The Mastermind (2025)

DIE NAIVE KUNST DES KUNSTRAUBS

4/10


© 2025 Stadtkino Filmverleih


LAND / JAHR: USA, VEREINIGTES KÖNIGREICH 2025

REGIE / DREHBUCH: KELLY REICHARDT

KAMERA: CHRISTOPHER BLAUVELT

CAST: JOSH O’CONNOR, ALANA HAIM, HOPE DAVIS, BILL CAMP, JOHN MAGARO, GABY HOFFMANN, JASPER & STERLING THOMPSON, ELI GELB, COLE DOMAN, MATTHEW MAHER U. A.

LÄNGE: 1 STD 50 MIN


Im Krieg und in der Liebe…

James Blaine Mooney – der zweite Vorname gleicht nicht rein zufällig dem Verb blame, übersetzt für „schuldig bzw. schuld sein an etwas“ – ist wohl der Meinung, man befände sich im Krieg. Tatsächlich hat er nicht ganz unrecht, nur: der Krieg findet nicht vor der eigenen Haustür statt, sondern weit weit entfernt im abstrakt wirkenden Vietnam, wo Richard Nixon Menschenleben verpulvert für nichts und wieder nichts. Im heimatlichen Massachusetts, wo die Lichter zwar nicht ausgehen, aber das Licht der Erkenntnis bei manchen nicht wirklich durch den Schleier der Selbstüberschätzung dringt, scheint alles friedlich, wo andernorts vor allem die studierte Jugend auf die Straße geht, um gegen das angeblich Unvermeidliche zu demonstrieren. Während von überallher Nachrichten und Fernsehen dafür sorgen, dass der Krieg nicht aus den Köpfen der Bevölkerung verschwindet, hat auch dieser James Blaine Mooney, im weiteren Filmverlauf nur JB genannt, eher den Eindruck, dass sich in dieser prekären Ausnahmesituation ein Bankraub vielleicht so aussehen könnte wie eine Plünderung – durchaus menschliche Verhaltensweisen, die dann eintreten, wenn die staatliche Ordnung mitsamt ihrer Exekutive für nichts mehr garantieren kann und die Anarchie Gelegenheitsräuber reich macht. Als so einer will der zweifache, allerdings arbeitslose Vater, der sein Kunstgeschichtestudium aus welchen Gründen auch immer abgebrochen hat, das große Geld machen. Am besten im örtlichen Museum of Art in Framingham, das er ohnehin mit der lieben Familie immer wieder besucht, anstatt einen Job anzunehmen, der zum Greifen nah scheint.

Dominosteinschlaggefahr 

Doch Plündern will gelernt sein – und vorallem eins: durchdacht. Kelly Reichardt, auf deren Filme jedes Filmfestival dieser Welt wartet wie ein Verhungernder auf einen Bissen Brot, erteilt der Figur des Erfolgs-Querdenkers und Improvisateurs eine Lehre, indem sie ihn auf ganzer Linie scheitern lässt. Das beginnt schon bei JB’s Bequemlichkeit, das Ding nicht selber durchziehen, sondern windschiefe Leute anzuheuern, die nicht anders können, als zur Waffe zu greifen und eifrig zu zwitschern, sobald sie von der Exekutive in die Mangel genommen werden. So folgt also eines aufs andere, und Beau Josh O’Connor darf sich in fruchtloser Breaking Bad-Manier mit den Dominosteinen des Schicksals herumschlagen. Film Noir will The Mastermind aber keiner sein, dafür fehlt zur Gänze die melancholische, gar existenzialistische Schwere. Und noch etwas: Überhaupt fehlt in Kelly Reichardts Arbeit so etwas wie Belang.

Langweilen mit dem Offensichtlichen

Die ausgebleichten Farben der Siebziger sind eine Sache, die enervierende Jazzmusik eine andere, und tatsächlich quälende. Schafft man es, die Tonspur geistig auszublenden, bleibt immer noch das Rätsel um Josh O’Connors Charakter. Anscheinend ist dieser ein Mensch ohne Eigenschaften – wortkarg, uncharismatisch, erstaunlich phlegmatisch, im Grunde also wenig interessant. Reichardt gelingt es diesmal nicht, ihren Figuren eine gewisse Relevanz zu geben. Was mit JB also passiert, mag egal sein, so wie viele Szenen in dieser Krimidramödie, die unentschlossen zwischen knirschender Tragik und lakonischem Sarkasmus hin und her schlendert. Die Auswahl der Szenen misslingt – warum sich minutenlang mit dem Offensichtlichen aufhalten, mit der wortlosen Betrachtung von JB’s Tätigkeiten, die das Hirn des Zusehers mühelos ergänzen könnte. Was dieser also denkt, sieht er auch. Was er sich nicht denkt, sieht er nicht. Gedankliches Ergänzen in Filmen fordert eine Interaktion, die Reichardt gar nicht möchte. Kombinieren lässt sich die Metaebene mit dem Krieg zwar schon, doch die eigentlichen Beweggründe der Hauptfigur beschneidet sie derart, dass sie die Wurzel gleich mit entfernt.

The Mastermind, von der Prämisse her reizvoll, gestaltet sich als brustschwaches Heist-Movie in eitler Reduktion, fehlgriffig in seiner Struktur und frei von erzählerischen Peaks. Viel gibt’s dabei also nicht zu entdecken, außer vielleicht die Bildwelten des Arthur Garfield Dove.

The Mastermind (2025)

Afterburn (2025)

BLACKOUT FÜR KUNSTKENNER

3/10


© 2025 LEONINE Studios


LAND / JAHR: USA 2025

REGIE: J. J. PERRY

DREHBUCH: MATT JOHNSON, NIMRÓD ANTAL

KAMERA: JOSÉ DAVID MONTERO

CAST: DAVE BAUTISTA, SAMUEL L. JACKSON, OLGA KURYLENKO, KRISTOFER HIVJU, DANIEL BERNHARDT, EDEN EPSTEIN, GEORGE SOMNER, SERGIO FREIJO U. A.

