Die Kairo Verschwörung (2022)

WIE MAN EINEN ENGEL REKRUTIERT

6/10


kairoverschwoerung© 2022 Atmo-X-VerleihAG


LAND / JAHR: SCHWEDEN, FRANKREICH, FINNLAND, DÄNEMARK 2022

BUCH / REGIE: TARIK SALEH

CAST: TAWFEEK BARHOM, FARES FARES, MOHAMMAD BAKRI, MAKRAM KHOURY, MEHDI DEHBI, RAMZI CHOUKAIR, JAWAD ALTAWIL, SHERWAN HAJI, AHMED LAISSAOUI U. A.

LÄNGE: 2 STD 6 MIN


Wie sieht es denn eigentlich hinter den Kulissen des bei Touristen wohl beliebtesten islamischen Landes aus? Pyramiden, die Sphinx und unzählige archäologische Sights sind Geldquellen für einen Staat, der Religion und Politik ungern trennt und gerne Einfluss hat auf die an den Lehrstätten geführte Tonalität der Koran-Exegese. Die wird in den ehrwürdigen Hallen und Plätzen der Al Azhar-Universität betrieben, einer islamisch-wissenschaftlichen Institution von internationalem Rang. Wer hier sein Studium beginnt, kann sich glücklich schätzen. Es ist die intellektuelle Elite, und der Imam eine einflussreiche Person, die wohl vorgibt, welche Art Auslegung des Islam in Zukunft gelebt werden wird. Als glücklich kann sich auch Adam schätzen, der Sohn eines bescheidenen Fischers. Als er der Willkommensrede des Oberhaupts beiwohnt, geschieht das Unfassbare: Der Imam muss seinen Text unterbrechen, kurze Zeit später verstirbt er.

Der Imam ist tot, es lebe der Imam – das Vakuum, das plötzlich vorherrscht, ist dem eines Königshauses ohne bestimmten Nachfolger nicht ganz unähnlich. Der Neue soll zumindest einer sein, der mit den politisch-gesellschaftlichen Ansichten des Staates d’accord geht. Da es aber drei Kandidaten gibt, die für das Amt infrage kommen, muss die Staatsicherheit aktiv werden – und einen Spitzel rekrutieren, der das Zeug hat, das Verhalten der Kommilitonen zu manipulieren und die Voraussetzungen für die Wahl des einzig richtigen Imams zu steuern. Ob er will oder nicht, kommt Adam zum Handkuss. Er wird, als sein Vorgänger auffliegt, zum neuen „Engel“ ernannt, der nun tun muss, was sein Auftraggeber, der ambivalente und wenig zimperliche Ermittler Ibrahim (Fares Fares), ihm befiehlt. Scheich Omar Bewlawi muss die Wahl gewinnen, komme was wolle. Adams Leben und das seines Vaters stehen auf dem Spiel, und bald erschüttert ein Mord die ehrwürdigen Arkadengänge der Universität.

Tarik Saleh, ein schwedischer Filmemacher mit ägyptischen Wurzeln, hatte schon 2017 einen Film über das Land seiner Ahnen hingelegt, der nicht nur mit den Wassern des Nil, sondern sonst auch mit allen anderen gewaschen war. Die Nile Hilton Affäre ist ein intensives Agentendrama vor politischem Hintergrund – brisant, authentisch und spannend. Ägypten ist für Saleh wohl nicht irgendein Thema – seine Auseinandersetzung mit dem Land setzt jede Menge Know-How und gewissenhaft erledigte Hausaufgaben voraus, damit nicht Mutmaßliches kolportiert wird. Der Trailer zu Die Kairo-Verschwörung wirbt damit, seinem Publikum noch nie dagewesene Einblicke zu gewähren. Es geht direkt ins Herz der islamischen Lehre, ohne aber die Religion selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Es sind die Mechanismen der Staatsgewalt und die Bereitschaft, über Leichen zu gehen, um das Wohl Ägyptens zu sichern. Der unbescholtene und arglose Adam ist da das Opfer par excellence. Wie er versucht, seine Hürden zu meistern, ist bedächtiges Politkino, das sich nicht um Eile bemüht, sondern sehr viel beobachtet.

