Final Destination 6: Bloodlines (2025)

DETERMINISMUS MIT SIPPENHAFTUNG

6/10


© 2024 Warner Bros. Pictures, Inc. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2025

REGIE: ZACH LIPOVSKY, ADAM B. STEIN

DREHBUCH: GUY BUSICK, LORI EVANS TAYLOR, JON WATTS

KAMERA: CHRISTIAN SEBALDT

CAST: KAITLYN SANTA JUANA, TEO BRIONES, RICHARD HARMON, OWEN JOYNER, RYA KIHLSTEDT, ANNA LORE, BREC BASSINGER, TONY TODD, GABRIELLE ROSE, APRIL TELEK, ALEX ZAHARA U. A. 

LÄNGE: 1 STD 50 MIN


Grüß Gott, ich bin der Tod: Wenn Gevatter dich auf dem Kieker hat, reicht es womöglich nicht, wenn man ihm, ganz so wie die legendäre EAV es besingt, einen Jagatee kredenzt. Doch der Sensenmann macht sich in Wahrheit gar nichts aus Hochprozentigem, dafür aber will er, dass die ganzen hundert Prozent derer, die auf seiner Liste stehen, auch über die Klinge springen. In der Horrorfilm-Reihe Final Destination hat der Tod auch nie ein Gesicht. Das, was die ganze Zeit so aussieht, als wären es unglückliche Zufälle, scheint eine höhere Macht, die das Leben und Ableben steuert. Der freie Wille ist nur Illusion. Diesem Determinismus zu entgehen, der uns alle gefangen hält, mag ein Ding der Unmöglichkeit sein. Das geht nur dann, wenn man Gevatter austrickst. Wie die alte Frau in ihrem Häuschen – wir alle kennen den Witz – die, auf die Tränendrüse drückend, einen Deal mit ihrem Schicksal eingeht und den Tod auch schwören lässt, er soll sie doch erst am nächsten Tag nochmal holen. Zur Erinnerung heftet sie den Vertrag an die Tür – und lebt womöglich heute noch.

Damals, 25 Jahre ist es her, sorgte der Horrorthriller Final Destination für schweißnasse Hände – der vorausgeahnte Flugzeugcrash ist mir in Erinnerung geblieben. Diese Katastrophe, vom Schicksal so vorausgeplant, bildete im Jahr 2000 den Auftakt für allerlei bizarre Ideen, wie ein Mensch auf die noch so absurdeste Art und Weise das Zeitliche segnen kann. Dabei zeichnete sich bereits ab: Hat man wohl einen Teil dieser Filmreihe gesehen, kennt man alle. Somit haben wir es hier mit reinstem Effektkino zu tun, das aber auch dazu steht, nichts anderes zu wollen außer den Effekt, den Kick, die blutige Schadenfreude, die Sensation, wenn junge Menschen abnippeln und dabei nicht selten den Kopf, das Rückgrat oder alle Extremitäten verlieren. Zumindest beim Original war die Idee eines vorbestimmten Plans einer alles steuernden Entität ein prickelndes, auch unbequemes Gedankenspiel. Doch was anfangs schon durch war, dient wohl des Weiteren kaum als inhaltliches Füllmaterial. Macht aber nichts. Filme, in denen der Zweck des garstigen Entertainments die Mittel heiligt, und wenn sie auch immer ähnlich sind, taugen zumindest so viel wie eine Achterbahnfahrt am Rummel. Auch die will man immer und immer wieder genießen, sofern schwindelfrei.