LÄNGE: 1 STD 45 MIN


Nein, dieser Film handelt nicht von den Nachwirkungen scharfen Essens. Denn der Unterschied zu vorliegendem postapokalyptischem Heist-Actioner ist nämlich dieser: Scharfes Essen brennt zweimal. In Afterburn hats nur einmal gebrannt, oder sagen wir so: Ließ die Sonne die Erde mehr oder weniger anbrennen, dank eines gewaltigen Sonnensturms, der jedweder Elektronik auf unserem Planeten den Stecker zog. Der Blackout in globaler Größenordnung macht also das, was er am besten kann: die stromabhängige Menschheit zurück in die Anarchie befördern, ganz ohne Zombies, Virus und Aliens, die auf Geräusche abfahren. So ein Vakuum kann man sich durchaus vorstellen, letztendlich freut man sich, wenn man den Bunsenbrenner noch nicht als Flohmarktware ausrangiert hat.

In diesem führerlosen Chaos hat es sich Dave Bautista nicht nur dank seiner Muckis irgendwie gerichtet. Die Spezialität des grobschlächtigen Hünen: Dinge finden, insbesondere wertvolle Artefakte, angefangen von sündteuren Gemälden bis hin zur Stradivari. Auftraggeber für solche Herausforderungen ist Samuel L. Jackson als selbsternannter König Auguste, der die Monarchie als die beste Medizin ansieht, um die Menschheit wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Es gab in den Neunzigern eine Zeit, da war Samuel L. Jackson in gefühlt jedem zweiten Film dabei, dank seiner Offenheit gegenüber Nebenrollen, die er weitestgehend alle veredelte. Das hält bis heute an. Diesmal wirft sich die wohl coolste Socke Hollywoods ins feudale Outfit samt Pelzkäppi. Dank gewisser Erfahrungen geht Bautista alias Ex-Soldat Jake davon aus, das auch dieser nächste Coup wieder gelingt, auch wenn es das schwierigste Unterfangen werden könnte, auf welches sich dieser je eingelassen hat. Denn jenseits des Ärmelkanals, auf französischem Grund, soll Jake die Mona Lisa heranschaffen. Ganz richtig, Da Vincis weltberühmtes Portrait, das irgendwo in einem Depot vor sich hinmodert. Auguste will es haben, verspricht dem selbsternannten Scout gar ein Segelboot für den nächstbesten Sonnenuntergang. Jake willigt ein und befindet sich alsbald im Auge eines Sturms, der angetrieben wird von diversen Fraktionen selbsternannter Armeen, angeführt von finsteren, psychopathischen Warlords, die ihr totalitäres Machtkonstrukt etablieren wollen.

Der von Stuntman J. J. Perry (u. a. Day Shift mit Jamie Foxx) inszenierte postapokalyptische Reißer macht niemals einen Hehl daraus, als B-Movie ganz ungeniert in stereotypen Gewässern zu fischen. Will man Afterburn sehen, weiß man im Vorhinein, worauf man sich einlässt. Und ja – zugegeben, sowas wie das hier macht immer wieder mal Spaß, erquickt mit seiner Action und liefert Erwartbares, ohne an irgendwelchen Storytwists herumschrauben zu müssen. Das ganze Szenario lässt sich auch ganz gut an, dank dieses Sympathieträgers Bautista, der brutto für netto völlig synchrongeschaltet ist, und krachender Panzer-Action, die für ordentlich Wumms sorgt. Vergessen sollten Perry und Co-Drehbuchautor Nimród Antal (Predators) dabei nicht, ihre Genre-Fans nicht allzu sehr für dumm zu verkaufen. Den beiden dürfte so manches an ihrem Film aber egal gewesen sein, insbesondere der charakterliche Ausbau des Antagonisten (langweilig und abgeklatscht: Kristofer Hivju) und allen voran Ex-Bondgirl Olga Kurylenko, die nicht weiß wohin mit ihrem deplatziertem Schauspiel, das umso schlimmer wird, je länger der Film dauert und je unglaubwürdiger manche Schlüsselszenen werden, die den Ausgang der Handlung rechtfertigen sollen. Die Drehbuchschwächen sind enorm, das dürfte der Cast letztlich auch mitbekommen haben, anders lässt sich der Leistungs-Pragmatismus nicht erklären. Ob die Überlegung aufkam, den Film vielleicht in einem Giftschrank verschwinden zu lassen?

Afterburn bleibt im Ganzen ein unoriginelles, derbes Machwerk, obschon in den Startlöchern so mancher Motor ordentlich brummt. Das mindert später aber nicht den Frust, den man angesichts mangelnden Ehrgeizes verspüren wird, der das heranrollende Blackout auch in filmischer Hinsicht mit offenen Armen empfängt.

Afterburn (2025)

Criminal Squad 2 (2025)

ÜBER DEN DÄCHERN VON… NIZZA?

6/10


© 2024 Constantin Film Verleih GmbH / Rico Torres


ORIGINALTITEL: DEN OF THIEVES 2: PANTERA

LAND / JAHR: USA 2025

REGIE / DREHBUCH: CHRISTIAN GUDEGAST

CAST: GERARD BUTLER, O’SHEA JACKSON JR., MEADOW WILLIAMS, JORDAN BRIDGES, EVIN AHMAD, SWEN TEMMEL, MICHAEL BISPING, SALVATORE ESPOSITO, ORLI SHUKA U. A.

LÄNGE: 2 STD 10 MIN


Das Genre des Buddy-Actionfilms hat einen langen Atem – derzeit mischen immer noch Martin Lawrence und Will Smith die Szene auf, früher waren das mal Eddie Murphy und Nick Nolte oder Mel Gibson und Danny Glover. Christian Gudegast gestaltet seinen abenteuerlichen Eventkrimi allerdings anders. Bei ihm sind es ein abgehalfterter Bulle wie er abgehalfterter nicht sein kann – und ein Gauner, der sich seit dem ersten Zusammentreffen in Criminal Squad 2018 wohl nicht oft hat bitten lassen müssen, diversen Genüssen zu frönen. O’Shea Jackson ist mittlerweile ein formatfüllender Brummbär mit Goldkette und Sonnenbrille, man möchte meinen, man hätte es mit einem arroganten Unsympathler zu tun, der sich später aber liebgewinnen lässt, weil er keinen Brutalo darstellt, sondern nur einen talentierten Gentleman, der bei Danny Ocean mitmischen könnte und der weiß, wie man wo an die große Beute gelangt. In Criminal Squad hat sich Gerard Butler dabei die Zähne ausgebissen. Big Nick, der verwahrloste Anti-Cop mit dem ungepflegten Äußeren, der gerne unschön wird, hat sieben Jahre später die Suche nach seiner Nemesis immer noch nicht aufgegeben. Dafür aber alles, was im Privaten Bestand haben sollte, verloren. So uferlos und haltlos der Mann auch sein mag, es reicht immer noch für den Ehrgeiz, den offenen Fall zu Ende zu bringen. Er erfährt, dass dieser Donnie an einem Coup in Antwerpen dabei war, bei welchem ein teurer Klunker aus einem Privatjet gestohlen wurden. Ein so ein fettes Steinchen gehört eigentlich der sardischen Mafia – wie sich später herausstellen wird, war das keine gute Idee, sich gerade diesen wertvollen Gegenstand im Zuge eines martialischen Täuschungsmanövers unter der Nagel zu reißen.

