Predator: Badlands (2025)

AM LAGERFEUER MIT DEM KOPFJÄGER

6/10


© 2025 20th Century Fox / Disney


LAND / JAHR: USA 2025

REGIE: DAN TRACHTENBERG

DREHBUCH: PATRICK AISON

KAMERA: JEFF CUTTER

CAST: DIMITRIUS SCHUSTER-KOLOAMATANGI, ELLE FANNING, REUBEN DE JONG, MIKE HOMIK, ROHINAL NARAYAN, CAMERON BROWN, ALISON WRIGHT, THE DUFFER BROTHERS U. A.

LÄNGE: 1 STD 47 MIN


Disney spürt man überall. Am stärksten bei Themen, die nicht dafür gemacht sind, den Kindern vor dem Schlafengehen als Betthupferl zu dienen. Disney will aber, das sich im Grunde alles, worüber es das Sagen hat, ein bisschen nach Betthupferl anfühlt. Predator: Badlands, jüngste Erweiterung des Franchise, das diesmal auch hochoffiziell mit dem Alien-Universum kokettiert, ist so, als würde man den beinhart agierenden Arnold Schwarzenegger in seiner Rolle als T1000 aus James Camerons Klassiker nunmehr als Kindergarten Cop einsetzen. Zumindest als unfreiwillige, pädagogisch dann doch wertvolle Aufsicht über jenen Dreikäsehoch, der als Sprössling von Sarah Connor im Endeffekt zu Nannys Nemesis werden könnte.

Der moralische Kompass eines Aliens

Tut mir leid, Predator. Wenigstens darfst du aber diesmal zum Lokalaugenschein einladen, zum Wohngespräch mit deinem Publikum, denn zum allerersten Mal seit 1987 gewährt das wirklich nicht schönste Alien des Universums einen Einblick ins Privatleben einer Yautja-Familie, die auf Yautja Prime ihre wenig zimperlichen Rituale zugunsten der Tradition genüsslich praktizieren, ohne sie zu hinterfragen. Was wir wissen: Der Yautja ist, wie der Titel schon sagt, ein Jäger, ein Trophäensammler, ein gnadenloser Bursche (es gibt, so wie ich das sehe, nur männliche Exemplare – oder gar kein Geschlecht?) mit einem moralischen Kompass ohne Pole, der wirr um sich schlägt und für Erdlinge wohl kaum verstanden werden kann. Schließlich spielten bislang Faktoren wie Achtsamkeit, Respekt vor allem Lebenden und sowas wie Humanismus überhaupt keine Rolle. Disney will aber das Gute, das wissen wir. Das moralisch Integre, Aufgeräumte, Ehrbare. Auch der Predator soll und muss ehrbar werden. Am leichtesten lässt sich das bewerkstelligen, wenn dieses Exemplar in Predator: Badlands zum Opfer seiner eigenen Familienphilosophie wird.

Ökotrip für Hartgesottene

Als schwächstes Glied der Kette wird Dek zwar von seinem älteren Bruder beschützt, doch der mächtige Patriarch hat dann doch noch das letzte Wort. Und während sich in geradezu unvorstellbarer Selbstlosigkeit der Bruder unters Messer des Vaters wirft, gelingt dem jüngeren Taugenichts die Flucht per Raumschiff auf einen lebensfeindlichen Nachbarplaneten, dessen toxische und gefährliche Fauna und Flora jedes noch so erdenkliche Habitat auf unserem Planeten zum unkrautfreien Schrebergarten erklärt. Genna heisst jener Ort, an welchem nur nachhaltige Ökotouristen mit Hang zum Suizid ihre Reise buchen. Eines der mächtigsten und unmöglich zu tötenden Kreaturen sollen hier lauern, der sogenannte Kalisk, ein Muskelpaket von Monster, stark wie King Kong, unverwüstlich wie eine Kakerlake, weil gesegnet mit einem genetischen Reperaturmechanismus, der Wunden in Windeseile wieder schließt. Dek will es aber dennoch wissen – und schaffen, was niemand zuvor geschafft hat. Bevor es aber überhaupt so weit kommt, gibt sich der Rest des Planeten ausgeschlafen genug, um sich dieser landfremden Kreatur mit ganzer Bandbreite in den Weg zu stellen.

Als gäbe es ihn wirklich

Alle, die ans Creature Design ihr Herz verloren haben, dürfen sich Predator: Badlands nicht entgehen lassen. Ich sage es an dieser Stelle ganz offen: Mein Traumjob wäre es nach wie vor, in die Fußstapfen eines Phil Tippet, Dennis Muren oder Stan Winston zu treten, doch hierzulande in Österreich kann man mit dem Erschaffen von Kreaturen aller Art herzlich wenig erreichen. Es muss dann wohl genügen, einfach zuzusehen, was andere entworfen haben – und zugegeben, man kann sich selbst hier, in Trachtenbergs Bestiarium ferner Planeten, kaum an all dieser kuriosen Biomasse sattsehen, obwohl die Viecher minütlich über die Leinwand regnen. Dabei steht der Yautja in all seiner monströsen Beschaffenheit im Zentrum der Aufmerksamkeit, und tatsächlich: Es ist, als gäbe es dieses Wesen wirklich, so realitätsnah simulieren die Könner ihres Fachs eine extraterrestrische Physiognomie, die nicht mal vor Nahaufnahmen Halt macht. Allein dafür ist Predator: Badlands ein Genuss – und kommt man damit klar, dass es nur das ist, was wirklich staunen lässt, hat man schon gewonnen.

Schließlich ist der erzählerische Rest des Ganzen einfach nur Disney. Weiß man von der Tonalität der jüngsten Serie Alien: Earth, wird selbst der von Elle Fanning dargebotene Android zu einer Quasselstrippe, die sich nach König der Löwen anfühlt. Später noch gesellt sich ein glupschäugiges Wesen hinzu, das von vorne bis hinten einfach nicht zum Stil des Predators passt, auch nicht in diese Welt und überhaupt schon gar nicht in dieses düstere Trope. Von düster will man aber nur noch wenig wissen, all das Herzige ist so geschmeidig wie eine Wimper im Auge, das stößt und sperrt sich und fühlt sich nicht richtig an. Letztendlich aber behalte zumindest ich den waldschratigen hässlichen Haudegen im Kopf, wie er seine Moral vor sich herträgt und die Gelegenheit aufgreift, sein schlechtes Image durch einen neuen Blickwinkel auf sich selbst schönzuargumentieren.

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Predator: Badlands (2025)

Die Legende von Ochi (2025)

DAS GURGELN DER STUMPFNASEN

3/10


© 2025 Plaion Pictures


ORIGINALTITEL: THE LEGEND OF OCHI

LAND / JAHR: USA 2025

REGIE / DREHBUCH: ISAIAH SAXON

CAST: HELENA ZENGEL, FINN WOLFHARD, WILLEM DAFOE, EMILY WATSON, RAZVAN STOICA, CAROL BORS, ANDREI ANGHEL, EDUARD MIHAIL OANCEA U. A. 

