Heimsuchung (2023)

SONNENBLUMEN BEI NACHT

5,5/10


heimsuchung© 2023 Luna Filmverleih


LAND / JAHR: ÖSTERREICH 2023

REGIE / DREHBUCH: ACHMED ABDEL-SALAM

CAST: CORNELIA IVANCAN, LOLA HERBST, INGE MAUX, HEINZ TRIXNER, GISELA SALCHER, FRANZISKA RIECK, CHRISTOPH KRUTZLER, LUKAS TURTUR, IVA HÖPPERGER U. A.

LÄNGE: 1 STD 30 MIN


Wir Menschen sind Meister der Verdrängung. Unangenehmes aus früheren Tagen oder Begebenheiten, die nicht als wahrhaftig akzeptiert werden wollen, werden, fest verschlossen im Hinterstübchen des Unterbewusstseins, ad acta gelegt. Dabei kann es aber durchaus passieren, dass sich diese fest verschlossenen traumatischen Erlebnisse als mentale Antimaterie durch die Absperrungen fressen, um ans Tageslicht des Bewusstseins zu gelangen. So eine Rückkoppelung, ausgelöst durch einen Trigger oder Dingen, die fest mit solchen Geschehnissen in Verbindung stehen, lässt sich vor allem filmtechnisch auf dem Silbertablett servieren. Im Genre des Horrors ist die eigene Psyche, die aus dem Hinterhalt kommt, das Beste, was abendfüllendem Schrecken auch noch eine gewisse Tiefe verleiht. Denn wenn der Teufel so aus heiterem Himmel über unbescholtene Bürger hereinbricht, ist das meist nur halb so wild, als wenn sich die vom Terror gerittenen Protagonisten trotz all der Angst vor dem Übernatürlichen endlich den eigenen Dämonen stellen. Der Psychohorror ist geboren, und will gefüttert werden.

Das tut der österreichische Filmemacher Achmed Abdel-Salam auch in Heimsuchung, seinem ersten Spielfilm fürs Kino mit ausreichend Verständnis für die dramaturgischen Mechanismen einer subtilen Stadtflucht-Mystery, die sich auf dem geisterhaft stillen Dachboden eines Lebensgeschichten erzählenden Nachkriegsgemäuers ordentlich gesundschlafen kann, um dann auf eigentümliche Weise loszupreschen. In völliger Benommenheit müssen letztlich Mutter und Tochter damit klarkommen, die ohnehin schon Schwierigkeiten mit sich selbst haben. Wo mag das Alkoholproblem von Mama Michaela denn letztlich ihre Wurzeln haben? Und wie sehr von Erfolg gekrönt mag denn die impulsive Entscheidung der schon seit fünf Wochen trockenen Mitdreißigerin sein, im Haus ihres kürzlich verstorbenen Vaters noch ein paar Nächte zu verweilen, um das Verhältnis zu ihrer kleinen Tochter zu kitten? Prinzipiell ist das mal keine schlechte Idee, doch wer will schon im Dunst familiären Ablebens Entspannung finden? Die beiden, Mutter und Tochter Hanna, ziehen das durch. Und forsten nebenher auch das Oberstübchen durch. Natürlich stoßen sie auf eine geheimnisvolle Box, eine Büchse der Pandora für das eigene Generationen-Biotop. Und öffnen diese.

Den Dämonen sollte man sich stellen, das rät vermutlich jeder Psychoanalytiker, vielleicht weniger jeder Psychotherapeut, der zumindest hilft, das Leben mit dem Trauma in den Alltag zu integrieren. Besser wär‘s, das Übel an der Wurzel zu packen. Und da kommt es, in Gestalt einer scheinbar besessenen, geistesgestörten Mutterfigur aus verdrängter Vergangenheit. Der nicht mit dem Stellwagen ins Gesicht donnernde Grusel gelingt österreichischen Filmemachern dabei am besten. Wenn seltsame Geräusche, ein entferntes Jammern, Schritte auf dem Dachboden und Schlafwandeln einhergehen mit einer bedrückenden Stimmung, die sogar in einer von der Sommersonne getränkten Van Gogh-Botanik kaum Halt macht, werden die Ferien am Land zum Parkour zwischen Traum und Wirklichkeit. Missglückt ist dieses Vorhaben in einem ähnlich funktionierenden, australischen Psychogrusel mit dem Titel Run, Rabbit, Run. Auch dort geraten Mutter und Tochter in einen Verdrängungswahnsinn, der von unheimlichen Mächten noch mehr therapiert wird als hier, in Heimsuchung. Wo das Eskalationszenario aber sein Publikum lediglich entnervt zurücklässt, ist Heimsuchung weniger auf Zwang konstruiert, sondern stringenter und nuancierter.