Alles trifft sich letztlich in Nizza – oder in einer Stadt, die im Film vorgibt, Nizza zu sein. Man weiß doch: diese Stadt an der Cote D’Azur hat Glamour und Charisma, die Reichen und Schönen treffen sich dort genauso wie in Cannes oder Monaco. In Criminal Squad ist Nizza aber eine auf mediterranen Karsthügeln errichtete Ansiedlung von schlichten Gebäuden, denen das gewisse Etwas fehlt – vom schmucken Boulevard am Meer, das man ohnehin nie sieht, ganz zu schweigen. Dieser generische Ort also beherbergt eines der wohl – zumindest laut Film – am besten bewachten Gebäuden in Europa. Auch das ist lachhaft, wenn man Filme wie Mission: Impossible kennt. Ein paar Monitore, ein paar Überwachungskameras und eine Handvoll Belegschaft, die lieber das Darby guckt als ihrem Job nachzugehen, entspricht jedem größeren Bankeninstitut. Es reicht aber für Christian Gudegast, O’Shea Jackson und Gerard Butler einzuschleusen, denn letzterer hat zwar den Most Wanted Man gefunden, will aber mit ihm und seinen Oceans Five gemeinsame Sache machen. Die werden angeführt von einer äußerst charismatischen Schauspielerin, nämlich der Schwedin Evin Ahmad – ein Casting-Schachzug, der sich bezahlt macht. Und selbst in Ahmads Gegenwart wird der grobschlächtige Butler dann doch noch ein bisschen wie ein kleiner James Bond, der zwischen den Stühlen sitzt und gerne wäre, was er nicht sein kann.

Criminal Squad 2 entspannt, unterhält und hat – und damit macht er schon vieles richtig – keinen nennenswerten Leerlauf. Es verhält sich auch so, dass man sich an dieses ungleiche Buddy-Duo doch noch gewöhnt, denn sie passen auf ihre Art gleichermaßen zusammen und auch nicht, eine erquickende Ambivalenz lässt sich hier finden. Den richtigen großen Wow-Effekt besitzt der Film damit aber nicht. Von allem mag gerade genug vorhanden sein, um sich am Ende einer Arbeitswoche von anspruchsloser, aber solider Thrillerkost berieseln zu lassen. Im Nachhinein soll es gerade noch keine verlorene Zeit gewesen sein.

Criminal Squad 2 (2025)

The Instigators (2024)

GEMEINSAM WACHSEN DURCH DIE KRISE

5/10


theinstigators© 2024 Apple TV+


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE: DOUG LIMAN

DREHBUCH: CASEY AFFLECK, CHUCK MCLEAN

CAST: MATT DAMON, CASEY AFFLECK, HONG CHAU, MICHAEL STUHLBARG, VING RHAMES, PAUL WALTER HAUSER, RON PERLMAN, ALFRED MOLINA, TOBY JONES, RICHIE MORIARTY U. A.

LÄNGE: 1 STD 41 MIN


Nimmt man Matt Damon seine psychischen Probleme ab? Ganz zu Beginn des Films quält sich der souveräne Akteur durch eine Therapiesitzung mit Hong Chau, die eine Engelsgeduld aufbringen muss, weil sie ihrem Patienten alles aus der Nase zieht. Vieles ist im Argen bei Damons Figur, von welcher man nicht viel mehr erfährt außer dass Alimente gezahlt werden müssen, sonst rückt das Besuchsrecht für den Filius in weite Ferne. Die Bereitschaft, sich mit Suizid aus der Affäre zu ziehen, macht klar, dass wir es mit einer Person zu tun haben, die bereit ist, alles aufs Spiel zu setzen, um an das nötige Geld zu kommen. Auf der anderen Seite rückt Casey Affleck ins Bild – beide standen bereits für Gus van Sants surreal-experimentellem Survivaldrama Gerry vor der Kamera. Der stets auf eine coole Art lethargische Schauspieler mit der Scheiß-drauf-Attitüde und der raunenden Stimme wird genauso wie sein Buddy Damon für einen Heist-Coup engagiert: Es geht um die Millionen des korrupten Bürgermeisters Miccelli (unerwartet blass: Ron Perlman), die während einer Wahlfeier – denn alle Welt geht davon aus, dass es sich der windschiefe Politiker wieder mal gerichtet haben wird – den Besitzer wechseln sollen. Natürlich geht das Vorhaben schief und alle Welt hängt an den Fersen der beiden ungleichen Leidensgenossen, die notgedrungen ins Teamwork übergehen müssen, um heil aus der Sache herauszukommen – und um vielleicht doch ganz nebenbei ein bisschen was abzustauben. Zu viel Konkurrenz verdirbt dann doch recht schnell den Brei, und am liebsten wäre man wieder auf der Couch von Hong Chau, was die beiden dann auf eine Idee bringt.

Wenn ein Coup auf groteske Weise schiefgeht, vermutet man dahinter gerne Joel und Ethan Coen, die eine diebische Freude daran haben, ihre ambivalenten Protagonisten dem selbst verschuldeten Untergang zu weihen. Pechvögel lukrieren schließlich die meisten schadenfrohen Lacher, zumindest ein Wertebewusstsein, das nicht dem Mammon frönt, wünscht man ihnen an den Hals. Bei Damon und Affleck ist das genauso. Beide haben Besseres verdient, die Butterseite eines soliden Lebens zumindest. Ihre Sympathiewerte und nachvollziehbaren schlechten Entscheidungen, die man wohl auch selbst so getroffen hätte, erschweren es dem Zuschauer nicht gerade, mit The Instigators (auf deutsch: Die Anstifter) warm zu werden. Was sie also anstiften, ist eine ganze Kettenreaktion an Schwierigkeiten, Actionszenen und situationskomischen Einfällen, die alles in allem aber angesichts der Tatsache, hier einen Actionprofi am Schaltpult zu wissen, viel zu hastig durchgekaut werden, um nachhaltig in Erinnerung zu bleiben.

