Bullet Train

DAS KARMA BRICHT SICH BAHN

7/10


bullettrain© 2022 Sony Pictures


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: DAVID LEITCH

CAST: BRAD PITT, JOEY KING, BRIAN TYREE HENRY, AARON TAYLOR-JOHNSON, ANDREW KOJI, HIROYUKI SANADA, SANDRA BULLOCK, MICHAEL SHANNON, LOGAN LERMAN, BAD BUNNY, ZAZIE BEETZ, CHANNING TATUM U. A. 

LÄNGE: 2 STD 7 MIN


Bevor sie ans kriminelle Handwerk gehen, unterhalten sich Zwei über Obst, und das im Shinkansen, dem schnellsten Zug Japans, auf dem Weg von Tokyo nach Kyoto. Klingt ein bisschen nach einer Forstsetzung von Pulp Fiction. Diesmal plaudern Travolta und Samuel L. Jackson nicht über Franchise-Burger, sondern über deren Decknamen Lemon und Tangerine. Doch falsch gedacht, die beiden sind es nicht. Es sind Aaron Taylor-Johnson (Wanda Maximoffs Bruder Quicksilver) und Bryan Tyree Henry (u. a. Eternals), zwei Brüder nicht nur im Geiste, denn die beiden verbindet Mord und Totschlag. Es sind Killer, die den Sohn eines gefürchteten Gangsterbosses namens Der weiße Tod von A nach B bringen sollen, gemeinsam mit einem Koffer voller Geld. Diesen Koffer wollen andere aber auch haben. Wie zum Beispiel Pechvogel Ladybug, dargestellt von Brad Pitt, der endlich wieder mal den verpeilten Sonderling geben darf, den er einfach so gut kann. Oder die arglos scheinende junge Dame namens Ms. Prinz (Joey King, The Princess), die andere dazu nötigt, ihren perfiden Plan auszuführen, der den gemeinsamen Nenner geben soll für all die hinterlistigen Schachzüge, die da in einer Nacht im Bullet Train in die Tat umgesetzt werden wollen. Dass sich dabei alle gegenseitig im Weg stehen, ist wohl klar. Und gerade dieses Durcheinander an verpassten Gelegenheiten, falschen Interpretationen und Missverständnissen, für welches der japanische Autor Kotaro Isaka in seinem gleichnamigen Roman gesorgt hat, funktioniert auf der großen Leinwand wie ein knallbuntes Bilderbuch aus Gewalt, Missgunst und Ehrgeiz.

Dabei gehen die Wogen immer wieder mal hoch und es kommt zu kabinentauglichen Exzessen, die sich ob der Weitläufigkeit dieses Hochgeschwindigkeitszuges in den sterilen, menschenleeren Teppichbodenabteilen fast schon im Verborgenen abspielen, wie kleine Kammerspiele, die in ineinandergreifenden Episoden die Schnitzeljagd zwar nicht so rasant wie der Zug selbst, aber dennoch in vergnüglicher Kurzweil vorwärtsbringen.

Stuntman David Leitch, der Charlize Theron in Atomic Blonde mit erdig-physischer Action konfrontiert und Ryan Reynolds als Deadpool 2 in selbstironische Höhen getrieben hat, scheint viel von seinen Kollegen gelernt – und sattelfest übernommen zu haben. Guy Ritchie zum Beispiel. Streckenweise hat man das Gefühl, hier einer Gaunerei des genannten Briten beizuwohnen, vor allem dank der Unzahl an Pro- und Antagonisten, die sich hier die Klinke reichen. Und dann wieder zitiert das Szenario den hochdramatischen Stil ostasiatischer Rachedramen im Dunstkreis der Unterwelt, angefangen von Takeshi Kitano bis hin zu Park Chan-Wook. Alle Welt fährt also mit diesem Zug, und so vielseitig die japanische Hauptinsel auch sein mag, so vielseitig sind David Leitchs Bekundungen an große Vorbilder und die Art und Weise stilistischer Handwerksproben, die brav an den Stationen warten, um einsteigen zu dürfen. Nebst der Fülle an Tötungsszenarien und biographischer Erklärungsfetzen stehen namhafte Stars Schlange, um in knackigen Cameos für Wiedersehensfreude zu sorgen. Mittendrin eben Brad Pitt mit Käppi und einer im Selbstmitleid gerne versinken wollenden Larmoyanz bezüglich seiner Pechsträhne, die unter diesen Umständen so nah am Glück vorbeischrammt wie nur möglich. Mut zur Antipathie zeigt der Star aber keine – er bleibt der Schöne Hollywoods, dem man nichts übelnehmen kann und will.