Nicht ganz so schwindelfrei mag wohl der eine oder andere Besucher eines dem Donauturm ähnlichen, schicken Luxus-Restaurants sein, genannt Skyview Tower. In den Sechzigern lässt sich Iris von ihrem Freund Paul zur Eröffnung dieser sensationellen Lokalität liebend gerne einladen, mulmiges Gefühl beim Einsteigen in den Fahrstuhl hin oder her. Und natürlich hat die junge Dame sogleich die Vision einer verheerenden Katastrophe, ausgelöst durch eine Münze, die in den Lüftungsschacht gerät. Wie Zach Lipovsky und Adam B. Stein die Materialschlacht mit zahlreichen Todesopfern inszenieren, kann sich sehen lassen. Das beste dabei: Wenn man glaubt, spektakulärer wird es wohl nicht, braucht man sich nur vorstellen, was passiert, wenn ein MRT-Gerät im nächstgelegenen Krankenhaus verrückt spielt. Das tut weh, höllisch weh. Abermals durften sämtliche kreative Köpfe im Ideenpool plantschen, damit es auch diesmal wieder Unfälle gibt, die man so noch nicht gesehen hat. Es verhält sich wie mit den Filmen der Saw-Reihe: Selbes Prinzip, selbes Muster, auch hier sollte sich bestenfalls keine der Foltermethoden wiederholen.

Final Destination 6: Bloodlines meldet sich also nach Jahren wieder zurück aus dem Scheintod und will diesmal auch mehr Story liefern. Mit Bloodlines ist sowieso schon alles gesagt: Folglich trifft es diesmal die Erben der dem Tode Entwischten. Auf kuriose Weise ist das nur logisch und auch durchdacht, wenngleich die Stringenz dabei im Laufe der Handlung verlorengeht und der Tod bald selbst seine eigenen Regeln nicht mehr befolgt. Anyway, bei Filmen wie diesen ist das egal. Blut muss fließen, Schädel müssen brechen, und Baumstämme sind schwer. Dass das ganze mehr zum körpersaftigen Hoppala-Overkill mutiert als zum unheilvollen Horror ausartet, ist auch kein Geheimnis. Wer’s mag, ist hier nicht fehl am Platz. Gesehen, schadenfroh grinsend geekelt und vielleicht vergessen. Es sei denn, man muss bald zum MRT.

Final Destination 6: Bloodlines (2025)

Timestalker (2024)

VOM TOPF, DER NICHT ZUM DECKEL PASST

6/10


Timestalker© 2024 HanWay Films


LAND / JAHR: VEREINIGTES KÖNIGREICH 2024

REGIE / DREHBUCH: ALICE LOWE

CAST: ALICE LOWE, ANEURIN BARNARD, NICK FROST, JACOB ANDERSON, KATE DICKIE, TANYA REYNOLDS, MIKE WOZNIAK U. A.

LÄNGE: 1 STD 36 MIN


Die Conclusio von gefühlt jeder Romantikschnulze lautet vermutlich so: Liebe überdauert alle Zeiten. Damit sind die guten und die schlechten zu zählen, sofern man das Vermählungsgelübde abgelegt hat. Damit sind vielleicht gar politische Wirren oder natürliche Katastrophen gemeint oder der Moment, wenn das Vertrauen wird auf die Probe gestellt wird. Geographische Distanz ist auch so ein Faktor, den man wacker bestreiten will. Im Film Timestalker überdauert die Liebe sogar diverse Lebenszeiten. Sprich: Ist die Tatsache einer Reinkarnation eine bewiesene, lässt sich somit auch der Lebensmensch über den Tod bringen, über den Stix schippern und in der neuen Existenzblase erneut ausfindig machen. Doch was, wenn dieser Lebensmensch gar nicht will? Wenn es gar nicht Liebe ist, sondern Obsession, die nur von einer Seite ausgeht und nicht erwidert wird? Stalken und Begehren über Raum und Zeit hinweg – was für absurde Ausmaße das Ganze annehmen kann, schildert die Comedian Alice Lowe in ihrer zweiten, zwischen Herz und blutigem Schmerz angesiedelten Regiearbeit. Die Britin selbst kennt man wohl am ehesten noch aus Ben Wheatleys Sightseers – einer urbritischen, schwarzhumorigen Version der Natural Born Killers, nur ohne Medienrummel. Slash-Festivalgeher ordnen ihr vielleicht noch den Schwangerschafts-Slasher Prevenge zu, der 2016 ebendort Premiere feierte.