Selbst ein paar Tage nach Sichtung dieses auf Apple TV+ veröffentlichten, bis in die Nebenrollen erstaunlich namhaft besetzten Star-Vehikels tue ich mir schon etwas schwer, mich an all das zu erinnern, was in The Instigators so passiert ist – und das liegt nicht an meiner altersbedingten zunehmenden Vergesslichkeit (hoffe ich). Das liegt wohl eher an einem relativ generischen Drehbuch, dass den Spaßfaktor gescheiterter krimineller Handlungen strapaziert, ohne dabei mit frischen Ideen frischen Wind durchs Genre zu jagen. Als etwas abgestanden mag der Film bezeichnet werden: abgestanden und – was Auftragsarbeiten, denen wenig Herzblut anhaftet, so eigen ist – auf lieblose Weise inszeniert, dabei aber so hyperaktiv erzählt, nur um die Austauschbarkeit des Projekts mit übertriebenem Elan zu übertünchen.

In Erinnerung bleibt nicht mal Matt Damon, dafür aber Casey Affleck, der als dauerlamentierender Ex-Knacki auf staubtrockene Weise den Dialog sucht. Sein Sarkasmus mag man auf der Habenseite verbuchen. Sonst aber überzeugt diese filmische Routine nur bedingt.

The Instigators (2024)

Locked Down

WAS TUN, WENN SONST NICHTS LOS IST

6,5/10


locked-down© 2020 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. / Susan Allnutt


LAND / JAHR: GROSSBRITANNIEN 2020

REGIE: DOUG LIMAN

BUCH: STEVEN KNIGHT

CAST: ANNE HATHAWAY, CHIWETEL EJIOFOR, BEN KINGSLEY, BEN STILLER, STEPHEN MERCHANT, CLAES BANG, MINDY KALING, LUCY BOYNTON U. A.

LÄNGE: 1 STD 58 MIN


Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis sich Film und Fernsehen der seltsamen sozialen Anomalie eines sogenannten Lockdown annehmen würden. Bis vor zwei Jahren hätte wohl keiner daran gedacht, das sowas mal spruchreif wird. Dafür, dass dieses globale Ereignis uns Menschen in unserem Tun und Nicht-Tun so dermaßen beeinflusst hat, bleiben Produktionen, die darüber referieren, bislang ungewöhnlich rar. Es gibt zum Beispiel Songbird – ein direkt auf dem Streamingportal amazon prime veröffentlichter Streifen über ein Worst Case-Szenario in Sachen Covid-19. Kam leider nur zur falschen Zeit, als die reale Angst noch allen in den Knochen steckte und niemand, wirklich niemand, den Teufel an die Wand malen wollte. So gut kam der Film also nicht weg. Vielleicht die Sache lockerer angehen? Mit Publikumsliebling Anne Hathaway zum Beispiel, die sich für scharfzüngige Dialogkomödien eigentlich immer recht gut eignet? Hathaways Mitbewohner ist Chiwetel Ejiofor, groß geworden durch das Sklavendrama 12 Years a Slave. Sie, ganz Geschäftsfrau, ist CEO eines Schmuckriesen, während der Mann, bereits vorbestraft, als Kurier in einem Transportunternehmen schuftet. Linda und Paxton leben zwar noch unter einem Dach, sind aber bereits getrennt. Im Lockdown können beide schließlich nirgendwo hin. Linda macht Home Office, Paxton hingegen gibt sich mitunter die Dröhnung mit garteneigenen Mohnkapseln. Bis sein Chef anruft – Ben Kingsley im Videochat – und Paxton für einige pikante Aufträge engagieren will. Einer davon geht ins Kaufhaus Harrods (erstmals in einem Film!), wo wertvoller Klunker den Schauplatz wechseln soll.

Und wie sich das anbietet, einen Film zu drehen, in welchem die Hälfte des Cast eigentlich nur online zugeschalten wird. Kingsley, Ben Stiller und Co haben ihre kurzen und recht augenzwinkernden Auftritte selbst gedreht, mitunter saß der eine oder die andere tatsächlich im Lockdown fest. Doug Liman konnte sich also, unter Unterschreitung des ihm zur Verfügung gestellten Budgets, voll und ganz auf die Beziehungsgeschichte zwischen Hathaway und Ejiofor konzentrieren. Gekonnt machen beide auf Alltagstrott, fern liegt ihnen allerdings ein gewisser Seelenstriptease wie bei Malcolm & Marie. Hier hat alles eine gewisse resignierende, mit leicht sarkastischem Humor genommene Leichtigkeit, obwohl mitunter auch Aspekte erwähnt werden, die weniger spaßig sind. Drehbuchautor Steven Knight, der mit No Turning Back ja bewiesen hat, wie knackige Dialoge zu setzen sind, hat die ereignislose Zeit der Selbstreflexion mit der verlockenden Möglichkeit einer Gaunerei verknüpft. Da ein Lockdown ja sämtliche Normalzustände aushebelt, könnte es auch für ein Heist-Ding andere Umstände spielen. Und so würzt sich die Dramödie selbst mit einer launigen Robinhoodiade, die aber gar nicht so ins Detail gehen will. Was aber schade ist: A little less conversation, a little more action, wie es Elvis Presley wohl sagen würde, hätte diesem „Oceans Two“ zusätzlich noch gut getan. Natürlich irritiert darüber hinaus die inkonsequente Anwendung des Mund-Nasen-Schutzes, doch wie einen Film drehen, wenn alle verhüllt sind? Darüber hinwegzusehen fällt also nicht schwer, auch wenn man sich bereits schon hierzulande über sogenannte Nasen-Exhibitionisten wundert. Weniger hinwegsehen lässt sich über das schludrige und viel zu beiläufig auserzählte Finale des geplanten Coups. Ist mir das was entgangen? Womöglich, aber wen wunderts – es ist schließlich Lockdown.