Es ist die Location, der Platz, die Architektur des legendären Gebäudes. Es sind die in Kaftan gewandeten Studenten mit rotweißem Fes, die Tarik Saleh immer und immer wieder ins Bild rückt. Ja, die islamische Kultur als Hort des Wissens hat Anmut, Stil und übt eine Faszination aus, der man sich nur schwer entziehen kann. Wenn manch ein stimmlich versierter Student zum Rezitier-Wettbewerb aus dem Koran antritt, könnte man dem Sprechgesang (dessen Intonation aber nicht melodisch sein darf) stundenlang zuhören. Zwischen diesen Reizen liegt ein nüchterner Thriller aus einem fernen und isolierten Umfeld. Interessant ist das richtige Wort für Die Kairo-Verschwörung (internationaler Titel: Boy from Heaven), die auf den letztjährigen Filmfestspielen in Cannes den Preis fürs beste Drehbuch erlangt hat. Saleh überlässt nichts dem Zufall in seinem genau recherchierten Film – zumindest hinterlässt er den Eindruck, dass all das, was man sieht, genauso passieren könnte. Und doch bleibt die Schicksalsballade politisch motivierter Infiltration erstaunlich trocken, dafür aber sachlich und gefasst, was so einige Aufmerksamkeit erfordert. Das wiederum kann ermüdend wirken. Irgendwann manipuliert jeder jeden, und die Chronik einer nicht ganz so überraschenden geheimen Agenda wird zum Psychodrama eines menschlichen Werkzeugs für höhere Ziele. Die Kairo-Verschwörung ist spezielles Kino für Interessierte, und ja – mich gewinnt dieses Genre prinzipiell immer.

Doch so auf Zug und mit Elan inszeniert wie sein letzter Ägypten-Film ist dieser hier nicht geraten. Vielleicht liegt es daran, dass die im Hintergrund laufenden Machenschaften wenig überraschen oder gar verwundern. Dass die Politik in autoritären Ländern wie diesen zu solchen Mitteln greift, ist gefühlt nichts Neues. Und auch das Schicksal des Protagonisten scheint vorhersehbar.

Die Kairo Verschwörung (2022)

Sick of Myself (2022)

DIE SYMPTOME DER GELTUNGSSUCHT

6/10


sickofmyself© 2023 Filmladen Filmverleih


LAND / JAHR: NORWEGEN, SCHWEDEN 2022

BUCH / REGIE: KRISTOFFER BORGLI

CAST: KRISTINE KUJATH THORP, EIRIK SÆTHER, FANNY VAAGER, FREDRIK STENBERG DITLEV-SIMONS, SARAH FRANCESCA BRÆNNE, INGRID VOLLAN, STEINAR KLOUMAN HALLERT, ANDREA BRAEIN HOVIG U. A.

LÄNGE: 1 STD 37 MIN


So mancher und so manchem wird dieses Gefühl vielleicht fremd sein – ich selbst aber kenne das von früher, als ich noch nicht wusste, worum es im Leben eigentlich gehen sollte: Das Gefühl einer selbstwertgefährdenden Niederlage, die daraus resultiert, nicht im Mittelpunkt zu stehen. Alles dafür getan zu haben, aber doch nicht wichtig genug zu sein. In einer Gesellschaft, in der man den Wert des Menschen eigentlich nur über seine Leistung definiert, und wenn nicht darüber, dann über das Geld, sollte man sich selbst genug sein. Das schützt vor so mancher Schmach oder dem Umstand, dass einem beim Versuch, alle Blicke auf sich zu ziehen, die Puste ausgeht. Andere wollen um jeden Preis – und wirklich um jeden Preis – die Aufmerksamkeit aller. Wollen bewundert, und wenn nicht bewundert, dann bemitleidet werden, weil sie ein Opfer bringen oder Opfer von irgend etwas anderem geworden sind. Das ist schon pathologisch. Und diese Art krankhafte Geltungssucht, die hat nun ein Gesicht. Und zwar ein entstelltes.

