Brick (2025)

DAS TRAUMA VOM LOCKDOWN

6/10


© 2025 Sasha Ostrov / Netflix


LAND / JAHR: DEUTSCHLAND 2025

REGIE / DREHBUCH: PHILIP KOCH

KAMERA: ALEXANDER FISCHERKOESEN

CAST: MATTHIAS SCHWEIGHÖFER, RUBY O. FEE, FREDERICK LAU, MURATHAN MUSLU, SALBER LEE WILLIAMS, SIRA-ANNA FAAL, ALEXANDER BEYER, AXEL WERNER U. A. 

LÄNGE: 1 STD 39 MIN


Wir können uns alle noch gut daran erinnern, wie Corona die Welt in ihrer Mangel hatte und der eine oder andere Lockdown über uns kam wie das Schwert es Damokles. Ein Spaß war das keiner. Einschränkungen, sinnvoll oder nicht, wo es nur ging. Ab 21 Uhr gab’s Ausgangssperre, Besuchsverbot sowieso und so weiter und so fort. Und manchmal, da überkam einem doch das Gefühl, eingemauert zu sein, isoliert von aller Welt. Der Mysterythriller Brick mit Matthias Schweighöfer und Frederick Lau in den Hauptrollen lässt das Gefühl des Eingesperrtseins auf plakative Weise Gestalt annehmen. Was das Ensemble in diesem Film am Weiterkommen hemmt, ist eine geheimnisvolle Mauer, die Fenster und Türen umgibt – das ganze Haus also, in dem Tim mit seiner Freundin Olivia wohnt. Letztere will sich nach einem unaufgearbeiteten Schicksalsschlag von ihrem Partner, einem verbissenen IT-Nerd, gerade trennen, da scheint ihr gar nicht mal der Wille, es durchzusetzen, im Wege zu sein, sondern eben etwas Physisches – eine anthrazitgraue, in unterschiedlich große Segmente gegliederte Wand, die ihr den Weg versperrt. Und nicht nur ihr: Auch die Nachbarn sind zumindest innerlich aus dem Häuschen und tun sich zusammen, um herauszufinden, wie man diese Sperre im wahrsten Sinne des Wortes unterwandern kann. Zwischen Trial und Error offenbart sich eine Art Escape Room, der seine Opfer fordert und nicht jeden so erscheinen lässt, wie er wirklich ist.

Beschützer oder Aggressor?

Matthias Schweighöfer arbeitet gern für Netflix. Das tut Philipp Koch auch. Der hat vor einigen Jahren die vielversprechende postapokalyptische Serie Tribes of Europa mit Henriette Confurius und Oliver Masucci aus dem genretechnisch nicht unbedingt flexiblen deutschen Filmboden gestampft, Perlen wie Dark sind da wohl eher eine Ausnahme. Die durchaus gelungene Staffel endete mit einem Cliffhanger – und wird auch nie wieder fortgesetzt werden. Eine Methode, mit der Netflix seine Abonnentinnen und Abonnenten gerne sekkiert. Zum Glück ist Brick keine Serie, sondern ein Film, und ja, vom Plot her wären mehrere Episoden auch gar nicht vonnöten. Kochs Film ist, was es ist. Und Schweighöfer? Lässt sich von einem wie Murathan Muslu die Stirn bieten – der österreichische Schauspiel-Export darf in dieser Science-Fiction-Mystery die gehaltvollste Rolle verkörpern. Einen undurchschaubaren Bären von Mann mit graumelierter Mähne und unangenehm beobachtendem Blick. Ein John Goodman, der von der großen Katastrophe spricht und in 10 Cloverfield Lane Mary Elizabeth Winstead zum Ausharren in seinem Bunker verdonnert. Unterm Strich agiert das Ensemble durchaus situationsadäquat, das Skript strengt sich zwar nicht an, lässt aber, was das Tempo betrifft, nicht allzu viel anbrennen. Straight nennt man so eine Inszenierung. Und ein bisschen naiv, wenn man glaubt, die Wände und Böden eines Altbaus wären so widerstandsfähig wie Papiermaché. Nimmt man diese adaptierte physikalische Tatsache als Basis, könnte man sich die Kiste Bier für die unter der Hand engagierten Renovierer demnächst sparen. Mit Bohrmaschine und Vorschlaghammer geht schließlich alles.

Zu viel Science-Fiction, zu wenig Mystery?

Hat man mit dieser Prämisse aber dennoch Probleme, bleibt immerhin noch der Vergleich, der uns sicher macht. Vor Jahren lief auf dem Slash Filmfestival der Horrorstreifen Lockdown Tower. Ähnliche Ausgangssituation, andere – radikalere – Lösung. Menschen in einem Hochhaus werden zwar nicht von einer Mauer, sondern lediglich von einem schwarzen Nichts daran gehindert, ihre vier Wände zu verlassen. Brick ist da wesentlich harmloser, obwohl auch blutig. Wohl eher lässt sich das Netflix-Zuckerl als Mieterschutzversion von Cube betrachten – nur statt den Würfeln sind es Wohnungen, durch die man sich ackert und immer wieder auf neue Leute trifft, darunter Opa Axel Werner als jemand, der erfrischen nuanciert den Altersdurchschnitt hebt.

Man kann von der Auflösung halten, was man will. Die Tendenz geht eher in Richtung Ernüchterung, da Koch weder mit den Wahrnehmungen spielt noch ans Unterwandern von Erwartungen denkt. Den Twist verkraftet man ebenfalls ganz gut, denn es gibt keinen. Zumindest ich habe keinen entdecken, doch vielleicht sehe ich den Durchgang vor lauter Wänden nicht.

Brick (2025)

The Old Guard 2 (2025)

DIE ZEIT HEILT KEINE WUNDEN

3/10


© 2025 Netflix Inc.


LAND / JAHR: USA 2025

REGIE: VICTORIA MAHONEY

DREHBUCH: GREG RUCKA, NACH SEINER GRAPHIC NOVEL

KAMERA: BARRY ACKROYD

CAST: CHARLIZE THERON, KIKI LAYNE, UMA THURMAN, MATTHIAS SCHOENAERTS, HENRY GOLDING, CHIWETEL EJIOFOR, MARWAN KENZARI, VERONICA NGO, LUCA MARINELLI U. A.

LÄNGE: 1 STD 44 MIN


Im Wartezimmer für Dummverkaufte sitze ich hier und kann es kaum glauben, dass The Old Guard 2 mich hier einfach so mir nichts dir nichts aus dem Couch-Auditorium wirft. Nach bescheidenen 104 Minuten ohne Schmackes, sehr viel serientypischem Gerede und einer in die Länge gezogenen Handlung komplettieren Netflix und Skydance einen halbfertigen Film, der nichts anderes zuwege bringt als den Unmut der Betrachter auf sich zu ziehen. Ist das nun die neue Methode zur Kundenbindung? Zur Geldmacherei? Um kreative Defizite zu einem Thema zu übertünchen, indem man ein Abenteuer so dermaßen ausdünnt, dass es für zwei Filme reichen soll? The Old Guard 2 fühlt sich so an, als würde man einen verlängerten Verlängerten bestellen, mehr Wasser als Kaffee, ein Gschloder auf gut wienerisch, weil sonst nichts mehr da ist von dem guten gemahlenen Bohnenzeugs.

