Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes (2025)

POSIEREN IM LICHT DER ERKENNTNIS

8,5/10


© 2025 Weltkino Filmverleih


LAND / JAHR: DEUTSCHLAND 2025

REGIE: EDGAR REITZ, ANATOL SCHUSTER

DREHBUCH: EDGAR REITZ, GERT HEIDENREICH

KAMERA: MATTHIAS GRUNSKY

CAST: EDGAR SELGE, AENNE SCHWARZ, MICHAEL KRANZ, ANTONIA BILL, BARBARA SUKOWA, LARS EIDINGER, SALOME KAMMER, ANNE SCHIRMACHER U. A.

LÄNGE: 1 STD 44 MIN


Was ist ein Portrait? Filmfachlich gesehen eine Charakterstudie, meistens auf Spielfilmlänge, in der versucht wird, das Wesen einer Person zu ermitteln, einzufangen; es umspannt den Prozess des Suchens nach Merkmalen, Stärken, Besonderheiten, Bedürfnissen, Schwächen und Sehnsüchten. Ein Portrait ist keine Biographie, sondern die Betrachtung des Wesens hinter einem Menschen, meist von berühmten Persönlichkeiten aus allen Sparten der Weltgeschichte oder der globalen Gegenwart. Als Portraitfilm geht auch das jüngste der Werke des Altmeisters Edgar Reitz in die Filmgeschichte ein, denn seine im besten Sinne übertragene Wortadaption eines Portraits in einem Portrait ist alleine schon ein nahezu genial zu bezeichnender Ansatz, einer Persönlichkeit näherzukommen, die man längst nicht so vor Augen hat wie zum Beispiel die alten Griechen, Diogenes mit seinem Fass, Sokrates mit seinem Schierlingsbecher oder Physiker Isaac Newton, dem ja, wie wir alles wissen, der Legende nach der Apfel auf den Kopf gefallen war. Wie steht’s aber um Gottfried Wilhelm Leibniz, den Popkultur-Physiker Sheldon aus der Sitcom The Big Bang Theory zumindest ein paarmal namentlich erwähnt hat?

Die Zeit vergeht im Gemälde

Nichts weiß man von ihm, oder zumindest kaum etwas. Selbst Edgar Reitz wusste anfangs wohl auch relativ wenig, also recherchierte er jahrelang für dieses filmische Denkmal, brachte Gedanken, Errungenschaften und Erfindungen alle zusammen – es muss ein Pulk an Informationen gewesen sein, der sich sicherlich nur schwer ordnen ließ. Dennoch hat es der legendäre Autorenfilmer, der für sein monumentales Heimat-Triptychon bekannt wurde, dieses ganze wuchtige Wirken und Leben eines Denkers so sehr komprimiert und veranschaulicht, dass es in einen kleinen, schummrigen Raum passt – in das Arbeitszimmer von Leibniz, mit Glastüre in den Wintergarten und einer Oberlichte, durch die das einzige wahre Licht fällt, das zum Malen eines Portraits geeignet scheint. Wobei wir wieder bei der Frage des Abbildnisses über den Tod hinaus wären, bei der Malerei und dem Verewigen. Dabei gibt es eine Szene, da wirft die begnadet gut mit niederländischem Akzent sprechende Aenne Schwarz die Frage auf, was genau eine Malerei nun abbildet. Den Moment, die Entstehung dieses Moments bis hin zur Vollendung, oder vielleicht auch die Zeit, die es gebraucht hat, um die Mineralien entstehen zu lassen, die für die Farbpigmente letztlich verwendet wurden. Das Bildnis wird so zur Drehscheibe philosophischer Betrachtungen, wobei dieser Begriff wieder erschreckend schwammig daherkommt, weil er zu sehr verallgemeinert.

