In the Lost Lands (2025)

EIN TOURGUIDE FÜR DIE WUNSCHHEXE

5/10


© 2025 Praesens Film


LAND / JAHR: DEUTSCHLAND, KANADA, USA 2025

REGIE: PAUL W. S. ANDERSON

DREHBUCH: CONSTANTIN WERNER

CAST: MILLA JOVOVICH, DAVE BAUTISTA, ARLY JOVER, AMARA OKEREKE, FRASER JAMES, SIMON LÖÖF, DEIRDRE MULLINS, SEBASTIAN STANKIEWICZ, TUE LUNDING U. A. 

LÄNGE: 1 STD 42 MIN


Der dunkle Turm, Fallout, Mad Max, Warhammer – das alles und noch viel mehr lässt sich dieser Tage im Paul W. S. Andersons neuem Endzeitspektakel In the Lost Lands wiederfinden, basierend auf einer Kurzgeschichte von GOT-Schöpfer George R. R. Martin, die dieser irgendwann in einem Anfall der Lust, die Postapokalypse mit verruchten Helden und Hexen zu bevölkern, womöglich innerhalb eines Abends auf ein Blatt Papier geschmiert haben könnte. Nun, Martin ist Martin, auch sowas verkauft sich und findet dann auch noch jemanden, der das ganze verfilmen will. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, den Niedergang unserer Welt sehen wir alle gerne, zumindest bannt dieses Subgenre vielleicht diverse Ängste, die zurzeit ohnehin massenhaft an die Oberfläche sickern.

Zu sehen ist ein verwüstetes Stück ehemalige urbane USA (was denn sonst), eingestürzte Wolkenkratzer machen sich immer gut, zum Glück verzichtet Anderson auf die Freiheitsstatue, denn die gibt’s ja schließlich schon anderswo. In dieser rauen Gegend, in welcher die Wüstenstürme toben und der Himmel dadurch in rostroten Farben strahlt, reitet ein einsamer Gunman in eine Stadt ein, die George Miller hätte entwerfen können. Oder aber auch in der Welt von Warhammer 40.000 zu finden gewesen wäre. Der bullige Revolvermann schiebt sein Konterfei bereits anfangs nah an die Kamera, um dem Publikum zuzuraunen, dass diese Geschichte keinesfalls ein Märchen sei, und ein Happy End gäbe es auch keines. Danke für den Spoiler an dieser Stelle, doch letztlich ist es egal, ob wir wissen, wie es ausgeht oder nicht. Wichtig ist Dave Bautista, die stiernackige Furchenstirn, und an seiner Seite Milla Jovovich, die immer noch eine gute Figur macht und vor allem als Hexe Gray Alys niemandem einen Wunsch abschlagen kann. Das ist ihr Credo, und dafür lebt sie – auch wenn sie vom alle Höllen überdauernden erzkatholischen Klerus zwischen jüdischem Hohepriestertum und Kreuzzug-Geilheit als Ketzerin gebrandmarkt und standrechtlich gelyncht werden soll. Lady Overlord, die Königin, schert das kein bisschen. Sie will Gray Alys in die Wüste schicken, damit sie einen Gestaltwandler heranschleppt, dessen magische Essenz sie absorbieren kann – um selbst die Macht des Tieres in sich zu tragen.

Also reiten Bautista und Jovovich als ungleiches Gespann auf ins Ungewisse, verfolgt von den klerikalen Schergen, um… was zu erleben? Abenteuer? Viele gibt es nicht, auch wenn über die Lost Lands als ein Ort ohne Wiederkehr nur hinter vorgehaltener Hand ehrfürchtig geflüstert wird. Durchs bildbearbeitete Nullachtfünfzehn-Ödland könnte sogar eine Schar Kinder reisen, sie müssten zumindest einen größeren Bogen um gewisse Orte machen, dann ist alles kein Problem. Das Drehbuch von Constantin Werner findet dabei sagenhaft serientaugliche Dialoge, vorhersehbare Wendungen und vor allem eines: ein konfuses letztes Drittel, dem man durchaus mehr Augenmerk hätte schenken können. Eine klare Sicht hat man bei diesem Sand im Getriebe dann längst nicht mehr, ein bisschen ratlos sieht man dabei zu, wie Milla Jovovich in ihrer Hexenrolle versucht, alle Wunscherfüllungen unter einen Hut zu bekommen. Es hapert immens an der Schlüssigkeit, doch die artifizielle Optik ist Anderson deutlich wichtiger. Was seinerzeit unter Zac Snyder im Spartaner-Epos 300 die Münder offen stehen hat lassen, erfreut das CGI-müde Auge gerade noch bei der ersten animierten Kamerafahrt vorbei am stahlgeschmiedeten Voest-Alpine-Kreuz hin zum totenkopfgeschmückten Overlord-Palast, angesichts dessen man He-Mans Greyskull-Zauberwort bereits in den Ohren hat. Später dann, nach dem wiederholten Schwenk und dem Closeup auf regennasse Totenschädel, ist der Spaß am phantastischen Trash-Kino keinesfalls ganz verklungen – er mag vielleicht in Langeweile umgeschlagen sein, dank einer gewissen visuellen wie erzählerischen Monotonie.

Das solide Kernstück bleiben Jovovich und Bautista – vielleicht reiten sie ja nochmal gen Sonnenuntergang, wie Lucky Luke, nur ohne Rantamplan, stattdessen eine klingenschwingende Madame Mim an seiner Seite – als diese noch ihre besten Jahre hatte.

In the Lost Lands (2025)

Meg 2: Die Tiefe (2023)

FUSSTRITTE FÜR DIE FRESSMASCHINE

6/10


meg2© 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA, CHINA 2023

REGIE: BEN WHEATLEY

DREHBUCH: JON & ERICH HOEBER, DEAN GEORGARIS, NACH DEM ROMAN VON STEVE ALTEN

CAST: JASON STATHAM, CLIFF CURTIS, WU JING, SHUYA SOPHIA CAI, PAGE KENNEDY, SKYLER SAMUELS, SIENNA GUILLORY, SERGIO PERIS-MENCHETA U. A. 