Dabei war 2020 noch alles relativ eitel Wonne. The Old Guard lieferte während der Covid-Lockdowns Eventkino für die eigenen Mattscheiben-Quadratmeter, mit einer überzeugend sportlichen und agilen Charlize Theron, die sich in die Rolle der Jahrtausende alten Andromache so gut wiederfand, als wäre sie tatsächlich älter als sie vorgibt zu sein. Sie war eine der Unsterblichen, einer Handvoll Auserwählter, die im Laufe der Menschheitsgeschichte dem Wohl unserer Spezies dienen und als Aufpasser fungieren, natürlich mit dem Benefit, jeden noch so gearteten Todesfall heillos zu überstehen. Die Comics von Greg Rucka, die als Vorlage dienten, sind dabei explizit gewalttätig, intensiv und akkurat konzipiert, Regisseurin Gina Prince-Bythewood (The Woman King) brachte das martialische Ensemble, das gerne auch mit mediävalen Waffen um sich wirft, souverän in den Live Act. Mit von der Partie auch Matthias Schoenaerts und KiKi Layne (If Beale Street Could Talk) sowie Chiwetel Ejiofor – bekannte Gesichter also, die ähnlich den Eternals aus dem MCU so manche Geschicke lenken. The Old Guard handelt von Leben, Tod und dem Geschäft mit der Wunderheilung, es geht um Liebe und Vertrauen und der Unmöglichkeit, das Werte wie diese tatsächlich die Jahrhunderte überdauern können. Im folgenden Aufguss, wofür auch diesmal wieder Greg Rucka das Drehbuch lieferte und keiner weiß, warum auf diese Art, mag der von den USA gerne bediente niedere  Motivator der Rache das Feld dominieren. Uma Thurman, die sich nur zaghaft zurück ins Filmbiz bewegt, darf als erste Unsterbliche nichts aus ihrer langen Lebenszeit gelernt und wiedermal bewiesen haben, dass Erfahrung noch keinen weisen Menschen macht. Ihr Ego-Trip wird für alle zum Verhängnis, einstmalige Verräter werden wieder zu Verbündeten und eine lange verschollene Bekannte von Andromache, unfähig zur Aussprache, kocht ihr eigenes Süppchen. Stereotype Verhaltensweisen also in einem gedehnten Stück Fantasy-Action, in dem lange Rede kurzen Sinn ergibt.

Wie hätte man den Film nicht straffen können. Was wäre falsch daran gewesen, das Finale Grande der Storyline nicht auch noch in The Old Guard 2 zu packen? Man sieht, wie konstruiert und bemüht das Fragmentieren eines Filmes wirkt. Heruntergekürzt auf 104 Minuten, wären hier locker zweieinhalb Stunden drin gewesen, eine normale Länge heutzutage für einen hochbudgetierten Blockbuster. Weniger Leerlauf, mehr Spannung und das dramatische Ende obendrauf – fertig eine abgeschlossene Geschichte zur Befriedigung aller. Ein ganzer, kompakter Film, vielleicht nicht ganz perfekt, aber rund – und nicht so, als hätten andere absichtlich getrödelt, um das Zeitfenster zu verpassen. Den Trend der mutwilligen Dehnung sieht man schon bei 28 Years Later, der einem Rausschmiss des Publikums nach der Halbzeit gleichkommt. Erfüllend ist das nicht, und noch weniger, wenn keiner mehr einen Hehl daraus macht, aus keiner Notwendigkeit heraus einen Film zu stückeln, dessen Fortsetzung sowieso, wie bei Netflix üblich, ungewiss scheint. Schlimmstenfalls hätte man ein Fragment, das keiner braucht, eine Unsitte in der Filmbranche. Vom großen Kino ist man da weit entfernt.

The Old Guard 2 (2025)

Last Contact (2023)

NAH AM WASSER GEBAUT

4/10


lastcontact© 2023 Weltkino


LAND / JAHR: DEUTSCHLAND, ESTLAND, VEREINIGTES KÖNIGREICH 2023

REGIE: TANEL TOOM

DREHBUCH: MALACHI SMYTH

CAST: KATE BOSWORTH, THOMAS KRETSCHMANN, LUCIEN LAVISCOUNT, MARTIN MCCANN U. A.

LÄNGE: 1 STD 57 MIN


Natürlich ist im Kino unsere Welt längst aus dem Gleichgewicht geraten. Aus dem Schneeball Erde ist dank unseres Zutuns und eines rasanten Klimawandels ein dampfender Wasserball geworden, der um die Sonne seine Runden dreht. Filmtechnisch hat man so ein radikales Szenario längst aufgegriffen: Für Kevin Reynolds war Waterworld allerdings ein Sprung in unbekannte Gewässer, und selten entwickelte sich ein Monumentalprojekt wie dieses, das, anstatt CGI einzusetzen, alles per Hand geschnitzt hat, so derart zum finanziellen Debakel, dass der Film mit Kevin Costner allein dadurch zum Kult wurde. Eine Katastrophe wie diese, inhaltlich wie produktionstechnisch, musste man irgendwann mal gesehen haben. Wer das noch nicht getan hat: Bitte nachholen. Denn qualitativ gesehen hat der dystopische Mad Max-Streifen zu Wasser durchaus seine Guilty Pleasure-Momente.

Filme mit ganz viel Wasser drumherum sind also ganz sicher nicht leicht auf die Beine zu stellen – es sei denn, man begnügt sich damit, das ganze Abenteuer in seiner Spielfläche erheblich einzuschränken. Statt ganze Wasserdörfer und rostige Öltankern wie die Exxon Valdez, auf der Dennis Hopper als einäugiger Smoker-Pirat sein Unwesen treibt, ragt in der postapokalyptischen Sci-Fi des estnischen Regisseurs Tanel Toom lediglich eine auf drei mächtigen Pfeilern errichtete, an ein Baumhaus erinnernde Plattform aus dem Wasser, die bewacht werden muss. Oder anders formuliert: nicht die Plattform selbst wird bewacht, sondern das, was im Inneren wohnt. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich dabei um eine Kernwaffe handeln könnte und ja, richtig – genau das ist es. Eine Bombe, die nur darauf wartet, gezündet zu werden, wenn die Chancen jener Partei, die seit gefühlten Ewigkeiten einen Krieg um die letzten Reste trockenen Bodens führt, zu schlecht stehen, um sie auf andere Weise wieder aufzubessern. Zu diesem Zweck sind eine Frau und drei Männer als militärische Sondereinheit dazu verdonnert, Wache zu schieben, den Außenposten zu warten und der baldigen Ablöse entgegenzuharren, denn je länger hier ein menschliches Gemüt der Monotonie eines wenig erquickenden Alltags ausgesetzt sein muss, je eher droht der Lagerkoller. Als der heiß ersehnte Stichtag zur Abreise endlich schwarz auf weiß am Kalender steht – tut sich nichts. Kein Schiff holt sie ab, keine Meldung gibt’s von jenseits der weiten Wasserwüste. Was tun angesichts einer wohl ewig andauernden Hölle des Wartens und Nichtstuns? Ein Disput scheint vorprogrammiert, und Kommandant Thomas Kretschmann einer, der sich dem militärischen Gehorsam verpflichtet hat, komme, was wolle. Eine Einstellung, die sonst niemand hier teilt, einsam und verlassen auf hoher See.

