Nyad (2023)

ICH SCHWIMME, ALSO BIN ICH

6/10


NYAD© 2023 Netflix


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: ELIZABETH CHAI VASARHELYI, JIMMY CHIN

DREHBUCH: ANN BIEDERMAN, JULIA COX

CAST: ANNETTE BENING, JODIE FOSTER, RHYS IFANS, ANNA HARRIETTE PITTMAN, LUKE COSGROVE, KARLY ROTHENBERG, ERIC T. MILLER, GARLAND SCOTT, JEENA YI, JOHNNY SOLO U. A. 

LÄNGE: 2 STD 1 MIN


Ich bin schon stolz, wenn ich den burgenländischen Neufelder See durchschwimmen kann, und dabei nehme ich mir nicht mal die Länge, sondern die Breite vor, die deutlich geringer ausfällt. Erschwerend hinzu kommt hier natürlich die Tatsache, dass ich dieses Vorhaben allein durchziehen muss – und ganz ohne Entourage aus Bootscrew, Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und des persönlichen Coachs. Dann würde die Strecke deutlich länger ausfallen, aber natürlich nicht so lang wie jene, die Diana Nyad (Nomen est Omen, denn Nyaden sind Wassernymphen) bewältigen will. Eines gleich vorweg: Sie wird es schaffen. Und das ist kein Spoiler. 2013 ist sie von Kuba nach Florida geschwommen, wobei mit Florida natürlich Key West gemeint ist, die südlichste der Inselkette der Florida Keys. Somit rückt die Entfernung auch wieder ein kleines Stück zusammen, doch nicht so weit, dass daraus eine Lappalie wird. Immerhin werden es 177 km gewesen sein, zurückgelegt in 53 Stunden und ohne Haikäfig, dafür aber mit anderen Mitteln, die verhindern sollen, dass Nyad nicht zum Frühstück für Knorpler wurde. Diese wiederum sind auch nicht das einzige Problem in der Floridastraße. Quallen sind ein noch viel größeres Übel. Und Strömungen. Und sowieso das ganze Salz, das die Haut aufschwemmt. 53 Stunden durchschwimmen – es ist schier unvorstellbar. Aber machbar. Wie so vieles, wenn Menschen wie Nyad in geradezu fanatischer Verbissenheit unbedingt Pioniere sein wollen, koste es, was es wolle, und vielleicht sogar das eigene Leben.

Tu es – oder stirb: Anders lässt sich dieser egomanische Drang kaum beschreiben. Die Welt rundherum, all die anderen, die einen umgeben, die vielleicht wichtig sind oder Teil einer intakten Familie – sie verblassen, werden unwichtig, einzig das Ziel zählt, und nicht mal der Weg. Erste(r) sein, Beste(r) sein, einzigartig sein: ist das wirklich das Credo, das die Menschheit in ihrer Entwicklung vorantreibt? Welchen Mehrwert hat diese Schwimmerei? Beweisen, dass es möglich ist. Beweisen, wozu Homo sapiens imstande ist, wie nah er dem Mythos eines Superhelden kommen kann. Was der Geist mit dem Körper alles anstellen kann, wenn man ihn nur lässt.

Das sind immerhin Gründe genug, Diana Nyads Vorhaben fasziniert und mit Interesse zu verfolgen. Und dann ertappt man sich wieder dabei, nichts von dieser Geisteshaltung verstanden zu haben. Diesen Raubbau am eigenen Körper nicht gutzuheißen, diese Verbissenheit und radikale Obsession abzulehnen, den bezahlten Preis für das eine Ziel niemals selbst zahlen zu wollen, denn wozu? Was muss die Psyche mitbringen, welche Erfahrungen aus der Kindheit, und wer hat diese Einstellung gelehrt? Auch darauf wären die Antworten aufschlussreich – und keine Sorge, sie finden ihren Platz, wenn auch nur in subtiler Andeutung. Die Drehbuchautorinnen Ann Biederman und Julia Cox hatten als Grundlage immerhin Diana Nyads Autobiografie Find a Way zur Hand, das Dokufilmer-Paar Elizabeth Chai Vasarhelyi und Jimmy Chin haben das Abenteuer über die Überwältigung der eigenen psychischen wie physischen Grenzen schließlich umgesetzt.