Bullet Train stellt die richtigen Weichen, um das Grundmuster von Filmen, die im Zug spielen, nicht zu kopieren oder gar auf bequeme Weise nachzuahmen. Langweilig wird’s nie, vorhersehbar auch nicht, wenngleich das Karma der guten Bösen und bösen Bösen festgelegt scheint. Hier nochmal konterzukarieren und die im Stillen gehegten Prophezeiungen des Publikums zu unterwandern, hätte aus Leitchs Railrun vielleicht gar ein kleines Meisterwerk des Actionkinos gemacht. Das Schicksal wäre zum eigenen Protagonisten geworden. So aber gehorcht sie einer manchmal zahmen Gefälligkeit, die eigentlich, so würde ich behaupten, niemand erwarten hätte wollen.

Darüber hinweg sieht man gerne. Denn im Minutentakt wechselnden Parameter sind der Grund dafür, warum Bullet Train richtig Spaß macht. Und irgendwann, kurz vor Kyoto, wachsen einem so manche Pechvögel und Glücksengelchen richtig ans Herz. Doch schnell kann’s gehen, und das Karma gibt sich seinen Launen hin.

Bullet Train

The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt

EIN ABENTEUER, WIE ES IM BUCHE STEHT

4/10


thelostcity© 2022 Paramount Pictures


LAND / JAHR: USA 2022

REGIE: AARON & ADAM NEE

CAST: SANDRA BULLOCK, CHANNING TATUM, DANIEL RADCLIFFE, DA’VINE JOY RANDOLPH, BRAD PITT, OSCAR NUÑEZ, PATTI HARRISON U. A.

LÄNGE: 1 STD 52 MIN


Was waren das für herzhafte Screwball-Sidekicks in den Achtzigern, als sich Kathleen Turner und Michael Douglas schwitzend durch ein Abenteuer gekämpft hatten, das beide Seiten ihre Sünden abbüßen ließ: Die Jagd nach dem grünen Diamanten. Wenn aus Turners italienischen Stilettos plötzlich Praktische werden, ist das nur eines von vielen süffisanten Bonmots, die nur einer wie Robert Zemeckis inszenieren kann. Doch die Zeiten der geschmackvollen Was-sich-liebt-das neckt-sich-Parcours, die sich eigentlich schon mit African Queen ihren Einstand gaben, scheinen auf seltsame Weise vorbei zu sein. Es stelzt diesmal Sandra Bullock – im pinkfarbenen Glitter-Overall und wildnis-getunten High Heels – mit Magic Mike Channing Tatum durch den brasilianischen Inselregenwald. Beide necken sich dabei wenig, und von Liebe ist überhaupt keine Spur (wenn man von der letzten Minute des Films absieht). Katherine Hepburn oder Kathleen Turner würden mit den Augen rollen: So viele Klassiker, so viele Vorgaben – und dabei ganz vergessen, worauf es ankommt.