Locked Down

Army of the Dead

ZOMBIE’S ELEVEN

6,5/10


armyofthedead© 2021 Netflix

LAND / JAHR: USA 2021

BUCH / REGIE: ZACK SNYDER

CAST: DAVE BAUTISTA, ELLA PURNELL, OMARI HARDWICK, ANA DE LA REGUERA, THEO ROSSI, MATTHIAS SCHWEIGHÖFER, NORA ARNEZEDER, RAÚL CASTILLO U. A. 

LÄNGE: 2 STD 28 MIN


Abriegeln ist auch eine Möglichkeit, um nicht den gesamten virusverseuchten Pöbel abzubekommen. Glück im Unglück, würde ich’s fast nennen, und eine preisverdächtige Geistesgegenwart in Sachen Sofortmaßnahmen. Dran glauben muss in diesem Fall das Glücksspielparadies Las Vegas. Diese Örtlichkeit inmitten der Wüste wird in Zac Snyders brandneuem Spektakel zum geografisch verortbaren Geschwür aus zigtausenden blutdürstenden Untoten, und es wäre dieser Zustand eigentlich halb so interessant, gäbe es nicht einen Haufen toller Hündinnen und Hunde, die es so tun wollen wie Johnny und seine Spießgesellen – wie das Rat Pack, die Oceans Eleven: nämlich den Geldspeicher eines Casinos plündern. Dafür braucht es einen Leader, einen Safeknacker, eine Hubschrauberpilotin, einen Guide, der die Regeln des Zombiespiels kennt und sonstiges schießwütiges und wehrhaftes Gefolge. Auftraggeber ist ein zwielichtiger Japaner, der natürlich einen seiner Männer als Aufpasser mitschickt Alle sind sie bis an die Zähne bewaffnet, es dominieren coole Sprüche, einzig Brummbär Dave Bautista versucht, bei der Sache zu bleiben. Ein sympathisch einsilbiger Hüne übrigens, mit dem Herzen am rechten Fleck. Ihm folgt man gerne auf eine Reise ohne Wiederkehr, vor allem, weil man sich hinter seiner Schrankfassade gut verstecken kann.

Mit seinem George A. Romero-Schocker Dawn oft he Dead hat Snyder sein Händchen für apokalyptische Horrorszenarien bewiesen. In Army of the Dead geht es entschieden weniger bedrohlich zur Sache, dafür mit Ironie und Scheißdirnix-Attitüde. Allerdings erinnert sein filmischer Blockbuster-Coup, der bislang wohl das fetzigste an großem Streaming-Kino fürs heurige Jahr darstellt, frappant an den südkoreanischen Zombie-Action-Reißer Peninsula, der das Sequel des wunderbar ausgewogenen Genrethriller Train to Busan darstellen sollte. Gemein hat dieser Film mit seinem Original allerdings nichts, außer das selbe Universum und die selbe Epidemie. Auch hier heißt es, Geld sicherzustellen, dass sich in einem Transporter inmitten der längst aufgegebenen Stadt Seoul befindet. Auch hier: eine Gruppe zäher Haudegen, die bald um ihr Leben kämpfen. Bei Snyder sind die Figuren allerdings weitaus illustrer – und auch differenzierter angelegt. James Cameron hat mit Aliens – Die Rückkehr ein genau ähnliches Konzept entworfen. Eine zusammengewürfelte Zweckgemeinschaft gegen eine wabernde Bedrohung – auf das Charisma der Beteiligten kommt es dabei an. Und das haut hin. Überraschend ausgeschlafen und überaus komisch zelebriert sich RomCom-Spezialist Matthias Schweighöfer als deutscher Panzerknacker Dieter. Na bitte – geht doch! Filme wie dieser lassen Schweighöfers überzeichnetes Getue in einem anderen Licht erscheinen. Der Mann sollte für die nächste Zeit mal das Genre wechseln. Das Zusammenspiel mit Buddy Omari Hardwick gehört zu den schönsten Momenten des Films. Darüber hinaus verleiht Snyder seinen tödlichen Kreaturen weniger das Flair einer Zombie- als manchmal vielmehr einer Horde Höhlenorks aus Mittelerde. Diese Zombies hier haben es mehr oder weniger geschafft, sowas wie eine gesellschaftliche Ordnung zu bilden, die allerdings über eine plumpe Monarchie nicht hinausgeht. Der kreischende Endgegner hinter Stahlhelm und auf seinem Zombiepferd atmet fast schon die Luft eines High Fantasy-Abenteuers für das erwachsene Publikum.

Zweieinhalb kurzweilige Stunden Netflix-Kino bieten projektilschwere Action, dass es nur so kracht, splittert und blutet. Selbst bei so einem Schlachtfest weiß Snyder mit Ästhetik umzugehen – seine Vorliebe für kurze Brennweiten zeugen von profunden photographischen Kenntnissen, die mittlerweile Snyders Handschrift sind. Ich mag das, so bleiben selbst platzende Köpfe und aus offenen Halsschlagadern schießendes Blut eine Reminiszenz an wohlkomponierte Comicpanels. Wer allerdings überraschende Wendungen sucht, wartet vergebens. Dieses Heist-Movie beschreibt Eventkino nach Plan, und wer beim wiederholt rabiaten Durchboxen durch Zombiemassen nicht das fade Auge bekommt, wird bestens unterhalten.

Army of the Dead

Triple Frontier

NEHMEN WAS MAN KRIEGEN KANN

6/10

 

triplefrontier© 2019 Netflix

 

LAND: USA 2019

REGIE: J. C. CHANDOR

CAST: OSCAR ISAAC, BEN AFFLECK, PEDRO PASCAL, CHARLIE HUNNAM, GARRETT HEDLUND U. A.