Ein Gefühl der Verlassenheit bemächtigt sich auch beim Betrachten eines Waterworld für Arme, der das psychologisch hochinteressante Dilemma der Ungewissheit einfach nicht nutzen will, um vielleicht eine wendungsreiche Geschichte zu erzählen. Was fehlt, sind nicht nur von außerhalb einwirkend höhere Mächte, wenn man mal von einer perfekten Welle absieht, die gleich zu Beginn des Films hereinbricht. Was fehlt, ist auch die Lust daran, sich angesichts dieses klaustrophobischen Settings soweit auszutoben, um vielleicht gar einen Psychothriller daraus entstehen zu lassen, der mehr zustande bringt als Maschinenöl, raue Seeluft, einen herrischen Machtmenschen und einem an der Tagesordnung stehenden Misstrauen gegen alles und jeden und überhaupt gegen eine Gesamtsituation, die sich schwertut, einer auf der Hand liegenden Initiative, die jeder noch bei Sinnen befindliche Mensch wohl ergriffen hätte, aus dem Weg zu gehen. Um diese Möglichkeit, die den Film wohl nach einer halben Stunde beendet hätte, zu vereiteln, konstruiert Tanel Toom einen unempfundenen Konflikt, dem sich der Zuseher stellen muss.

Die Gefahr eines Atomsprengkopfes erscheint vernachlässigbar angesichts einer globalen Katastrophe, so weit draußen im Nirgendwo. Die Gewichtung der Prioritäten schlägt fehl, und die Zuspitzung auf einen erwartbaren Showdown birgt die freudvolle Vermutung, die auf der Stelle tretende Gesamtsituation neu zu würfeln. Last Contact – oder im Original: Last Sentinel (eigentlich passt beides irgendwie) – mag handwerklich sauber inszeniert sein, und auch das stahlgraue Gesamtbild eines verlorenen Postens mag Freunde technisch-utopischer Soldatenfilme milde stimmen. Ein bisschen etwas versucht Toom aus dem Endzeit-Klassiker Das letzte Ufer zu übernehmen, diese strapazierte Hoffnung auf Erlösung und einen besseren Ort. Allein: Das Zusammenspiel von Bosworth, Kretschmann und Konsorten birgt keinerlei Zwischentöne, sondern lediglich formelhaftes Spiel.

Last Contact (2023)

The Purge – Die Säuberung (2013)

EINMAL MÖCHTE ICH EIN BÖSER SEIN

8/10


© 2013 Universal / Blumhouse Productions


LAND / JAHR: USA 2013

REGIE / DREHBUCH: JAMES DEMONACO

CAST: ETHAN HAWKE, LENA HEADEY, MAX BURKHOLDER, ADELAIDE KANE, EDWIN HODGE, TONY OLLER, RHYS WAKEFIELD, ARIJA BAREIKIS, TOM YI, CHRIS MULKEY, TISHA FRENCH U. A. 

LÄNGE: 1 STD 25 MIN


Wieder einmal leben wir in einer Dekade, in der so manch kühne Dystopie und gellend in den Himmel schreiende Politsatire von der Realität eingeholt wird. Ganz besonders blendet das schwindende Licht einer regressiven Gesellschaft aus dem Westen, dort, wo der Absolutismus langsam zurückkehrt, und niemand auch nur ansatzweise ernstzunehmenden Widerstand bietet gegen jemanden, der den sozialen Fortschritt des Menschen mit Füßen tritt. Wir wissen längst: Macht korrumpiert den Mensch, eine missglückte Kindheit rächt sich ein Leben lang. Und überhaupt ist Homo sapiens am Ende der Nahrungskette ein Wesen, dass nichts auf der Welt lieber hat als in Ruhe in der eigenen Wohlstandsblase dahinzugammeln auf Kosten der Nachbarn und vor allem auf Kosten jener, die er oder sie sowieso niemals zu Gesicht bekommen, außer vielleicht in den Nachrichten, und die muss man ja nicht zwingend einschalten. Um das zu erreichen, dafür muss man Opfer bringen. Aber nicht die eigenen. All diese Faktoren zusammengenommen ergeben das Bild einer gewissenlosen, egoistischen, reuelosen Spezies, die zu allem bereit scheint, wenn es sich davon einen Vorteil verspricht. Dazu muss diese Spezies gar nicht mal im Kollektiv gehirngewaschen werden wie während der Nazi-Herrschaft oder dem Genozid in Ruanda. Querdenkende Geistesriesen haben im dystopischen Thriller The Purge – Die Säuberung die „Neuen Gründerväter“ eine Gesellschaft etabliert, die sich selbst bis auf einen einzigen Tag kaum mehr gegenseitig etwas antut. Friede, Freue, Eierkuchen 364 Tage lang. Am Tag X, dem Tag der Säuberung, der fast schon so gefeiert wird wie Thanksgiving, ist hingegen jede Gräueltat erlaubt. Und jeder, der mordet, foltert oder missbraucht, bleibt straffrei. Aktuell wäre die Umsetzung einer solch kruden Idee angesichts all der anderen Geistesblitze in Übersee durchaus denkbar.

James DeMonaco wird wohl damals, 2013, nicht unbedingt daran gedacht haben, wie sehr sein Land nach rechts driften wird. Damals dürfte er seine brillante Vision einer Nacht aus Mord und Totschlag vielleicht nur als perfiden Horrortrip betrachtet haben, vielleicht aber auch als beängstigendes Zerrbild einer Gesellschaft, die niemals sich selbst überlassen und nur unter Gesetzen, Regeln und Strafen erzogen werden kann. Der Mensch als unberechenbare Bestie – und scheinbar jede und jeder trägt so viel Aggression in sich, um diese ausleben zu müssen. Ob das Bild, das Monaco zeichnet, einen gewissen Realismus birgt? Die Anarchie, die The Purge lostritt, kurbelt den eigenen Denkapparat an. Wäre man selbst in so einer Lage, wäre man froh, ein Haus wie Ethan Hawke zu besitzen, der zum Gongschlag der Hardcore-Halloween-Nacht das traute Heim hermetisch abriegelt. Sollen die da draußen doch morden, die Familie hats gemütlich. Nun aber kommt die Gretchenfrage ins Spiel: Was, wenn jemand um Hilfe ruft und nirgendwo hin kann? Genauso eine Situation bringt diese Nacht, die Hawkes Familie schon so oft erlebt hat, diesmal gehörig aus dem Gleichgewicht.

Das Gewissen wird zur unsanften Herausforderung, der psychopathische Wahnsinn klopft an die Tür, die Home Invasion kann beginnen. Im strengen Thriller-Modus macht sich The Purge ans Eingemachte, ohne jemals auf sozialkritische Polemik zugunsten satter Gewalt zu verzichten. DeMonacos moderner Klassiker des Near-Future-Kinos hat mittlerweile einen ganzen Rattenschwanz an Fortsetzungen nach sich gezogen, die aber allesamt nur dem Symptom frönen, während das Original eigentlich längst alles gesagt und gezeigt hat, was man sagen und zeigen sollte. Um den Mensch endlich als das zu begreifen, was er ist: Verloren im freien Spiel der Kräfte.

