution. Was also tun? Töten, um hingerichtet zu werden, damit sich der Wille erfüllt? Klingt ganz schön verzweifelt. Franz und Fiala gelingt es dabei, ihrem Psychodrama emotionales Gewicht zu geben, ohne sich überschwer und prätentiös in einer Finsternis zu suhlen. Deren Betrachtung wahrt eine gewisse symptombeobachtende Distanz – jedoch nie so weit, um nicht doch, wie Agnes selbst, den Blick in den Abgrund zu wagen. Des Teufels Bad erinnert an Robert Eggers The Witch, bezieht aber, anders als dieser, keinerlei Position. Mit Motiven von allerlei Vergänglichem beladen und einer autoaggressiven Lust am Ekel läuft der Film auch nicht Gefahr, zu romantisieren oder gar Kompromisse einzugehen. Der Horror, wenn es denn einer ist, liegt in den herbstdunklen Fakten, die staunend machen und so faszinieren, als wäre das Werk eine semidokumentarische Rekonstruktion. Man fühlt, man schmeckt, man riecht diesen Film, man erschrickt, man ist verstört, man leidet mit. Nicht nur die phänomenale Anja Plaschg, die wieder mal zeigt, dass fehlende schauspielerische Ausbildung ohne Regelkorsett darstellendes Talent erst so richtig zur Entfaltung bringt – auch Komiker David Scheid tut instintkiv das Richtige und erdet sich als sperriger Landmensch. Und bei Maria Hofstätter ist es, als wäre sie niemals etwas anderes gewesen als Fischerin im Hinterland der Donau.

Des Teufels Bad ist ein großer, grimmiger Wurf im Schaffen des österreichischen Films. Packend und befreiend, knochenhart und in manchen Szenen kaum zu ertragen, mit der Schwere des Lebens hadernd und in der Erlösung von selbigem die wahre Glückseligkeit findend. Natürlich ist das alles schwerer Stoff. Aber einer, der in eine entrückte, karge Welt eintaucht, die sich zum Greifen nah aus dem Dunkel der Geschichte schält. Und den Namenlosen, Verzweifelten und Verlassenen von damals ein Gesicht gibt.

Des Teufels Bad (2024)

Spaceman: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt (2024)

DIE SPINNEN, DIE KOSMONAUTEN

2/10


SPACEMAN© 2024 Netflix Inc.


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE: JOHAN RENCK

DREHBUCH: COLBY DAY

CAST: ADAM SANDLER, PAUL DANO, CAREY MULLIGAN, KUNAL NAYYAR, LENA OLIN, ISABELLA ROSSELLINI, SINEAD PHELPS, PETR PAPÁNEK U. A.

LÄNGE: 1 STD 47 MIN


Hinter den Jupiter und darüber hinaus durfte schon Kosmonaut Dave in Stanley Kubricks Ewigkeits-Klassiker 2001 – Odyssee im Weltraum reisen, um eine gewisse Wahrheit über unsere Existenz und das ganze Universum zu finden. Und um selbst nochmal wiedergeboren zu werden, als Sternenkind. Nichts geht verloren in den Weiten des Alls, alles ist ein Zyklus aus Vergehen und Werden – da kommt man ins Sinnieren, vor allem dann, wenn der Bordcomputer zum Killer mutiert und alle Besatzungsmitglieder bis auf einen ausradiert. Ins Grübeln kommt auch der tschechische Kosmonaut Jakub Procházka während seines Alleingangs an den Rand unseres Sonnensystems, um eine pinkfarbene Wolke zu begutachten, die womöglich Sternenstaub enthält, der vom Anfang der Zeit stammt. Anders als bei Lovecraft wird diese Farbe aus dem All wohl nicht für physische Mutationen verantwortlich sein, doch wer weiß – das herauszufinden, dafür ist der werdende Vater ein ganzes Jahr lang unterwegs. Warum solo, weiß niemand. Vielleicht, weil Tschechien den Berufsstand des Kosmonauten nicht weiter ausgebaut hat. Vielleicht, weil man nicht einsehen wollte, dass dieses wissenschaftlich gesehen höchst brisante Unterfangen durchaus die Kooperation mit anderen Ländern hätte eingehen sollen. Warum sich „Major Tom“ dieser Challenge annimmt, bleibt ein großes Fragezeichen, auch bis zum Ende des Films hin, der seine entrückte Episode wie im Halbschlaf erzählt, als wäre Kollege Procházka eben aus einem Kryoschlaf erwacht und muss sich erst zurechtfinden in diesem klischeebedingten Ostblock-Raumschiff-Interieur aus Funktelefon, Billigsilikon und buntem Tastenparadies.