LÄNGE: 1 STD 56 MIN


Bevor man in einen Film wie diesen geht, sollte gewiss sein, dass so gut wie alles, was in den nächsten zwei Stunden zu sehen sein wird, eigentlich absolut unmöglich ist. Nein, ein Mensch kann nicht in einer Tiefe von 25.000 Fuß eine beträchtliche Strecke ohne Schutzanzug zurücklegen. Und das auch nicht, wenn er seine Nebenhöhlen entlüftet, wie Jason Statham es tut. Nein, ein Megalodon rudert nicht bis ins seichte Gewässer, um kreidezeitliche Amphibienwesen zu jagen, während diese dann kurze Zeit später in besagter Tiefe von 25.000 Fuß auf menschliche Beute spitzen. In Meg 2: Die Tiefe stimmt so einiges nicht, ist die Physik nur eine Frage künstlerischer Freiheit und Ben Wheatley einer, der eine diebische Freude daran hat, endlich machen zu dürfen, was ohnehin kaum jemand anpacken würde. Vielleicht, weil das Skript so sehr das Mögliche verbiegt, dass es andere beschämen könnte, zu einem Tierterror-Reißer wie diesen Journalisten Rede und Antwort stehen zu müssen.

Die Welt des Films aber bietet genau solche Freiheiten und die Möglichkeit für ausreichend Chuzpe, mit der niemand auch nur im Traum daran denkt, sich für so viel unwahrscheinlichen Murks zu rechtfertigen. Im Film ist alles möglich. Und je unmöglicher und unlogischer, umso neugieriger wird man auch als prinzipieller Monster-Action-Fan, der die französische Comicbuchreihe Carthago von Christophe Bec verschlungen und Megalodons seit jeher bewundert hat. Auch in Carthago erblicken Riesenhaie das Licht der Gegenwart, und nicht nur diese. Allerdings versuchen in dieser Geschichte, deren Heldinnen und Helden den Naturgesetzen zu folgen, auch wenn so einiges im Reich der Fantasie zu verorten ist. Ernsthafter als Meg 2 ist es allemal. Und Meg 2 – den sollte man ohnehin keine Sekunde lang ernst nehmen. Obwohl es niemals so hanebüchen wird wie zum Beispiel im Asylum-Kultstreifen Sharknado – ein Guilty Pleasure mit Fangemeinde und für alle, die mit permanenter Hai-Angst leben.

Es ist kurios genug, dass Ben Wheatley, Autorenfilmer und Kino-Exzentriker (u. a. High-Rise, Rebecca), einen Film wie diesen wählt. Der Grund dafür ist verständlich: Warum denn nicht mal dürfen, was man sonst nie darf. Übertreiben, wo andere die Augen verdrehen. Reuelos einfach draufklotzen und Jason Statham zum neuen Chuck Norris ausrufen, unter dessen Füßen sich die Erde womöglich wegdreht und der Haie zum Frühstück verspeist. Der auch unter gnadenlosem Druck und eisiger Kälte immer noch geistesgegenwärtig potenzielle Prädatoren abwehren kann und gar keine Dekompression braucht, um sekundenschnell wieder auf die Beine zu kommen. Statham ist momentan die coolste Socke des Actionkinos, da fehlt einem wie Chris Hemsworth noch einiges an Gelassenheit. Und da Statham in seinem Kampf gegen Ungetüme ganz bewusst und rotzfrech über die Stränge schlägt, um ein parodistisches Jurassic Park unter Wasser abzufeiern, ist Meg 2: Die Tiefe unter diesen Konditionen erstens besser als das relativ handzahme Original Meg, und zweitens tatsächlich (un)freiwillig spaßig.

Inhaltlich gibt’s kaum etwas zu berichten. Kenner des Originals wissen: es gibt dieses isolierte Ökosystem irgendwo nahe den Philippinen, dort kreucht und fleucht es wie vor 65 Millionen Jahren. Klar bleibt dieser ökologische Schatz nicht unbemerkt, und während Jason Statham als Jonas Taylor samt seinem Team auf Erkundung geht, stoßen diese auf eine illegale Bergbaustation, die wertvolle Erze schürft. Zwischen beiden Parteien gibt’s bald Clinch, und zum fröhlichen Hickhack gesellen sich bald eine Handvoll Haie, die als lachende Dritte aufs Frühstück spechteln. Das ganze bizarre Szenario verlagert sich aus der Tiefe bald an die Oberfläche, und das Chaos ist perfekt. Humoristische Einlagen wechseln mit brachialer Monster-Action, Kreischalarm ist garantiert. Da es diesmal nicht nur Haie sind, die den Menschen das Leben schwer machen, darf man sich auf allerlei gefräßiges Zeugs freuen. Der Trash-Platte ist serviert, samt offensichtlich ignorierten Continuity-Fehlern, die trotz oder wegen ihrer Auffälligkeit gleich im Film behalten wurden, denn auch das macht einen trivialen Reißer wie diesen noch trivialer. Spätestens wenn Statham den Monsterhai mit seinen Füßen abwehrt, gibt’s kein Halten mehr.

Natürlich ist, wenn man das Meg-Franchise in dieser Genre-Nische auch weiterhin verorten will, noch Luft nach oben vorhanden. Will heißen: da lässt sich noch einiges draufsetzen an kuriosen Eskapaden, die gerne noch grotesker ausfallen könnten, frei nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert: Vielleicht erreicht Meg 3 dann jene Sphäre, in der sich satirische Kasperein wie Iron Sky sichten lassen. Wichtig dabei wäre aber nach wie vor, eine gewisse dramaturgische Spannung zu garantieren. Denn die sitzt im Schlauchboot ohne Ruder, den spitzen Zahnreihen der Knorpler widerstandslos ausgesetzt. Spannung entsteht dann, wenn dem Film inhärente Naturgesetze den Plan durchkreuzen. Bei Meg 2: Die Tiefe gibt’s diese fast gar nicht mehr, dafür aber den Spaß an der Freude, prähistorisch baden zu gehen.

Meg 2: Die Tiefe (2023)

Cocaine Bear (2023)

TATZEN WEG VON DROGEN!

5/10


cocainebear© 2023 Universal Studios. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: ELIZABETH BANKS

BUCH: JIMMY WARDEN

CAST: KERI RUSSELL, O’SHEA JACKSON JR., ALDEN EHRENREICH, RAY LIOTTA, ISIAH WHITLOCK JR., CHRISTIAN CONVERY, BROOKLYNN PRINCE, MARGO MARTINDALE, JESSE TYLER FERGUSON U. A. 