 

Da gibt es dieses Abenteuer-Brettspiel, es nennt sich Drachenhort. Da ziehst du als mittelalterlicher Krieger durch ein Labyrinth, in dessen Zentrum sich der Hort des Drachens befindet. Ähnlich wie Dungeons & Dragons, habe ich aber noch nie gespielt. Beim Drachenhort, da kannst du, wenn der Drache schläft, Schätze raffen. Und das kannst du immer wieder tun, bis der Drache dann doch erwacht – und du alles verlierst. Die Gier war in diesem Fall ein Hund, beim nächsten Mal wird dein Vorgehen womöglich weiser und leiser sein. Wenn es denn ein nächstes Mal gibt. Beim Brettspiel lässt sich das bewerkstelligen. Im simulierten Leben eines Filmes zwar auch, aber das hängt ganz davon ab, ob wir einen Groundhog Day haben oder es Kohle für ein Reboot gibt. In Triple Frontier steht beides nicht zur Wahl. Da müssen die fünf Söldner, darunter Ben Affleck, Oscar Isaac und Charlie Hunnam, sofort die richtige Entscheidung treffen – und vielleicht ihre Gier zügeln, bevor der schnaufende Riese erwacht. Ich könnte hier jetzt noch andere Sprichwörter bemühen, welche die neue Netflix-Produktion in einer abschließenden Moralpredigt auf einen Einzeiler reduzieren. Aber das würde vielleicht zu viel über den Film verraten. Obwohl sehr bald absehbar wird, wohin der ganze Einsatz führen wird.

Wüsste ich es nicht besser, würde ich zumindest in der ersten Filmstunde darauf warten, endlich das unverwechselbare Botox-Konterfei Sylvester Stallones zu erhaschen. Stattdessen habe ich „Poe Dameron“ vor mir, der seine alte Militärgang zusammentrommelt, um einem Drogenboss im brasilianischen Dschungel das Handwerk zu legen. Darüber hinaus soll der Drachenhort des Bösewichts geplündert werden und in die eigene Tasche wandern. Millionen, die da winken. Jeder kann sie brauchen, vom Piloten bis zum kühlen Kopf der Planung. Alles erinnert unweigerlich an den wilden Haufen der Expendables, nur weniger selbstironisch, ernsthafter und im Stile eines Tom Clancy-Thrillers, der zwar mit Politik nichts am Hut hat, seine Helden aber unter der Flagge trotzigem Es-Steht-mir-zu-Idealismus in die grüne Hölle schickt. Thriller wie diese ohne politischen Bezug gibt es ja kaum mehr, Triple Frontier ist so eine Reminiszenz an die alte Schule der 80er, als Chuck Norris noch Missing in Action war oder Arnold Schwarzenegger als Phantom-Kommando seine Tochter retten musste. Aufgesetzt ernsthaft, plakatives Actionkino pur. Triple Frontier erinnert daran, wird aber durch seine begleitende Parabel über die Gier zu einem fingerzeigenden Haudrauf-Märchen und tauscht den moralinsauren Lerneffekt gegen eine gewisse Schadenfreude. Der Fischer und seine Frau fällt mir da noch ein – oder Hans im Glück. Nur Hans im Glück ist froh, den Klumpen Gold nicht mehr tragen zu müssen, während unsere Robin Hoods den für den karitativen Selbstzweck unter den Nagel gerissenen Reinerlös niemals nicht liegenlassen würden. Niki Lauda hätte gesagt: „Wir haben ja nichts zu verschenken!“ Ein Geizgeständnis, das natürlich Folgen hat. Und die führen quer über die Anden. Zwischen Stoßtrupp Gold und Three Kings wird obendrein also noch ein recht solider Survivaltrip mit Heli, Muli und per pedes.

J.C. Chandor hat sich nach Finanz- und Ein-Mann-Katastrophen (Margin Call, All is Lost) dem Genre des Actionfilms zugewandt. Das beschert landschaftliche Augenweiden, viel Grün und Exotik. Chandor weiß sehr gut, wie er die Umgebung in seinen Film miteinbezieht. Seine Figuren aber bleiben, was sie sind: stereotype Haudegen, Männerrollen wie aus den Bastei Lübbe-Heftchen, unwahrscheinlich fit, selten gesegnet mit Selbsterkenntnis und in naivem Heroismus ehr-geizige Ziele verfolgend. Das ist charakterlich recht obsolet und flach, einen Kreise ziehenden Mehrwert hat das handfeste Rififi keinen. Dafür aber wird bei den Rollenklischees nicht so schwarzweißgemalt wie es bei einem Film wie diesen eigentlich zu erwarten war. Alles in allem also ein Abenteuer in rutschfesten Stiefeln und mit jeder Menge Kleingeld – wie ein Erlebnisurlaub für harte Kerle im Krisengebiet mit niemals sinkender, aber sickernder Moral, die uns klarmacht: Geiz ist nicht immer geil.

Triple Frontier

Widows – Tödliche Witwen

VIER FRAUEN UND EIN TODESFALL

5,5/10

 

widows© 2018 Twentieth Century Fox

 

LAND: USA 2018

REGIE: STEVE MCQUEEN

CAST: VIOLA DAVIS, ELIZABETH DEBICKI, MICHELLE RODRIGUEZ, COLIN FARRELL, CYNTHIA ERIVO, LIAM NEESON, DANIEL KALUUYA, ROBERT DUVALL U. A.

 

Fünf Jahre ist es schon her, seit der Brite Steve McQueen mit seiner Leidensgeschichte 12 Years a Slave das Kinopopcorn im Halse stecken hat lassen. Eine Schaffenspause, schön und gut, nach so viel emotionaler Schwere durchaus legitim. Sein neuester Streifen ist zwar um einiges leichter, aber immer noch ein finsterer Brocken an Film, der sich sicherlich nicht auf die leichte Schulter nehmen lässt. Im Kern ist Widows – mit dem banalen deutschen Zusatz Tödliche Witwen – ein Heist-Thriller aus dem urbanen Randbezirk, voller windschiefer Politiker, Korruption und vertuschten Morden. Das gabs im amerikanischen Thriller-Genre natürlich schon des Öfteren, wie zum Beispiel The Drop, ein nicht weniger finsterer Krimi des Belgiers Michaël R. Roskam, mit James Gandolfini in einer seiner letzten Rollen. Auch Ben Affleck´s The Town fügt sich bequem ein in dieses Subgenre sozialkritischen Räuberpiostolen in diffuser moralischer Grauzone. Widows ist dann doch etwas anders, da sich der Film im Zuge der aktuellen weiblichen Casting- und Umbesetzungswelle männlich dominierter Franchises als reine Damen-Rochade behauptet. Ein feministischer Film Noir also, der das Schicksal von drei völlig unterschiedlichen Frauen herausfordert, die allesamt mehr oder weniger vor dem Nichts stehen, nachdem die überhebliche Dominanz ihrer risikofreudigen männlichen Partner zu nichts anderem geführt hat als zu den Kosten für eine Beerdigung, die garantiert nicht zur Seite gelegt wurden. Stattdessen rückt der sinistre schwarze Bezirkspolitiker Manning der trauernden Viola Davis auf die Pelle, um 2 Millionen Dollar zurückzufordern, die ihr verstorbener Gatte den politisch motivierten Gangstern abgeluchst zu haben scheint.