Wort und Bild im Einklang

Was bei dieser Begegnung zwischen der fiktiven Malerin, deren Namen so klingt wie jener des berühmten Jan Vermeer und die sich anfangs als Mann ausgibt, und dem Geistesriesen und Humanisten Leibniz, der hier wie selten jemand punktgenau die Vernunft verkörpert, alles für Synergien erwachsen, überträgt sich ungefiltert auf ein aufmerksames, zuhörendes Publikum, das zum Glück nicht damit überfordert wird, die Bildgewalt eines auf die große Leinwand projizierten Theaterstücks auch noch in sich aufsaugen zu müssen. Reduktion durch berechnete Opulenz, so könnte man Reitz‘ visuelle Sprache untertiteln. Alleine schon der von Antonia Bill vorgetragene Brief der Charlotte, Königin von Preußen, an ihren liebgewonnenen Gesprächspartner Leibniz zu Beginn des Films öffnet die Tore in eine Zeit, in der man nichts damit gewinnen konnte, seiner Zeit voraus zu sein. Um das scheinbar, aber nur scheinbar strenge Spiel aufzulockern, wählt Reitz am Anfang noch die profane Begegnung mit einem Ignoranten – Lars Eidinger ganz absichtlich entnervt als Maler ohne Selbstreflexion, der mit der Abbildung des redegewandten Diskutanten formidabel scheitert. Und dann Aenne Schwarz, erinnernd an die Barockmalerin Michaelina Wautiers, welcher zur Zeit am Wiener Kunsthistorischen Museum eine Ausstellung gewidmet wird, und ebenfalls ihrer Zeit voraus – eine akribische Visionärin, die im posierenden Denker, der ungerne Perücke trägt, ihren Meister findet. Andersherum findet es genauso statt, beide ergänzen sich, beide beleuchten im wahrsten Sinne des Wortes die Zeit, die Zukunft, die Gegenwart – all das, was in ein Bild fließen soll.

Ein Gemälde blickt auf die Welt

Wenn Michael Kranz als des Hofrats rechte Hand in den dunklen Raum jenseits der Tapetentür dringt, um das Denken von Leibniz zu extrahieren, erinnert das fast an das Denkarium von Professor Dumbledore aus Harry Potter – das Mysterium des Denkens und Ahnens tut sich auf, und genauso mysteriös und auf einer gewissen Metaebene existierend entfaltet sich Sprache, Licht und Pigment zu einem berührenden Sinnesrausch nahe an der Geschichte, nahe am Tod und an der Ewigkeit, ermöglicht durch ein Gemälde, dass wir, wie die Welt, auch nur erahnen können.

Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes (2025)

Brian and Charles (2022)

MEIN FREUND, DIE WASCHMASCHINE

6/10


brian_and_charles© 2022 Focus Features


LAND / JAHR: GROSSBRITANNIEN, USA 2022

REGIE: JIM ARCHER

DREHBUCH: DAVID EARL, CHRIS HAYWARD, NACH DEM KURZFILM VON JIM ARCHER

CAST: DAVID EARL, CHRIS HAYWARD, LOUISE BREALEY, JAMIE MICHIE, NINA SOSANYA, LYNN HUNTER, COLIN BENNETT U. A.

LÄNGE: 1 STD 30 MIN


Mitarbeiter im Patentamt würden sich angesichts der tolldreisten Erfindungen, die der Sonderling Brian tagtäglich aus dem Fundus an alten Teilen zusammenkonstruiert, wohl kaum mehr wundern als sonst während ihres beruflichen Alltags. Mit Sicherheit wandern dort des Öfteren gelinde gesagt recht unnütze Verschlimmbesserungen in die Rundablage, ohne überhaupt genauer geprüft werden zu müssen. Handstaubsauger mit Flaschenhalter, eine Kurbelklobürste und allerhand seltsame Gerätschaften schmücken die Werkstatt des zurückgezogen lebenden Mannes, der sich nichts sehnlicher wünscht als einen Freund an seiner Seite – oder gar eine Freundin. Doch Brian ist ein kreativer Kopf, und solange die Ideen, so absurd sie auch sein mögen, aus seinem Denkapparat sprudeln, haben Depressionen keine Chance. Kreativität ist das Heilmittel für alles. Das Brainstorming vor dem großen Durchbruch ein spektakuläres Abenteuer.