LÄNGE: 1 STD 36 MIN


Dieser Film hier beruht keinesfalls auf wahren Ereignissen. Doch wenn man unbedingt will: Einen wahren Kern hat er. Und zwar jenen Zeitungsbericht, der anno 1985 über einen tot aufgefundenen Schwarzbären berichtete, der eine Ladung Koks verschlang, die aus einem Flugzeug über Waldgebiet abgeworfen wurde. Natürlich hat das Tier keinen wilden Trip hingelegt wie in vorliegender Horrorkomödie, stattdessen hat es sich die Überdosis gleich beim ersten Mal gegeben, nichtsahnend, was für Folgen das nach sich ziehen würde. Hätte der Bär das nur besser gewusst. Doch Drogen sind nun mal nicht Teil seines Ökosystems. Sie sollten nicht mal Teil des Öko- und Sozialsystems von uns Menschen sein, doch die Gier ist nicht nur ein Hund, sondern ein Bär. Und so dachte sich Elizabeth Banks, die ohnehin wenig zimperlich ist, was ihre Regieprojekte betrifft, wie es wohl wäre, den Problemfall Drogenmissbrauch auf einen Outdoor-Slasher herunterzusimplifizieren. Die morbid-skurrile True Story mag da Motivation genug gewesen sein, um Keri Russel, Ex-Han Solo Alden Ehrenreich und Ray Liotta in seiner letzten Rolle durch den Forst zu schicken.

Wie sie da so über Wurzeln stolpern und den Farn niederrennen, trifft wohl den momentanen Zeitgeist wie die Akupunkturnadel den Nerv: Die Epoche der Rückeroberungen großer Wildtiere ist angebrochen. In den Wäldern Österreichs tummeln sich deutlich mehr Wölfe, und Italien hat gerade erst einen Todesfall verzeichnen müssen, der vom Angriff einer Bärin herrührte. Das Volk wettert um Gerechtigkeit, doch es ist ja nicht so, als hätte das Tier seinen Mord von langer Tatze geplant. Wie sehr sich der Mensch vom Koexistenzverständnis mit der Wildnis entfernt hat, mag fassungslos erstaunen. In absehbarer Zeit werden wieder Jäger durch diverse Reservate streunen, um den Bestand gerade mal von der roten Liste gesprungener Spezies zu reduzieren. Diese Panik wäre vielleicht nur gerechtfertigt, hätten sich all diese Tiere vorab zum Gruppenrausch eingefunden. Wie vorliegender Film beweist, reicht auch einer, um sich alle zu holen, die nicht bei drei auf den Bäumen sind.

Elizabeth Banks schickt somit mehrere Protagonisten ins Rennen um den Survival-Pokal. Es sind dies zwei schulschwänzende Kinder, es sind dies jene, die ihre Drogen zurückwollen, und es sind dies jene, die als Ranger für Recht und Ordnung sorgen müssen. Jede und jeder wird seine ganz persönliche Begegnung mit Meisterin Petz verarbeiten müssen, sofern dafür noch Zeit bleibt. Cocaine Bear legt gleich zu Beginn ein verliebtes Trekking-Pärchen auf den Teller vom Killer-Bärchen, das Trauma ist garantiert. Weiter geht’s mit einem unentschlossenen Gepansche zwischen 80er Jahre-Tierhorror inklusive Gore-Feierlichkeiten und groteskem Trash, bei welchem nicht mehr viel fehlt und der Sharknado würde toben. Dabei nutzt der Film aber geschickt zahlreiche Momente unmittelbarer Situationskomik, die sich in einer gewissen Plausibilität übereinander türmen. Eine schräge Situation folgt der nächsten, die Kills haben es durchwegs in sich und fallen härter aus als gedacht.

Wer hemdsärmelige Tabula Rasa-Happenings dieser Art mag, mit Zombibern vertraut ist und sich irgendwie befriedigt fühlt, wenn Wildtiere mit ihrem Freibrief fürs (illegal motivierte) Partymachen wedeln, wird an Cocaine Bear sein Vergnügen finden. Abgesehen davon aber bleibt der Genrefilm – wie viele andere dieser Art – bestürzend flach, derb und letzten Endes weit vorhersehbarer als tierisches Verhalten.

Cocaine Bear (2023)

Psycho Goreman

VOM MONSTER, DAS NACH DER PFEIFE TANZT

3,5/10


PsychoGoreman© 2020 Koch Media


LAND / JAHR: KANADA 2020

BUCH & REGIE: STEVEN KOSTANSKI

CAST: MATTHEW NINABER, NITA-JOSEE HANNA, OWEN MYRE, KRISTEN MACCULLOCH, RICK AMSBURY U. A. 

LÄNGE: 1 STD 38 MIN


„Jetzt ist endlich mal Schluss. Immer diese konformen High-End-Effektfilme. Das kann man ja wirklich nicht mehr mit ansehen.“ – Für all jene, die davon längst die Nase voll haben, gibt’s die Rosskur samt wohliger Entschlackungsphasen. Denn wo ein High-End ist, muss es auch einen Anfang geben. Der ist dort, wo das Gummimonster aus den Tiefen steigt, wo Latex nicht zwingend etwas ist, das sich im Warenkorb von Beate Uhse findet. Wo allerdings Cosplayer und Kostümbildner völlig analog und womöglich nächtelang an den unterschiedlichsten Outfits gesessen sind, um all diese Aliens und Monster und seltsamen bizarren Kreaturen den Schauspielerinnen und Schauspielern passgenau überzustülpen. Dabei ist der Bodysuit des fast schon gottgleichen Übeltäters Psycho Goreman das Meisterstück. Klar doch, muss es ja auch sein – der knorpelige Knilch dominiert die eineinhalb Stunden fast ausschließlich im Alleingang. Allerdings eben nur fast. Denn ihm zur Seite steht ein anderes Monster – ein Menschenkind. Ein Mädchen. Aber was für eins. Jedenfalls nicht Wednesday Addams, denn die hat Stil. Eine garstige Furie, die den ganzen Tag nichts lieber tut, als ihren Bruder zu piesacken. Beim Spiel im Garten legen die beiden ein seltsames Artefakt frei. Und nicht nur das. Ein ganzes Monster kommt da gleich mit. Mit anderen Worten: Die Geißel der Galaxis. Eine Kreatur, bei welcher Jack Arnold wohl feuchte Augen bekäme. Und die auch wunderbar nach Eternia passen würde, um Dolph Lundgren im Armdrücken zu besiegen. Dieser hässliche Geselle hat also nichts anderes im Sinn, als das Universum zu vernichten. Geht’s noch ein bisschen subtiler? Nein. Es kommt noch derber. Das Mädel allerdings, diese wirklich abgrundtief unsympathische Göre, hat mit diesem rosarot leuchtenden Artefakt den schlimmen Finger im Griff. Dieser muss, wild drohend und stets vor sich hin fluchend, nach ihrer Pfeife tanzen. So viel Macht macht das kleine keifende Ding auch nicht gerade zu einem besseren Menschen. Stellt sich die Frage: Wer ist hier das eigentliche Monster?