Mit Extremen hatten die beiden bereits zu tun: Ihre Kletter-Doku Free Solo über die ungesicherte Besteigung des El Capitain kassierte 2019 den Oscar als bester Dokumentarfilm. Von der faktenbasierten Berichterstattung bis zum Sportlerinnen-Biopic Nyad ist vielleicht nicht so ein breiter Weg zurückzulegen wie von Kuba nach Florida, immerhin aber wechselt das Genre seine Mechanismen und die grundlegende Machart eines Films, der, mit Drehbuch, dramatisierten Szenen und Schauspielerinnen, die ganz andere, reale Personen verkörpern, durch ganz andere Gewässer pflügt. Können Vasarhelyi und Chin auch diese Art von Film meistern?

Im Grunde ja. Wobei: Der Drang zur Doku ist offensichtlich. Nyad ist die recht brave Chronik eines Selbstversuchs, dessen Zweckmäßigkeit, wie bereist erläutert, entweder nachvollziehbar wird oder eben nicht. Darüber lässt sich streiten – genauso wie über ihre errungene Leistung, über die so manche Kritik laut wurde, doch vielleicht ist das nur das Motzen der Neider, die sich womöglich niemals dazu durchringen könnten, so beharrlich ein Ziel zu verfolgen. Die zum Triumph führenden Eckpunkte abhakend, ereifert sich die souveräne Annette Bening mit sonnengebräuntem Teint und burschikosem Kurzhaarschnitt, bis der Arzt kommen könnte. Mit aufgeschwemmtem Gesicht, jedoch noch keinen Schwimmhäuten zwischen Zehen und Fingern, krault sie tage- und nächtelang, nebenher das Boot, obendrauf ihr untergebener Support. Die selten gesehene Jodie Foster tut als Nyads Freundin Bennie Stoll alles, was ihre Rolle verlangt – aber nicht mehr. Seltsamerweise bleibt ihr Schauspiel schon seit geraumer Zeit verhalten und sichtlich erprobt, von den Höchstleistungen zwischen den schweigenden Lämmern und Nell ist nichts mehr geblieben. Das schadet dem Film sowieso kaum, liegt doch der Fokus wie gebannt auf Trial und Error eines geradezu verzweifelten Drangs, durchs Meer zu pflügen. Berauscht von dieser Machbarkeit des Unmöglichen, könnte ich mich vielleicht dazu durchringen, nächstes Jahr das Längenmaß des burgenländischen Neufelder Sees gründlicher in Augenschein zu nehmen. Vielleicht mit Tretboot nebenher.

Nyad (2023)

Der Mauretanier

KUBAKRISE 2.0

6,5/10


mauretanier© 2021 TOBIS Film GmbH.


LAND / JAHR: USA, GROSSBRITANNIEN 2021

REGIE: KEVIN MACDONALD

CAST: TAHAR RAHIM, JODIE FOSTER, SHAILENE WOODLEY, BENEDICT CUMBERBATCH, ZACHARY LEVI, COREY JOHNSON U. A.

LÄNGE: 2 STD 10 MIN


Es kommt immer darauf an, wie Message Control ihre Arbeit leistet: Außen hui, innen pfui. Nach Filmen wie Judas and the Black Messiah oder eben Der Mauretanier ist das Bild von den (ehemals) selbsternannten Wächtern der Welt das eines durchtriebenen Heuchlers, der westliche Werte predigt, und selbst aber zu Mitteln greift, die schon in der spanischen Inquisition irgendwann später als überholt galten. Die Rede ist vom Foltern, bis das Geständnis kommt. Statt Streckbank und Daumenschrauben gibt’s in Guantanamo Waterboarding, Schlafentzug und sonstige Abscheulichkeiten, die den Gefangenen brechen sollen. Mit diesen Methoden ist es ein Leichtes, alle möglichen Geständnisse zu erzwingen, und seien es auch jene, die zugeben, mit sowas Abstraktem wie dem Teufel im Bunde zu sein oder den Hexensabbat zu tanzen. Unterzeichnete Wahrheiten, die nichts wert sind. Doch zumindest befriedigt es die Wähler, denn die wollen einen Sündenbock für das 9/11-Verbrechen, und da ist einer, der über mehrere Ecken mit Bin Laden zu tun hatte, gut genug.