Lowe setzt sich selbst als Mittelpunkt ihres Schaffens prominent in Szene, es ist ein Film für sie, mit ihr und von ihr. Timestalker lässt die Künstlerin in diverse Epochen eintauchen, vom 17. Jahrhundert der Häresie aufwärts bis in die nahe Zukunft, in der Unruhen das gesellschaftliche Leben bestimmen. Eine Frau namens Agnes liebäugelt dabei immer und jeweils in einer der Zeit angepassten Kluft mit dem ihr fremden Alex, der aber, so will es das Schicksal, immer wieder kurz davorsteht, sein Leben zu verlieren, würde Agnes nicht beharrlich intervenieren und statt seiner die Patschen strecken. Es wäre alles halb so wild, muss die von dieser besagten Liebe auf den ersten Blick gemarterte Lebenskünstlerin nicht alles wieder von neuem beginnen. Und wieder trifft sie auf Alex, mal als Prediger, mal als Bandit, mal als Rockstar. Für Agnes ist es Bestimmung, für den jungen Mann allerdings nicht. Eine Qual ist das, und es gibt keine Möglichkeit, die Balance zwischen dieser Figurenkonstellation auszugleichen oder aber die Paarbindung zu stärken. Erschwerend kommt hinzu, dass Nick Frost als herrlich provokanter Ungustl eine ähnliche Obsession für Agnes hegt, diese aber in toxischen Männlichkeitsfantasien auslebt, mit der das Objekt der Begierde nichts anfangen kann – ganz im Gegenteil. Und noch etwas: Im Hintergrund flammen lesbische Sehnsüchte auf, auch diese bleiben unerwidert. Lowe öffnet damit eine Kiste der im wahrsten Sinne des Wortes halbherzigen Beziehungen, der hoffnungslosen Bewunderungen, deren Energie ins Leere läuft.

Lowe reichert dabei ihre episodenhafte Anti-Romanze mit einigen blutigen Szenen an, die zum guten Ton schwarzhumorig-makabrer Light-Grotesken aus Britannien zählen, denn nicht nur einmal verliert Agnes den Kopf wahrlich nicht nur aus Liebe. Hinter dem, den sie so heiß begehrt, steckt einer, der so aussieht wie Sam Riley, tatsächlich aber als Aneurin Barnard bekannt ist und bereits schon bei Nolans Dunkirk mitgewirkt hat. Das Ensemble ist also in einem vergnüglichen Einklang vorzufinden, die Episoden selbst strahlen eine gewisse bühnenhafte Kauzigkeit aus, was vielleicht auch daran liegt, dass Lowe nicht auf Zug inszeniert. Gemächlich erscheint ihre immergleiche Grunddynamik der einzelnen Geschichten, ganz im Sinne der Idee dahinter fühlt sich vieles so an, als wäre es redundant. Kein Wunder, wenn die Figur der Agnes immer wieder gegen ihren Willen diesen einen Mann will, der im Grunde nichts für sie übrighat. Dieses Dilemma des Anhimmelns setzt Lowe in den Kontext gesellschaftlicher Marotten und Absonderlichkeiten der jeweiligen Zeitalter (schon wieder die Achtziger!), doch stets bleibt der Spaß in seiner Andeutung verhaftet, ohne in diesem Schicksalsspiel wirklich herumzurühren. Als ganz nett könnte man Timestalker bezeichnen – doch ist das nicht das Verheerendste, was einem Film wiederfahren kann, wenn man ihm diese Eigenschaft verleiht?

Nein, Timestalker ist bei weitem kein Reinfall. Doch als großen Wurf würde ich diese Reinkarnations-Komödie, die manchmal an Time Bandits erinnert und die ewige Schnulze der deterministischen großen Liebe in liebevoller Gehässigkeit hinterfragt, auch nicht bezeichnen. Der Twist am Ende macht immerhin vieles wieder wett, was vielleicht zu lange gedauert hat.