Es wären keine tödlichen Witwen, würden sich diese auch nur irgendwie einschüchtern lassen. Natürlich, mit der Angst bekommen Sie es sehr wohl zu tun. Doch mit diesen Wassern, mit denen gewiefte Frauen eben gewaschen sind, lässt sich die Sauerei an Männerwirtschaft, die da hinterlassen wurde, zumindest mal in der Theorie ganz gut wegschaffen. Mit einem 5 Millionen-Doller-Bonus, der da winkt, dank eines schlauen Notizbuches von Ganove Liam Neeson, der einmal mehr mit seinem knorrig-impulsiven Gastauftritt womöglich dank eines klugen Rollen-Managements jenseits seiner Action-Stereotypie zeigt, was er sonst noch kann. Allerdings nur in wenigen Szenen, doch diese sind wichtig, um dem Plot seine Twists machen zu lassen, die auch nicht von ungefähr kommen, da Starautorin Gillian Flynn (Gone Girl, The Girl on the Train) gemeinsam mit McQueen das Drehbuch verfasst hat. Was einige von euch womöglich nicht wissen: Widows beruht auf einer britischen TV-Serie, und die wiederum auf einer Romanvorlage von Lynda La Plante. Zum zweistündigen Kriminaldrama zusammenkomprimiert, ist Widows auf jeden Fall illustres Schauspielkino, das kernige Cameos wie die eines Robert Duvall durch den Sumpf des Verbrechens waten lässt. Die resolute Viola Davis ist wie meist von einer tief verwurztelten, spaßbefreiten Tragik erfasst, und Elizabeth Debicki als blond-blasser, verletzlicher Engel entgleitet wohl am Deutlichsten die Balance des Lebens. Als diabolisches Schreckgespenst des Kleinstadt-Terrors: Daniel Kaluuya, bekannt geworden aus Get Out.

Dennoch – auch wenn all diese strauchelnden und bedrohlichen Gestalten recht glaubwürdig agieren – bis auf wenige Momente weiß Widows nicht wirklich zu berühren. Die kalte, herbstgraue Ödnis der Chicagoer Peripherie ist die richtige Kulisse für kalte, herbstgraue Egozentriker, die nur sich selbst als Nächsten wähnen, auch wenn der Reverend der örtlichen Gemeinde das solidarische Soll mit Inbrunst predigt. Geliebt wird hier eigentlich niemand, maximal der Schoßhund von Viola Davis – die Idee, das Glück eines anderen zu schmieden, findet in einer Welt des Übervorteilens und Unterdrückens kein Gehör. Das macht all die Damen und Herren hier nicht wirklich sympathisch, und wieso soll ich als Zuseher Mitgefühl mit jenen haben, die, sozial isoliert, ausschließlich eigennützig agieren. Gut, es sei den vier Frauen der Erfolg ihres Unterfangens schon vergönnt, das demonstrativ emanzipierte Schnippchen natürlich sehr gerne geschlagen. Der unnahbare Stil des Filmes aber, die eigenwillige, zugegeben durchaus interessante Methode, gesprochene Dialoge zeit- und ortsversetzt zu platzieren, Gesprächspartner gar nicht mal zu zeigen und Sequenzen in relativ groben Cuts miteinander zu verflechten – das alles trägt nicht wirklich dazu bei, Berührungspunkte mit dem Publikum zu schaffen. Das macht Widows zu einem affektiert kaltschnäuzigen Thrillerdrama, das relativ ignorant sein Ding durchzieht. Ob dieses dann gelingt, ist bei solchen Leuten wie im Film für mich fast schon irrelevant.

Widows – Tödliche Witwen

Ocean´s 8

DIEBISCHE DIVEN

6/10

 

oceans8© 2000-2018 Warner Bros.

 

LAND: USA 2018

REGIE: GARY ROSS

CAST: SANDRA BULLOCK, CATE BLANCHETT, HELENA BONHAM-CARTER, ANNE HATHAWAY, RIHANNA, SARAH PAULSON, MINDY KALING U. A.

 

Diese Tatsache dürfte spurlos an mir vorübergegangen oder nicht mal bis zu mir vorgedrungen sein – dass Danny Ocean, fast schon an der Grenze zum Kult souverän verkörpert von George Clooney, der mittlerweile lieber am Comer See weilt als nach dem Desaster von Suburbicon wieder neuen Filmstoff aufzubereiten, das zeitliche gesegnet hat, war dann doch zu Anfang des Filmes etwas ernüchternd. Allerdings würde ein Cameo des immer mehr ergrauenden Schönlings vielleicht sogar Sandra Bullock die Show stehlen, doch das glaube ich kaum. In Gravity hat das ja schließlich auch funktioniert. Doch in Anbetracht eines gänzlich weiblichen Hochglanz-Heist-Movies haben Danny´s Spießgesellen hier rein gar nichts verloren. Das haben die Macher bei der XY-Chromosomen-Variante von Ghostbusters noch nicht so eng gesehen. Bill Murray und Ernie Hudson hatten zumindest ihre Ehrenrunde gedreht. In Ocean´s 8 dreht sich maximal Clooney im Urnengrab um – und das nicht wegen der Qualität des Filmes: Ocean´s 8 mit Lady Bullock und Cate Blanchett an der Spitze ist überraschend besser gelungen als ich vermutet hätte.