Dieser Jemand ist Muhamedou Ould Slahi, eben ein Mauretanier, der früher mal auf Seiten der Amerikaner und der Al Kaida gegen die kommunistischen Invasoren in Afghanistan gekämpft hat. Der wird eines Nachts, kurz nach dem 11. September, ganz einfach einkassiert, zuerst in den Nahen Osten verschleppt, dann in Guantanamo inhaftiert – und folglich immer wieder verhört. Zuerst noch auf humane Weise, später dann auf die harte Tour. Klar sieht man das in diesem Film, manche Szenen wirken so, als wären sie aus der Horrorreihe The Purge oder aus einem anderen perfiden Psycho-Murks. Tatsächlich waren das Methoden des US-Militärs. Von dieser Schande erfuhr die Öffentlichkeit erst einige Zeit später, und das dank einer liberalen, sozial engagierten Anwältin, die sich Slahi annimmt, einfach, um einen fairen Prozess auf Schiene zu bekommen – und den Verdächtigen mangels Beweisen freizubekommen. Das gebärdet sich natürlich schwieriger als gedacht.

Das Beeindruckende an diesem Politdrama von Kevin McDonald, der in Sachen Menschenrecht und Politik schon mit Der letzte König von Schottland verstört hat, sind die im Abspann zu sehenden, echten Aufnahmen des ehemals Gefangenen. Slahi wirkt wie eine unerschütterliche, lebensbejahende und enorm sympathische Person. Wie einer, der es geschafft hat, dank seines Glaubens an Gott diese 14 gestohlenen Jahre zu überstehen. Tahar Rahim versucht, diesem Gemüt ebenfalls zu entsprechen – und bekommt das szenenweise wirklich gut hin. Dieses Verschmitzte, Zuversichtliche, diese direkte Art, aber auch dieses Unbeugsame: eine stilsichere Performance. Dagegen bleibt Jodie Foster angespannt und blass, der Golden Globe für diese Rolle wurde womöglich aus reiner Sympathie vergeben. Der Fokus liegt also eindeutig auf Rahim, der übrige illustre Cast bleibt nicht mehr als solide, was man von der eigentlichen Inszenierung allerdings auch sagen kann. Schwierig, so einem brisanten Thema gleichzeitig den Schrecken zu lassen und andererseits aber ein chronologisch akkurates Geschichtskino zu bieten. Sehr wohl gelingt das, und auch schafft MacDonald den Schulterschluss mit vergeltungsaffinen, skeptischen und humanitär veranlagten Parteien. Dadurch bekommt Der Mauretanier eine überlegte Nüchternheit – doch was nebenbei den stärksten Effekt erzielt, ist die erfolgreiche Nutzbarkeit eines festen, inneren Glaubens, in diesem Fall dem des Islam, der in seiner reinen, von kulturellen Geboten entkoppelten Beschaffenheit genauso wie das Christentum Geist und Seele schützen kann.

Der Mauretanier

Hotel Artemis

EIN HERZ FÜR VERBRECHER

4/10

 

hotelartemis© 2000-2018 Concorde Filmverleih GmbH

 

LAND: USA 2018

REGIE: DREW PEARCE

CAST: JODIE FOSTER, STERLING K. BROWN, SOFIA BOUTELLA, DAVE BAUTISTA, ZACHARY QUINTO, JEFF GOLDBLUM U. A.

 

In Anbetracht ihres selbstlosen Engagements für Notbedürftige ließe sich die ältere Dame mit dem Watschelgang ja gut und gerne mit karitativen Größen wie Mutter Theresa oder Ute Bock vergleichen – wenn wir die Klientel der Hilfesuchenden mal scheuklappenartig ausklammern würden. Doch das funktioniert vielleicht nicht ganz so gut, ist die dem Hochprozentigen nicht ganz abgeneigte, relativ verlebte Krankenschwester Jean Thomas einzig und allein für das körperliche Wohlbefinden diverser Schwer- und Leichtverbrecher verantwortlich, die in besagtem Hotel Artemis Zuflucht suchen. Diese Einrichtung ist Kopfteil eines baufälligen Hochhauses, beworben mit satter Leuchtreklame, inmitten eines tristen Los Angeles der Zukunft, in dem ein Aufstand geprobt wird, der einem Bürgerkrieg gleicht. Ein Zustand wie in John Carpenter ´s düsterem Klassiker Die Klapperschlange, oder als hätten wir wieder eine der Purge-Nächte durchzustehen. Aber immerhin gibt es eine Exekutive, die der ganzen Anarchie versucht, Herr zu werden. Umso schwieriger, wenn die bösen Buben und Mädels sich andauernd verarzten lassen, um erneut loszuschlagen. Aber was soll eine verlorene Seele wie Jean Thomas auch groß anderes machen, führt sie das spärlich besuchte Hotel wie die gutmütige Ausgabe einer Schwester Ratchet (ihr erinnert euch: Einer flog übers Kuckucksnest, Oscar für Louise Fletcher) und hat allerlei Spielregeln festgelegt, nach deren Pfeife selbst der Unterweltboss aller Unterweltbosse tanzen muss: Keine Waffen, keinen Streit, keine Toten. Ein Leo also, ähnlich wie das deutlich luxuriösere Elysium im Universum eines John Wick. Wenn dann aber plötzlich Killer und Zielperson gemeinsam das Etablissement aufsuchen, müssen Regeln einfach nur dazu da sein, um gebrochen zu werden. Mittendrin eine verzweifelt händeringende Jodie Foster, die nicht nur von ihrer Vergangenheit eingeholt wird.