Und dann das: Eines Tages kommt der Moment, den wohl auch der gute alte Gepetto erlebt haben muss, als eine Marionette aus Holz plötzlich stolz zum Morgengruß ansetzte. Etwas, das nicht leben kann, erfreut sich seiner Existenz. In diesem Fall ist es eben nicht Pinocchio, sondern Charles, eine Waschmaschine auf zwei Beinen, obendrauf der Kopf einer Schaufensterpuppe – dazu schütteres graues Haar und eine Brille. Wie durch ein Wunder scheint Brians Konzept für einen Roboter ins Schwarze getroffen zu haben. Wie er das gemacht hat, bleibt ein Rätsel. Nicht nur für ihn oder für sein überschaubares soziales Umfeld, sondern auch für uns Zuseher. Dass dieser Charles Petrescu, wie er sich nennt, also mehr ist als die Summe seiner Teile, mag einige Neider auf den Plan rufen – aber auch die schüchterne Hazel, die bei ihrer Mutter wohnt und für den kauzigen Erfinder mehr als nur Sympathie empfindet.

Jim Archers Underdog-Science-Fiction nach seinem eigenen Kurzfilm muss man eigentlich mögen, es geht gar nicht anders. Comedian David Earl als völlig in seiner Leidenschaft des Erfindens versunkener Außenseiter weckt zumindest in mir das verbrüdernde Verständnis für die in sich ruhende Glückseligkeit, die man bekommt, würde man im Tun dessen, was Freude bringt, sich selbst genügen. Das mag für alle anderen verrückt erscheinen, doch was die anderen meinen, schert niemanden mehr. Eine gute Einstellung, und doch geht es nicht ohne soziale Interaktion. Und die mag von mir aus ein ungelenker Roboter sein, dem sein eigenes Ich bewusst wird, der minütlich neu dazulernt und der trotz seiner unförmigen Physiognomie seltsamerweise in jedes Auto passt.

Mit nachvollziehbarer Logik lässt sich Brian und Charles gar nicht erklären. Collodis Pinocchio aber genauso wenig. Beide sind Märchen, beide sind Gleichnisse auf Selbstbestimmung und Originalität, auf Einzigartigkeit und das stete Streben nach neuen Ufern. Archers handgemachter Science-Fiction-Film verlässt dabei klassisches Erzählkino und bedient sich den Mechanismen einer Mockumentary – Brian durchbricht dabei die vierte Wand, wendet sich immer wieder einem ins Geschehen eingebundenen Betrachter zu, der vielleicht gar das eine oder andere Wort verliert.

Platziert in diese dörfliche Struktur völliger Abgeschiedenheit von der großen weiten Welt, die Charles aber unbedingt kennenlernen will, kommt auch Archers Film nicht über den Status einer Filmschrulle hinaus, die als Ständchen auf den verspielten Esprit des völlig Unnützen oder dem fehlkonstruierten Chaos verstanden werden will, aus dem irgendwann, ganz wie von selbst, Sinn entsteht. Mit Charles als dieses Wunder, diesem unförmigen Koloss, mag der Film so gemütlich wie absurd wirken, erzählerisch aber wagt er keine großen Sprünge. Man schmunzelt, man wundert sich. Mehr nicht. Doch vielleicht genügt das ohnehin.

Brian and Charles (2022)

Tesla

GEGEN DEN STROM GESCHWOMMEN

4/10


tesla© 2020 Leonine


LAND: USA 2020

REGIE: MICHAEL ALMEYREDA

CAST: ETHAN HAWKE, EVE HEWSON, KYLE MACLACHLAN, JIM GAFFIGAN, REBECCA DAYAN U. A. 