Die große, sich aufdrängende Frage, warum in aller Herrgotts Namen die beiden nicht wieder abreisen, nachdem schon so einiges nicht mit rechten Dingen zugeht, mag verwundern. Der Wille zur Konfrontation von Mutters Seite mag hier noch gar nicht Thema sein, oder ist es das im Unterbewussten doch? Nichtsdestotrotz tut sich Schauspielerin Cornelia Invancan sichtlich schwer, in ihrer eigenen Rolle sowas wie ein gewisses Maß an nachvollziehbarem Verhalten zu finden. Das bremst auch ihre Leidenschaft für diese Figur, das bremst auch die Leidenschaft von Jungdarstellerin Lola Herbst, die stets das Gefühl vermittelt, nicht zu wissen, was Sache ist. Da kann Achmed Abdel-Salam nicht viel tun, außer mit einer exaltierten Inge Maux als abergläubisches Medium der recht betulichen Geschichte etwas mehr Wahnsinn zu verpassen. Dafür sind die Sonnenblumen bei Nacht die fast schon surreale Bühne für eine Familienaufstellung der gespenstischen Art, die am Ende dann doch noch dem Trauma einer Kindheit ins Gesicht blickt.

Heimsuchung (2023)

The Dark (2018)

EIN GEFÜHL, ALS WÄRE MAN TOT

5/10


thedark© 2018 Luna Filmverleih


LAND / JAHR: ÖSTERREICH 2018

REGIE: JUSTIN P. LANGE, KLEMENS HUFNAGL

DREHBUCH: JUSTIN P. LANGE

CAST: NADIA ALEXANDER, TOBY NICHOLS, KARL MARKOVICS, MARGARETHE TIESEL, SCOTT BEAUDIN, CHRIS FARQUHAR, SARAH MURPHY-DYSON U. A.

LÄNGE: 1 STD 35 MIN


Zombies sind längst keine Kreaturen mehr, die aufgrund des Willens unbekannter Mächte aus den Gräbern steigen, ihre halb verwesten Arme durch den Erdboden recken und dann, taumelnd und stolpernd, dem Geruch frischer, menschlicher Gehirne folgen. Untote sind mittlerweile meist bemitleidenswerte Opfer eines Virus oder anderer Organismen, ganz so, wie es The Last of Us mit einem Pilzgericht zuletzt auf den Tisch gebracht hat. Es mag daher wieder begrüßenswert sein, wenn sich Storyteller an die Essenz des Zombie-Daseins rückbesinnen und jeden auch nur ansatzweise wissenschaftlichen Unterbau, so trivial er auch sein mag, beiseiteschaffen. Das macht das Ganze nämlich noch interessanter. George A. Romero wusste das. Sein Klassiker The Night of the Living Dead hütet sich tunlichst davor, irgendwelche Ursachen zu ergründen.

Warum also dieses Mädchen hier mehr tot als lebendig und wie ein Tier Besuchern eines Waldstückes auflauert, das sich Devils Den nennt, weiß niemand. Das Wesen bewohnt die Immobilie ihrer Mutter, welches mittlerweile auch schon so aussieht, als wäre Norman Bates schon jahrelang nicht mehr hier gewesen. Wie ein düsteres Hexenhaus, prädestiniert für dunklen Zauber, lädt es nicht gerade dazu ein, dort Zuflucht zu suchen. Einer tut es aber trotzdem: der Kidnapper und Mörder Josef, gespielt von Karl Markovics. Da die Untote auf Menschenfleisch steht, dauert es nicht lange, und der Flüchtige existiert nicht mehr. Was er hinterlässt, ist mehr als sonderbar, und lässt sogar eine verfluchte Kreatur wie das Mädchen Mina schier pass erstaunt sein: Im Wagen des Kriminellen kauert ein blinder Junge im Kofferraum – sein Peiniger hat ihn geblendet, er gilt landesweit als vermisst. Die beiden verunstalteten jungen Leute tun sich zusammen, und das funktioniert vielleicht deswegen so gut, weil Alex gar nicht weiß, womit er es mit Mina zu tun hat. Wer rechnet schon damit, einem Zombie zu folgen. Bald sind beide auf der Flucht, und währenddessen unterläuft das Mädchen eine Metamorphose, die sich ebenso niemand erklären kann wie die Grundmechanismen dieses Films.