The Purge – Die Säuberung (2013)

Der Unsichtbare (2020)

DURCH DAS BÖSE HINDURCHSEHEN

7/10


© 2020 Universal Pictures


ORIGINALTITEL: THE INVISIBLE MAN

LAND / JAHR: USA, AUSTRALIEN 2020

REGIE / DREHBUCH: LEIGH WHANNELL

CAST: ELISABETH MOSS, OLIVER JACKSON-COHEN, ALDIS HODGE, STORM REID, HARRIET DYER, MICHAEL DORMAN U. A.

LÄNGE: 2 STD 4 MIN


Mit H. G. Wells‘ Roman Der Unsichtbare hat das Ganze gar nichts mehr zu tun. Einzig die Prämisse, unsichtbar zu sein. Gilt sowas dann noch als Adaption? Wohl kaum. Doch Leigh Wannell geht es, wie später auch in Wolf Man, lediglich um einen aus der Norm brechenden Zustand, um das Anders-Sein und Anders-Werden. Um das Monströse in einem Menschen, das ausbricht oder um einen monströsen Menschen, der die Möglichkeit findet, das Abnorme ungestraft zu praktizieren. Letzteres ist die Prämisse des neuen Unsichtbaren, entledigt aller Stoffbahnen und Verbände und auch jedweder Sonnenbrille, die als Utensilien zur Sichtbarmachung eines übereifrigen Wissenschaftlers, der nicht die ganze Bandbreite seiner Untersuchungen akzeptiert hat, bislang herhalten mussten. Wie es die Universal Studios und Blumhouse schaffen, klassische Grusel-Ikonen in die Gegenwart zu transportieren, ohne auf dem Weg dorthin das Interesse des Publikums zu verlieren, dass nur bedingt in Nostalgie schwelgt? Genau so.

Obwohl bei H. G. Wells die Frage der Moral und die Verrohung des Menschen durch den Fortschritt oder eben auch der Monopolstellung eines Fortschritts in einer Metaebene ganz klar zu lesen ist, rückt bei Whannell genau das in den Hintergrund, während der bereits im sichtbaren Zustand etablierte Psychopath den psychologischen Traumata weiblicher Gewaltopfer eine schreckliche Gestalt verleiht: Nämlich, dass sie keine hat.

Ein Mensch, der Unterdrückung, Gewalt und permanente Bedrohung erlitten hat, wird sich nicht groß wundern, die Welt paranoider zu betrachten. Diese Angst vor der Verfolgung wird in Der Unsichtbare zum Monster, zum Feind im eigenen Schlafzimmer. Zur Gefahr, allgegenwärtig und gleichzeitig nirgendwo. Das funktioniert deutlich besser oder eben zeitgemäßer als der Ansatz der Entmenschlichung durch exorbitante Technologien. Was nicht heisst, dass diese kritische Betrachtungsweise nicht auch zeitrelevant genug wäre. Die Frage, die wir uns aber noch dringender stellen müssen, ist das Miteinander. Von diesem hat Elisabeth Moss als unterdrückte Ehefrau Cecilia die Nase voll. Ihr Ehemann Adrian ist ein Scheusal, ein dominanter Chauvinist und naturgemäß eben ein Psychopath, der seine häusliche Gewaltherrschaft ausübt, wenn er gerade mal nicht als High-Tech-Ingenieur im Keller des schmucken Hauses an einem Projekt herumtüftelt, welches dazu beitragen wird, dass Whannells Film eben so heisst, wie er heisst.

Cecilie schafft es aber, in einer Nacht- und Nebelaktion ihrem grausamen Gatten zu entfliehen – der hetzt hinter ihr her, doch zum Glück ist die beste Freundin zur Stelle, die, wie ausgemacht, das Fluchtauto zur Verfügung stellt. Es vergeht einige Zeit, in der Cecilia, von Furcht gepeinigt, Adrian könnte sie finden, bei Freunden inkognito unterkommt. Und selbst nach der Nachricht, der Göttergatte hätte sich umgebracht, lässt sich das Leben nicht wirklich leichter nehmen. Ein Gefühl der Befreiung  weicht dem Gefühl, fortan immer und überall von einer boshaften Präsenz beschattet zu werden, die nicht nur wie der kalte Atem eines Toten über einem wabert, sondern sehr schnell sehr handgreiflich wird.

Womit wir bei Leigh Whannells Methode wären, auf wenig zimperliche Weise das Subgenre des existenzialistischen Thrillers aufzumöbeln. Schon in seinem Science-Fiction-Hardcorestreifen Upgrade um Künstliche Intelligenzen und deren Kontrolle über unser Leben ist ein scharfkantiger filmischer Brutalismus zu spüren, die Ignoranz urbaner Anonymität und kaltschnäuziger Vergeltungsmethoden. Auch Der Unsichtbare bleibt kühl und distanziert, und wirft in sein asoziales Ökosystem eine völlig aufgelöste Elisabeth Moss, die um ihren Verstand ringt und das Gefühl der Angst zu empfinden weiß – bis diese ihr Flügel verleiht, womit der zwischen Psychohorror und Science Fiction angesiedelte Film sogar noch – und nicht zu spät – eine ordentliche, aggressiv-feministische Note erhält. Whannells Skript weiß herumzuwirbeln und die Parameter neu zu ordnen – immer wieder mal so, wie man es nicht erwartet. Auf diese Weise gelingt ihm ein makelloses Stück futuristisches Thrillerkino, gesellschaftskritisch, panisch, psychotisch. Am glattpolierten Boden des Fortschritts jede Menge Blut.

Der Unsichtbare (2020)

Alien: Romulus (2024)

IN DER KOMFORTZONE DES MONSTERS

7/10


ALIEN: ROMULUS© 2024 20th Century Studios. All Rights Reserved.


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE: FEDE ALVAREZ

DREHBUCH: RODO SAYAGUES, FEDE ALVAREZ

CAST: CAILEE SPAENY, DAVID JONSSON, ISABELA MERCED, ARCHIE RENAUX, SPIKE FEARN, AILEEN WU, DANIEL BETTS U. A.

LÄNGE: 1 STD 59 MIN


Aus dem Filmuniversum rund um den Terminator lässt sich nicht viel mehr lukrieren als jenen Content, den wir bereits aus James Camerons beiden Teilen kennen. In jener Welt, in welcher der Xenomorph sein Unwesen treibt, sieht das ganz anders aus. Das mag wohl daran liegen, dass selbst in Ridley Scotts Original nicht nur ein Monster die Besatzung eines Raumfrachters dezimiert, sondern gewisse Metaebenen wie jene eines dystopischen Konzerntotalitarismus als ungreifbare Zweitbedrohung für Unwohlsein sorgen. Exekutiert hat diesen evolutionären Kapitalismus ein Android namens Ash, der anfangs so schien, als würde er für das Gemeinwohl der Besatzung handeln, letztlich aber dafür verantwortlich war, dass alles so weit kam, wie es kommen musste, um jenen Horrorthriller in den Annalen des SciFi-Genres zu verankern, der dank des Scheiterns von Jodorowsky’s Dune sein Potenzial zu nutzen wusste. Der Schweizer H. R. Giger hatte dazu gleich ein künstlerisch hochwertiges Wesen geschaffen, daraus und in diesem Stil hunderte Spielarten einer gattungsgleichen Biologie in den Weltraum geschossen – immer auf Augenhöhe mit einer künstlichen Intelligenz, die stets eine Affinität für diesen gewissenlosen Organismus entwickelt, die voll und ganz dem darwin’schen Credo Survival of the Fittest folgt. Wer als größter Egoist im Universum keinerlei Skrupel hat, auf Kosten anderer Arten an die Spitze der Nahrungskette zu gelangen, hat gewonnen. Roboter helfen dabei. Konzerne wie Weyland-Yutami genauso. Das alles und noch viel mehr spielt in Alien eine große Rolle – und jene, die aufgrund dieser Tatsache ins Gras beißen müssen, sind nur der schnöde Beweis dafür, dass es funktioniert. Immer und immer wieder.