Ein guter Cast allein ist nämlich nicht alles. Immerhin – den haben wir hier, mit Bullock, Tatum, Da’Vine Joy Randolph als schrägen Sidekick und Daniel Radcliffe als schmierigen Bösewicht mit gefälligem Grinsen. Bullock selbst gibt eine sich selbst zwangsbeglückende Bestsellerautorin namens Angela, die aber viel lieber irgendwo auf der Welt nach antiken Schätzen graben würde als bei Marketingshows in peinlichem Outfit auf Hochstühlen herumzurutschen. Zum Femdschämen wird’s erst, als Coverboy Dash mit Hansi Hinterseer-Gedächtnisfrisur auf die Bühne schwebt, das Model all ihrer Buchcover. Die beiden verbindet nichts, nur der schnöde Mammon. Doch das ändert sich, als Angela von Radcliffes Männern fürs Grobe entführt wird. Sie soll helfen, die Schriftzeichen einer untergegangenen Kultur zu übersetzen, die damals Bestandteil ihrer Studienzeit gewesen war. Währenddessen will Dash nicht nur Covermodel, sondern auch Lebensretter sein, und engagiert den abgehobenen Mähnenlöwen Brad Pitt (leider nur in einer kleinen Nebenrolle), um die Autorin da rauszuhauen. Klar geht das schief, und alsbald sind beide, Angela und Dash, auf sich allein gestellt. Das romantische Dschungelabenteuer kann beginnen. Nur funkt und zündet hier leider so gut wie kaum etwas, und das liegt nicht an der tropischen Feuchtigkeit. Obwohl das Ensemble einander nicht im Weg steht, und auch das Wohlwollen des Publikums gewinnt, müht sich das Regieduo Adam und Aaron Nee vergeblich, aus dem wiederbelebten Subgenre erfrischend Neues hervorzukitzeln.

The Lost City ist so vorhersehbar wie ein Langstreckenflug bei gutem Wetter und bestens gewarteter Technik. All diese Versatzstücke, die The Lost City ausstatten, reihen sich in einer fast zweistündigen Formel aneinander, um den perfekten Abenteuerfilm zu mixen. Was dabei herauskommt, ist irgendwas. Jedenfalls etwas, das zur Zerstreuung dient und vorzugsweise Langeweile entstehen lässt, die ganz nett anzusehen ist, weil eben der Cast seine Arbeit macht. Der Rest bleibt ein schales Straucheln, Stolpern und Rutschen mit müden Gags, gestelzter Romantik und gar keinem Grip.

The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt

Free Guy

EIN CODE MIT CHARAKTER

7/10


freeguy© 2021 The Walt Disney Company


LAND / JAHR: USA 2021

REGIE: SHAWN LEVY

CAST: RYAN REYNOLDS, JODIE COMER, JOE KEERY, TAIKA WAITITI, UTKARSH AMBUDKAR, CHANNING TATUM U. A.

LÄNGE: 1 STD 55 MIN


Er ist zurück, obwohl ich dachte, er käme nicht mehr wieder: Mariah Careys Super-Soft-Pop-Klassiker Fantasy aus den Iden der Neunziger Jahre. Doch nein – an dieser streichelweichen Trällerei kommt, wer Free Guy sichtet, einfach nicht vorbei. Und Ryan Reynolds gefällt‘s. Es gefällt auch Jodie Comer, und der Song ist es auch, der beiden den Kopf verdreht. Das wirklich Fatale an der Sache: er geht mir schon seit Stunden nicht aus dem Kopf. Ein Ohrwurm par excellence. Ein Song-Revival durch die Hintertür. Und ja, im Nachhinein gefällt das nicht nur Reynolds und Comer, sondern auch mir – irgendwie. Weil es zum Film passt. Und dieser sich genauso knallbunt anfühlt wie die vielen hohen Töne Mariah Careys.