Die seit Kindertagen in der Filmbranche umtriebige Jodie Foster, die hat sich für den dystopischen Thriller Hotel Artemis viele graue Haare wachsen lassen. Und nicht nur das – auch maskentechnisch hat die Gute Jahrzehnte übersprungen. Da eilt sie dahin, durch die spärlich beleuchteten Gänge eines alten, schmuddeligen Hotels im Art Deco-Stil, die Zimmer mit Palmenornamentik und Wasserfällen kunstvoll tapeziert. Jedes dieser Räume ausgestattet mit medizinischen Geräten am neuesten Stand, damit jeder kugeldurchsiebte oder aufgeschlitzte Gauner auch relativ diskret genesen kann. Die Grundelemente dieses Filmes, die wir hier zur Hand haben, mit denen ließe sich ja tatsächlich einiges anstellen. Nur Regisseur Drew Pearce war womöglich nicht so ganz klar, was genau. Wichtig dürfte womöglich gewesen sein, und wichtiger auch als alles andere, den Thriller so prominent zu besetzen wie möglich. Unter der Besetzungsliste finden sich Althasen wie Jeff Goldblum in der erschreckend blassen Rolle eines Geschäftsmannes, der da der Oberboss sein will, maximal aber so bedrohlich ist wie der Herr Sektionschef Lafite aus der lieben Familie, allerdings mit Schussverletzung. Und jede Menge trendiger Studiolieblinge wie Neo-Spock Zachary Quinto, Dave Bautista und die sinnliche Sofia Boutella, die szenenweise so richtig aufräumen darf. Spätestens bei diesen Sequenzen wird klar, dass Drew Pearce so etwas Ähnliches wie Gareth Evans machen wollte. So etwas wie The Raid. Die Besetzung eines Hotels, wo jeder gegen jeden antritt, und wo so viele Blutwunden versorgt werden wollen, dass Jodie Foster´s Krankenschwester-Figur unweigerlich in ein Burnout steuern würde, klingt natürlich reizvoll. Boutella fetzt wie Martial-Arts-Cop Rama im Abendkleid durch die roten Velourgänge und macht keine Gefangenen – beeindruckend bebildert, aber abgekupfert. Und als hätte Hotel Artemis nur begrenzte Zeit zur Verfügung, hudelt sich die Killerhatz mit Stethoskop und Wundverband zu einem fragmentarischen, ärgerlich unauserzählten Ende, das eigentlich nur eine Kompromisslösung sein dürfte – freiwillig bringt kein Regisseur sein Werk so derart geschludert bis zum Credit-Abspann. Und was noch mehr enttäuscht als die fadenscheinige Schundheftromantik eines Thrillers: Jodie Fosters gestelztes Spiel. Auch sie war schon mal um Hotellobbys besser, auch sie hatte schon mal mehr Subtext in petto als hier im weißen Kilt, der zwar relativ schnell blutig wird, aber sonst eigentlich für nichts anderes gut ist. Das Schicksal dieser Jean Thomas berührt obendrein nicht mal ansatzweise, was wohl an ihrer mangelnden Charakterisierung liegen mag.