All diese Komponenten erneut zusammenzubringen, dafür hat Fede Alvarez (Don’t breathe, Evil Dead) einen Spagat gewagt, der auf verblüffende und wenig aufdringliche Weise so gut wie alles, was bisher im Dunstkreis der Aliens entstanden war, unter einen Hut bringt – oder anders formuliert: in eine verlassene Raumstation packt, wo Furchtbares passiert. Eine schönere Spielwiese im SciFi-Horrorgenre gibt es kaum. Wenn man aber vermutet, dass Alvarez gar Ridley Scotts beide Prequels einfach so ignoriert, um das Monster auf seine Essenz zurückzuwerfen, hat nicht verstanden, dass sich der perfekte Killer niemals mit sich selbst begnügt. Das wäre zu wenig. Die Symbiose mit Geburt, Fortschritt und Untergang der Menschheit wird dieses als Testimonial für Weltenumspannendes zu sehendes Ungetüm stets eingehen – das macht es so interessant, so faszinierend, ohne dass es dabei das rätselhaft Mythologische verliert, was ihm anhaftet.

Dass Alvarez dem Original in vielerlei Hinsicht huldigt, ohne es zu kopieren, ist offensichtlich. Ganz zu Beginn, in der Epilog-Szene des Films, könnten Puristen des Franchise feuchte Augen bekommen. Nahtlos knüpft Alien: Romulus am Ursprung an, ohne ihn zu verwässern. Sound, Setting, die Komposition aus Licht, Schatten und mit alarmierenden Countdowns einhergehende, blinkende Farb- und Lichtspiele – stilsicher schenkt Alvarez dem Alien seine Convenience-Zone und verlässt sie nur am Ende, um ganz andere Erzählfäden aufzugreifen, die man längst lose herumhängen gesehen hat. Diese Fäden zieht Alvarez straff – und schickt diesmal keine desillusionierte Arbeiterklasse oder abgestumpfte Soldaten ins Rennen, sondern Mittzwanziger-Kolonisten, deren Zukunft noch bevorstehen könnte, sofern sich die Parameter ändern lassen. Eine verlassene Raumstation im Orbit soll all das noch in petto haben, was fünf Freunde und ein Android benötigen würden, um das triste Leben auf ihrem Arbeiterplaneten hinter sich zu lassen. Nichts ahnend, dass dieser schmucke Kreisel, der alsbald mit den Ringen des Planeten kollidieren wird, darüber hinaus eine Forschungsstation für sonderbare Lebensformen gewesen sein mag, werden Caley Spaeney (Priscilla), Isabela Merced und Co alsbald mit den uns bekannten und beliebten Facehuggern konfrontiert, die nur der Anfang einer Metamorphose darstellen, die letztlich das Alien freisetzt.

Der Plot ist schnell umrissen, die Komplexität desselbigen entsteht aber durch eine Vielzahl grimmiger Hürden, die diese simple Struktur zu einem Survivalthriller aufmotzen, der allerlei technisch-physikalischen Herausforderungen unterliegt. Das Alien mag der Auslöser sein, doch ist es längst nicht alles. David Jonsson als ambivalenter Android legt eine exzellente Performance hin, die Ian Holm ebenbürtig scheint – sein Handeln beeinflusst vieles in diesem Film. Das Xenomorph selbst mag fast schon selbst mit dem technischen Wahnsinn dieser Raumstation zu hadern – frei nach dem Motto: Mitgehangen, mitgefangen. Womit Fede Alvarez aber überfordert zu sein scheint, ist die Wahrnehmung von Zeit – womit manche Logiklöcher entstehen, die man nicht näher hinterfragen sollte, will man sich die Laune an dieser bereichernden Episode nicht nehmen. Uncanny Valley-Effekte, die aufgrund dessen, ein altbekanntes Gesicht zurückholen zu wollen, in gruseliger Deutlichkeit etwas befremden – auch darüber lässt sich hinwegsehen. Der Brückenschlag zur Vorgeschichte eines Phänomens gelingt jedoch vorzüglich. Und so unterfüttert und festigt Alvarez mit künstlerischem Mehrwert und albtraumartig-fantastischen Bildern, die einen Zeichner wie Alfred Kubin mit Lovecraft’scher Leidenschaft ins Weltall katapultiert, in vielleicht gar nicht beabsichtigter Intensität das ganze Universum, in welchem noch so einiges zu holen ist.

Alien: Romulus (2024)

A Quiet Place: Tag eins (2024)

AUF LEISEN PFOTEN KOMMT DIE KATZE

6/10


aquietplacetageins© 2024 Constantin Film


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE / DREHBUCH: MICHAEL SARNOSKI

CAST: LUPITA NYONG’O, JOSEPH QUINN, ALEX WOLFF, DJIMON HOUNSOU, ALFIE TODD, ELIANE UMUHIRE, ALEXANDER JOHN U. A.

LÄNGE: 1 STD 39 MIN


Die Katze ist das Symbol des erfolgreichen Widerstands. Denn sie gibt keinen Mucks von sich. Sie weiß, dass sie nicht mal schnurren, geschweige denn miauen darf. Keine Schwierigkeit für so einen Stubentiger. Die leisen Pfoten sind dabei angeborene Gadgets, die wir Menschen uns angesichts einer Endzeit wie dieser gerne wünschen würden. Doch leider spielt es das nicht. Des Menschen Schwerfälligkeit und Ungelenkigkeit, die lärmfreudigen Sohlen festen Schuhwerks und das ständige Keuchen, Husten und panische Kreischen angesichts monströser Schreckgestalten macht uns zur leichten Beute, während Katzen bald die Welt regieren. Gemeint sind mit den Aggressoren extraterrestrische Kreaturen, die warum auch immer eines schönen Tages auf die Erde herabregnen und, sobald sie gelandet sind, aus den Kratern kriechen und Jagd auf alles machen, das Lärm verursacht.