Und was zur Hölle habe ich eigentlich in so einem Film verloren? Andererseits – auch das ist wieder eine neue Erfahrung. Eine Grenzerfahrung. Psycho Goreman vom Kanadier Steven Kostanski (wer´s kennt: The Void) mag vielleicht eine Perle des schlechten Geschmacks sein – dem eigenen sollte man besser folgen, und die pelzige Bitternis im Rachenraum bleibt, auch wenn dieser Publikumsliebling des Festivalkinos seine fixe Fangemeinde hat. Es sprich natürlich nichts gegen so offensichtlich zusammengeschustertes Equipment wie hier, und besonders begrüßenswert sind die hie und da eingestreuten Stop-Motion-Sequenzen. Im Grunde genommen jedoch bedarf es einer grundehrlichen Liebe zu Filmen dieses Subgenres, einer Affinität für freudvoll ausgelebten Bodyhorror, an welchem wiederum David Cronenberg (ich sage nur: Knochenwaffe) seine Freude gehabt hätte. Dabei wäre seine Version wohl längst nicht so sarkastisch und augenzwinkernd ausgefallen wie hier, denn das muss ich zugeben: Das verdrehte Machtgefüge zwischen zöpfeschwingendem Rumpelstilzchen und bärbeißigem Alien-Killer hat ordentlich Potenzial, da lässt sich bissig parodieren bis zum Weltuntergang. Vielleicht muss man Psycho Goreman auch sickern lassen und den bizarren Karneval aus malträtierten Leibern, aufgefressenen Widersachern und von außen nach innen gestülpten Erdlingen sowieso keine Sekunde lang ernst nehmen.

Wo Knights of Badassdom gerade erst angefangen hat, macht Psycho Goreman weiter. Als abseitiger, stilverwirrter „Familienfilm“ zwischen Exploitationkino und Joss Whedons Buffyverse lässt sich dieser Streifen hier auf die Liste fragwürdiger Sichtungen setzen, die sich ganz bewusst und auch ganz reuelos über ihren eigenen ausgefeilten Dilettantismus amüsieren. Kostanski, B-Movie-Liebling für alles Bizarre, versteht dabei sein Business. Ohne Ironie wäre das Ganze für die Tonne. Doch auch mit Ironie hinterlässt dieses Junkfood aus dem Bahnhofskino ungesunden Mundgeruch. Ganz so, wie Psycho Goreman einen haben muss.

Psycho Goreman

Knights of Badassdom

EIN DÄMON FÜRS WOCHENENDE

6/10


knights-of-badassdom© 2013 Pandastorm Pictures


LAND / JAHR: USA 2013

REGIE: JOE LYNCH

CAST: RYAN KWANTEN, STEVE ZAHN, PETER DINKLAGE, SUMMER GLAU, DANNY PUDI, JIMMI SIMPSON U. A. 

LÄNGE: 1 STD 29 MIN


Jeder, der sich schon mal das bunte Treiben auf einer Comic-Con gegeben hat, wird wissen, was LARP bedeutet. Für jene, die das nicht wissen: LARP ist die Abkürzung für Live Action Role Playing – das Verb dazu lautet „larpen“. Was tut man da? Man wirft sich – vom Samtmieder bis zur chromschillernden Rüstung – in das vorzugsweise selbst genähte Outfit einer Epoche oder eines fiktiven Universums und schlüpft dabei physisch in die Rolle seines erwählten Charakters. Als Waffen gelten vorzugs- und rücksichtsvollerweise liebevoll ausgearbeitete Schmiedewaren aus Schaumstoff, mit welchen man den Gegner schadlos halten kann. Es gibt ein Thema, ein Come Together, mitunter epische Schlachten. Auch hierzulande in Österreich gibt’s LARP-Events, allerdings nicht so breit gefächert wie in Deutschland. Sowohl Historisches als auch High Fantasy wird hier nachgespielt, natürlich gibts auch komplette Eigenkreationen. Am Beeindruckendsten dabei sind allerdings nicht die aus dem Boden gestampften alternativen Welten, sondern die aufrichtige Leidenschaft, mit der die LARPer zur Sache gehen. Letzten Endes bleibt die Frage offen, wann denn endlich mal diese ganz besondere Art der Freizeitgestaltung auch filmtechnisch gewürdigt werden könnte. Das ist bereits geschehen – nämlich vor rund 8 Jahren. Mit dem so denkwürdig betitelten Streifen Knights of Badassdom.

Dieses Guilty Pleasure für selbstbewusste Nerds eignet sich auch bestens für solche, die sich nicht zwingend als Nerds oder Geeks deklarieren wollen, die sich allerdings in den Kreisen fachsimpelnder großer Kinder am wohlsten fühlen. Diesen Feel Good-Effekt nutzen Rollenspieler Hung und Eric ebenso, als sie den von Liebeskummer gepeinigten Joe für ein Wochenende und anfangs gegen seinen Willen in die idyllische Waldeinkehr für ein bevorstehendes LARP-Gefecht verschleppen. Eric, der Vorzeigemagier mit Level 15, kommt sich dabei ganz wichtig vor, hat er doch von irgendwoher einen uralten Schmöker mitgehen lassen, aus dem er eifrig magisch klingenden Kauderwelsch rezitiert. Was er dabei nicht weiß: ein waschechter Dämon hat sich durch diese Worte direkt angesprochen gefühlt – und wandelt alsbald mordend durch den Hain. Authentisch ist ja gut genug – übertreiben sollte man es trotzdem nicht, finden die Buddies und versuchen ihr Bestes, ihre heile Welt vor dem Übel der Bestie zu befreien, die obendrein noch wenig zimperlich vorgeht, wenn es heißt, sich am Blut unschuldiger Schildmaiden und ritterlicher Recken zu laben.