Timestalker (2024)

Knock at the Cabin (2023)

DIE REITER DER APOKALYPSE

6/10


knockatthecabin© 2023 Universal Studios. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: M. NIGHT SHYAMALAN

CAST: DAVE BAUTISTA, BEN ALDRIDGE, JONATHAN GROFF, NIKKI AMUKA-BIRD, RUPERT GRINT, ABBY QUINN, KRISTEN CUI U. A.

LÄNGE: 1 STD 40 MIN


Wer klopfet an? Nein, es sind nicht die Zeugen Jehovas, obwohl sie vom Ende der Welt predigen. Vielleicht verleitet ja ein unwesentliches Detail dazu, nicht unbedingt anzunehmen, die Sekte mit dem Leuchtturm vor der Türschwelle zu haben. Dieses Detail sind archaische Waffen, die aussehen wie Dreschflegel, Morgensterne oder Hellebarden. Sowas tragen die Jehovas nicht mit sich, das ist mal klar. Zumindest noch nicht. Wer sind also diese vier Auserwählten hier, dass sie es besser wissen als der Rest der Welt? Dave Bautista, der Einbauschrank unter den Schauspielern, hat eine Vision gehabt, die er nicht nur nicht mehr loswird. Die drei, die ihn begleiten, hatten dieselben Bilder vor Augen. Kann kein Zufall sein. Man kann nicht einfach dasselbe träumen. Und die Welt kann genauso wenig von heute auf morgen den Bach runtergehen.

Ich wäre genauso skeptisch wie das schwule Pärchen Eric und Andrew samt ihrer kleinen Tochter Wen, die da plötzlich, mitten am Wochenende in der reinsten Idylle, überfallen werden. Wieso sollte ich jemandem glauben, die Welt gehe unter, nur aufgrund seltsamer Koinzidenzen? Ich würde ihnen einen Kaffee anbieten und sie dann schön brav nach Hause schicken, nachdem ich vielleicht ihre Annahmen zerstreut hätte, die argumentell unmöglich zu untermauern sind. Leichter gesagt als getan. Denn die vier seltsamen und nicht minder bedrohlichen Gestalten, die zwar vorgeben, niemandem etwas tun zu wollen, was aber genauso schwer zu glauben ist wie der Weltuntergang, fordern einen selbstlosen Einsatz. Einer der drei aus der Familie Andrew, Eric und Wen müssen geopfert werden. Dies müssen sie allerdings untereinander klären, und zwar schnell, da die Zeit drängt, denn da draußen, jenseits der Hütte im Wald, braut sich bereits was zusammen. Es sind Plagen wie seinerseits Gott über Ägypten gebracht hat, nur globaler. Einer für alle ist also die Devise. Nur wer? Und es stellt sich immer noch die Frage: Warum?

Man möchte meinen, dass all die Schwurbler und Querdenker, die in den letzten drei Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen waren, beim Master of Mystery längst einen Stein im Brett haben. Nicht alles, was so scheint, als könnte zwischen den obskursten Begebenheiten kausale Zusammenhänge bestehen, ist nichts als Zufall. Auf diesem Gedankenspiel baut Shyamalan seinen neuen Home-Invasion-Thriller auf, der sich trotz einiger gewalttätiger Zuspitzungen deutlich friedfertiger gibt als seine paranoide Alien-Invasion Signs – Zeichen, der zumindest bei mir für schlaflose Nächte gesorgt hat. Wie in so einigen seiner Filme gibt es weder Gut noch Böse. All die Figuren und der paranormale Stoff, mit dem sich Shyamalan umgibt, passen selten in gewohnte Schubladen. Und das macht so einiges mit der Wirkung seiner Filme. Weil es irgendwo und irgendwann etwas viel Größeres geben muss und gibt, was der herumirrende Mensch nicht versteht und am Ende auch nicht zu verstehen braucht, da die Wissenschaft ohnehin Ausgang hat.