Sucht man einen Sommerhit, kann man natürlich Godzilla vs. Kong zu Rate ziehen. Es taugt aber auch Free Guy so ziemlich perfekt dafür. Auf den ersten Blick scheint das vielleicht nicht so zu sein. Denn unser Mr. Nice Guy oder nur Guy, der lebt in einer Welt, in der das Faustrecht regiert. Heißt also: Waffen und ihre Wirkung prägen das Stadtbild von Free City, Banküberfälle gehören zur Tagesordnung, Explosionen am Straßenrand ebenso und Guy wird das eine oder andere Mal gut und gerne durch die Luft geschleudert. Gamer wissen: das erinnert stark an Grand Theft Auto, kurz GTA. Ich weiß das nur vom Hörensagen. Womöglich wird´s so sein. Womöglich gibt´s noch jede Menge andere Referenzen, so wie in Ready Player One, die ich dort aber allesamt kannte, da die sich vermehrt auf Filme beziehen. In Free Guy wird also Ryan Reynolds – begnadet komisch – sein routiniertes Leben als Bankangestellter irgendwann zu schal. Da muss es noch mehr geben, denkt er sich. Vor allem eine bessere Hälfte. Und plötzlich wird aus einem NPC-Charakter jemand, der das Open-World-Game gehörig aufmischen wird. Hilfe bekommt er von Echt-Welt-Gamerin Milly, die sich bald mit dem als Blue Shirt Guy bekannten „Störenfried“ auf eine Mission begibt, um das Spiel und seine Bewohner zu retten. Ein Upgrade auf Free City 2 würde alles bisher Dagewesene nämlich auslöschen.

Man kann Ryan Reynolds wirklich nicht mehr ernst nehmen. Und das ist wohlwollend gemeint. Sobald er seine selbstironischen Attitüden ins Feld führt, ist das tatsächlich sehr komisch und obendrein noch wirklich sympathisch. Anders als der später völlig verstörte Jim Carrey in der Truman Show (womit dieser Film hier gern verglichen wird) wohnt in Reynolds Figurenseele eine einnehmend naive Lebensfreude, die alle möglichen Schwierigkeiten schon im Vorfeld abschwächt. Sei‘s drum ob Fake oder nicht, ob künstliche Intelligenz oder echter Mensch – Shawn Levy nimmt den Schrecken möglicher existenzieller Bedeutungslosigkeiten und macht den Moment zum einzig messbaren Faktor für das, was sich lohnt, real zu sein. Er setzt mit Eifer KI und Homo sapiens auf eine Stufe. Wo ein Wille, da Bedeutung. Bis sich diese rosige Philosophie manifestiert, gibt´s allerlei turbulentes Geschehen, und manchmal ist nicht ganz klar, wonach genau gesucht wird, doch es schert weder Reynolds Figur noch uns selbst. Zuzusehen, wie vor dem Bildschirm und dahinter eine Art Zeitenwende passiert, ist pure Unterhaltung (Highlight: das Franchise-Crossover im Showdown), auch wenn das Arsenal an Waffen aller Art keine Grenzen kennt. Aber so ist das in solchen Spielen. Gewaltverherrlichend sind sie, andererseits bieten sie die Möglichkeit, derartige Phantasien, schadlos für andere, auszuleben. Levys Trendist aber letzten Endes eindeutig ein pazifistischer. Der Friede kommt mit der Lebensfreude, und die ist genauso ansteckend wie Mariah Careys Fantasy-Song.

Free Guy

Smallfoot

ZEIGT HER EURE FÜSSE

7/10

 

smallfoot© 2000-2018 Warner Bros.

 

LAND: USA 2018

REGIE: KAREY KIRKPATRICK, JASON REISIG

MIT DEN STIMMEN VON: CHANNING TATUM (KOSTJA ULLMANN), GINA RODRIGUEZ, ZENDAYA, JAMES CORDEN U. A.