Hotel Artemis ist wie der 90minütige Trailer zur einer ganz anderen, aber auserzählten Adrenalin-Social-Fiction, der vieles nachmacht und glaubt, dass Quantität in der Besetzung alle Lücken im Text wieder wettmacht. So viel Tupfer, Skalpell und Zwirn kann man gar nicht haben, um all das zu vernähen, was irgendwie wund läuft. Ein Teil des Ganzen aber bleibt verschontvielleicht, das Setting im Hintergrund, die Endzeit, die in explosionslastigem Kampflärm nebenbei erklingt. Das dramaturgische Kerngeschäft hingegen laboriert verblutend und wartet auf ein Pflegepersonal, das sich längt freigenommen hat.

Hotel Artemis

Money Monster

DER IGNORANT UND DER WAHNSINNIGE

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moneymonster

Was hat der Titel eines Theaterstücks von Thomas Bernhard in der Rezension eines US-Thriller zu suchen? Nun, meine Beitragstitel sind ohnehin generell eher assoziativer Natur. Doch die Gemeinsamkeit ist folgende: Das kammerspielartige Thrillerdrama von Wunderkind Jodie Foster konzentriert sich auf die sezierende Konfrontation zweier Gesellschaftsformen, wovon eine zu den Verlierern, und die andere zu den Gewinnern zählt. Erstere verkörpert der Ignorant, dargestellt von Nespresso-Schönling George Clooney, wie immer ausgestattet mit souverän verschmitzter Mimik. Letztere wird dargestellt von einer wahnsinnig gewordenen Mittelschicht, interpretiert von Jack O´Connell, mehr oder weniger bekannt geworden durch Angelina Jolies Kriegsdrama Unbroken. Der durchgeknallte, nervenschmeißende und werdende Familienvater hat aufgrund einer Anlageempfehlung im Rahmen von Clooneys Wirtschaftssendung Money Monster sein ganzes geerbtes Geld verspekuliert und verloren, woraufhin die einzige Schuld an diesem Schlamassel nur der menschenverachtende, charismatisch-sarkastische Anchorman Clooney haben kann. Es ist natürlich immer einfach, andere Leute für sein eigenes Unglück verantwortlich zu machen – also war es auch keine Schwierigkeit, die Fernsehanstalt zu stürmen und mit gezogener Knarre und jede Menge Sprengstoff die Einschaltquoten rapide in die Höhe zu treiben. Ungewollt wird der junge, verwirrte Mann Fernsehgeschichte schreiben. Und trotzdem nichts gewonnen haben. 

Jodie Fosters satirisches Geiseldrama will einerseits so etwas sein wie Sidney Lumet´s Network, andererseits wie Terry Gilliam´s König der Fischer – hier nur bezugnehmend auf die eingangs entstandene Figurenkonstellation, andererseits wieder wie Costa Gavras´ Mad City. Doch sie erreicht mit ihrer Arbeit leider nicht mal ansatzweise das Niveau dieser drei gelungenen Filme. Ihr Money Monster ist ein zahnloses Ungeheuer, das niemanden wirklich erschreckt. Und niemanden fesselt, geschweige denn betroffen macht. Die inhaltlichen Klischees, die sie bedient, erzählen allesamt auch nur Dinge, die wir schon hundertmal gehört, gesehen und erfahren haben. Das Geld die Welt regiert, dass die Reichen den Ärmeren nichts zu sagen haben und das überhaupt und sowieso jede Menge Ungerechtigkeiten in unserer vor allem westlichen Gesellschaft herrschen. Ja, das mag ja alles sein. Aber die Anklagepunkte erfolgen in einer erschreckend unengagierten Willkür, verteilt über den Film, wobei Clooney und O`Connel als Opfer und Täter hin und wieder die Seiten wechseln und sich ein leidenschaftsloses Geplänkel liefern, welches von der sichtlich unterforderten Julia Roberts, die ihrer Kollegin Foster womöglich mit ihrem Auftritt einen Freundschaftsdienst erwiesen hat, mit einigen wenigen moderierenden Kommentaren begleitet wird. 

Von Jodie Foster hätte ich anderes erwartet. Money Monster ist ein schales Medien- und Gesellschaftsdrama, das nichts so recht wagt und bewährte, aber bereits vom Publikum zur Genüge gelernte Perspektiven beibehält. Der Film fokussiert sich zu stark auf die Chronik der Geiselnahme, verabsäumt es aber auch hier, genügend Spannung aufkommen zu lassen. Was bleibt, ist der aparte Anblick Clooneys, Julia Roberts Routine und die Lust, wieder mal Network mit Peter Finch anzusehen. 

 

Money Monster