In der norwegischen Psychosatire Sick of Myself kommt man aus dem Staunen nicht heraus, wenn klar wird, dass dieser betriebene Exzess zugunsten eines zweifelhaften Ruhms durchaus realistisch sein kann. Im Mittelpunkt – und dieser wird ihr den ganzen Film hindurch nicht genommen – steht eine junge Frau namens Signe, die mit ihrem Freund zusammenlebt, der in der Kunstszene schon zu einigem Renommee gekommen ist. Das schmeckt Signe, die „nur“ in einer Bäckerei arbeitet und sonst kaum Hobbys hat, gar nicht. Auch sie will gesehen, gehört und bewundert werden, so wie ihr Freund. Und sobald sich alles um ihn dreht, findet sie Mittel und Wege, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das beginnt noch mit kleinen, perfiden Spielereien, wie zum Beispiel dem Vortäuschen einer Lebensmittelallergie. Als das auch nicht mehr zieht, beschafft sie sich auf illegalem Wege obskure russische Medikamente, die bei kontinuierlicher Einnahme zu horrenden körperlichen Schäden führen. Sprich: Der Weg zum Quasimodo ist geebnet, Signe macht sich, wie der Titel schon prophezeit, selbst krank und tut so, als käme diese Pein aus heiterem Himmel. Ihr Gesicht ist vernarbt, der Körper voller Flecken. Der Freundeskreis ist, so wie wir im Publikum, abgestoßen und fasziniert zugleich. Zeigt Mitleid und Bewunderung, wie Signe es meistert, damit umzugehen. Bald schon erscheint ein Artikel in der Zeitung, doch das ist unserer „Patientin“ nicht genug. Sie will noch mehr Aufmerksamkeit. Sie will den Ruhm und die Wichtigkeit, die andere haben, nur nicht sie. Wohin das führt? Zur Frau im Essigkrug.

Die Idee des bei den letztjährigen Cannes Filmfestspielen in der Kategorie Un Certain Regard gezeigten Werks des Autorenfilmers Kristoffer Borgli ist eine, deren filmische Umsetzung recht reizvoll erscheint, ist doch das Thema eines, das den Zeitgeist trifft und das Phänomen Social Media auf seine Grundmotivationen herunterbricht. Die Freakshow um einen Minderwertigkeitskomplex und seine Folgen zieht in seinen Bann, man kann nicht wegschauen, man kann nur verblüfft staunen, wie sehr ein flüchtiger Wert wie Ruhm ein Leben ruinieren kann. Und dennoch ist Sick of Myself etwas einseitig geraten. Wir beobachten Signes selbstkreierten Leidensweg lediglich aus ihrer Sicht, ihr Lebensentwurf ist der einzige, der im Film zur Verfügung steht. Somit sucht die Satire keinen Diskurs, sondern wirkt selbst wie ein Beipackzettel für ein Medikament, dass hochgradig suchtgefährdend ist. Auf die Dauer wird die Chronik der Ereignisse redundant, und nur vereinzelt gibt es erhellende Spitzen. Im ähnlich positionierten Satiredrama Not Okay von Quinn Shephard mit Zoey Deutch als Lügenbaronesse findet der moralische Konflikt viel effizienter statt, während Sick of Myself kaum Wert auf ein Echo legt. In Not Okay gibt eine alternative Weltsicht kontra und lädt zur vehementen Auseinandersetzung mit den Prioritäten des Lebens. Das mag vielleicht gefälliger sein, dafür aber eingängiger. In der norwegischen Groteske allerdings entbehrt die Gesellschaft keine helfende Hand, und auch den Unterschied zwischen Realität und Fiktion muss man erst erlernen, führt die Mixtur aus beiden anfangs zu einiger Konfusion. Später hat man den Dreh raus, nur Signe nicht. Für Erkenntnis bleibt kein Platz, doch immerhin hat der Freak seine Blase gefunden.