Finstere Wälder, finstere Orte, ein finsteres Mädchen mit entstelltem Gesicht, gierig nach Menschenfleisch. Ein Teenie ohne Augen, der sein Schicksal relativ gottgegeben hinnimmt, ohne den Verstand zu verlieren. Der von Justin P. Lange und Kameramann Clemens Hufnagl inszenierte Film schickt die Keller-Versionen von Hänsel & Gretel durch den Wald – wie sie wohl geworden wären, wenn die Hexe nebst eines stattlichen Hungers nach zarten Schenkeln noch über dunkle Magie verfügt hätte. Wäre diese nicht ins Feuer gestoßen worden und wären die beiden Kids auf andere Art entkommen, hätte die grantige Alte den beiden noch so einige Flüche an den Hals schicken können. Und genau da sind wir nun, in The Dark – einer Variation des Zombie-Films, die sich ganz gut mit Coming of Age versteht und ihren Schauplatz trotz österreichischen Ursprungs irritierend amerikanisch hält. In dieser Alternativwelt ist einiges Metaphysisches inhärent, und ja, man will und kann es ruhig glauben.

So stilsicher die Finsternis in diesem Thriller auch umgesetzt wurde, so wenig berührt das Schicksal der beiden Protagonisten. Vielleicht, weil The Dark versucht, zumindest in den Biografien der beiden deren Geschichten von Missbrauch und Gewalt zu ergründen, und das auf eine Weise, die der geheimnisvollen Inszenierung aufgrund einer so routinierten wie beiläufigen Darstellung entgegenläuft. Somit ist der Plot zu verhalten geraten, und lieber hätte ich in diesem Film gar nichts erklärt bekommen, sondern hätte mit den wenigen Fakten leben können, dass zwei dem Schicksal überlassene Ausgestoßene einfach nur irgendwie die Kurve kriegen wollen.

The Dark (2018)

Glück gehabt

DER PHILOSOPH DES KLEINEREN ÜBELS

6,5/10

 

glueckgehabt© 2019 Luna Filmverleih

 

LAND: ÖSTERREICH 2019

REGIE: PETER PAYER

CAST: PHILIPP HOCHMAIR, JULIA ROY, LARISSA FUCHS, ROBERT STADLOBER, RAIMUND WALLISCH, CLAUDIA KOTTAL U. A.

 

GIS-Gebührenzahler und Flimmit-Abonnenten kennen ihn schon längst, und zwar spätestens seit der ersten Staffel der Vorstadtweiber: Philipp Hochmair. In der Wiener Antwort auf die desperaten Hausfrauen aus der Wisteria Lane gab der Burg- und Thailiatheatermime den arroganten Politiker und Mörder Joachim Schnitzler – herrlich gelackt, lüstern und durchgeknallt. Das der Mann auch anders kann, das zeigt er eben im Kino, in dem wohl nur hierzulande vom Radar erfassten Thrillerkomödie Glück gehabt. Die Figur des Schnitzler, die ist hier sehr weit weg. Hochmair gibt einen zauseligen, allerdings hochtalentierten Comiczeichner, der den lieben langen Tag sehr gerne in Pyjamahose, rauchend und biertrinkend seinen Alltag vorüberziehen lässt, während die Freundin Karriere macht. Sein filziges Erscheinungsbild irgendwo zwischen einem arglosen James Stewart-Lebenskünstler und einer dezenten Ralf König-Comicfigur ist großartig. Früher hätte diese Rolle sogar Alfred Dorfer dankend angenommen, doch der ist das Medium Film wie es scheint ziemlich durch. Hochmair kann zwar schon viel vorweisen, kommt aber im Kino womöglich erst so richtig in Fahrt. Und diesen phlegmatischen Alltagsabenteurer kann man ihm getrost abnehmen. Dabei ist er nicht das, was man unter Glückritter versteht, denn das Glück, das ist bekanntlich „dort, wo sie sind“ – in diesem Fall aber eher dort, wo Filmfigur Artur eben nicht ist. Denn all das, was geschieht, vollzieht sich scheinbar in einem imaginären Nebenraum, als käme unser Antiheld wie die Jungfrau zum Kind, und wo das Kind herkommt, geht Artur nichts an. Oder will ihn scheinbar gar nicht interessieren.