Was Spaceman: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt eigentlich soll, würde sich in der literarischen Vorlage von Jaroslav Kalfar womöglich besser erschließen als unter der Regie des schwedischen Chernobyl-Regisseurs Johan Renck. Der bei der heurigen Berlinale uraufgeführte Streifen ist weder das eine, also Beziehungsdrama, noch das andere, nämlich eine erkenntnisgewinnende Weltraum-Odyssee. Wenn, dann letzteres wohl deutlich mehr, und das schon allein dadurch, dass Procházka erkennen muss, dass extraterrestrisches, intelligentes Leben nicht zwingend auf zwei humanoiden Beinen daherstolzieren muss. In diesem Fall entert eine gigantische große Arachnide die engen Räumlichkeiten des Schiffes, ohne aber dem weit von Terra entfernten Homo sapiens ans Leder zu wollen. Diese Spinne, die so gespenstisch danach klingt, als wäre HAL 2000 wieder rebootet worden, weiß anscheinend alles über die Menschheit und den Planeten Erde, hat obendrein Tschechisch gelernt und lockt Procházka mit bedeutungsschwerer Melancholie aus der Reserve. Es fragt sich natürlich: Ist die Spinne nur die Manifestation von Procházkas Geist aufgrund der langen Isolation – oder ist dieses Wesen tatsächlich da? Es fragt sich auch: Wie ist es an Bord gekommen? Und warum schwurbeln die beiden als ungleiche Buddies in eine depressive Stimmung hinein, in der man sich angesichts der rosaroten Wolke besser nicht suhlen sollte?

Wir haben nun den mehr- und glupschäugigen Achtbeiner mit der Stimme von Paul Dano – und den rauschebärtigen Adam Sandler, der einmal mehr und nach seinem Klunker-Thriller Der schwarze Diamant auf Nummer Sicher gehen will, dass ihn keiner mehr für einen oberflächlichen Kalauer-Knaben hält. Die Art und Weise aber, wie er in seiner Rolle als einsamer Abenteurer hineinfindet, hält außer einer tranigen Trauermiene, die zum Ausdruck bringt, das Huhn (in dem Fall wars die Spinne) hätte ihm das Brot weggefressen, keine Variationen in petto. Auf der anderen Seite, auf der Erde nämlich, tut Carey Mulligan genau das gleiche. Sie gibt Procházkas schwangere Partnerin, die zum denkbar unpassendsten Zeitpunkt die Beziehung beendet. Ihre Figur ist ein Sammelsurium verdrießlicher Symptome, die eine Beziehungskrise mit sich bringt. Was Mulligan tut, ist, unergiebige Gespräche mit Lena Olin zu führen und gedankenverloren gen Himmel zu starren. Was Adam Sandler tut, ist gedankenverloren dröge Gespräche mit dem Alien am Laufen zu halten, die, so scheint es, niemanden erquicken. Spaceman ist trotz des vielen leuchtenden Staubs, der bald das Schiff durchdringt, erdrückend substanzlos. Wie ein halbherziges Seufzen ins interplanetare Nirgendwo hinein fühlt sich Rencks Film an, der so tut, als müsse er all die Emotionen, die scheinbar Sandler und Mulligan heimsuchen, mit pseudophilosophischer Bedeutungsschwere analysieren. Die Monotonie des Films killt aber letztlich alles. Weder erschließt sich das Wunder einer mehrfachen Entdeckung noch der Wille zur Zweisamkeit, die Millionen Kilometer überbrücken soll. Bei Spaceman ist es wie am äußeren Rand unseres Sonnensystems: nichts dahinter. Zumindest so lange, bis die mit Ach und Weh heruntergebogenen 108 Minuten vorüber sind.

Spaceman: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt (2024)

Andrea lässt sich scheiden (2024)

ÜBERS DORFDENKEN HINAUS

6,5/10


andrealaesstsichscheiden© 2024 Filmladen


LAND / JAHR: ÖSTERREICH 2024

REGIE: JOSEF HADER

DREHBUCH: JOSEF HADER, FLORIAN KLOIBHOFER

CAST: BIRGIT MINICHMAYR, JOSEF HADER, THOMAS SCHUBERT, ROBERT STADLOBER, THOMAS STIPSITS, BRANKO SAMAROVSKI, WOLFGANG HÜBSCH, MARGARETHE TIESEL, MARLENE HAUSER, MARIA HOFSTÄTTER, NORBERT FRIEDRICH PRAMMER, MICHAEL PINK U. A. 

LÄNGE: 1 STD 30 MIN


Die erste Szene von Josef Haders neuem Film ist Programm. Eine Polizistin und ihr Kollege stehen an der Landstraße, an einer der markanten, wenigen abschüssigen Stellen irgendwo in der Pampa, umgeben von Feldern und sonst nichts. Sie stehen dort und warten, der eine, Thomas Schubert, hat eine Radarpistole. Die beiden unterhalten sich, dabei wird klar: Der Kollege hat bald Geburtstag, und das geht ihm gegen den Strich. Denn was feiert man da? Im Grunde nur, dass man das letzte Jahr nicht gestorben ist.