In Knock at the Cabin geht es einzig und allein darum, die guten alten Riten der Opfergabe, deren Bekannteste wohl jene ist, wenn Abraham auf Geheiß des Allmächtigen seinen Sohn zur Schlachtbank führt, einem neuzeitlichen Praxistest zu unterziehen. Was heißt das für uns? Sind wir den Mythen trotz allen Fortschritts und trotz all der Aufklärung und der Erkenntnis immer noch hilflos ausgeliefert? Und ist die Besinnung auf das Archaische der einzige Weg, unsere Welt zu retten? Das ist viel an philosophischem Gedankengut, das Shyamalan komprimiert hat auf einen mit genretypischen Versatzstücken ausgestatteten Thriller, der viel öfter ins selbstmitleidige Endzeitdrama kippt als vielleicht angestrebt. Dafür eignet sich Ex-Wrestler Bautista wirklich gut, der, gegen sein Image gebürstet, den selbstlosen Lehrer gibt, der meint, auserwählt zu sein. In dieser persönlichen Diskrepanz zwischen Auftreten und Erscheinung liegt die Tiefe seines Charakters als Zugpferd des Films. Und weniger in den Schreckensszenarien, die dieser indirekt über den Fernseher schickt. Anscheinend dürfte Shyamalan nichts mehr erschrecken als Found Footage in den Nachrichten – dieses Ausleben der Angst findet sich auch in Signs wieder, wenn Augenzeugen, die irgendwo anders sind, nur nicht am Schauplatz des Films, das Undenkbare nicht fassen können. Auf diese Weise sammelt der Mysterythriller Bedrohung in kleinen Happen – um am Ende ganz andere Saiten aufzuziehen als wie es sonst bei Shyamalans Filmen üblich ist. Vielleicht liegt das daran, dass Knock at the Cabin auf keinem Originaldrehbuch beruht. Und daher überraschend überraschungslos bleibt, obwohl die Wahrheit hinter all dem sowohl das eine als auch das andere sein kann. Ob Schwurbler oder wahrer Prophet – anscheinend steckt beides im Menschen, und die Chance, was zum Zug kommt, ist Fifty-fifty. Damit arrangiert sich der irrationale Film sehr bald, sehr willig und recht leidenschaftslos, womit er sein eigenes Licht unter den Scheffel stellt.

Knock at the Cabin (2023)

See You Yesterday

WER HAT AN DER UHR GEDREHT?

6/10

 

SYY-7-26-18-231.RAF© 2019 Netflix

 

LAND: USA 2019

REGIE: STEFON BRISTOL

CAST: EDEN DUNCAN-SMITH, DANTE CRICHLOW, MARSHA STEPHANIE BLAKE, ASTRO, MICHAEL J. FOX U. A.

 

Nerds gibt’s nicht nur als Sitcom. Die gibt’s eigentlich schon seit den 80ern von Amiga, Commodore und Hero Quest, nur nannte man sie damals noch nicht so. Nerds gibt’s jetzt auch wieder im Film, und zwar im Netflix-Streifen See You Yesterday, in welchem die beiden afroamerikanische College-Schüler Claudette und Sebastian die Außenseiter markieren, dafür aber blitzgescheit daherkommen und technische Spielereien entwickeln, die ans Übernatürliche grenzen. Eines dieser Projekte ist – erraten! – eine Zeitmaschine, quasi ein Rucksack mit Schläuchen und seltsamen Utensilien, einer großen Uhr am Buckel, die sich, keiner weiß wie und in welche Richtung auch immer, dreht und letztendlich einem Armband für Smartphones, auf welchen Ort und Zeit angegeben sind. Ihr Equipment sieht aus, als hätten die Kerle aus Michael Gondrys Be Kind Rewind wieder mal einen Blockbuster „geschwedet“, beim schnellen Hinsehen vielleicht Ghostbusters, denn die haben auch alle so ein Equipment auf den Schultern. Die beiden Nerds aber, die wollen einen Quantentunnel damit erzeugen, um in Beam Me Up-Manier statt die Seiten die Zeiten zu wechseln. Nach mehreren Anläufen gelingt ihnen das tatsächlich. Doch seit Marty McFly wissen wir, dass das Spielen mit Vergangenheit und Zukunft etwas ist, dessen Gesamtheit sich nicht erfassen lässt, dessen Auswirkung im kleinsten veränderten Detail stecken und was eigentlich – das wissen wir auch seit Butterfly Effect – einfach nicht mehr korrigiert werden kann.