Dass da Homo Sapiens in seiner Massenhysterie laut schreiend und völlig orientierungslos den staksigen Lauschern in die Klauen fällt – diese Verhaltensweise wird in John Krasinskis erdachtem Horrorszenario zur frappanten Reduzierung der menschlichen Bevölkerungszahl führen. Die wenigen, die es dennoch schaffen, trotz höllischer Angst ruhig zu bleiben, sind jene, die sich evolutionstechnisch gesehen als jene, die auf tonlose Weise umherschleichen, die Zukunft sichern. Wie das in urbanem Gelände funktioniert, wo ja alles irgendwie Geräusche macht, und sind es nun tapsende Schritte auf von Splittern übersätem Asphalt, zeigt A Quiet Place: Tag eins. In dieser uns mittlerweile vertrauten Apokalypse findet sich die todkranke Sam wieder, gespielt von Lupita Nyong’o, die mit gruseligen Endzeitszenarien längst schon Bekanntschaft gemacht hat – wären es nun Zombies in Little Monsters oder mörderische Klone in Jordan Peeles kreativem Verschwörungsthriller Wir. Nun sind es Wesen, deren Kopf im Grunde aus gewaltigen Hörorganen besteht, die ein bissfestes Kiefer umrahmen. Das scheint Sam, die ja sowieso nicht mehr viel zu verlieren hat, kaum davon abzubringen, ihre Tagesagenda unbeirrt weiterzuverfolgen. Sie will an den Ort Ihrer Kindheit zurück – und nochmal Petsy‘s Pizza probieren. Auf dem beschwerlichen Weg dorthin trifft sie auf Eric (Joseph Quinn), der nicht mehr von ihrer Seite weicht.

Viel mehr erzählt A Quiet Place: Tag eins tatsächlich nicht. Außer, dass wir endlich mal ein Bild davon bekommen, wie alles angefangen hat. Im Grunde hat man dies in Auszügen bereits in Krasinskis Original gesehen. Braucht es da wirklich noch die ausgewalzte Darbietung eines Schreckens, der nicht wie eine klassische, technologisch überlegene Invasion daherkommt, sondern wie das Hereinplatzen einer invasiven Art, die das autochthone Leben eines Ökosystems namens Erde auseinandernimmt? Nyong’o hat sehr viel Angst, Joseph Quinn ebenso. Die Katze nicht. Sie gibt, als symbolisches Best-Case-Testimonial vor, wie man sich zu verhalten hat. Sie zeigt auf erschreckende Weise, wie unzulänglich der Mensch einer natürlichen Katastrophe entgegentreten muss, während Katzen die Skills dafür bereits besitzen, sich aus dem Chaos heraus neu zu ordnen.

Nyong’o und Joseph Quinn entwickeln das leise Szenario einer Zweckgemeinschaft, Regisseur Michael Sarnoski, der zuletzt Nicolas Cage in Pig auf die Suche nach seinem Lieblingsschwein geschickt hat, setzt auch hier den Fokus viel stärker auf die Fähigkeit des Menschen, zu improvisieren. Eine Besonderheit, die aber nur in der Kooperation funktioniert. Dieses emotionale Zusammenspiel lässt den Grund der Katastrophe fast zur Nebensache werden – es ist wie im Genre des Zombiefilms. Auch hier sind die Untoten nur die Variable einer Ursache, eines von vielen Symptomen für den Ausnahmezustand. Ob nun Monster aus A Quiet Place oder die unabbildbare Entität im Bird Box-Franchise, die alle, die sie sehen, in den Selbstmord treibt: Der Kampf ums Überleben ist in A Quiet Place: Tag eins einer von vielen, fast austauschbar präsentiert sich dieses auf leisen Sohlen dahinwandelnde Abenteuer, das von A nach B oder B nach C  balanciert. Das Extra mit der Stille erhält dadurch aber keine neuen Aspekte – die kreativen Ansätze John Krasinskis in den beiden eigentlichen Filmen finden sich alle genau dort – und weniger in diesem Spin Off, das als Kurzfilm vielleicht weniger Längen gehabt hätte – denn sooft die beiden Survivalisten auch durchschnaufen müssen – jedes Mal scheint einmal zu viel.

A Quiet Place: Tag eins (2024)

Acid (2023)

AM TAG, ALS DER REGEN KAM

6/10


acid© 2023 Plaion Films


LAND / JAHR: FRANKREICH, BELGIEN 2023

REGIE: JUST PHILIPPOT

DREHBUCH: JUST PHILIPPOT, YACINE BADDAY

CAST: GUILLAUME CANET, LAETITIA DOSCH, PATIENCE MUNCHENBACH, MARIE JUNG, MARTIN VERSET, VALENTIJN DHAENENS, NICOLAS DELYS U. A.

LÄNGE: 1 STD 40 MIN


Manche Filme brauchen wirklich eine kleine Ewigkeit, um nach ihrer Festivalpremiere irgendwo einsehbar zu sein, findet das nun On Demand, auf DVD oder im Programm eines anderen Festivals statt. Der französische Wetterhorror Acid hat sich seit den Filmfestspielen in Cannes letzten Jahres knapp einen Sonnenumlauf lang durch die Untiefen filmischer Verwertungswelten gequält, um letztlich noch einmal einen Termin auf großer Leinwand zu ergattern, in diesem Fall im Rahmen der frühsommerlichen Slash ½ Festspieltage, die schon ordentlich Gusto machen sollten auf das große Rambazamba im kommenden September, wo für zehn Tage wieder mal alles Phantastische, Schräge und Bizarre fröhliche Urstände feiern darf. Acid wird, so ein Verdacht, ohne rechte Auswertung vom Kultursender Arte stiefmütterlich aufgenommen werden und im Nachtprogramm verschwinden – dabei bohrt das Werk in den offenen Wunden eines Klimawahnsinns, der uns Stürme, Dürren, Überschwemmungen und Gletscherschmelzen beschert. Gerade eben versinken Teile Brasiliens und Afghanistans im Regen, in Sumatra brechen Schlammlawinen sämtliche Türen ein. Wie es scheint, steht uns wieder ein bahnbrechend heißer Sommer bevor, in dem man nur schwer atmen kann, wenn man vor die Tür geht. Von so einer Affenhitze ist auch in Acid die Rede, und das Erschreckende dabei: Diese Temperaturen versengen bereits den knackfrischen Frühlingsmonat März. Das ganze Szenario wäre ohnehin schrecklich genug, wäre der im wahrsten Sinne des Wortes heiß ersehnte kühlende Niederschlag nicht einer, der alles vernichtet.

Wir erinnern uns gerne noch an Ridley Scotts Weltraumhorror Alien und den auf dem Raumfrachter Nostromo befindlichen Wüterich, dessen Blut sich als Säure durch die Ebenen des Schiffes frisst. Nimmt man diese toxische Anomalie und potenziert sie auf die Größe eines kontinentalen Wetterphänomens, wird das hierzulande gern verwendete geflügelte Wort „I bin ja nicht aus Zucker“, welches eigentlich den Mut des Kleinbürgers veranschaulichen sollte, völlig schirmlos in den Regen hinauszugehen, nochmal gründlich hinterfragt. Denn in Acid läuft alles Organische und Anorganische plötzlich Gefahr, auf Nullkommanichts zersetzt zu werden, so sauer scheint der bedrohlich dunkelgraue Himmel auf all das zu sein, was darunter um sein Leben rennt. Als wäre das alles ein gebündelter Zorn der Götter, eine letzte biblische Plage, so lässt der Niederschlag nichts und niemanden unberührt. Inmitten dieser landesweiten Katastrophe suchen Guillaume Canet und seine Familie Schutz vor den gefräßigen Zombietropfen, die Mauerwerk zerbröckeln und Karosserien blitzartig erodieren lassen. Es zischt und dampft und zersetzt sich der Boden, die nachvollziehbare Wirksamkeit der tödlichen Säure für all jene, die im geschützten Auditorium im Trockenen sitzen, garantiert Regisseur und Drehbuchautor Just Philippot mit dezent eingesetzter CGI.