Josef Hader ist spätestens seit dem Kultfilm Indien, der eine ähnliche, wenn auch kabarettistischere Tonart anschlägt, eine Institution, die viel mehr in sich vereint als nur Kleinkunstbühnenshow und Kellersarkasmus. Hader ist längst Schauspieler auch fürs ernste Fach, in Maria Schraders Vor der Morgenröte hat er bewiesen, auch ohne ostösterreichischem Dialekt eines kleinen, übervorteilten Mannes ganz gut klarzukommen. Das Gütesiegel, das er allerdings immer mit sich tragen wird, ist das eines unverwechselbaren Originals. Die Art und Wiese, wie Hader die Welt sieht, und wie sie auch seine Figuren sehen, die er verkörpert, entspricht dem autoaggressiven, deutlich spießigen und selbstbemitleideten Urösterreicher, der den Zeitgeist des illusionslosen Alltags beschwört. In Andrea lässt sich scheiden findet er zu gewohnten und auch bewährten Mustern zurück, verfeinert diese jedoch zur labilen Schicksalsfigur eines verlachten und nicht für voll genommenen Religionslehrers im erzkonservativen Kleiderbauer-Braun, nur ohne Ellbogenschützer am Sakko. Das wäre wieder eine Spur zu dick aufgetragen, denn Hader weiß: Zuviel ist meist ungesund, der subversive Galgenhumor das Beste, was sich in eine zerfahrene Momentaufnahme wie diese aus der Provinz des Abendlandes einstreuen lässt.

Dieser Religionslehrer namens Franz ist felsenfest davon überzeugt, ins Gefängnis zu wandern, weil er Buße tun muss. Und weil er einen Mann überfahren, den aber eigentlich Birgit Minichmayr als titelgebende Andrea auf dem Gewissen hat. Das Besondere daran: Das Unfallopfer ist Andreas Noch-Ehemann, der kurz davor noch von seiner Noch-Ehefrau zur Einvernehmlichen gebeten wurde, der sich aber, sturzbetrunken und völlig aufgelöst, in tiefem Kummer über sich und die Welt des Nächtens auf eingangs erwähnter Landstraße in Gefahr begibt. Warum Andrea letztlich keine Anstalten macht, die Rettung zu alarmieren, sondern statt erfolglosen Wiederbelebungsmaßnahmen gar noch Fahrerflucht begeht, um den vom Schicksal gebeutelten Franz als Sündenbock herhalten zu lassen, wird sich niemals so richtig erschließen. War es Panik, Feigheit, die Unmöglichkeit, Komplikationen wie diesen entgegentreten zu können?

Im Laufe des Films wird man sehen, dass Andrea damit nur schwer klarkommen wird. Entsprechend stoisch, lakonisch und introvertiert hängt sie der Möglichkeit nach, aus der Provinz nach St. Pölten zu emigrieren. Johanna Mikl-Leitner, ihres Zeichens Landeshauptfrau des Bundeslandes, wird das Werbebudget für St. Pölten, längst verschrien als langweiligster urbaner Zustand in Österreichs Osten, um einiges erleichtert haben. Hader, der in seiner Figur nichts gegen das Dasein in der Einschicht ins Feld führen kann, sucht währenddessen Trost im Hochprozentigen. So taumeln beide Figuren an Wendepunkten ihres Lebens zwischen Entschlossenheit und Ratlosigkeit hin und her, es sind zwei existenzialistische Gestalten auf besagter Landstraße im Nirgendwo, der Vergangenheit man nur erahnen kann, deren Umbruch man mitverfolgt und deren Zukunft hinter dem nächsten sanften Hügel verschwindet. Was Hader dabei am besten gelingt, ist weniger, seinem gar nicht mal so tristen, aber tragikomischen Provinzschicksal die nötige dramaturgische Dichte zu verleihen, sondern vielmehr, das hadernde Klischee des kleinen Mannes und der kleinen Frau im Kontext zu ihrer kleinen Umwelt zu portraitieren. Das hätte noch eine Stunde so weitergehen können, denn die geschmackvollen Feinheiten liegen im Detail, in der Gummidichtung einer überalten Kaffeemaschine, in der Fassade der zeitvergessenen Dorfkonditorei, in der latent opportunistischen Qualtinger-Schönrederei von Wolfgang Hübsch. Wie auch in Indien ist der Kitt zwischen der Handlung das Beste, was Hader destillieren kann. Die Metaebene in der aus lethargischer Sinnsuche und der Kettenreaktion unpässlicher Gelegenheiten fusionierten, sehr auf österreichisches Publikum zugeschnittenen Dramödie zu finden, ist gar nicht mal notwendig. Viel mehr zu entdecken als das, was man sieht, gibt es nicht. Dafür bleibt in der Peripherie der Wahrnehmung sehr viel, worin man wiedererkennt, was einem selbst vertraut ist. Ob der Zulassungsschein nun hinter dem Rückspiegel klemmt oder nicht – das Wesentliche gekonnt mit praktischen Alltagsfloskeln zu umrunden und dabei auch die Hürde des Lebens zu nehmen, ist, im Gegensatz zu Haders letztem Dauerlamento Wilde Maus, die ungeahnte Feinheit in dieser leisen Selbstfindungsschnurre, die ihre Figuren los- und weiterziehen lässt, sie nicht in ein abendfüllendes Spielfilmkorsett pfercht und auch keine Lösung wissen muss. Denn die kommt sicher von selbst, sagt der Österreicher.

Andrea lässt sich scheiden (2024)