Da spritzt der grellrote Körpersaft und werden Torsi entherzt – natürlich auf einem handwerklich recht überschaubaren Level, sagen wir auf Augenhöhe mit günstig produzierten B-Movies, die das Gaudium eines Trashfilm-Publikums schüren. Für diesen derben Spaß hat sich neben Steve Zahn und Firefly-Ikone Summer Glau im nietenbesetzten Mini auch „Tyrion Lannister“ Peter Dinklage eingefunden, der in Kettenhemd und mit Gummischwertern allen die Show stiehlt und seine Rolle aus Game of Thrones persifliert. Wenn am Ende dann der ungelenke Bodysuit einer Höllenkreatur über die Ebene stapft und Gedärme verstreut, sind fast schon die Jack Arnold-Fifties zurückgekehrt.

Knights of Badassdom eignet sich perfekt dafür, einen Themenabend rund um realitätsferne und im Phantastischen verortete Leidenschaften feuchtfröhlich ausklingen zu lassen. Ein Spaß also, der Feinschmecker keinesfalls abholt, der verspielten Frohnaturen auch am Ende eines Tages voller kraftraubender Mittelalter-Celebrations noch Laune macht.

Knights of Badassdom

Machete

REVOLUTION IM BAHNHOFSKINO

6/10


machete© 2010 Sony Pictures Germany


LAND / JAHR: USA 2010

REGIE: ROBERT RODRIGUEZ, ETHAN MANIQUIS

CAST: DANNY TREJO, JESSICA ALBA, MICHELLE RODRIGUEZ, JEFF FAHEY, ROBERT DE NIRO, STEVEN SEAGAL, DON JOHNSON, SHEA WIGHAM, LINDSAY LOHAN U. A. 

LÄNGE: 1 STD 45 MIN


Gegen Danny Trejos Visage ist jene von Charles Bronson ja geradezu glatt wie ein Babypopo. So auszusehen ist entweder Zufall oder jahrelang frequentierte Solarien. So ein Aussehen lässt sich mitunter auch auf exzessiven Alkohol- und Drogenkonsum zurückführen. Keine Ahnung was Trejo in seinen Jugendjahren alles gemacht und nicht gemacht hat, jedenfalls saß der Mann immer wieder mal hinter Gittern. Dieses bullige Gehabe und eben dieses unverwechselbare Aussehen hat ihm letzten Endes eine Karriere im Filmbiz beschert. Und die hat er nicht bekommen, weil er gut schauspielern kann. Sondern weil er von der langen Mähne bis zu den Stiefeln unter Copyright steht. Danny Trejo ist eine Marke, die kann man buchen. So wie das zum Beispiel Robert Rodriguez für seine Grindhouse-Eskapaden getan hat.

Machete heißt der Film, der als Reminiszenz auf das Exploitationkino der 60er bis 70er gedacht ist. Filmkenner wissen, was das heißt. Sex und Gewalt mit dem Vorschlaghammer. Wer eignet sich da nicht besser als Trejo für die Figur des Ex-Geheimagenten Machete Cortez, der lieber mit scharfen Klingen aller Art hantiert, im Notfall aber auch aus allen Rohren feuert. Fun Fact am Rande: die Figur des Actionhelden stammt ursprünglich aus Rodriguez´ Kinderabenteuer Spy Kids, wurde dann als Fake-Trailer vor dem Zombie-Trash Planet Terror zum Kult – und bekam als Folge des Erfolgs seinen eigenen Film. Und zwar einen, den man nicht unbedingt gesehen haben muss. Der aber auf gewisse Weise ganz interessant ist, da er, wäre Donald Trump anno 2010 bereits Präsident gewesen, als antirepublikanischer Aufstand geprobt werden kann. Als Anti-Trump-Film schlechthin. Mehr Anti geht nicht. Und mehr Staraufgebot ebenso wenig.

Für diese Schandtat von Film war wohl halb Hollywood bereit, mitzuwirken, und sei die Rolle auch noch so sinnlos. Lindsay Lohan zum Beispiel. Als ballernder Nackedei im Nonnengewand hat die junge Frau gerade noch Trash-Geschichte geschrieben, bevor sie von der Bildfläche gänzlich verschwand. Und wer hätte gedacht ich würde nochmal Steven Seagal zu Gesicht bekommen (an dessen strahlender Erscheinung ich tatsächlich live bei der Comic Con 2019 teilhaben durfte), und zwar in einem Film? Ein Action-Haudegen der späten 80er, der hier nochmal so richtig unsympatheln darf. Ihn auf Augenhöhe mit Robert de Niro zu sehen hat aber was. Der wiederum hat eine gar nicht so verschwindende Rolle – als erzkonservativer Senator paktiert er mit – haltet auch fest – good old Don Johnson, der als Warlord der Bürgerwehr illegalen Immigranten das Leben schwer macht. Ein tete-a-tete selten oder lang nicht mehr gesehener Gesichter ist das.

Rodriguez Verbeugung vor dem Bahnhofskino ist natürlich nichts für Feinschmecker oder Freunde nuancierter Filmkunst. Die bewusst heillos überzeichnete und gottseidank selbstironische Schlachtplatte mit kuriosen Gore-Elementen hat aber auf seine eigentümlich triviale Art sehr wohl was im Hinterstübchen – nämlich ein glasklares Statement gegen Nationalismus und Xenophobie.

Machete

Bacurau

DAS DORF DER UNBEUGSAMEN

6,5/10

 

bacurau© 2019 MUBI

 

LAND: BRASILIEN, FRANKREICH 2019

REGIE: KLEBER MENDONÇA FILHO

CAST: SÔNIA BRAGA, UDO KIER, BARBARA COLEN, THOMAS AQUINO, SILVERO PEREIRA, THARDELLY LIMA U. A.