Von einem Desastermovie, wie sie Roland Emmerich zum Beispiel mit seinem winterharten The Day After Tomorrow gerne auf die breite Leinwand wuchtet, ist Acid aber weit entfernt. Während Emmerich den unkaputtbaren Glauben an familiären Zusammenhalt und das Überleben der idealisierten Familie hochhält, liegt Philippot nichts daran, seinen Survivalhorror einer geschmeidigen Zuversicht unterzuordnen. Acid gerät zum ernüchternden und weitestgehend recht resignierenden Niederschlags-Nihilismus. Opfer werden gebracht, die, legt man Wert auf unantastbare Gesetzmäßigkeiten, gar nicht passieren dürften. Zumindest nicht so, wie sie Philippot in recht explizierter Schrecklichkeit den verheerenden Unwirtlichkeiten aussetzt. Vielleicht liegt in dieser wenig zimperlichen Radikalität, in welcher Mama, Papa und Tochter ins Trockene hechten, gar so etwas wie die Lust an der bleischweren Überzeichnung. Ob Niederschlag jemals einen derartigen Säuregrad erreichen könnte, um einen ganzen Kontinent wegzuätzen, mag diskussionswürdig sein. Doch wie bei Emmerich, der sich um zeitlich akkurate Abfolgen von Wetterumschwüngen auch nicht recht geschert hat, mag Philippot lieber den völlig unplausiblen Worst Case als gegeben hinnehmen wollen. Denn nur mit überspitzten Darstellungen einer hoffnungslos ruinierten Welt lässt sich die kinoaffine Menschheit vielleicht wachrütteln. Andererseits: Auf diese Weise muss sich Acid die Kritik gefallen lassen, in einer gewissen Monotonie zu schwelgen. Das allein schon das Kolorit des Films stets in ermüdendem regennassen Grau für kraftlose Längen sorgt, wird nur noch bestärkt durch einen wie bei Katastrophenfilmen eben so üblichen dünnen Plot, der nichts anderes im Sinn hat, als seine Protagonisten von Pontius zu Pilatus zu schicken. Wirklich raffiniert wird Acid nie, der Film zeigt lediglich und völlig aus der Luft gegriffen, wie schlimm es werden kann. Lustig ist das nicht, spektakulär eigentlich auch nicht, und nicht mal das Bröckeln ganzer Betonbrücken feiert das Genre eines europäischen Blockbusterkino. Der Kampf ums Überleben geht im deprimierenden Prasseln eines kataklystischen Regens unter, Schlechtwetter sorgt für schlechte Stimmung, der erfrischende Wind, der den Film in eine andere Richtung geblasen hätte, bleibt aus.

Acid ist schwarzseherischer Ökohorror, radikal und ungefällig, was man dem Film zugutehalten kann. Andererseits tritt der Trübsinn auf der Stelle, das Drama bläht sich auf, und zieht der Regen mal weiter, freut sich niemand auf den Sonnenschein, der stets danach folgt.

Acid (2023)

10 Cloverfield Lane (2016)

MIT QUERDENKERN IM BUNKER

8/10


10-cloverfield-lane© 2016 Paramount Pictures


LAND / JAHR: USA 2016

REGIE: DAN TRACHTENBERG

DREHBUCH: JOSH CAMPBELL, MATTHEW STUECKEN & DAMIEN CHAZELLE

CAST: MARY ELIZABETH WINSTEAD, JOHN GOODMAN, JOHN GALLAGHER JR., SUZANNE CRYER, DOUGLAS M. GRIFFIN, BRADLEY COOPER U. A.

LÄNGE: 1 STD 43 MIN


Dass New York von einem Monster heimgesucht wurde, versetzte damals so einige, denen virale Kampagnen für Filmproduktionen nicht so bekannt waren, in Angst und Schrecken. So, wie Matt Reeves seinen Found Footage-Schocker Cloverfield promotet hat, wurde damals nur die vermeintlich reale Hexe aus Blair Witch. Fake also, noch weit vor KI – und umso effektiver. Dabei war nicht nur die PR bahnbrechend, sondern auch der Film selbst. Knackig, panisch, beklemmend und dicht. Die stete Abwesenheit des Aggressors schürte noch dazu die eigene Fantasie, wie damals, in Ridley Scotts Alien. Interessantes Detail am Rande: Der Film hört genau zur selben Uhrzeit auf, wie er begonnen hat.

Cloverfield wird als Code-Begriff des Militärs für paranormale Begebenheiten angewandt, zumindest in dieser von J. J. Abrams produzierten Trilogie, die eigentlich nur lose miteinander zusammenhängen, scheinbar wenig gemeinsam haben, und doch allesamt einer Ausnahmesituation gegenüberstehen, deren Umfang sich eigentlich nie begreifen lässt und deren Ursache und Wirkung niemand kennt. In der Verzweiflung des Menschen, keine Erklärung für das zu finden, was er sieht, und das, was er sieht, nicht willentlich ist, zu glauben – darin liegt die Intensität vor allem, von Cloverfield – und auch von 10 Cloverfield Lane.

Auch A Quiet Place lässt die wehrlose Menschheit dumm sterben, wenn sie denn zu viel Lärm macht. In Bird Box erfährt man noch weniger von den Dingen, die sich abspielen – völlig im Dunklen tappt hier die Welt. In 10 Cloverfield Lane von Dan Trachtenberg (Prey), das wie gesagt als Sequel zu Matt Reeves Katastrophenfilm funktionieren kann, aber nicht muss, haben weder das Publikum noch die drei Protagonisten im Film keinerlei Ahnung – und vor allem: keinerlei Gewissheit darüber, was da oben abgeht – sitzen doch alle drei in einem penibel eingerichteten Bunker, der alle Stückchen spielt und so eingerichtet ist wie ein Wochenendbungalow, mit jeder Menge an Vorräten, fließend Wasser und elektrischem Strom vom Generator.

Die Grundsituation des Films ist schnell erklärt: Mary Elizabeth Winstead gibt hier Michelle, die nach einem Autounfall in den heiligen Hallen von Querdenker Howard erwacht. Der verbietet ihr zu gehen, schwört er ihr doch hoch und heilig, sie vor dem Untergang gerettet zu haben; vor der Apokalypse aus Radioaktivität oder Giftgas oder was auch immer. Entweder waren es die Russen oder die Nordkoreaner oder etwas ganz anderes will sich den Planeten unter den Nagel reißen – würde man selbst dieser übereifrigen Autorität, die John Goodman fernab seines komödiantischen Potenzials mit einer gefährlichen Jovialität verkörpert, Glauben schenken. Wie quälend ist der Gedanke, nicht genau zu wissen, ob Goodman wohl recht hat oder nicht? Michelle ist hin und hergerissen, aber tendiert eher zur Flucht, die sich nicht so leicht umsetzen lässt. Darüber hinaus ist da noch Emmett, einer, der sich freiwillig in den Schutz von Howard begeben hat, denn er hat das rote Licht gesehen, das da plötzlich aufgegangen war.