LÄNGE: 1 STD 42 MIN


In dem kurzen Zeitfenster letztes Jahr, in dem Kinobesuche noch möglich waren (wie traurig das klingt) lief ein historisches Drama rund um den sogenannten Stromkrieg zwischen Westinghouse, dem Verfechter von Wechselstrom, und natürlich Edison, dem kolportierten Erfinder der Glühbirne und Verfechter des Gleichstroms. Mit von der Partie war damals auch ein Mann namens Nikola Tesla, der einmal für Edison, und dann wieder für Westinghouse gearbeitet hat, bevor er sein eigenes Ding durchzog, mit vielen Ppatenten, und mehr oder weniger erfolgreich. Seine Erfindungsgabe verhinderte aber nicht, dass Tesla zwar hochbetagt, aber in völliger Armut dahinschied. Über diesen Tesla, den Nicholas Hoult im Film Edison – Ein Leben voller Licht darstellt, hat Regisseur Michael Almeyreda (u. a. Nadja, Experimenter) einen Film sowohl geschrieben als auch inszeniert. Ein Herzensprojekt sozusagen, das fast zeitgleich mit Edison veröffentlicht wurde, dabei aber ungefähr drei Jahre später produziert wurde. Edison verblieb dabei aus organisatorischen Gründen viel länger in der Pipeline. Anders bei Tesla: der hat die Auswertung im Kino bei uns in Österreich nicht mehr erlebt. On demand ist er nun verfügbar. Doch letzten Endes ist Edison – Ein Leben voller Licht der bessere Film.

Und das nicht, weil Edison (oder gar Westinghouse) die interessantere Biographie darstellt. Tesla ist da charakterlich und auch in Sachen Lebenswandel um einige hundert Volt interessanter. Tesla war ein Mastermind, ein sagen wir mal Wunderkind, was technisches Verständnis anbelangt. Soziale Kompetenz war ja nicht so sein Ding, auch beziehunsgtechnisch war’s eher recht ungelenk. Zumindest wird Tesla so darsgestellt und so scheint das nun mal zu sein bei solch heillos versponnenen Nerds wie er einer gewesen sein muss. Ethan Hawke hat sich dieser Figur also angenommen, und so wirklich viel Verständnis für selbige bringt der sympathische Before Sunrise-Quassler allerdings nicht auf. Kann Almeyreda da aushelfend entgegenwirken? Das tut er nicht. Sein Film ist genauso verkopft und sperrig wie die für den Film abstrahierte Figur des Tesla. Was er allerdings ausprobiert, ist, Eve Hewson als Unternehmerstochter Anne Morgan (gemeint ist der rotnasige J. P. Morgan, der größte Privatbankier seiner Zeit) über Tesla in der Jetztzeit referieren zu lassen. Sie bedient sich Laptops und Beamern, um seine Geschichte zu erzählen. Eine nette Idee, mehr aber auch nicht.

Tesla ist eine Anhäufung biographischer Fragmente, durch die Ethan Hawke mehr oder weniger stolpert. Seltsam formelhaft auch Kyle MacLachlan als Edison. Es ist, als wäre dieser Film nichts anderes als ein assoziatives Bühnenstück. Immer wieder agiert der einsame Physiker vor auf Leinwand projizierten Landschaften, was die Kulissenhaftigkeit noch mehr unterstreicht. Eine konsistente Formel dafür gibt es nicht, zumindest kann ich keine erkennen. Aus budgetärem Notstand heraus wird die Wahl der Mittel wohl nicht gewesen sein. Vielleicht war’s einfach nur der Wunsch, einen historischen Stoff mal ganz anders zu adaptieren. Gut, das ist ja ganz ambitioniert, jedoch lässt Tesla jegliche Konsistenz vermissen, kann seine bruchstückhaften Szenen nicht miteinander kombinieren und ist auch wieder schnell aus dem Gedächtnis verschwunden, sobald das Werk seinen Abspann erreicht.

Tesla

Edison – Ein Leben voller Licht

HELL IN DER BIRNE

5/10

 

DSC03764.ARW© 2020 Filmladen Filmverleih

 

LAND: USA, GROSSBRITANNIEN, RUSSLAND 2017

REGIE: ALFONSO GOMEZ-REJON

CAST: BENEDICT CUMBERBATCH, MICHAEL SHANNON, TOM HOLLAND, NICHOLAS HOULT, KATHERINE WATERSTON, OLIVER POWELL, NANCY CRANE U. A.