Sick of Myself (2022)

Der Mann, der seine Haut verkaufte (2020)

DIE FREIHEIT DER KUNST

6/10


dermannderseinehautverkaufte© 2020 eksystent filmverleih


LAND / JAHR: TUNESIEN, FRANKREICH, BELGIEN, DEUTSCHLAND, SCHWEDEN 2020

BUCH / REGIE: KAOUTHER BEN HANIA

CAST: YAHYA MAHAYNI, DEA LIANE, KOEN DE BOUW, MONICA BELLUCCI, RUPERT WYNNE-JAMES, HUSAM CHADAT U. A. 

LÄNGE: 1 STD 48 MIN


Wenn man länger drüber nachdenkt, verwundert es einerseits nicht – andererseits fühlt es sich nicht ganz richtig an: Dass Kunstwerke mehr wert sind als ein Menschenleben. Vielleicht, weil diese Kunstwerke immer nur Unikate sind. Und der Mensch nicht als Individuum, sondern nur als ein Exemplar immer derselben Spezies betrachtet wird, und das alleine deswegen, weil man nichts über die Biographien der jeweiligen Menschen kennt. Dann würde sich herausstellen, dass jeder von ihnen genauso einzigartig ist wie eines dieser um Millionen Euro gehandelten Exponate, die frei von irgendwelchen Beschränkungen durch die Welt tingeln, ohne Angst haben zu müssen, ausgestoßen, zurückgewiesen oder misshandelt zu werden. Immerhin sind diese Werke hoch versichert.

Doch machen wir mal die Probe aufs Exempel. Mit einem Film, der 2021 für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert war: Der Mann, der seine Haut verkaufte. An dieser Stelle bemühe ich stets gerne die gesellschaftskritische Philosophie des französischen Dadaisten Marcel Duchamp, der seinerzeit die Dreistigkeit besaß, ein herkömmliches Pissoir zum Kunstwerk zu deklarieren. Das soll nicht bedeuten, dass dies den Wert des Menschen spiegeln soll, sondern nur die Relation zum Wertebegriff und worauf es ankommt, etwas in seinem Wert zu steigern oder zu senken. Duchamp ist das gelungen, selbst Picasso hat im Zenit seines Ruhms einfach nur Servietten mit seiner Signatur bekritzeln müssen, schon war dieses Stück Stoff mindestens einen ganzen Lotto-Jackpot wert. Was stimmt hier nicht, dass Menschen um ein besseres Leben ringen müssen und Pissoire unbezahlbar werden? Was aber, wenn man beides zusammenbringt? Der syrische Flüchtling Sam Ali, der aufgrund unbedachter und aus dem Zusammenhang gerissener Aussagen im Libanon ein neues Leben beginnen musste, fernab aller erträumten Möglichkeiten, schließt Bekanntschaft mit einem weltberühmten Künstler namens Jeffrey Godefroy, einem Belgier. Der akzentuiert geschminkte Mann mit dem gefälligen Sprech eines Mistopheles überredet den jungen Mann dazu, seinen Rücken für ein formatfüllendes Tattoo zu Verfügung zu stellen. Er will aus Sam Ali ein Kunstwerk machen, und zwar versehen mit dem Artwork des heiß begehrten Schengen-Visums. Dafür soll dieser reichlich Geld und eine Aufenthaltsbewilligung in Belgien bekommen, unter der Bedingung, für jedwede Kunstaktion oder Ausstellung zeitgerecht zur Verfügung zu stehen.