Wie 10 Cloverfield Lane mit den Vermutungen spielt, ist Suspense-Kino, wie man es selten sieht. Einerseits könnte Howard ein aufrichtiger Gutmensch sein, der weiß, wovon er spricht. Allerdings könnte er auch ein Psychopath sein, der weiß, wovon er spricht. Oder doch ein heillos überforderter Querdenker, der es ehrlich meint, aber in Wahrheit keine Ahnung hat. Trachtenbergs Film, an welchem auch Damien Chazelle mitgeschrieben hat, füttert sein Bedrohungsszenario mit den Werten von Vertrauen und Verlässlichkeit, bis nichts mehr übrig scheint. Es nährt sich von der Kehle zuschnürenden Angst, im Informationszeitalter ohne Informationen auszukommen und sich nur auf Vermutungen verlassen zu müssen, die man um alles in der Welt selbst einer Überprüfung unterziehen will. Die Wahrheit wird zum höchsten Gut und ist mehr wert als die eigene Gesundheit. Diese Metaebene gibt 10 Cloverfield Lane eine ungeahnte Tiefe, streut noch dazu Story-Twists ein und setzt die Benchmark für ein straffes Kammerspiel ohne leere Worthülsen neu.

Zuviel auf den Film darf ich hier aber auch nicht eingehen. Der größte Spaß ist dabei, so ahnungslos wie möglich in den bunker zu wandern. Da ich aber ungefähr wusste, wie die ganze Sache ausgeht, haben mich all die Wendungen zumindest nicht eiskalt erwischt. Und dennoch: Auch wenn man schon so eine Ahnung hat, ist es immer noch ein großer Unterschied, den Film selbst zu sehen als gespoilert zu bekommen, mit all seinen auf Konfrontation angelegten Figuren, aus denen sich so viel mehr entwickelt, als man hätte ahnen können. Und ja: Ahnen heißt nichts wissen. Doch Wissen ist Macht.

10 Cloverfield Lane (2016)

Das Ding aus einer anderen Welt (1982)

APRÈS-SKI FÜR DEN BODY-HORROR

7/10


dasdingauseineranderenwelt© 1982 Universal Pictures


LAND / JAHR: USA 1982

REGIE: JOHN CARPENTER

DREHBUCH: BILL LANCASTER

CAST: KURT RUSSELL, WILFORD BRIMLEY, T. K. CARTER, DAVID CLENNON, KEITH DAVID, RICHARD DYSART, CHARLES HALLAHAN, PETER MALONEY, RICHARD MASUR, DONALD MOLFAT U. A.

LÄNGE: 1 STD 49 MIN


Was hätte ich nicht alles verpasst, hätte ich mich nicht vor einiger Zeit auch dem Genre des Horrorfilms zugewandt – diesem Füllhorn an Ideen, Metaebenen und neuen Blickwinkeln, die nicht nur auf Zustände unserer Gesellschaft schielen, sondern eben auch auf die Psyche des Menschen und seinen überbordenden Angstfantasien, die diese hervorbringen kann. Womöglich war ich zuvor zu viel Hosenschisser, vielleicht zu sensiblen Gemüts, zu wenig mit mir selbst im Reinen, um über den grauenerregenden, furchteinflößenden und doch wieder enorm reizvollen Dingen zu stehen, die sich in einem der unersättlichsten Nischen der Filmwelt auftun, als fixes und verlässliches Standbein einer unglaublich liebgewonnenen Kunstrichtung.

Auf dieser neuen Bühne finden sich etliche Klassiker, die nachzuholen ich mich bemüßigt fühle – insbesondere Werke, die auf andere Genres wie zum Beispiel der Science-Fiction übergreifen. Neben dem Universum von Alien, das von jeher nicht auf meinem Angsthasen-Index stand, da ich eine Affinität für Kreaturen wie diese wohl in mir habe, seit ich denken kann, ist John Carpenters Antarktis-Schocker natürlich eine Art Mischkulanz, die Abenteuer, Wissenschaft, die Tücke extraterrestrischer Lebensformen und Survival auf winterharte Weise miteinander verbindet. Längst ist Das Ding aus einer anderen Welt (oder im Original kurz und knapp The Thing) zeitloser Kult und angesichts seiner analogen Tricktechnik immer noch verblüffend effektiv, ganz so wie das Rancor in Die Rückkehr der Jedi-Ritter, Phil Tippett sei Dank.

Diese zur damaligen Zeit noch nie dagewesenen Effekte bilden das Kernstück dieses in der langen Polarnacht des Südpols stattfindenden Gemetzels ganz im Stile eines Abzählreims, denn was bleibt der Crew einer solchen Forschungsstation auch anderes übrig, als den schrecklichen Tatsachen ins Auge zu sehen: Dieser Organismus, dessen tatsächliche Form gar nicht mal existiert, sondern nur als perfides mikrobiologisches Irgendwas mit jedem noch so erdenklichen mehrzelligen Lebewesen fuhrwerken kann wie es ihm beliebt, lässt sich nicht so fassen wie der Xenomorph in den Alien-Filmen oder gar medizinisch bekämpfen wie das schnöde Virus in Outbreak. Dieser amorphe Organismus offenbart sich in monströsen Gestaltexplosionen, die aus einem Fiebertraum des Schriftstellers H. P. Lovecraft entnommen sein könnten. Tatsächlich waren für The Thing anfangs recht profane Entwürfe vorgesehen, die in die insektoide Richtung gegangen wären. Diese Ansätze wurden bald über Bord geworfen. Stan Winston wurde beratend ins Boot geholt und nach einer fast einjährigen Schaffensperiode mit nun für alle Kinogeher sichtbarem Endergebnis setzte Carpenters Biomasse-Wahnsinn neue Maßstäbe. Schon klar, dass dieser Film auf der erfolgreichen Alien-Welle geritten war, doch was es zu sehen gab, war etwas völlig anderes. Angesichts dieses mutigen Umdenkens in Sachen Form-Experiment erscheinen David Cronenbergs Mutationen aus Die Fliege fast schon salonfähig. Mit Slither führt DC-Hoffnung James Gunn den Horror der physischen Wucherung als skurrile Hommage auf Carpenter nochmals formschön ins Feld.

Angesichts dieses Creature-Revival bemüht sich einer wie Kurt Russell auf redliche Weise darum, den Arschtreter zu mimen, der in furchtlosem Draufgängertum nicht lange fackelt, um den Parasiten vom Outer Space einzukreisen. Den verzweifelten Heldenmut einer von Sigourney Weaver dargebotenen Ltd. Ripley, die zwischen Angst und Improvisationstalent dem Grauen die Stirn bietet und überdies noch einen Meilenstein in Sachen Frauenpower im Film setzt, besitzt Russell allerdings nicht. Seine und auch alle die anderen Figuren sind untereinander austauschbar und letztlich auch zu viele, um sbiographische Aspekte hervorzuholen, die ihre Schicksale relevanter gemacht hätten.

Interessant ist am Ende auch die Überlegung, wie ein Organismus wie dieser denn seinen evolutionären Erfolg verbucht. Mit Mensch und Tier scheint Das Ding aus einer anderen Welt wohl Pech zu haben, denn keines dieser Ausgeburten scheint auf längere Sicht überlebensfähig.

Das Ding aus einer anderen Welt (1982)