LÄNGE: 1 STD 36 MIN


Diesmal schreit Systemsprenger Helena Zengel nicht wie am Spieß, sondern sie gurgelt. Ein gutturales Krächzen, so als hätte sie sich beim Zähneputzen verschluckt. Leicht enervierend ist das, wenn Menschen solche Geräusche machen. Töne wie diese, die werden wohl besser im Tierreich eifrigen Übungen unterzogen, sind diese doch die Art und Weise, auf welcher sich die sogenannten Ochis untereinander austauschen. Besser wäre es gewesen, sie hätten sich nicht auf einen neugierigen Homo Sapiens-Jungspund eingelassen, der eine ganze Entourage xenophober Dorfbewohner einschließlich des eigenen Vaters im Schlepptau hat, sondern wären unter sich geblieben. Doch es kommt, wie es in Filmen über gefährdete und missverstandene Minderheiten wohl kommen muss, egal ob sie menschlicher oder tierischer Natur sind: Immer muss es eine oder einen Auserwählten geben, der die Brücke schlägt zwischen Aberglaube und Querdenkerei auf der einen, und Erkenntnis und Wahrheit auf der anderen Seite. Meistens sind das junge Menschen, die offen für alles sind, im Gegensatz zu ihren alten Herrschaften, die mit kulturell implementierten Fake-News aufgewachsen sind und fortan damit leben müssen.

Einen solchen gibt Schauspiel-Chamäleon Willem Dafoe, der sich, wenn es die Umstände verlangen, in eine der römischen Antike nachempfundene Rüstung zwängt. Damit will er dem Bedrohlichen entgegentreten, ungeachtet der Tatsache, dass diese Ochis sowieso nichts Böses im Schilde führen, sondern nur in Ruhe ihrem archaischen Tagwerk nachgehen wollen, wären doch diese zweibeinigen Aggressoren, die in ihren Hütten auf einer Insel im Schwarzen Meer leben, nicht so dermaßen regressiv. Natürlich hat Regisseur und Autor Isaiah Saxon nichts anderes im Sinn, als eine Parabel auf Vorurteil und ethnisch motoviertem Hass zu gestalten, in der kitschigen Ausgestaltung eines mehrfach übermalten und üppigen Bilderbuchs, das, wenn man genauer hinsieht, wirkliche Kreativität aber vermissen lässt. Die Settings wirken wie naive Kunst, ein bisschen Schaukasten, wie ihn Wes Anderson befüllt, und etwas Retro-Flair, der sich einem völlig aus der Zeit gefallenen Analogismus hingibt, ohne so recht zu wissen, auf welche Weise.

Helena Zengel, verwachsen mit ihrem gelben Parka, hat all die althergebrachten Glaubenssätze hinter sich gelassen. Sie findet ein niedliches Affenbaby weitab von seiner Familie in einem hohlen Baumstamm, um es nach dem schwierigen Prozedere einer Annäherung mit nach Hause zu nehmen. Nur, um es dann wieder seiner Familie zurückzubringen. Dass sie dabei zur Erkenntnis gelangt, es mit einer weitaus höher entwickelten Spezies zu tun zu haben als mit von niederem Instinkt getriebenen Wilden, weiß das Publikum schon lange, bevor das erste Konterfei eines solchen Wesens die Leinwand entert. Kennern der Primatologie kommen bei deren Anblick unweigerlich jene Stumpfnasenaffen in den Sinn, die in China auch als Goldaffen weltberühmt sind. Viel Kreativität hat Saxon dabei nicht in seine magischen Wesen gelegt, sondern lediglich im Lexikon der Zoologie geblättert.

Das aber ist nicht das Hauptproblem eines Creature Features mit Versöhnungsbotschaft. Die Legende von Ochi, ein immerhin in Rumänien gedrehtes, US-amerikanisches Drama, dass sich an Fake-Mythen versucht und dabei auf die titelgebende Legende vergisst, hängt in einem pittoresken Gemälde-Kolorit fest, ohne zu wissen, das es außerhalb des patinierten Rahmens noch etwas gibt, das nicht abgebildet werden kann und sich mitunter Seele nennt. Die Story selbst schwelgt zu selbstverliebt in seiner Optik, Dafoe und Emily Watson bleiben gerade mal flache Randfiguren, was sie nicht sollten, während Zengel, sobald sie ihre gutturalen Laute auspackt, nicht nur seltsam befremdet, sondern auch ordentlich auf die Nerven fällt.

Vielleicht liegt das Missgeschickliche an diesem Film auch am großzügigen Verzicht auf das gesprochene Wort (Finn Wolfhards Text hat man fast ganz gestrichen), vielleicht ist das Kontemplative viel zu konstruiert und gewollt, um die Idee eines kraftvollen Naturdramas umzusetzen. Die analog animierten Wesen sind zweifelsohne top, die Künstlichkeit von allem anderen treibt ein schwachatmiges Märchen vor sich her, das an seiner Möchtegern-Verschrobenheit halb erstickt und so tut, als könnte es osteuropäischen Spirit vermitteln, während sich die goldenen Affen von Shaanxi dabei ins Fäustchen lachen.

Die Legende von Ochi (2025)

Thunderbolts* (2025)

HELDEN-RECYCLING FÜR KENNER

6/10


© 2025 MARVEL. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2025

REGIE: JAKE SCHREIER

DREHBUCH: ERIC PEARSON, JOANNA CALO

CAST: FLORENCE PUGH, LEWIS PULLMAN, DAVID HARBOUR, SEBASTIAN STAN, WYATT RUSSELL, HANNAH JOHN-KAMEN, JULIA LOUIS-DREYFUS, GERALDINE VISWANATHAN, OLGA KURYLENKO, WENDELL PIERCE, CHRIS BAUER, VIOLET MCGRAW U. A.

LÄNGE: 2 STD 7 MIN


Der unscheinbare Typ im Pyjama, gespielt von Lewis Pullman (Salem’s Lot) wird auch bis zum Ende des neuen MCU-Blockbusters Thunderbolts* die skurrilste und ambivalenteste Figur bleiben, von welcher man einfach nicht weiß, was man von ihr zu halten hat. Zu Beginn, wenn all die Austauschbaren im Super-Sicherheits-Bunker der CIA aufeinander losgehen, und Pullman plötzlich danebensteht, als wäre er im falschen Film, eröffnet Jake Schreier (u. a. Robot & Frank) das Spielfeld für einen aus der bisherigen MCU-Timeline zusammengeklaubten Haufen mehr oder weniger ausrangierter Nebenhelden, die nie das große Los ziehen konnten wie seinerzeit die federführenden Avengers und beim Publikum einiges an Vorwissen fordern. Es sind dies Black Widows Schwester Yelena (Florence Pugh), die seit nämlichem Stand-Alone mit Scarlett Johannsson aka Natasha Romanov  bekannt ist und später auch – für Serienkenner – in Hawkeye hat mitmischen dürfen. Es ist dies der Captain America aus der zweiten Reihe, John Walker (Wyatt Russell), in der Serie The Falcon and the Winter Soldier so ziemlich in Ungnade gefallen und seitdem als Billigversion eines Supersoldaten im Auftrag der CIA unterwegs, wie ohnehin überhaupt alle hier. Auch die aus Ant-Man and the Wasp bekannte Ghost und der Taskmaster (ebenfalls Black Widow), gespielt von Olga Kurylenko. Nicht im Bunker sind Bucky Barnes (Sebastian Stan), der ehemalige Winter Soldier, über welchen man irgendwann sicher gestolpert sein muss, auch wenn man nicht alle Filme und Serien von Marvel gesehen hat. Und die von David Harbour genussvoll und mit Inbrunst verkörperte russische Superheldenparodie Red Guardian, Ziehpapa der Widows und stets mit der Tür ins Haus fallend. Die meisten Lacher in diesem Film gehen auf sein Konto, und ja – würde das Suicide Squad jemanden abwerben wollen, der zu ihrem durchgeknallten Haufen passt, dann wäre es er. Die andern müssen sich in schaumgebremstem Sarkasmus aufeinander einlassen, wenn sie für die durchtriebene CIA-Chefin Valentina (auch bekannt aus der Marvel Serie rund um Sam Wilson, dem neuen Captain) nicht doch noch über die Klinge springen sollen. Dabei vergessen alle wohl auf diesen seltsamen Robert Reynolds, der eigentlich hätte entsorgt werden müssen, so wie all die anderen Thunderbolts, die höchst illegal vom Geheimdienst an die Front geschickt wurden. Reynolds aber ist mehr als die Summe seiner Teile. Ein Psychopath zwar, aber eine potenzielle Chance für die geschäftstüchtige, dauergrinsende Valentina. Wenn schon nicht entsorgt, dann zumindest recycelt – als jemand, der an den guten alten Homelander erinnert, der den Boys das Leben schon mehrere Staffeln lang schwermacht.