Die Idee der tunesischen Filmemacherin Kaouther Ben Haina ist originell, vielschichtig und inspirierend. Die Freiheit der Kunst als eine Parabel dieser Art zu interpretieren, ist fast schon genial. Mit Betonung auf fast. Denn obwohl der Umgang der Wohlstandgesellschaft mit ihren Werten in so manchen Szenen satirisch hinterfragt wird, gefällt Ben Haina die nebenherlaufende Beziehungsgeschichte zwischen ihrem als Exponat verschacherten Protagonisten und seiner großen Liebe, die sich für ein besseres Leben in den Westen verheiratet hat, deutlich mehr. Die Kritik an Kunst und Prestige fällt zu zaghaft aus, der Vorwurf eines Solidarität heuchelnden, aber letztlich hilflosen Establishments will gar nicht so laut erklingen. Im Vergleich dazu hat Ruben Östlund mit seiner Brachialsatire The Square die satirischen Klingen viel mehr geschärft als Ben Haina es tut. Ihr Anti-Held ist zwar ein Kunstwerk, ein wandelndes und aufmüpfiges Kunstwerk, was an sich schon bizarr genug ist ­– sein Sinneswandel im Laufe des Films fällt aber zu konzeptionell aus, was heißen will, dass Der Mann, der seine Haut verkaufte oft nicht genau weiß, ob es versöhnliches Märchen sein will oder eine zeitgemäße Kritik, auch wenn mitunter punktgenaue Zitate wie die umgekehrte Sage des Pygmalion die Entscheidung schwerfallen lassen. Es scheint aber, dass der Idealismus vehementer durchschimmert, dass elitäre Kunst seine Daseinsberechtigung haben soll und dass die Heimat dem kapitalistischen Westen immer noch vorzuziehen wäre, wenn irgend möglich. Mit der Realität hat der Film dann immer weniger zu tun, die Romanze obsiegt.

Der Mann, der seine Haut verkaufte (2020)

Holy Spider (2022)

DER ZWECK HEILIGT DIE MITTEL

6/10


holyspider© 2022 Alamode Film


LAND / JAHR: DÄNEMARK, DEUTSCHLAND, SCHWEDEN, FRANKREICH 2022

REGIE: ALI ABBASI

BUCH: ALI ABBASI, AFSHIN KAMRAN BAHRAMI

CAST: ZAR AMIR EBRAHIMI, MEHDI BAJESTANI, ARASH ASHTIANI, FOROUZAN JAMSHIDNEJAD, ALICE RAHIMI, SARA FAZILAT, SINA PARVANEH, NIMA AKBARPOUR U. A.

LÄNGE: 1 STD 59 MIN


Das älteste Gewerbe der Welt gibt es immer noch, und zwar überall. Das wird es so lange geben, solange es Männer gibt. Denn Männer haben einen Sexualtrieb, dem sie nachgehen müssen. Da lässt sich noch so beschämt in die Runde blicken – die Natur gibt, was sie eben gibt, um die Art des Homo sapiens zu erhalten. Wohin also mit den Trieben? Genau deshalb gibt es die Prostitution, es ist ein Knochenjob, es ist weder erquickend für die, die es anbieten, noch sinnlich oder befriedigend. Es ist körperliche Arbeit, es ist Erduldung und Erniedrigung, für die letztendlich etwas Geld rausspringt, damit der entbehrliche Alltag noch finanziert werden kann. Prostitution entsteht aus sozialer Not und gesellschaftlicher Ausgrenzung. Männer wie Saeed Hanaei, beseelt durch den heiligen Imam Reza, hätte diesen Frauen in der heiligen Stadt Maschhad durchaus einfach nur das Geld geben brauchen, damit sie nicht anschaffen müssen. Er hätte sie vielleicht auffangen, woanders hin vermitteln können. Saeed ist schließlich niemand ohne Kontakte. Doch der Humanismus ist solchen Leuten suspekt. Sie sehen nur die Symptome, die da sind: sich für Geld zum Sex anzubieten.

Das macht Männer wie Saeed Hanaei wütend, vielleicht auch aus verstecktem Selbsthass und der Ohnmacht, ein Mann zu sein, dessen Geschlechtsgenossen dieses Gewerbe überhaupt am Laufen halten. Also wählt der verheiratete Zimmermann und Vater zweier Kinder die so grausame wie plumpe Methode, um seine Heimatstadt vor dem Verfall der Sitten zu bewahren: er bringt die Frauen eine nach der anderen um. Lädt sie zuerst zu sich nachhause ein, um sie dann zu strangulieren und die Leichen wegzuschaffen, an irgendeinen anderen Ort, um nicht in Verbindung damit gebracht zu werden.