Doch würden wir nicht auch, könnten wir in die Zeit zurückreisen, so ein Tool  liebend gerne benutzen? Man stelle sich nur vor, wie schnell sowas zu sagenhaftem Gewinn führen kann, vor allem Mittwochs oder Sonntags vor der Lottoziehung. Es müssen gar keine Epochen sein, die da zurückgelegt werden müssen. Umso mehr Zeit dazwischen, umso nachhaltiger sind all die Veränderungen. Und es kommt, wie es kommen muss – die beiden fingern allzu enthusiastisch in den temporären Schleifen herum, und das Schicksal ist dabei nicht gnädig. Claudettes Bruder stirbt bei einer polizeilichen Amtshandlung, fahrlässige Tötung, motiviert aus rassistischem Vorurteilsdenken. Wie lässt sich dieser Fehler wieder gut machen? Ganz einfach, noch einmal zurück in die Vergangenheit. Klingt ganz einfach, ist es aber nicht.

See You Yesterday ist erfrischend buntes Black Cinema, unter der Obhut von Althasen Spike Lee entstanden und von dessen Schützling Stefon Bristol inszeniert. Dabei sind neben einem so erfreulichen wie liebevollen Cameo eines ganz bekannten Zeitreisenden die beiden jungen Hauptdarsteller die größte Entdeckung dieses aufgeweckten, straighten Science-Fiction-Abenteuers, die so aussehen, als wären sie aus den 90er-Fernsehserien Der Prinz von Bel Air oder Alle unter einem Dach entsprungen. Die beiden verleihen dem Film ihren eigene unverhohlene Neugier, dem sozialen Kolorit der Bronx angepasst, cool wie ein improvisierter Rap und das amerikanische Grätzel-Klientel selbstironisch beobachtend. Die Sache mit der Zeit, die folgt den Parametern von Zurück in die Zukunft, enthält also eine ganz andere Logik wie zuletzt in Avengers: Endgame, wo die Reise zurück in die Zeit dem Prinzip des Multiversums folgt. In See You Yesterday gibt es nur eine Zeitlinie, auf der man vor- und zurückreisen kann, und die, laut Doc Brown, bei Begegnungen derselben identität zu einem verheerenden Paradoxon führen kann. Das ist witzig und höchst unterhaltsam, der Logik nochmal zu folgen, obwohl wir das seit den 80ern fast schon durch sind. Nur anders als bei Zemeckis´ Dreiteiler ist hier das Beheben von Zeitreiseproblemen durch Zeitreisen weniger von Erfolg gekrönt. So sehr es auch aussieht, Tragisches ändern zu können, bleibt das Schicksal festgeschrieben, deterministisch also. Somit tritt See You Yesterday irgendwann nur noch auf der Stelle. Und nimmt dem gesellschaftskritischen Märchen die Dynamik, die es zu Beginn hatte. Bristol hatte hier eine Idee nicht zu Ende gesponnen, was schade ist, denn nur zu gern hätte ich den beiden noch 20 Minuten länger die Daumen gehalten, damit sie alles wieder ins Lot bekommen. Man könnte ja zurückspulen – das würde aber auch nichts ändern. Ganz so wie im Film.

See You Yesterday