Es tut sich einiges bei den Thunderbolts*, das Wiedersehen mit alten Bekannten ist für eingefleischte Marvel-Fans natürlich ein Who is Who sondergleichen. Sie alle haben ihre Rollen längst gelernt, da muss nicht viel Neues erprobt werden. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die Gruppendynamik nicht so recht zünden will, warum man den Eindruck gewinnt, dass von vornherein, seit der ersten Sekunde, das Team bereits steht, insofern ist der verbale Schlagabtausch zwischen den Protagonisten mehr ein So-tun-als-ob anstatt wirklich empfunden. Ein bisschen fehlt da die Schärfe bei all den Beteiligten, vor allem Bucky Barnes scheint nie so recht zu wissen, ob er das, was er da macht, auch wirklich aus voller Überzeugung tut.

Der metaphysische Plot, der sich um die Plan-B-Truppe schlängelt, führt diese ohne Umschweife in ihr Abenteuer hinein, ohne eine gewisse Dramatik zu entfachen, die sich in manchen Filmen der Infinity-Phase so sehr an die Persönlichkeiten der Helden herangemacht hat. Hier taucht Schreier zwar auch in so manche Psyche ein – dass diese die eigentlich ambivalenten Charaktere wirklich berührt, bleibt eine Behauptung.

So richtig interessant wird es ganz am Ende – dieses und die darauffolgende Post-Credit-Szene (die zweite, wohlgemerkt – also sitzenbleiben!) bringen den nicht mehr als soliden Superheldenfilm dann doch noch eine Spur mehr auf Vordermann. Thunderbolts* legt den Grundstein für noch viel mehr, für eine vielleicht bessere MCU-Phase als die letzte, die sich mit ihrem Multiversum deutlich verhoben hat. Obwohl der Film nun nicht den Wow-Effekt erzielt, auf den ich gewartet hätte: Der kommende Output, der hier aufbaut, könnte nach längerer Zeit wieder mal so richtig spannend werden.

Thunderbolts* (2025)

In the Lost Lands (2025)

EIN TOURGUIDE FÜR DIE WUNSCHHEXE

5/10


© 2025 Praesens Film


LAND / JAHR: DEUTSCHLAND, KANADA, USA 2025

REGIE: PAUL W. S. ANDERSON

DREHBUCH: CONSTANTIN WERNER

CAST: MILLA JOVOVICH, DAVE BAUTISTA, ARLY JOVER, AMARA OKEREKE, FRASER JAMES, SIMON LÖÖF, DEIRDRE MULLINS, SEBASTIAN STANKIEWICZ, TUE LUNDING U. A. 

LÄNGE: 1 STD 42 MIN


Der dunkle Turm, Fallout, Mad Max, Warhammer – das alles und noch viel mehr lässt sich dieser Tage im Paul W. S. Andersons neuem Endzeitspektakel In the Lost Lands wiederfinden, basierend auf einer Kurzgeschichte von GOT-Schöpfer George R. R. Martin, die dieser irgendwann in einem Anfall der Lust, die Postapokalypse mit verruchten Helden und Hexen zu bevölkern, womöglich innerhalb eines Abends auf ein Blatt Papier geschmiert haben könnte. Nun, Martin ist Martin, auch sowas verkauft sich und findet dann auch noch jemanden, der das ganze verfilmen will. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, den Niedergang unserer Welt sehen wir alle gerne, zumindest bannt dieses Subgenre vielleicht diverse Ängste, die zurzeit ohnehin massenhaft an die Oberfläche sickern.

Zu sehen ist ein verwüstetes Stück ehemalige urbane USA (was denn sonst), eingestürzte Wolkenkratzer machen sich immer gut, zum Glück verzichtet Anderson auf die Freiheitsstatue, denn die gibt’s ja schließlich schon anderswo. In dieser rauen Gegend, in welcher die Wüstenstürme toben und der Himmel dadurch in rostroten Farben strahlt, reitet ein einsamer Gunman in eine Stadt ein, die George Miller hätte entwerfen können. Oder aber auch in der Welt von Warhammer 40.000 zu finden gewesen wäre. Der bullige Revolvermann schiebt sein Konterfei bereits anfangs nah an die Kamera, um dem Publikum zuzuraunen, dass diese Geschichte keinesfalls ein Märchen sei, und ein Happy End gäbe es auch keines. Danke für den Spoiler an dieser Stelle, doch letztlich ist es egal, ob wir wissen, wie es ausgeht oder nicht. Wichtig ist Dave Bautista, die stiernackige Furchenstirn, und an seiner Seite Milla Jovovich, die immer noch eine gute Figur macht und vor allem als Hexe Gray Alys niemandem einen Wunsch abschlagen kann. Das ist ihr Credo, und dafür lebt sie – auch wenn sie vom alle Höllen überdauernden erzkatholischen Klerus zwischen jüdischem Hohepriestertum und Kreuzzug-Geilheit als Ketzerin gebrandmarkt und standrechtlich gelyncht werden soll. Lady Overlord, die Königin, schert das kein bisschen. Sie will Gray Alys in die Wüste schicken, damit sie einen Gestaltwandler heranschleppt, dessen magische Essenz sie absorbieren kann – um selbst die Macht des Tieres in sich zu tragen.