Dieser als Spinnenmörder Anfang der 2000er Jahre berüchtigte Verbrecher hat tatsächlich so gewütet – und war sich bis zuletzt keinerlei Schuld bewusst. Um den Fall zu untersuchen, reist die (fiktive) junge Journalistin Arezu Rahimi an den Ort des Verbrechens, um dem Mörder auf die Spur zu kommen. Sie interviewt die Polizei, sie folgt den Aussagen von Zeugen und geht sogar, in Ermangelung investigativer Erfolge, sogar so weit, sich selbst als Prostituierte auszugeben, um Saeed inflagranti zu erwischen. Letzten Endes wird ihr das auch gelingen, trotz subversiven Widerstandes und den Einschüchterungen der örtlichen Polizei. Es wäre womöglich kein muslimisches Land, würde der Sinn für Recht und Unrecht klar unterschieden, Saeed verurteilt und seiner Strafe zugeführt werden. Hier, in einem Land, in welchem das lockere Tragen eines Kopftuches für Frauen gefährlich werden kann, wo Frauen nicht alleine reisen oder überhaupt frei agieren können, ohne die so strafenden wie lüsternen Blicke der Männer auf sich zu ziehen, herrscht eine verkehrte moralische Welt, die mit zweierlei Maß misst und die Tötung von Menschenleben umjubelten Vororte-Jihads gleichsetzt, die das nötige Prestige einbringen.

Ali Abbasi, ein nach Dänemark ausgewanderter iranischer Filmemacher, der zuletzt mit dem skandinavischen Fantasy- und Mythendrama Border für Aufsehen sorgte, begibt sich nun wieder zurück an den Ursprung – und zwar in den zumindest im Film dargestellten Iran (gedreht wurde tatsächlich in Jordanien), um anhand dieses True Crime-Szenarios die viel zu hemmungslos nutzbaren Mechanismen der Ermordung anderer zu erörtern, die den heiligen Lehren zuwiderlaufen. Wie bei Hanekes Das weiße Band, wo die Ursprünge des Faschismus einer Wurzelbehandlung unterzogen wurden, wühlt Abbasi mit Leichtigkeit im vertrockneten Sumpf der Moralvorstellungen Strenggläubiger herum und sieht bereits in deren Nachwuchs das nächste Problem. Da ist es fast schon egal, ob es gegen die Sitte oder den Unglauben geht. Die Bereitschaft, den Islam reinzuhalten, duldet radikale Mittel. Und so staunt man als Zuseher nicht schlecht, und es wird einem seltsam anders zumute, wenn der sechzehnfache Mörder als Held gefeiert wird. Holy Spider zeichnet eine kranke, vor allem frauenfeindliche Welt, die schon in den ersten Szenen des Films ihre Ablehnung auf alles Weibliche offenbart. Klar gibt es Ausnahmen, wenn Bildung und Aufklärung greifen. Doch wer hat die schon, können diese Faktoren autoritären Regimes schließlich gefährlich werden. Holy Spider, brisanter denn je, macht aus seinem Stoff aber keine Parabel, sondern bedient sich des Genres eines klassischen Thrillers im kalten Schein der Halogenlampen, billigen Reklamelichter und unter wummernden Klängen. Er wirft Sahra Amir Ebrahimi, Gewinnerin der goldenen Palme als beste Schauspielerin, dem Patriarchat fast schon zum Fraß vor.

Die Zeitschrift cinema meint, Holy Spider hätte nichts mit einer gewissen Religion zu tun oder gar mit einer Kritik an den Staat selbst. Letzteres mag stimmen, bei ersterem bin ich anderer Meinung: Gerade dieses Verständnis für Sitte und Anstand wurzelt im Moralkodex eines religiösen Extremismus, und selbst die Ehefrau Saeeds kann, als sie von den Straftaten ihres Mannes erfährt diese nicht verurteilen. Das ist es, was zutiefst irritiert, doch Ali Abbasi nutzt das Medium Kino, in dem alles möglich sein kann, nicht dafür, die True Story insofern zu verzerren, um eine noch bizarrere Zukunftsvision zu errichten, vor welcher selbst der muslimische Mann zusammengezuckt wäre. Abbasi zeigt zwar drastische Bilder und lässt auch so manche Sexszene nicht unbeobachtet, besinnt sich aber dennoch einer kühlen, recht nüchternen Erzählweise, wie Asghar Farhadi sie in seinen Filmen gerne nutzt, dabei aber erzählerisch dichter wird. Vielleicht hätte ich mir gerne mehr persönliches Statement erwartet, vielleicht auch eben diese Radikaldystopie, die aus den Opfern letztendlich belangbare Täter macht und umgekehrt. Hier begnügt sich der Filmemacher damit, die Volksmoral von der Moral der staatlichen Institution zu trennen. Und das fiel mir letztendlich zu verhalten aus, vielleicht gar zu versöhnlich.