LÄNGE: 2 STD 10 MIN 

 

Brasilien, ein wunderbares Land. An landschaftlicher Vielfalt, Biodiversität und Lokalesprit kaum zu überbieten. So beeindruckend Brasilien aber auch ist, an gleichviel schwierigen Problemen muss das Land herumkauen. Da ist erstmal dieser Präsident, der das Land, dem er verpflichtet ist, an den Meistbietenden verhökert, keine Rücksicht auf Ethnien nimmt und die grüne Lunge unseres Planeten roden lässt. Da gibt es jede Menge Korruption, reaktionäres Gedankengut direkt aus der Chefetage und sonstige zweifelhafte Vorgehen, den riesengroßen Staat gefügig zu machen. Wie so etwas funktionieren kann – und gleichsam doch nicht – das zeigt ein südamerikanischer Killer-Western mit hohem Bodycount, der in offenen Wunden bohrt und mit jeder Menge Sarkasmus das gesellschaftspolitische Versagen eines gewählten Establishments vorführt.

Dabei erinnert Bacurau streckenweise stark an den diesjährigen Skandalfilm The Hunt von Craig Zobel. Gleichermaßen aber ist Bacurau ein Werk, das ähnlich huldigend die Genres mixt und mit genau jener Art von Gewaltdarstellung arbeitet, wie Quentin Tarantino es tut. Ein dramatisches Märchen, das zwischen kauzigem Trash und explizit eingeforderter Gerechtigkeit Probleme auf ungestraft radikale und wohlwollend naive Art der Vergangenheit angehören lässt. War das nicht schon bei Inglourious Basterds so? Oder bei Once Upon a Time … in Hollywood? Bacurau ist genauso – es gibt den Verlieren zumindest im Kino die Möglichkeit, ordentlich zurückzuschlagen.

Bacurau gibt es nicht wirklich. Gleichzeitig allerdings schon. Ein nachtaktiver heimischer Vogel wird so bezeichnet. Das Dorf selbst allerdings, diese kleine Gemeinde mit lokalem Museum als einzige Touristenattraktion, ist alles anderer als das. Die paar Gestalten müssen sich nämlich schon länger mit dem Provinzbürgermeister herumschlagen, der den Leuten den Wasserhahn zudreht. Eine Bande Rebellen wettert dagegen. Zur selben Zeit aber geschehen seltsame Anschläge in der Gegend, was folgt sind brutale Morde an ganzen Familien. Könnte sein, dass eine Gruppe Ausländer hier sportlich aktiv geworden ist und nur so zum Spaß die Bewohner des Dorfes auslöschen will. Könnte sein, dass der Mann mit dem stahlblauen Blick, Udo Kier, dahintersteckt. Doch wie auch immer – Bacurau lässt sich nicht einschüchtern. Und rüstet sich zum kollektiven Widerstand.

Im Werk des auch im privaten Leben politisch aktiven Regisseurs Kleber Mendonça Filho geht´s deutlich gesellschaftskritischer zu als in The Hunt. Die Kritik richtet sich hier auch mehr auf das politische Establishment, das versucht, seine Bürger ruhig zu stellen und einzulullen, während die kleine Apokalypse hereinbrechen kann. Trotz all der Gewalt und des Blutes und auch der hemmungslosen Rache der unbescholtenen Einwohner hat Bacurau etwas Stolzes und Befreiendes. Ein eigensinniger, mit folkloristischem Gitarrensound untermalter Shootout, der eine simple, aber aufrichtig wütende Geschichte erzählt, stellvertretend für ein ganzes Land.

Bacurau

Killing Gunther

VOM FÄLLEN DER STEIRISCHEN EICHE

4,5/10

 

killinggunther© 2017 Splendid Film GmbH

 

LAND: USA 2017

REGIE: TARAN KILLAM

CAST: TARAN KILLAM, ARNOLD SCHWARZENEGGER, COBIE SMULDERS, KUMAIL NANJIANI, BOBBY MOYNIHAN, RANDALL PARK, HANNAH SIMONE U. A. 

 

Manchmal ist einer dem anderen ein Dorn im Auge. Wirtschaftlich gesehen ist das die Konkurrenz. Die kann man leicht ausstechen, wenn man unlauteren Wettbewerb wählt, was nicht so gern gesehen wird. In der Gilde der Auftragskiller allerdings schon. Und ich meine damit nicht John Wick, der sich der Meute, die ihm ans Leder will, ja fast schon nicht mehr erwehren kann. Keane Reeves kämpft da verbissen um seinen Marktvorteil. Oder besser gesagt: ums Monopol. John Wick ist aus der Sicht des Gejagten erzählt. Es lässt sich das Konzept aber auch umdrehen. Man könnte das Ganze auch aus der Sicht der Meute erzählen. Und man könnte daraus gleich eine Mockumentary machen – was How I Met your Mother-Star Taran Killam (kann mich selbst nicht an den Auftritt des Typen erinnern) in seinem Regiedebüt dann auch getan hat. Das triviale Werk heißt Killing Gunther, war schon 2017 so gut wie abgedreht und schämt sich wirklich kein bisschen dafür, nichts sonst zu Wege zu bringen, außer auf Spielfilmlänge herumzualbern.

Nichts gegen Albernheiten. Es kann beim Film auch mal durchaus hohl einhergehen, es muss nicht immer das Gewissen in uns über dieses und jenes nachdenken. Deadpool zum Beispiel ist auch wahnsinnig albern, und sonst ist nichts dahinter. Funktioniert aber, weil knackig genug in Szene gesetzt. Wirklich voll Banane waren die Filme von Abrahams und Zucker – Top Secret oder Die nackte Kanone. Humor, der wehtut, aber was willst du machen gegen Kult? Killing Gunther hat da fast schon mehr Niveau, weil er sich eines Stils bedient, aus dem man prinzipiell einiges an Schmackes allein schon wegen der Parameter dokumentarischen Filmens herausholen kann. Das gilt auch für eine Mockumentary. Um diesen Gunther, diese John Wick-Parodie, von dem keiner weiß wie er aussieht, wo er wohnt, wie man an ihn rankommt etc., um diesen Gunther also, diesen Alleskönner, zu beseitigen, raufen sich die unterschiedlichsten Todesengel, vom Giftmischer bis zum Bombenleger, zusammen – und heuern auch noch ein risikobereites Filmteam an, um das Unterfangen zu dokumentieren. Was klar ist – Gunther ist dieser Handvoll Idioten stets eine Nasenlänge voraus. Was noch über jeden Zweifel erhaben ist, also für uns Konsumenten: Gunther ist Arnold Schwarzenegger.