Also reiten Bautista und Jovovich als ungleiches Gespann auf ins Ungewisse, verfolgt von den klerikalen Schergen, um… was zu erleben? Abenteuer? Viele gibt es nicht, auch wenn über die Lost Lands als ein Ort ohne Wiederkehr nur hinter vorgehaltener Hand ehrfürchtig geflüstert wird. Durchs bildbearbeitete Nullachtfünfzehn-Ödland könnte sogar eine Schar Kinder reisen, sie müssten zumindest einen größeren Bogen um gewisse Orte machen, dann ist alles kein Problem. Das Drehbuch von Constantin Werner findet dabei sagenhaft serientaugliche Dialoge, vorhersehbare Wendungen und vor allem eines: ein konfuses letztes Drittel, dem man durchaus mehr Augenmerk hätte schenken können. Eine klare Sicht hat man bei diesem Sand im Getriebe dann längst nicht mehr, ein bisschen ratlos sieht man dabei zu, wie Milla Jovovich in ihrer Hexenrolle versucht, alle Wunscherfüllungen unter einen Hut zu bekommen. Es hapert immens an der Schlüssigkeit, doch die artifizielle Optik ist Anderson deutlich wichtiger. Was seinerzeit unter Zac Snyder im Spartaner-Epos 300 die Münder offen stehen hat lassen, erfreut das CGI-müde Auge gerade noch bei der ersten animierten Kamerafahrt vorbei am stahlgeschmiedeten Voest-Alpine-Kreuz hin zum totenkopfgeschmückten Overlord-Palast, angesichts dessen man He-Mans Greyskull-Zauberwort bereits in den Ohren hat. Später dann, nach dem wiederholten Schwenk und dem Closeup auf regennasse Totenschädel, ist der Spaß am phantastischen Trash-Kino keinesfalls ganz verklungen – er mag vielleicht in Langeweile umgeschlagen sein, dank einer gewissen visuellen wie erzählerischen Monotonie.

Das solide Kernstück bleiben Jovovich und Bautista – vielleicht reiten sie ja nochmal gen Sonnenuntergang, wie Lucky Luke, nur ohne Rantamplan, stattdessen eine klingenschwingende Madame Mim an seiner Seite – als diese noch ihre besten Jahre hatte.

In the Lost Lands (2025)

Elevation (2024)

IN DIE BERG‘ BIN I GERN

6/10


© 2024 Vertical Entertainment


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE: GEORGE NOLFI

DREHBUCH: KENNY RYAN, JACOB ROMAN

CAST: ANTHONY MACKIE, MORENA BACCARIN, MADDIE HASSON, SHAUNA EARP, DANNY BOYD JR., IAN HUMMEL U. A.

LÄNGE: 1 STD 32 MIN


Es lebe der technologische Fortschritt. Und es lebe auch jener der Wissenschaft, die mittlerweile wirklich für alles eine Erklärung hat. Außer vielleicht für die dunkle Materie. Oder Donald Trump. Oder für so manche UFO-Sichtung, die weiterhin als mysteriöse Anomalie betrachtet werden kann, ohne dass auch nur irgendjemand unruhig wird, weil es doch Mumpitz ist, was sonst?

Der Fortschritt schafft es allerdings in Filmen wie A Quiet Place oder eben Elevation nicht, einem gewissen Bio-Aggressor Herr zu werden, der selbst keinerlei technologische Raffinesse besitzt, sondern lediglich als radaumachendes Raubtier am Ende der Nahrungskette instinktgetrieben allem das Wilde runterräumt, was nur den kleinsten Mucks macht. Als intelligent ist so ein Lebewesen nicht zu bezeichnen – im Gegensatz zu Homo sapiens. Der könnte sich ja überlegen, was er gegen die Super-Lauscher nicht alles tun könnte. In Elevation sind es zwar keine Super-Lauscher, sondern büffel- bis nashornartige Dampfwalzen, die auf alles und jeden zubreschen, der nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Oder in den Bergen. Diese Wesen, die kamen seinerzeit aus dem Boden, als wären sie gekeimte Avocadokerne, die nun die Welt unterjocht haben und nur eines im Sinn haben: Die Menschheit auszulöschen. Klingt impulsiv, angesichts dieser Instinktgetriebenheit auch hier mit Intellekt relativ leicht zu managen. Doch nein: In diesen Filmen sind wir Zweibeiner wieder ganz klein, so hilflos wie Neandertaler, die sich von der Sapiens-Zweigform haben verdrängen lassen. Zum Glück aber wollen diese Biester hier keinerlei Bergluft atmen, obwohl sie doch so gesund sein soll. Aber einer Höhe von 2500 Metern ist Schluss, denn da dürfte die Luft schlagartig so dünn werden, dass es keinen Spaß mehr macht, zu jagen.

Gut für den Menschen der dystopischen Zukunft, denn der wird zum Almöhi und verbringt seine Zeit mit Weitblick über die Welt. Einer davon ist der alleinerziehende Will (Anthony Mackie), der wiederum auf seinen Sohn aufpassen muss, der gerne das Abenteuer sucht. Dummerweise leidet dieser aber auch an einer Erkrankung der Atemwege – benötigt also entsprechende Medizin, die irgendwann zur Neige geht. Im Flachland, da hortet so manches leerstehendes Krankenhaus jede Menge davon. Also ab ins Tal, den Rucksack geschultert, Deadpool-Love Interest Morena Baccarin im Schlepptau, die hier als wissenschaftlich versierte Forscherin den Ungetümen ihre Achilles-Ferse entlocken will, sofern sie welche haben. Eine dritte Dame zählt auch noch zu dieser Selbstmord-Clique, die von nun an im Schlinger-Kurs dem Schnauben der hart gepanzerten Schreckensgestalten ausweichen muss.

What you see is what you get: Nach dieser Devise offenbart uns George Nolfi (Regie bei Der Plan mit Matt Damon und The Banker, ebenso mit Anthony Mackie) einen sehr geradlinigen, zutiefst erwartbaren mehrtägigen Wandertag, und wir sind froh, nicht unsere Lungen beanspruchen zu müssen, sondern nur die Gelenke, die nach stundenlangem Downhill-Walk irgendwann zu schlackern beginnen. Diese Ausdauer, die diese drei dem Schrecken ins Auge sehenden Abenteurer an den Tag legen, ohne dabei Seitenstechen zu bekommen, ist beneidenswert. Während man, ohne viel nachdenken zu müssen, angesichts dieses exotischen Wildtier-Managements Zerstreuung findet, strengt der malträtierte Beute-Mensch dann doch noch seine Gehirnzellen an, um Marke McGyver so manche nicht verpasste Physikstunde Revue passieren zu lassen. Mit dieser Schlauheit macht der Film dann auch noch einige Drehbuch-Defizite wett in diesem Spiel auf Zeit und um Höhenmeter. Eine nette Idee übrigens, diesen Viechern gewisse Grenzen aufzuzeigen und auch das Mysterium um den Invasor mag gar nicht so recht gelüftet werden, was nicht zum Schaden gereicht. Durch diese Geheimniskrämerei sieht es fast so aus, als spekulierten die Macher auf eine Fortsetzung, die dann andere Töne anschlagen wird. Ob die Höhe dann immer noch den Ausschlag gibt, mag dahingestellt sein.

Elevation (2024)

Red One – Alarmstufe Weihnachten (2024)

WORKFLOW AM NORDPOL

5,5/10


Mea© 2022 Amazon Content Services LLC


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE: JAKE KASDAN

DREHBUCH: CHRIS MORGAN

CAST: DWAYNE JOHNSON, CHRIS EVANS, LUCY LIU, J. K. SIMMONS, BONNIE HUNT, KIERNAN SHIPKA, KRISTOFER HIVJU, NICK KROLL, MARY ELIZABETH ELLIS U. A.