 

Koryphäen der Wissenschaft – so könnte man den Trend rund um Geistesriesen des Industriezeitalters bezeichnen, welchen das Kino derzeit mit etwas mehr Nachdruck als sonst verfolgt. Marie Curie – Elemente des Lebens läuft derzeit auch in unseren Lichtspielhäusern, später dann soll noch Tesla mit Ethan Hawke folgen. Und das waren sicher nicht die letzten. Thomas Alva Edison war auch so ein Anstupser des menschlichen Fortschritts, einer mit ordentlich Grips in der Birne und mit ganz viel Licht in selbiger, allerdings auf dem Prinzip des Gleichstroms. Man braucht nicht glauben, dass zur damaligen Zeit nur Edison alleine der Heilsbringer für den technologischen Boom des Menschen war, da gab’s auch noch andere. Der eben erwähnte Futurist Nikola Tesla zum Beispiel, der allerlei Visionen hatte, und der Industrielle George Westinghouse, der das Prinzip der Glühbirne weiterführte, allerdings mit Wechselstrom hantierte und somit auch größere Gebiete der vereinigten Staaten mit Licht von der Leitung versorgen konnte. Edison sieht sich natürlich seiner Ideen beraubt und zieht gegen seinen Konkurrenten zu Felde – allerdings wird ihm das nicht viel bringen. Womit Edison im Eigentlichen zu Weltruhm gelangte, das sei seinem ausgeprägten Sinn für Marketing zu verdanken, und einem Hang zur Volksnähe, den all die anderen nie wirklich entwickeln konnten, am Allerwenigsten Tesla, ein blitzgescheiter, aber nerdiger schräger Kauz, der fast schon als Vorbild für Sheldon Cooper aus der Big Bang Theory gelten kann, zumindest was die Interpretation Nicholas Hoults in Alfonso Gomez-Rejons Film betrifft. Ihm gegenüber: Benedict Cumberbatch als derjenige, der bei Assoziativfragen zur Elektrizität womöglich als erster fällt: Thomas Alva Edison. Strenger Denker, ruheloser Erfinder, Superhirn, Geschäftsmann. Im privaten Schlepptau: zwei Kinder, eine Frau. Um Edison selbst handelt der Spielfilm, der bereits 2017 abgedreht wurde und aufgrund von Studiofusionierungen längere Zeit in der Schublade verschwand, nur peripher. Es ist die Geschichte eines Triumvirats von Amerikas technisch-utopischer Elite, die weder miteinander noch ohneeinander konnte.

Die frei nach geschichtlichen Eckpunkten zusammengetragene Dreifach-Biopic (obwohl Tesla entschieden zu kurz kommt, Westinghouse aber die meiste Spielzeit hat) will prinzipiell mal gar keine Studie über Edison himself sein – im Original trägt der Film den Titel The Current War. Kurz: der Stromkrieg – wofür Gomes-Rejon denn knallroten Teppich für die Creme de la Creme des Ausstattungskino ausrollt. Edison – Ein Leben voller Licht besticht weniger durch die reichlich trockene Angelegenheit von Industriegeschichte, sondern viel mehr durch einen üppigen Bilderreigen an Interieur und Kostümen. Mit krassen Weitwinkel-Takes, die an Terrence Malick oder Stanley Kubrick erinnern, fängt der Geschichtsfilm Popup-Bilder ein, die feines Schauvergnügen versprechen. Ein Who is Who namhafter Stars findet sich ebenfalls ein, um dem Stromkrieg ordentlich Volt zu verpassen. Die Energie allerdings macht sich aber maximal erst auf der quartalsmäßigen Stromrechnung bemerkbar. Das Schlammcatchen dreier Fachgenies fällt erstens viel handzahmer aus als gedacht, da kann man noch so viel dramaturgischen Füllstoff dazu erfinden, und zweitens sind die vielen Treffen fein gekleideter Herren in Fabriken, Salons und tapezierten Waggons irgendwann ermüdend. Cumberbatch variiert seinen Charakter nur selten, auch Michael Shannon bleibt ein geschmackvolles Gemälde inmitten der noblen Atmosphäre eines technischen Museums mit allerlei Dingen, die man zuhause nicht hat und für die man gerne in den öffentlichen Schauraum geht. Die interessanteste und auch relevanteste Anekdote ist wohl die über die Entstehung des elektrischen Stuhls als „humane“ Tötungsmethode. Sonst aber freut man sich im Nachhinein, seine Volkshochschulkenntnisse über Elektrotechnik nochmal aufgefrischt zu haben – viel mehr bleibt allerdings nicht.

Edison – Ein Leben voller Licht