Wie hat Taran Killam, Gatte von der ebenfalls durch HIMYM berühmt gewordenen Cobie Smulders (die hier in diesem Reality-Klamauk auch noch mitwirkt) das geschafft? Arnold Schwarzenegger ins Boot zu holen? Jedenfalls ist die steirische Eiche schon so sehr am Ende seiner filmischen Karriere (die er eigentlich mit Terminator: Dark Fate auf solide Art an den Nagel gehängt hat), womit völlig egal ist, zu welchen Metern Film er sich sonst noch überreden lässt. Was der Zuseher auch wissen sollte, ohne zur Halbzeit herumzugranteln: In diesem astreinen Guilty Pleasure hat der Ex-Governator erst relativ spät seine große Stunde. Dafür aber gibt’s dann kein Halten mehr, was Peinlichkeiten anbelangt. Diese Rolle des Gunther, die war ihm sichtlich ein Vergnügen. Da konnte er alles oder zumindest vieles hineinbuttern, was ihm Zeit seines Glamourlebens Spaß gemacht hat und immer noch tut, ohne jede Reue: Zigarren rauchen, ordentlich ballern und verdreschen, sein komödiantisches Talent (mitunter in Frauenkleidern) nochmal durchtesten oder einfach in die Lederhose schlüpfen. Arnie macht alles, und auch Dinge, die er nicht hätte tun sollen, wie zum Beispiel singen. Das kann man natürlich bis zur gefühlten Selbstgeisselung aussitzen, wenn der Abspann auch noch über den Screen soll. Ist dem so, dann wenigstens ordentlich laut aufdrehen 😉

Killing Gunther

Iron Sky: The Coming Race

DER MENSCHEN HOHLE NUSS

4/10

 

OLYMPUS DIGITAL CAMERA© 2019 Einhorn Film

 

LAND: FINNLAND, DEUTSCHLAND, BELGIEN 2019

REGIE: TIMO VUORENSOLA

CAST: LARA ROSSI, VLADIMIR BURLAKOW, UDO KIER, KIT DALE, TOM GREEN, JULIA DIETZE U. A.

 

Der Mann ist sich für nichts zu schade. Seine Motivation, auch dem größten Müll auf der Leinwand seine hypnotisch stierende Aura zu verleihen , mittlerweile legendäre Methode. Die Rede ist von Udo Kier, der in fast allen Filmen von Lars von Trier zu finden ist, bei Gus van Sant, Wim Wenders oder in den Fernsehserien von David Schalko. Der aber auch für ärgsten Trash wie Hexen bis aufs Blut gequält, Spermula, Dracula 3000 oder Far Cry seine Gage kassiert hat. Und ja, natürlich auch für Filme wie Iron Sky. Und da gibt es 7 Jahre später den zweiten Aufguss. Warum erst so spät? Nun, selbst C-Movies wie dieser wollen was kosten, das glaubt man gar nicht, wie viele Millionen hier verschlungen wurden, nämlich satte 20, und selbst das ist noch gering, wenn man Iron Sky: The Coming Race mit Blockbustern des selben Genres vergleicht. 20 Millionen also, für einen Unsinn wie diesen? Immerhin ein Unsinn, der seine Fangemeinde hat. Der aber sein Budget auch nicht aus dem Ärmel schüttelt. Daher Crowdfunding, der salonfähige Spenden-Call unter Liebhabern und Freunden. Und das braucht seine Zeit, soll doch der Look des Sequels dem des Originals um nichts nachstehen. Was er dann auch nicht tut. Denn Iron Sky: The Coming Race ist, trotz seiner Etikette als Low Budget Produktion, visuell ansprechender als so mancher Sharknado- und Jurassic-Galaxy-Quark. Da hat das Team rund um den Finnen Timo Vuorensola eigentlich alles richtig gemacht – mitunter das Hakenkreuz am Mond und sämtliche Versuche, die Steampunk-Dystopie weniger wie Mondbasis Alpha erscheinen zu lassen, sondern eher wie die rostigen Grunge-Eingeweide unter ausgedienten Industrieanlagen.

Dabei kommt die Idee zu diesem Iron Sky-Irrsinn nicht von irgendwoher. Die gab’s schon viel früher, natürlich nicht genauso, natürlich schon ganz anders, aber diese verzerrten Visionen einer Vril-Gesellschaft hatte schon der Engländer Edward Bulwer-Lytton in seiner tatsächlich auch so betitelten Romanausgabe The Coming Race, die von unterirdisch agierenden Übermenschen mit paranormalen Fähigkeiten, den Vril-Kräften, handelt. Diese Vision war dann bald ein Selbstläufer, und tatsächlich auch hellhörigen Medien nach für den Aufstieg der Nazis verantwortlich. Vuorensola kombiniert diese krude Paranoia mit einer anderen esoterischen Richtung – nämlich der Unterwanderung unserer Zivilisation durch Echsenmenschen, die ja tatsächlich auch von den Dogon Malis feierlich in Empfang genommen wurden. Jedenfalls ist beides sehr an den aufgestellten Nackenhaaren herangezogen, bietet aber Stoff für ein Szenario, dass nur als Groteske funktioniert und sich um nichts wirklich zu scheren braucht, weder um Logik noch um die wüste Verzerrung weltbekannter VIPs und die Verkasperung eines totalitären Horrors aus dem letzten Jahrhundert. Iron Sky: The Coming Race erlaubt sich vieles, lässt Steve Jobs Menschen fressen und Sarah Palin als Nachtisch für die schuppigen Ausgaben von Kim Jong-un, Margarete Thatcher oder Adolf Hitler herhalten. Wie der Film holzfällerartig über Ikonen der Neuzeit herfällt, ist so derb und grobmotorisch über den Kamm geschoren wie Hinterhofcatchen auf einer Boulevardbühne. Satire ist das keine mehr. Parodie? Auch nicht, stattdessen streckenweise von vielleicht unfreiwillig aufrichtiger Geschäftigkeit, wie in all den alten und mittlerweile lächerlich wirkenden Science-Fiction-Abenteuern aus den 50er Jahren mit ihren sperrigen Alien-Kostümen und mittlerweile wieder als Retrocharme gerechtfertigten Pappmaché-Planeten. Iron Sky: The Coming Race hat keine Pappmaché-Planeten, mehr schlecht als recht gelungene Alien-Masken, und lässt seine Pro- und Antagonisten eher handzahm und fast zu wenig selbstironisch agieren. Wiederum aber sind sie von einer laienhaften Orientierungslosigkeit übermannt, wie das bei Filmen dieser Art vielleicht so üblich sein mag.