LÄNGE: 2 STD 4 MIN


So hat man den Weihnachtsmann noch nie gesehen. Weder verbirgt ein Doppelkinn den Hals eines beleibten Fatman namens Tim Allen, der notgedrungen den Job von Santa Clause übernehmen muss, noch ist dieser Geschenkebringer ein keulenschwingender Brutalo wie in Violent Night, noch so zuckersüß wie Richard Attenborough in Das Wunder von Manhattan. Dieser rotgekleidete Geselle hier hat ordentlich Muckis und dementsprechend Kraft in den Ärmeln, und einen Stoffwechsel, der tonnenweise Kekse und literweise Milch auf effizienteste Weise in verbrauchte Energie umwandelt. In Red One – Alarmstufe Weihnachten ist J. K. Simmons (Oscar für Whiplash) ein Santa Claus, wie er nicht im Buche steht: Kernig, lakonisch, vernünftig. Ein friedfertiger kluger Kopf, fast schon weise, nachdenklich, und niemals zu Gewalttaten fähig. In diesem Terrain macht Dwayne Johnson als des Weihnachtsmannes Leibgarde seinen Job. Der sympathische Schrank von einem Mann steht in den Kaufhäusern dieser Welt an der Seite des netten Onkels vom Nordpol, um Störenfriede vor die Tür zu komplimentieren. Es ist viel zu tun in der Vorweihnachtszeit, dank eines ausgeklügelten Portalnetzes und anderen Raffinessen, die überhaupt und erstmalig erklären, wie das mit dem Kamin, den Geschenken und dem burnoutbeschwörenden Überall-Gleichzeitig-Sein funktioniert, lässt sich, wenn alle anpacken, das Weihnachtswunder auf den Punkt genau perfektionieren.

Doch leider gibt es Neider wie die Weihnachtshexe Grýla, gegen die der Grinch wie der Botschafter des Weihnachtsfriedens wirkt. Diese will die schönste Zeit im Jahr gar nicht erst geschehen lassen, also lässt sie Red One kurzerhand verschwinden. Das geschieht dank des Hackers O’Malley, gespielt von „Captain America“ Chris Evans, der gar nicht weiß, wozu er wem verholfen hat. Johnson kommt ihm alsbald auf die Schliche, gemeinsam haben sie nur wenig Zeit, den reibungslosen Ablauf des Festes der Liebe wieder zu gewährleisten.

Quer durch den mythologischen Garten geht die Reise. Dabei begegnen die beiden martialischen Schneemännern und in deutschen Landen dem Krampus höchstpersönlich, der diesmal so aussieht wie aus den alten Büchern. Jake Kasdan, verantwortlich für die geglückte Neuauflage des Jumanji-Franchise 2017 und 2019, lässt Autor Chris Morgan, der wiederum in der Welt von Fast and Furious zuhause ist, ein Agenten- und Geheimdienst-Abenteuer mit dem Faktor des Phantastischen erfinden. Viel CGI und aalglatte Action, die man nicht wirklich spürt, bringen so allerlei Versatzstücke aus Action- und Weihnachtsfilm zusammen, so, als bekäme man tellerweise Weihnachtskekse gereicht, die den Sodbrand fördern. Zuckerwatte gibt’s obendrein, alles ist schön bunt, alles ganz solide. Und nichts bleibt wirklich prägend in Erinnerung. Red One – Alarmstufe Weihnachten ist ein generischer Mix ohne prägnantem Stil. Ganz nett anzusehen, zum Zerstreuen vor und nach den Feiertagen vielleicht ganz gut geeignet, in Stimmung lässt sich damit auch ganz gut kommen, sofern triefender Last Christmas-Kitsch niemanden abholen kann. Überdies, wenn man alle Klassiker des saisonalen Genres schon durch hat, können Vibes wie diese durchaus willkommen sein, auch wenn sie wenig Schwung in die Bude bringen.

Als nobler Neuansatz bleibt letztlich nur J. K Simmons bestehen. Mit ihm wird die Botschaft des ewigen Kindes in uns Erwachsenen zur treibenden Kraft dieses Mysteriums, das wir jährlich so gerne zelebrieren. Der Glauben an das Gute ist dem, der sich als Nikolaus von Smyrna outet, auf glaubwürdige Weise inhärent.

Red One – Alarmstufe Weihnachten (2024)

The Primevals (2023)

GUT GEBRÜLLT, YETI!

6/10


Primevals© 2023 Full Moon Entertainment


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: DAVID ALLEN

DREHBUCH: DAVID ALLEN, RANDALL WILLIAM COOK

CAST: RICHARD JOSEPH PAUL, JULIET MILLS, LEON RUSSOM, TAI THAI, WALKER BRANDT, ROBERT CORNTHWAITE U. A.

LÄNGE: 1 STD 30 MIN


Ich wusste es! Kraxlerkönig Reinhold Messer hat recht gehabt: Den Yeti oder Schneemenschen gibt es wirklich. Zwar nicht in eisbäriger Pracht, jedoch als Ungetüm von einem anthropomorphen Megagorilla, bisweilen aber wesentlich kleiner als der derzeit im Kino wütende CGI-King Kong. Dieser Yeti hier, der wirkt tatsächlich so, als wäre er weniger formatfüllend als er aussieht. Das liegt daran, dass im Stop-Motion-Verfahren bewegte Miniaturen in ein ebenfalls miniatürliches Diorama gesetzt werden. Die Live-Acts werden dann reinkopiert – oder umgekehrt: Der Yeti ist Projektion, die Abenteuerclique aus dem Retro-Streifen The Primevals tummeln sich im Pappmaché-Himalaya und lassen sich von Styroporschnee berieseln, während sie erhabenen Blickes zu einer kryptozoologischen Einzigartigkeit aufsehen, die hier um ihr Leben plärrt. Wer nun glaubt, ich habe hier einen Klassiker aus den frühen Jahren der Harryhausen-Animationskultur abgestaubt, der irrt: The Primevals hat erst letztes Jahr das Licht der Welt erblickt und nicht schon 60 Jahre zuvor. Das meiste davon wurde bereits 1994 umgesetzt, innerhalb der letzten dreißig Jahre starb Regisseur und Stop-Motion Virtuose David Allan und das unfertige Filmchen lag brach – bis sich dessen Protegé Chris Endicott des Projektes erbarmte und dieses fertigstellte. Siehe da: Dieses Abenteuer ist die Handarbeitsversion eines Indiana Jones-Abenteuers mit allerlei devoten Verbeugungen vor den Welten, die Jules Verne Ende des vorletzten Jahrhunderts erschuf. Wir wissen: Die französische SciFi-Ikone nahm bereits den Mondflug vorweg und tauchte 70.000 Meilen unter dem Meer dahin. Die Sache mit der Hohlwelt war auch seine Idee, doch was er vermutlich noch nicht hatte, war die Entdeckung eines Tals zwischen den höchsten Gipfeln der Erde, welches frappant an Shangri La erinnert und eine Tierwelt beherbergt, welche Charles Darwin mitsamt seiner Evolutionstheorie unter die Achsel geklemmt im Grab rotieren lassen würde.