Interessant ist in erster Linie die geheimnsivolle junge Frau namens Alice, die sozusagen direkt aus dem Wunderland in Arturs Welt gestiegen kommt. Das Problem einer Leiche in ihrer Wohnung fordert das Glück dann zusätzlich noch heraus – doch wir wissen: überstrapazieren soll man selbiges nicht, denn sonst geht’s einem wie Polykrates, dem Tyrannen, der wohl zu viel davon wollte. Dabei stellt sich in der Verfilmung von Antonio Fians Roman Das Polykrates-Syndrom die Frage, ob eine Art des Glücks nicht doch nur ein Synonym für ein geringeres Übel ist. Für die Wahl des kleinsten Zwanges und der geradesten Strecke aus einem Schlamassel heraus, in dem sich dann plötzlich alle wiederfinden und Erinnerungen an Adrian Lynes Thrillerklassiker Eine verhängnisvolle Affäre wachrütteln. In Peter Payers Film sind wir aber weit entfernt von hollywood´schen Parametern. Hier in Wien geht es viel gemütlicher zu, und der Film lässt sich trotz seiner knappen 90 Minuten ausreichend Zeit, ein schwarzhumoriges Szenario zu entfalten, das dem verträumten Rhythmus des schlurfigen Philipp Hochmair treuherzig entgegenkommt, während der Zuseher will, dass sich hier manches eher Bahn bricht als es letztendlich der Fall ist. Die Faszination aber, die von der österreichisch-französischen Schauspielerin Julia Roy ausgeht, macht so manche Länge wieder wett und auch von ihr könnte es demnächst mehr im Kino zu sehen geben. Ich könnte es auch so formulieren: Julia Roy ist eine aparte Entdeckung.

Sonst aber gibt es in Glück gehabt bis auf die Umdeutung des Mysteriums Glück nicht viel mehr Neues zu entdecken. Als Psychothriller würde ich das Werk nicht bezeichnen, als Horror schon gar nicht. Ein Stilmix sieht anders aus. Vielmehr ist Payers Film eine durchaus charmante Groteske, die nichts bis zum Exzess treibt, weil Hochmairs Artur dies erstens gar nicht so weit kommen lassen und zweitens lieber nur dabei statt mittendrin sein will. Warum auch nicht? Es ist das bequemere, kleinere Übel.

Glück gehabt

Die Wunderübung

SCHLIMMER GEHT IMMER

7,5/10

 

wunderuebung© 2018 Luna Filmverleih

 

LAND: ÖSTERREICH 2018

REGIE: MICHAEL KREIHSL

CAST: AGLAIA SZYSZKOWITZ, DEVID STRIESOW, ERWIN STEINHAUER

 