Man kann von Iron Sky: The Coming Race halten, was man will – ein gewisses Konzept ist dahinter, und dieses Konzept löst einen gewissen autoagressiven Reiz aus, der im Dino-Wagenrennen inmitten einer terrestrischen Hohlwelt oder überhaupt im von Udo Kier berittenen T-Rex namens Blondie sein längst schon überdruckbelastetes Ventil findet.

Iron Sky: The Coming Race

Aquaman

WENN SUPERHELDEN IM TRÜBEN FISCHEN

3/10

 

aquaman© 2018 Warner Bros. Pictures Germany

 

LAND: USA 2018

REGIE: JAMES WAN

CAST: JASON MOMOA, AMBER HEARD, WILLEM DAFOE, PATRICK WILSON, NICOLE KIDMAN U. A.

 

Gegenwärtig ist nur ein Bruchteil unserer Meere eingehend erforscht worden. Die Tiefsee ist gar ein Buch mit sieben Siegeln – diese lebensfeindliche lichtlose Welt lässt sich ohnehin nur in einzelnen Kubikmetern genauer betrachten. Dennoch – so blind könnten nicht mal wir Menschen sein, um nicht irgendetwas von irgendeinem dieser sieben gigantischen unterseeischen Königreiche zumindest aus den Augenwinkeln spitzzukriegen. Nach den DC Comics über Aquaman dürfte die Menschheit auf trockenem Fuß so sehr mit sich selbst beschäftigt sein, dass bisher nichts über die Existenz mehr oder weniger evolutionär begünstigter Fischmenschen durchsickern konnte. Schön für Atlantis, schön für alle anderen, die Haie, Riesenseepferdchen und Buckelwale domestizieren konnten und Städte aus Medusenschirmen und Fischblasen erbauen. Die Rätsel solcher Koexistenzen, die hat zum Beispiel die Wizarding World einer Jeanne K. Rowling geschickter gesponnen. Und auch Marvel hat sich mit seiner unter einem Tarnschirm verborgenen afrikanischen Stadt Wakanda ein bisschen mehr für eine der alternativen Realität inhärente Logik bemüht. Aber sei’s drum, ist nicht so wichtig. Das phantastische Kino darf fast alles – wenn der Rest irgendwie passt, soll von mir aus alles, was sich unter dem Meeresspiegel abspielt, ein Geheimnis bleiben.

Dieses Geheimnis, das hätte Aquaman am Besten für sich bewahren sollen. Denn sein Solo-Abenteuer unter der Regie von Saw und Fast&Furious-Virtuose James Wan unterliegt qualitativ sogar der Keilerei Batman vs. Superman (die ich ohnehin gar nicht mal so misslungen fand) und donnert noch kurz vor Ende des Kinojahres 2018 kalter Gischt gleich als quälend trivialer Trashfilm gegen die Wellenbrecher des guten Filmgeschmacks. Dabei trifft Muskelpaket Jason Momoa eigentlich gar keine Schuld. Nicht nur einmal beweist er während der überlangen 145 Minuten Spielfilmlänge, wie sehr ein schöner Rücken nicht entzücken kann, und der Understatement-Blick über die Schulter ist das Beste, was Aquaman zu bieten hat. Alles andere ist eine Panscherei wie bei einem Science-Workshop für Vorschulkinder, die mal ausprobieren wollen, welche Substanzen nicht alle miteinander effektiv reagieren können. James Wan führt sich dabei auf wie ein entfesselter Lausbub, der sehr von den schwankend qualitativen CGI-Orgien eines George Lucas aus Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger beeindruckt gewesen zu sein scheint und genauso breitenwirksam in die Schlacht ziehen will wie der Schöpfer von Luke Skywalker und Co. Nur – System hat das ganze nicht mehr. Frozen Stills wechseln mit Superzeitlupe, und jene wechselt mit tosenden Bilderstrudeln, die für gähnende Übersättigung beim Publikum sorgen. Doch die wahre Leistung für einen der schwächsten Comic-Verfilmungen aus dem DC-Universum ist sprachlicher Natur. Schauspielgrößen wie Nicole Kidman und der allen Genres aufgeschlossene Willem Dafoe, der so wie Ben Kingsley überhaupt schon alles spielt, was er in die Finger bekommt, haben womöglich die Dreharbeiten zu Aquaman unbeabsichtigt in die Länge gezogen – bei diesen Dialogen reicht ein Take nicht aus, um nicht noch nach dem zehnten Mal in Gelächter auszubrechen. Selbst ein Profi tut sich dabei schwer, ernst zu bleiben. Das Dumme: Aquaman möchte gar nicht mal so sein wie Thor: Tag der Entscheidung, andererseits aber auch nicht spaßbefreit, am Besten etwas selbstironisch wie Deadpool. Ist er aber nicht. Komische Kalauer zu schieben ist eine Sache, genau dann unfreiwillig komisch zu sein, wenn es dramatisch zugehen soll, ist ein Fettnäpfchen, das seine Bremsspur durch den ganzen Film zieht.

Wer sich noch an den Achtziger-Sci-Fi-Gschnas Flash Gordon erinnern kann, darf davon ausgehen, dass der Solo-Auftritt der laut Big Bang Theory wohl unbeliebtesten Figur des Superhelden-Universums ähnlich verbraten wird. Der Trash-Sender Tele 5 wird sich womöglich rechtzeitig und unter lautem Jubel die Free-TV-Rechte dafür sichern wollen. Und all die Unkenrufer gegen den drögen Superhelden-Overkill, die gerne alles über einen Kamm scheren, bekommen mit Aquaman wieder jede Menge unterstützenden Zündstoff für die Legitimation ihrer heftigen Kritik. Ja, bei dieser Gurke hier gebe ich Ihnen recht. So macht man keinen Superhelden-Film, so rückt man das Genre wieder ins falsche Licht. Jason Momoa, den können wir als Aquaman gerne behalten, das ganze chaotische, erschreckend undurchdachte Brimborium drumherum kann gerne unbefristet auf Tauchstation gehen, bei aller Liebe zu den Kreaturen des Meeres, die von mir aus jedem Evolutionsgedanken trotzen.

Aquaman