Bevor es aber so weit kommt, wird erstmal dieser Yeti vor einem Fachpublikum präsentiert und ein junger, ehrgeiziger Wissenschaftler für eine Expedition gewonnen, die an den Fundort dieser Megafauna führen soll. Ziel ist es, einen zweiten, allerdings lebendigen Affen dieser Art gefangen zu nehmen, um ihn schließlich zu erforschen. Es wäre kein waschechtes Abenteuer, würde alles glatt gehen. Während das fünfköpfige Team – unser fescher Held, eine Uni-Dozentin, eine Yeti-Forscherin, ein Haudegen Marke John Wayne und ein nach Rache dürstender junger Tibeter, dessen Bruder beim Kampf mit der Bestie ums Leben kam – den Fels erklimmt, entdecken sie eine Höhle, die sie geradewegs in ein Paradies schickt, das nur so tut als ob und ein Geheimnis beherbergt, das nicht nur die Evolutionstheorie, sondern auch das gesamte Verständnis des Universums – ach herrje! – auf den Kopf stellen würde!

Beim Sichten dieser völlig aus der Zeit gefallenen Liebhaberei staunt man genauso wie all jene Protagonistinnen und Protagonisten, die sich einer Schauspieltechnik bedienen, die ungefähr so alt sein muss wie das Geheimnis hinter dem Berg. Denkwürdige Momente sind das allesamt keine. Von vor Pathos triefenden Textzeilen und simplen Dialogen kann man sich in diesem Film aber nicht verstecken. Worauf man sich einlässt, ist ein bieder-klassisches Abenteuer aus einem konservativen Damals, das es aber stets vermeidet, vorgestrige Werte auch noch mit in die Gegenwart zu retten. The Primevals liefert die Essenz kaminfeuertauglicher fantastischer Geschichten, die noch im Röhrenfernseher laufen, während man nebenher eine Tasse Kaffee mit Rum schlürft, weil Rondo Montana, so der verwegene Kerl der Truppe, dies womöglich auch so handhabt. Erstaunen, Geistesgegenwart und Heldentum feiern eine biedere, freiwillig unfreiwillig komische Wiederauferstehung vor Matte Painting-Kulissen, die manchmal verblüffend gut mit den real besuchten Locations verschmelzen. Das Creature Design ist herzallerliebst, wie ein Puppentrickfilm mutet das Ganze an, wobei Stop-Motion-Gott Phil Tippet (Mad God) wohl noch einige Luft nach oben sähe, was die Geschmeidigkeit der Bewegungen angeht. Dazu die paar Menschleins, die in einer besseren Welt leben, als alles noch in Ordnung war und auch seine Ordnung hatte.

Beschauliche Science-Fiction ist das geworden, vielleicht in ein paar Jahrzehnten genauso Kult wie Metaluna IV antwortet nicht. Doch während es zur Zeit der alten Filme wohl kaum einer besser wusste oder es besser konnte, mag man zum Ende des 20. Jahrhunderts bis in die 20er Jahre des neuen Jahrtausends hinein nichts dazugelernt haben. Somit bleibt The Primevals ein konserviertes, obskures Kleinod in einer Welt der Schnelllebigkeit, der KI und der aalglatten Perfektion. Eine Art reaktionäres Relikt, das ganz bewusst in der Nostalgie verharrt.

The Primevals (2023)

Ghostbusters: Frozen Empire (2024)

ZEIT-GEISTER, DIE MAN NICHT LOSWIRD

4,5/10


ghostbustersfrozenempire© 2024 Sony Pictures 


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE: GIL KENAN

DREHBUCH: GIL KENAN, JASON REITMAN

CAST: PAUL RUDD, CARRIE COON, MCKENNA GRACE, FINN WOLFHARD, KUMAIL NANJIANI, DAN AYKROYD, ERNIE HUDSON, BILL MURRAY, PATTON OSWALT, CELESTE O’CONNOR, ANNIE POTTS, LOGAN KIM, WILLIAM ATHERTON U. A.

LÄNGE: 1 STD 55 MIN 


Könnte es sein, dass das Ghostbusters-Franchise aus was für Gründen auch immer einfach nicht mehr in die Zeit passt? Dass Ghostbusters als Kind der Achtziger-Jahre einen Triumph feiern konnte, lag vor allem auch daran, mit seinen Special Effects am Zenit des Machbaren gestanden zu haben; es lag auch daran, dass Komiker der alten Schule, Blues Brother Dan Aykroyd und Bill Murray als einer, der sich sowieso nie an irgendetwas gehalten hat und mit seinen Improvisationen den Filmen auch seinen Stempel aufdrückte, in der Blüte ihres Erfolges standen. Es lag auch daran, dass Komödienspezialist Ivan Reitman einfach ein Gespür dafür hatte, wie ein Franchise wie dieses entstehen hätte können und was es in den Filmen gebraucht hat, um eine Balance zwischen bunten Budenzauber, Gänsehaut-Mystery und herzlichem Teamwork zu finden. Mehrere Jahrzehnte später sind Reitmans Sohn Jason und Co-Autor sowie Regisseur Gil Kenan an einem Punkt angelangt, an dem es so wirkt, als sei das Geisterjäger-Universum auf unheilsame Weise vom Fanservice besessen. Ghostbusters: Frozen Empire ist, und da muss man dem Spuk ins Auge sehen, wohl der schwächste Teil der Reihe. Er ist sogar noch schwächer als die Mädels-Crew von Paul Feig, die zumindest versucht hatten, die Bekämpfung des Paranormalen mit Frauenpower neu aufzuziehen.

Doch der Versuch, Ghostbusters in einem anderen Kontext zu betrachten, hat nichts bewirkt. Der Film wurde ein Flop, also alles nochmal von vorne, und zwar mit der Aufgabe, das Narrativ der Achtziger keinesfalls zu verändern. Mit Ghostbusters: Legacy hat das ganz gut funktioniert. Hier gab’s so gut wie alles, was wir auch im Original zu sehen bekamen. Die Next Generation durfte den Ungeheuern des Gottes Gozer nochmal ihre Protonen-Blitze entgegenschleudern, am Ende kamen gar – wir waren den Tränen nahe – die alte Riege in einem fast schon verschenkten Cameo zum Einsatz, ohne viel zum Plot beizutragen. Das hatte gereicht, um Jason Reitmans Neustart eine Chance zu geben. Nur: hat er diese genutzt? Hat er frischen Wind ins New York der 2020er-Jahre wehen lassen – in einer Stadt, die bereits vom Marshmallow Man und dann von einer wandelnden Freiheitsstatue heimgesucht wurde? Leider nein. Was hier weht, ist die abgestandene Luft einer ausgedienten Filmhistorie, die nach bewährtem Muster Bewährtes auf eine generische Zivilbevölkerung loslässt, die alles schon gesehen und erlebt zu haben scheint, die mit Geistern als Alltagsbürde ihren Frieden geschlossen hat, da machen selbst zu Eis erstarrte Straßenzüge keinen Eindruck.