 

Reinhold Messner hat als Vortragender und High Society-Abenteurer wohl genug um die Ohren, um ins Kino zu gehen, aber diesen Film sollte er sich wirklich nicht entgehen lassen. Wie wir wissen, hat der Südtiroler Extrembergsteiger vor langer Zeit ja tatsächlich Stein und Bein geschworen, einem gigantischen weißen Fellknäuel, der im Volksmund Yeti genannt wird, begegnet zu sein – bis er irgendwann diese marktschreierische Lüge leider dementieren musste. Nach der Sichtung von Smallfoot könnte man ja dazu geneigt sein, Messner´s Dementi auch in einem anderen Licht zu betrachten. Und all diejenigen, die ein Faible für komödiantische Animationsfilme haben, können den vollbärtigen Brixener ruhig begleiten. Denn Smallfoot ist eine enorm liebevolle Bergtour bis jenseits der Wolken geworden. Und was Smallfoot vor allem anderen auszeichnet: die phantastische, aufwändig entworfene Schneeballschlacht von Drehbuchspezialist Karey Kirkpatrick und Jason Reisig ist zum Brüllen komisch.

Man kann den Spieß auch umdrehen und daran zweifeln, dass es den Smallfoot – in diesem Fall die Spezies Homo sapiens – in Wirklichkeit überhaupt gibt. Das lässt sich leicht machen, sofern man selbst ein Yeti ist, und als Yeti irgendwo am Berg in völliger Isolation seiner eigenen eiskalten, aber alles andere als unterkühlten Kultur frönt. Wer weiß, was Reinhold Messer alles gesehen hat – vielleicht so viel wie dieser unglückliche Bruchpilot, der vor den Toren der klirrend kalten Festung der Yetis niedergeht. Migo, der so blaulippige wie nasenlose wandelnde Bettvorleger, ist zur rechten Zeit am rechten Ort, um eines dieser mythischen Menschenwesen mit eigenen Augen zu sehen. Warum ihm danach keiner glaubt, und warum Migo verbannt wird und wieso das Oberhaupt des kleinen Reiches ein zentnerschweres Steingewand mit sich herumträgt, darüber verliere ich jetzt nicht allzu viele Worte, denn der Reiz des vorwiegend in geschmackvollen Blau-, Türkis und Lilatönen kolorierten, geistreichen Komödie liegt in den originellen inhaltlichen Details, die den Alltag der Schneemonster umreißen. Spätestens dann, wenn sich die fleischgewordenen kryptozoologischen Unikume talwärts bewegen, gibt es humoristisch gesehen kein Halten mehr.

Normalerweise sind die Drehbücher für Animationskomödien eine Aneinanderreihung schriller Slapstickszenen, die den eigentlichen Plot untergeordnet wissen. Bei Pixar ist es meist umgekehrt. Dass die Warner Animation Group Ähnliches zuwege bringen kann, erstaunt mich dann doch. Die großartigsten Momente sind nicht unbedingt die immer wiederkehrenden Gesangseinlagen, die an Frozen erinnern, die aber junges, weibliches Publikum nachhaltig an sich binden, sondern der Sichtwechsel zwischen Mensch und Yeti. Für letztere sprechen Menschen piepsendes Kauderwelsch, und für unsereins können Yetis nichts anderes als grölen und brüllen. Diese leidenschaftlich zelebrierte Differenz birgt eine Situationskomik, die ungefähr so unterhaltsam ist wie die Sicht der kalaharischen N´Xau auf die Zivilisation in Die Götter müssen verrückt sein. Das ist so charmanter wie augenzwinkernder Humor, und umrahmt sogar pädagogisch wertvolle Botschaften wie Respekt, Völkerverständigung, Toleranz und die Neugier, doch einfach mal hinter den Horizont zu blicken – wo vielleicht ein paar Antworten warten. Auf Fragen, die lange schon gestellt sind.

Ob es den Yeti gibt, ist rückblickend ganz einerlei. Es ist schon erfüllend genug, dass das augenscheinlich gutmütige Wesen in unserer Vorstellung Gestalt annimmt – und in so atemberaubend animierten Filmen wie Smallfoot seinen barfüßigen Auftritt erhält.