Holy Spider (2022)

Godland

ISLAND SEHEN… UND STERBEN?

8,5/10


godland© 2022 Jour2fête


LAND / JAHR: ISLAND, DÄNEMARK, FRANKREICH, SCHWEDEN 2022

BUCH / REGIE: HLYNUR PÁLMASON

CAST: ELLIOTT CROSSET HOVE, INGVAR EGGERT SUGURÐSSON, ÍDA MEKKÍN HLYNSDÓTTIR, VICTORIA CARMEN SONNE, JACOB LOHMANN, WAAGE SANDØ U. A. 

LÄNGE: 2 STD 23 MIN


Keine Ahnung, wohin die eigentliche Reise geht, aber jene durch die Nachmittagstermine der diesjährigen Viennale hat gestern ihr Ende gefunden. Es ergibt sich daraus eine schmucke kleine Landkarte, die in Südkorea begonnen hat, über die Ostküste der USA, Belgien bis nach Irland ging und von dort bis in den Norden reichte – nach Island. Weiter geht’s diesmal nicht, und besser wird es ebenso wenig werden: Godland ist mein persönliches Highlight der von mir frequentierten Wiener Festspiele und lässt das lange vergangene Abenteuerkino eines Werner Herzog genauso aufleben wie die gemeinsame Geschichte Dänemarks und Islands, die bis fast in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts hineinreichte und die vulkanische, unwirtliche, aber allseits beliebte Insel, eben weil sie so besonders ist, zu einem Schauplatz werden lässt, an welchem sich das europäische Festland in Gestalt eines Verlorenen die Zähne ausbeißen wird. Das bezieht sich auf die Art des Lebens, das kompromisslose Gesetz von Wind und Wetter und die menschenverachtende Wildnis, in die sich nur eingliedern kann, wer sich ihr hingibt. Wer mit alten Dogmen hier aufkreuzt, mit einem Sinn für Werte, der hier oben weder geschärft noch eingesetzt werden kann, stößt bald an seine eigenen Grenzen. Von so einem Kommen und Sehen, so einem Scheitern und Straucheln, von diesem Dilemma der Bezwingung radikaler Urkräfte – davon berichtet Hlynur Pálmason in seiner für ihn typischen Manier des distanzierten Betrachtens tragischer Umstände, die in wechselnden Witterungen stets andere Bedeutungen erlangen.

Im Zentrum des Geschehens steht ein dänischer Priester, der im 19. Jahrhundert, als Island noch unter der Fuchtel des dänischen Königshauses stand, dafür auserwählt wird, eben dorthin zu reisen, um im gottvergessenen Südosten der Insel eine Kirche zu bauen, am besten noch vor dem Winter. Um Land und Leute kennenzulernen und sich in seine neuen göttliche Aufgabe einzufügen, nimmt er eine Reise quer durch die Insel auf sich, begleitet von einem Vollblut-Isländer namens Ragnar (Ingvar Eggert Sigurðsson, der bereits auch in Pálmasons Weißer weißer Tag die Hauptrolle spielt und in der Netflix-Mystery Katla zu sehen ist), der alles Dänische skeptisch beäugt und den verknöcherten Festland-Geistlichen bis an seine Grenzen bringen wird. Für diesen verbissenen und niemals wirklich ausgetragenen Konflikt zwischen der längst nach Autonomie lechzenden Insel und dem arroganten, immer wieder in die Einsamkeit einfallenden Dänemark stehen die beiden grundverschiedenen Männer stellvertretend im Regen, für den es in Islands Sprache unzählige Bezeichnungen gibt. Der Trip durch eine fremde Welt, konfrontiert mit unorthodoxem Gedankengut, lässt Priester Lucas den Glauben an sich selbst verlieren und ihn alles verraten, was stets für ihn von Wert war.