Die fließend deutsch sprechende Oscarpreisträgerin wird als als Danny Ocean´s Schwester aus dem Kittchen entlassen – nur um wieder neue Pläne zu schmieden, weil das Robin Hood-Gen innerhalb der Ocean-Familie ja irgendwie Hummeln im Hintern hat und das Bestehlen der ohnehin Superreichen eigentlich nur ein Kavaliers- oder Ladys- Delikt sein kann. So ein Klunker, der gestohlen werden muss, ist ja der Inbegriff einer wirklich nicht notwendigen Dekadenz, da kann man schon vertrackt wirkende Pläne schmieden und noch den einen oder anderen weiblichen Superstar Hollywoods mit ins Boot holen. Sogar Rihanna in Dreadlocks und Schlabberlook darf Computer hacken, Helena Bonham-Carter in willkommener Exaltiertheit eine Modedesignerin mimen und Anne Hathaway prinzessinenlike den Star im Starfilm mit all seinen Allüren so richtig rauslassen. Ein illustres und launiges Ensemble, dass Gary Ross hier versammelt hat. Jede auf ihrem Posten, stets bemüht, der anderen nicht die Show zu stehlen. Unter dieser Regel funktioniert sogar ein solcher Ensemblefilm, und das hätte ich bis dato doch nur Steven Soderbergh zugetraut. Falsch gedacht, Ross gelingt das Ganze ebenso. Es macht Spaß, den Damen zuzusehen, auch wenn der wiederholte Story-Twist dann doch sehr vorhersehbar seine Karten ausspielt. Verbrechen werden in Oceans 8 zum Bungee-Sprung für sektnippende Schlauköpfe, ein zeitvertreibender Nervenkitzel für bis zur Langweiligkeit verwöhnte Jetsetterinnen und ausgebrannte Kreative, stets nicht auf den Mund gefallen und immer mit dem Kopf über Wasser. Das weiß der Zerstreuung suchende Zuschauer ohnehin zu Beginn, will aber so gerne wissen, auf welche Art einer verknöcherten Elite das Handwerk gelegt werden wird, um sich dann mitzufreuen, wenn die Katze im Sack ist.

Oceans 8 ist eine freudvolle Trickbetrügerei, bei der selbst Sammy Davis und Dean Martin geschmunzelt hätten. Durchhänger gibt es keine, Leerlauf ebensowenig, die spitzzüngige Antwort auf das Testosteron-Understatement von Clooney, Damon, Pitt und Co ist auf Zug inszeniert und hält was es verspricht, wobei es auch nicht mit dem etwas Mehr überrascht, was vielleicht dazu geführt hätte, die Krimikomödie zwischen Celebrity und Mission: Impossible-Anleihen samt Handtäschchen mit Nachdruck weiterzuempfehlen.

Ocean´s 8

Baby Driver

MIT MUSIK GEHT ALLES BESSER

7,5/10

 

babydriver© 2017 Sony Pictures / Quelle: filmstarts.de

 

LAND: Grossbritannien, USA 2017

REGIE: EDGAR WRIGHT

MIT ANSEL ELGORT, LILY JAMES, KEVIN SPACEY, JAMIE FOXX, JON HAMM U. A.

 

James Dean hat, bevor ihn das Schicksal ereilte, nur drei Filme gedreht. Das weiß mittlerweile nicht nur jeder Filmfan, das ist längst Allgemeinbildung. Der lakonische Lonely Boy wurde über Nacht zum Star und zur Ikone – zum Mythos wurde er nach seinem Tod. Seine Leidenschaft für den fahrbaren Untersatz wurde ihm letzten Endes zum Verhängnis. Ganz so wie in Denn sie wissen nicht, was sie tun. Ein Rebell ohne Grund. Und wäre dieser Rebell nicht so schnell so unsterblich geworden, hätte es womöglich noch viele Filme mit ihm gegeben. Zum Beispiel Baby Driver. Dean in dem gewieften Fluchtwagenthriller  besetzt zu sehen erfordert meinerseits nicht viel Fantasie. Für den jungen Eigenbrötler aus Indiana wäre Baby Driver vielleicht sogar zur Herzensangelegenheit geworden. Dabei hätte er eigentlich nur sich selbst spielen müssen. Wortkarg bis zur Arroganz, stets mit Sonnenbrille, und permanent Kopfhörer in den Ohren. Denn mit Musik geht für den kindlichen Autonarr und Boliden-Klarmacher einfach alles besser. Das hat natürlich seinen Grund, den ich hier nicht verraten werde. Ansel Elgort verkörpert diesen Baby, wie er sich selbst nennt, auf eine überhebliche, ignorante, aber auch pragmatische und fürsorgliche Art und Weise. Ob das reine Coolness ist, oder reine Berechnung, oder ob etwas ganz anderes dahinter steckt, wagt man anfangs nicht so genau zu wissen. Baby ist jedenfalls jemand, so scheint es, den nichts erschüttern kann. Weder gehässige Bankräuber, noch einen fordernden und kompromisslosen Unterweltler, dem Baby noch einiges schuldig zu sein scheint. Also fährt er für ihn. Und macht die Drecksarbeit. Dieser Unterweltler ist übrigens Kevin Spacey, herrlich schmierig, profitorientiert und oberlehrerhaft. Und diese Bankräuber, das sind Typen wie „Motherfucker“ Jamie Foxx, der nach seiner Rolle in Kill the Boss wieder mal den anlassigen Oberstrizzi mit lockerer Lippe geben darf.

Hot Fuzz-Regisseur Edgar Wright, Co-Schöpfer der Cornetto-Trilogie mit Nick Frost & Simon Pegg, erzählt in seinem rasanten, aufgeweckten Actionfilm eine locker-flockige Romanze zwischen American Graffiti und Drive. Und ja, sowohl Gosling als auch Elgort sind beide von der Sorte, die eher andere reden lassen. Was anhand des Trailers im Kino längst nicht so verführerisch ausgesehen hat, und man vermuten hätte können, dass es sich bei Baby Driver doch eher um ein Need for Speed aus der Schema F-Schublade handelt, ist in Wahrheit tatsächlich einer der sehenswertesten Genrebeiträge dieses Jahres. Elgort ist eine Entdeckung, allerdings erst auf dem zweiten Blick. Und diese reizvolle, mit fetzigen Vibes unterlegte Mixtur aus Natürlichkeit und augenzwinkernder, leicht märchenhafter Spannung lässt Langeweile außen vor. Baby Driver hat sogar mehr Drive als Drive, weil es keinen affektierten Ego-Stil eines Nicolas Winding Refn vor sich herträgt, sondern die groovige Räuberpistole nicht mehr sein lässt, als sie ist – cooles Gaunerkino mit dem gewissen Etwas eines James Dean, rasant und kurzweilig bis zum Gehtnichtmehr und extraordinär besetzt. True Romance für die Generation What!

Baby Driver