Smallfoot

Logan Lucky

DEN GLÜCKLICHEN GEHÖRT DAS GELD

7,5/10

 

loganlucky
© 2017 StudioCanal / Quelle: indiewire.com

 

LAND: USA 2017

REGIE: STEVEN SODERBERGH

MIT CHANNING TATUM, ADAM DRIVER, DANIEL CRAIG, RILEY KEOUGH U.A.

 

John Denver hat´s einfach drauf. Wenn ein Film schon mit den Klängen des guten alten Country-Titanen beginnt, kann er ja fast nicht schlecht sein. Und wenn dann noch dazu Country Roads blechern aus dem Autoradio scheppert und von einer blutjungen Schönheitskönigin geträllert wird, dann bleibt ja fast kein Auge trocken. West Virgina, Mountain Mama…

Steven Soderbergh´s Rückkehr auf die Leinwand spielt tatsächlich in West Virginia. Seine Familie Logan, die er hier liebevoll ins Rennen um gebunkerte Millionen schickt, ist anfangs mal so was von überhaupt nicht glücklich. Ein Fluch liegt auf dieser Familie. Vom Pech verfolgt, hat der eine Bruder bei einem Militäreinsatz im Irak seinen linken Unterarm verloren, der andere wird aufgrund von Kniebeschwerden fristlos entlassen. Und die Schwester – die macht als Friseuse älteren und jüngeren Damen die Haare schick. Was sie noch dazu alle nicht haben, ist natürlich der schnöde Mammon. Und wie es der Zufall so will, macht Gelegenheit Diebe.

Logan Lucky ist ein waschechter Soderbergh. Seine Dramaturgie, die Art seiner Szenenfolgen, die Kamera. Vor allem die Diskrepanz zwischen einem Regisseur, der weiß was passieren wird und einem Publikum, dass die Dinge erst viel später kombiniert, als ihm lieb ist. Das hatten wir schon bei Ocean´s 11 so. Und das ist hier nicht anders. Nur seine Figuren – die sind diesmal wirklich schräger. Und liebevoller. Was sich so anfühlt wie eine Mischung aus Little Miss Sunshine und einem Heist-Movie, das aus der Feder der Coen-Brüder hätte stammen können, ist wahrlich ein schelmischer Leckerbissen mit ganz viel Understatement. Und vielen kleinen Seitenhieben auf Moral, Mittelstand und Game of Thrones. Was sich die Jungs und Mädels hier einfallen haben lassen, um an das große Geld zu kommen, und auf welche Art und Weise der Knacki Daniel Craig alias Joe Bang hier genötigt wird, mitzuwirken, ist Gaunerkino der wortgewandten, situationskomischen Art. Wobei vor allem Daniel Craig mit sichtlicher Spielfreude wohl eine seiner besten Performances liefert. Mit wasserstoffblondem Bürstenschnitt und ein Faible für Chemie darf er in tiefer Dankbarkeit seine Lizenz zum Töten in die Schublade räumen und mal so richtig ungeniert aufspielen. Dass der Mann mehr kann als nur geschüttelten Martini schlürfen, lässt sich spätestens in Logan Lucky beweisen. Sein auftritt amüsiert, und auch „Kylo Ren“ Adam Driver als etwas einsilbiger Barkeeper hat nicht weniger skurrile Momente.

Ocean´s 11 ist was für die Großen und Reichen. Logan Lucky für den Underdog in uns. Zwar wird der Film erst in der zweiten Spielzeit so richtig gut, nachdem er einige entbehrliche und für die Handlung nicht wirklich notwendigen Szenen hinter sich gelassen hat, doch im Ganzen betrachtet ist der unverwechselbare Cineast Soderbergh erfolgreich zurück im Leinwandbusiness.

Logan Lucky