Wir haben nun im fünften Film ein diverses, viel zu großes Team an Geisterjägern und Möchtegern-Nerds fürs Paranormale. Alte, neue und welche dazwischen. Es gibt einen Dämon, der zugegeben sehr geschmackvoll aussieht und entsprechend glücklich animiert ist. Es gibt die Finsternis über dem Big Apple und statt eines Schlüsselmeister einen Feuerwächter, dargestellt vom Comedian Kumal Nanjiani, der den gelangweilten Bill Murray an die Wand spielt und fast schon im Alleingang versucht, eine gewisse kindliche Neugier ins Spiel zu bringen. Gesellschaft leistet ihm Dan Aykroyd, dem die leidenschaftliche Begeisterung für sein ersonnenes Franchise in jeder Szene, in der er auftritt, ins Gesicht geschrieben steht. Die beiden rocken den Laden, und alle anderen – derer sind es zu viele – bleiben auf ihren Plätzen, zitieren sich selbst oder ergehen sich in einer unausgegorenen Patchwork-Familienproblematik, die man eben aussitzt, in Erwartung einer komplexen Apokalypse, die durch verrückte Improvisationen gerade nochmal vereitelt werden wird.

Gerade jenen Aspekt, der die Ghostbusters eigentlich ausmacht, lassen Reitman und Kenan außen vor: den kreativen Gig, Himmelfahrtskommando brüllende Bad Batch-Wagnisse, um das Übernatürliche auszuforschen und abzuwehren. Was bleibt, ist Altbewährtes, verdrängt durch Zwischenmenschliches, das nichts mit Geistern zu tun hat, und die Belastung durch horrende Logiklöcher, die als Wendepunkte im Drehbuch fungieren müssen, um die Story überhaupt voranzubringen. Wenn sich an ihnen alles andere aufhängt, gerät Ghostbusters: Frozen Empire in eine von allen guten Geistern verlassene Schräglage, die überdeutlich macht, wie sehr sich Reitman und Kenan von den Vorbildern knebeln haben lassen, und welche Agenden sie unbedingt durchbringen mussten, um den Studios den dank vieler Analysen prognostizierten Erfolg zu bescheren.

Die Geister sind müde geworden, die alten Geisterjäger (bis auf Aykroyd) ebenso, die Jungen haben nicht mehr den Pioniergeist wie die alten und schlagen sich mit Generation Z-Problemen herum, die den Kult-Spuk verwässern. Doch spätestens am Ende, wenn Ray Parker Jr. wieder ertönt und Ecto-1 wieder um die Ecke kurvt, während die jaulende Sirene ertönt, wird das Fanservice dann doch nochmal dankend angenommen, ganz so wie der zugesteckte Zwanziger von Oma, wenn man zu Besuch war. Im Grunde aber reicht Parkers One-Hit-Wonder auf Youtube, um genauso erfüllt zu sein wie nach zwei Stunden Dacapo-Budenzauber im Kino.

Ghostbusters: Frozen Empire (2024)

Damsel (2024)

DRACHENZÄHMEN ZU LEICHT GEMACHT

4/10


damsel© 2024 Netflix Inc.


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE: JUAN CARLOS FRESNADILLO

DREHBUCH: DAN MAZEAU

CAST: MILLIE BOBBY BROWN, SHOHREH AGHDASHLOO, RAY WINSTONE, ANGELA BASSETT, NICK ROBINSON, ROBIN WRIGHT, MILO TWOMEY, BROOKE CARTER, NICOLE JOSEPH, ULLI ACKERMANN U. A.

LÄNGE: 1 STD 48 MIN


Der gute alte Nibelungen-Recke Siegfried soll dem Drachen Fafnir sein Schwert Gram – wahrscheinlich rücklings liegend, während die Bestie über ihn kam – ins Herz gestochen haben. So geht Drachentöten, meint die Legende. Als Dank dafür konnte der Muskelberg im unverwundbar machenden Blut des Drachen baden. An dieser Stelle sei vermerkt: Doofes Lindenblatt. Denn oft sind es Kleinigkeiten wie diese, die einen Rattenschwanz an Problemen nach sich ziehen. Als sprichwörtliches Lindenblatt lässt sich auch das Skript zum verheißungsvollen Fantasy-Event Damsel bezeichnen. Es klebt feuchtnass auf den Schultern einer beeindruckend ehrgeizigen Milly Bobby-Brown, der vermutlich von Anfang an klar war, dass der Plot wenig taugt, sie aber nicht verantwortlich dafür sein mochte, an den Mängeln des Filmes beigetragen zu haben.

Trotz Lindenblatt bietet die Stranger Things-Ikone eine ganze Bandbreite an schmerzgeplagten Lauten, angefangen vom verzweifelt-überraschten Kreischen nach dem Plumpsen in die Grube bis hin zum Zähnezusammenbeissen bei Brandwunden zweiten Grades, denn das Feuer des Drachen ist heiß wie eine Esse. Alles schmilzt unter dieser Intensität, da hat Prinzessin Elodie noch einmal Glück gehabt. Dieses Glück, das wird sie immer wieder haben, direkt lästig wird die Gunst des Schicksals, man möchte es loswerden, und vielleicht will Bobby Brown genau das: Nicht immer den Vorteil genießen, sondern auch mal mit dem Nachteil leben. Studios wie Netflix und überhaupt das kapitalistische Hollywood packt die panische Angst dabei, ihr Publikum zu überraschen. Man weiß schließlich nicht, wie es darauf reagieren würde, wären die Erwartungen mal konterkariert. In Damsel – die Bezeichnung für ein zart besaitetes Fräulein – weiß Prinzessin Elodie zumindest, wie man eine Axt schwingt. Sie ist also eine von jenen Jung-Adeligen, die nicht mehr dem Hofzeremoniell folgen, sondern ihren eigenen Kopf durchsetzen möchten. Elodie hat Muckis und Schneid, das sind schon mal gute Voraussetzungen, um einer Verheiratung mit einem weitaus wohlhabenderen Herrscherhaus zuzustimmen, ohne die Befürchtung haben zu müssen, sich vom Patriarchat im Folgenden unterworfen zu sehen.

Selbst nach den ersten Minuten des Films müssten andere bereits die Lunte riechen, die hier entzündet wurde: Warum nur sollte sich ein Königreich, das alles hat, mit einem anderen zusammentun, dass außer einer Braut nichts bietet? Den Argwohn allerdings lassen alle außen vor, und es verwundert nicht mal, wenn der Prinzgemahl ganz offensichtlich zum Polygamisten neigt. Irritierende Prämissen für einen Film, an dem erstaunlich viele Kompromisse die Runde machen, die einen auf allen Kanälen herausposaunten, knackigen Survivaltrip so sehr aufweichen, dass selbst Chantal im Märchenland einem Drachen die Leviten lesen hätte können. Und vielleicht tut sie das auch, im besagten Film – wissen werde ich es nie, da das Fack Ju Göthe Spin-Off nicht auf meiner Watchlist steht. Da war mir Damsel schon lieber, allein deswegen, weil ich an Filmen, von denen ich weiß, es sind Drachen mit im Spiel, einfach nicht vorbeigehen kann. Und zugegeben: Dieser hier kann zumindest damit punkten, aus liebevollem Enthusiasmus für feuerspeiende Kreaturen heraus entworfen worden zu sein. Viel Schnickschnack trägt das Biest, und seit Drachenzähmen leicht gemacht sollte man eher mal den Dialog suchen, bevor man das Schwert schwingt, denn Drachen sind klug – zwar gierig, aber sie lassen mit sich reden. Ausnahme: Bilbo Beutlin und Smaug, da herrschte wohl eher ein kalter Krieg, bevor es glühend heiß wurde. Bei Damsel sind das Duo Drache und Millie Bobby Brown noch das Beste an einem Film, der es seiner Heldin viel zu leicht macht. Das Unerhörteste jedoch ist die völlige Ignoranz hinsichtlich dessen, was Drachen so auf ihrer Habenseite wissen. So sehr unter Wert verkauft wurde selten einer. Kenner solcher Wesen schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Kenner physischer Muskelkraft tun das ebenso. Mit dermaßen aufgeweichten Parametern und einer später völlig obskuren und zweifelhaften Moralvorstellung des Guten dem Bösen gegenüber bleibt nur ein nährstoffarmes Drachenfutter für zwischendurch, serviert von einer in die Vollen gehenden Milly Bobby Brown, deren Schmerzempfinden man gerne selbst haben möchte, um durchs Leben zu gehen. Denn das ist nicht minder hart, als mit einem Drachen zu kämpfen, sagt der Film.