Demnächst kommt Daniel Glattauers Email-Roman Gut gegen Nordwind in die Kinos. Wie bitte soll das gehen, einen digitalen Briefroman für die Leinwand zu adaptieren? Anscheinend hat´s geklappt, das Feedback des interessierten Publikums ist noch ausstehend, immerhin war Gut gegen Nordwind auch schon auf der Bühne, was aber nichts heißen mag, denn Lesungen gibt’s da genug, Zuhören ist im Theater noch mehr die Devise als im Kino, wo man auch visuell gerne verwöhnt wird. Bei Glattauers Bühnenstück Die Wunderübung hatte ich allerdings ähnliche Bedenken. Ein Drei-Personen-Stück von relativ kurzer Dauer, Schauplatz eine therapeutische Praxis für Eheprobleme. Wie packend kann das sein? Und wie sehr erfreue ich mich dabei am Beziehungsleid anderer, die sich in sittsamem Abstand von einer Sesselbreite Gemeinheiten an den Kopf werfen? Die Wunderübung allerdings war ein Bühnenerfolg. Und 3-Personen-Stücke gibt es auch jede Menge im Kino, so zum Beispiel Ariel Dorfmanns Bühnenstück Der Tod und das Mädchen, adaptiert von Roman Polanski. Dennoch habe ich bei Erscheinen im Kino die Ehekomödie nicht vorrangig auf meine Watchlist gesetzt. Umso willkommener war es, Michael Kreihsls (u. a. Heimkehr der Jäger) Kinoadaption später dann als zerstreuendes Zuckerl im Streaming-Portal meines Vertrauens zu finden. Man kann´s ja mal probieren, auch wenn der Abend schon recht vorgeschritten ist, man nächsten Morgen früh raus muss oder die Stimmung für üppiges Ausstattungskino gerade mal nicht die Heimkinoatmosphäre dominiert. Problemfilme sollen es auch nicht sein, nicht im klassischen Sinn. Dann lieber eine Problemkomödie, denn um irgendwas etwas muss sich ja schließlich das Ganze drehen, wenn es kein Bildessay a la Geyrhalter sein will, das auf meditativem Wege das Oberstübchen durchbläst.

In Die Wunderübung sammelt das in die Jahre gekommene Ehepaar Dorek alle seine Countenance zusammen, um einen Therapeuten aufzusuchen, der den letzten Rest an Zuneigung aus 17 Jahren Zweisamkeit und Familie ähnlich einem Archäologen aus dem Sand der Zeit kratzen muss. Der Therapeut ist Erwin Steinhauer – ich liebe diesen Mann! Egal, welche Rolle er verkörpert. ganz so wie Peter Simonischek besitzt Steinhauer ein unvergleichlich angenehme wie gehaltvolle Erzähl- und Sprechstimme, seine Mimik ist grandios, die natürliche Beiläufigkeit, in der seine Figuren Gestalt annehmen, schwer nachzuahmen. Steinhauer spielt den wortkargen Polt genauso mit Charisma wie den schmierigen Bezirkspolitiker aus Thomas Roths erlesenen Trautmann-Filmen. Unvergessen seine Rolle als Benedikt Höllrigl in Felix Mittlerers NS-Satire In der Löwengrube. Die Rolle des Therapeuten ist zwar weniger anspruchsvoll, aber bietet genug Fläche für eine einstudierte Sozialkompetenz am Rande der Überheblichkeit, verständnisvoll nickend und innerlich resignierend. Denn die beiden – Devid Striesow und Aglaia Szyszkowitz, sind ein hoffnungsloser Fall, wie es scheint. Schenken tun sie sich nichts, womöglich hassen sie sich gar. Wie diese verstockte Riesenkrise befrieden? Vielleicht mit einem Wunder? Aber wie, wenn gar das eigene beziehungstechnische Kartenhaus in sich zusammenstürzt?

Das Wunder haben bei dieser Adaption eigentlich Michael Kreihsl und Dichter Glattauer vollbracht, der nebst dem eigentlichen Drama auch die Screenfassung schrieb. Die Wunderübung ist eine der souveränsten Überraschungen des österreichischen Films, unerwartet sehenswert und sehr gewitzt. Langeweile kommt keine auf, das Problem ist schwerwiegend, aber nicht unlösbar, je nachdem, in welche Relation man es bringt. Glattauer hievt die Sicht der Dinge auf einen ganz eigenen Blickpunkt, entlarvt menschliches Wohlbefinden als ein Aufraffen im Schatten der Krisen anderer und lässt Beziehungen einfach niemals seiner launenhaften Schwingungen entkommen. Kennt man das Bühnenstück nicht, ist der Story-Twist am Ende ein tatsächlich kaum vermutbarer, vielleicht einer, bei welchem sich denken lässt, es wäre zu schön, um wahr zu sein, ginge die etwas mehr als 90minütige Sitzung am Ende wirklich diesen Weg der geschickten Manipulation. Doch was zu schön ist, kann auch wirklich wahr sein, und das zugunsten eines humorvollen Dreiers voller spitzer Bemerkungen, versteckter Finten und relativer Wahrnehmungen. Ein Film, in seiner inszenatorischen Schlichtheit und seiner schauspielerischen Spielfreude gerade richtig, um wiedermal klug unterhalten zu werden.

Die Wunderübung