Damsel (2024)

Aquaman: Lost Kingdom (2023)

SO VIELE MEILEN UNTER DEM MEER

6/10


aquamanlostkingdom© 2023 Warner Bros. Entertainment


LAND / JAHR: USA 2023

REGIE: JAMES WAN

DREHBUCH: DAVID LESLIE JOHNSON

CAST: JASON MOMOA, PATRICK WILSON, AMBER HEARD, YAHYA ABDUL-MATEEN II, NICOLE KIDMAN, RANDALL PARK, DOLPH LUNDGREN, TEMUERA MORRISON, PILOU ASBÆK, MARTIN SHORT U. A.

LÄNGE: 2 STD 4 MIN


Unter der Riege Zack Snyders hatte die Elite der DC-Superhelden wenig Sinn für Humor, dafür aber konnten sich diese formschön und mit Bildgewalt so richtig in Szene setzen, als wären sie gerade erst aus ihren Panels gestiegen. James Wan, seines Zeichens Schöpfer des Folter-Franchise Saw und Macher von Conjuring, wollte da schon mehr sein Publikum zum Lachen bringen – und das Pathos insofern aus dem Storytelling quetschen, damit immerhin noch Schauwerte übrigblieben, die bibelgleiche Himmelsstimmungen nicht mehr am Radar hatten. Der DC-Overkill war geboren – Aquaman aus dem Jahr 2018 hat zwar Jason Momoa als leuchtturmfestes Zentrum auf der Habenseite – ringsherum aber tobt ein CGI-Gewitter, das selbst so ausufernde Rechner-Schlachten wie George Lucas‘ Angriff der Klonkrieger als nüchternen Arthouse-Film erscheinen lassen. Hinzu kommt der unfreiwillig komische Antagonist namens Black Manta, ein Schurke mit Lord-Helmchen-Optik und seltsamen Intentionen für sein Handeln. Wenn dann die Haarpracht der Atlanter unter Wasser separatistische Züge annimmt und man einem wie Willem Dafoe deutlich ansieht, dass er diese seine Rolle wirklich nur des Geldes wegen angenommen hat, erweckt das den deutlichen Eindruck, ein hochbudgetiertes, aber heillos überfrachtetes Königsdrama vorgesetzt bekommen zu haben, das mit Guilty-Pleasure-Gurken wie Masters of the Universe nicht nur Dolph Lundgren gemeinsam hat. Ein Flash Gordon unter Wasser hätte es werden können – mit Charme und verspielter Naivität. Was daraus wurde? Ein Kassenschlager. Und wieder einmal mehr der Beweis dafür, dass gutes Einspiel nichts über die Qualität eines Filmes aussagt.

Warum also habe ich nun ein zweites Mal den stolzen Preis einer Cinegold-Kinokarte gelöst, wenn schon das erste Solo-Abenteuer aus meiner Sicht so sehr zu wünschen übrigließ? Erstens resultiert meine teils unreflektierte Entscheidung daraus, dass Superheldenfilme aus Marvel und DC stets auf meiner Watchlist stehen. Zweitens stirbt die Hoffnung, dass die Macher aus ihren Fehlern vielleicht gelernt haben könnten, zuletzt. Drittens ist der Guilty-Pleasure-Faktor, wenn man gemeinsam mit dem Sohnemann und jeder Menge Popcorn in einem fast leeren Kino sitzt, unübersehbar.

Nach rund zwei Stunden solider Unterhaltung ist klar: Die Hoffnung hat nochmal die Kurve gekriegt, Aquaman behält Oberwasser. Das in sich abgeschlossene Abenteuer rund um ein verlorenes Königreich schließt ohne Wehmut, doch mit Reminiszenzen an literarische Vorbilder, die Pforten einer Welt, in der das Casting der Helden das Beste war, was DC jemals passieren konnte. Momoa fühlt sich in seinem Da Capo-Auftritt regelrecht verpflichtet dazu, mit Humor vieles besser zu machen. Das Vertrauen darauf, dass er es damit ehrlich meint, schwindet ab und an, doch prinzipiell kann man ihm dankbar sein. Patrick Wilson, der vormals seinem Halbbruder den Thron streitig machen wollte, wirkt fast schon wie eine Alternative zu Captain America. Und der intelligente Wissenschafts-Normalo Randall Park, der auch im Marvel-Universum mitmischt, probt den Aufstand im Kleinen, was das Abenteuer bis zu einem gewissen Grad erdet. Diesem Dreier-Gespann ist es zu verdanken, dramaturgisch solide zu bleiben. Amber Heard, Nicole Kidman und all die anderen Mitstreiter bleiben flach und empfinden niemals, was in ihrem Skript steht. Doch das macht nichts. Denn der großartige Jules Verne schwebt als körperlose Ideen-Entität über allem. Das, was Bösewicht Black Manta unter dem Eis der Antarktis findet, wird zum aquanautischen Retro-Paradies für Fans des Schmökers 20.000 Meilen unter dem Meer. Wäre es nicht der finstere Kordax, der darauf wartet, das siebente Königreich dank des umweltschädlichen Orichalcum-Gemischs, das als phantastisches CO2-Schreckgespenst die Welt aufheizt, wieder erstarken zu lassen, hätte auch Captain Nemo sein Konterfei durchs kristallklare Eis der Tiefe schimmern lassen können. Das U-Boot, mit welchem der wahnsinnige David Kane Atlantis überfällt, wird zweifelsohne zur Nautilus. Das Meer wird zum Dorf, und dennoch für die Oberwelt eine Terra incognita, aus der nichts an die Festlandvölker hindurchsickert, so wild auch die Kriege da unten toben mögen.

Mit dieser Patina aus lang vergangenen Technologie-Zeiten zwischen Steampunk, Fluch der Karibik und Arielle, die Meerjungfrau nimmt Aquaman: Lost Kingdom zumindest jede zweite Welle – unterm Meeresspiegel ein guter Schnitt. Das Abenteuer, wenn auch nicht sonderlich originell, bleibt kurzweilig und lässt seine retromechanischen Kraken auffallend oft durch Bild staksen. Jules Verne selbst, wäre er im Auditorium gesessen, hätte wohl Spaß daran gehabt, wenngleich ihm so manche evolutionäre Unlogik schmecken würde wie ein Schluck Salzwasser.

Aquaman: Lost Kingdom (2023)