Wie Werner Herzog eben, bis zum Äußersten. Mit einer Laufzeit von zweieinhalb Stunden lädt das im Format 4:3 gefilmte, elegische Drama zu einer faszinierenden Kurzweile ein, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Großzügig teilt Pálmason die Faszination für seine Heimat, dessen Bewohner als in sich ruhende Menschen ihre Autarkie feiern und von einer dogmatischen Person, wie Lucas sie darstellt, nichts erwarten wollen. Godland wird durch diese Prämisse zum teils nüchternen, dann wieder auf experimentelle Weise epischen Streifen, der die Fassungslosigkeit des aversiven Priesters bis zur rabiaten Wut steigert. Es ist die Nutzlosigkeit seiner Mission und die Beiläufigkeit seiner Entbehrungen, die wie Aguirre oder Fitzcarraldo den Wahnsinn bringt. Die Wucht einer in sich geschlossenen, genügsamen Welt vermittelt Pálmason in langsamen Kameraschwenks und im nüchternen Bobachten der Vergänglichkeit alles Lebens. Düstere Bilder, mystische Gleichnisse und das zündende Knirschen frischer Lava über begrüntem Boden – aus all dem entsteht ein Kino des Sich-darin-Vergessens, welches einen aus dem Auditorium holt, hinein in ein Szenario aus Entbehrung und Erkenntnis. Dinge, die eine Reise fernab von etablierter Ordnung eben mit sich bringen.

Ob dieser Film Aufnahme ins reguläre Kinoprogramm finden wird, ist fraglich. Doch wenn doch, dann sei hier diese ungewöhnlich erzählte, klassische Geschichte eines Mannes, der sich mit wimmerndem Zorn gegen ein ganzes Land stemmt, unbedingt zu empfehlen.

Godland

Triangle of Sadness

REICHTUM IST (K)EINE SCHANDE

6/10


triangleofsadness© 2022 Alamode Film


LAND / JAHR: SCHWEDEN, GROSSBRITANNIEN, USA, FRANKREICH, GRIECHENLAND, TÜRKEI 2022

BUCH / REGIE: RUBEN ÖSTLUND

CAST: HARRIS DICKINSON, CHARLBI DEAN KRIEK, WOODY HARRELSON, DOLLY DE LEON, ZLATKO BURIĆ, IRIS BERBEN, SUNNYI MELLES, VICKI BERLIN, OLIVER FORD DAVIS U. A. 

LÄNGE: 2 STD 27 MIN


Equality, Gender Pay Gap, Kapitalismus, Kommunismus und Rüstungsindustrie. Opportunismus, Klassenkampf, das Model-Biz und die Inhaltsleere von Social Media. Hab ich etwas vergessen? Die Gier der Reichen vielleicht? Oder gleich alle Todsünden? Nein, mit diesen hat Ruben Östlund in seinem Cannes-Gewinner nichts am Hut. Maßlosigkeit und Völlerei finden wir im Monty Python-Klassiker Der Sinn des Lebens wieder, und spätestens beim Minzplätzchen im schicken Restaurant braucht der Zuseher vielleicht selbst einen Kübel, denn da bringt die Komikertruppe ihr gesellschaftskritisches Fass im wahrsten Sinne des Wortes zum Überlaufen.

Bei Östlund sind es die Klos auf einer Luxusyacht, welche die mangelnde Seefestigkeit ihrer steinreichen Passagiere nicht mehr kompensieren können. Und ja: das kann passieren, ist aber keine Strafe für gelebten Reichtum. Denn Reichtum per se ist keine Schande. Menschen wie jene, denen auf diesem Narrenschiff das große Kotzen kommt, haben nun mal Geld und Einfluss. Doch sie sind weder gierig noch gemein noch maßlos. Vielleicht etwas blasiert, sonst aber nur unfassbar naiv. Wie Kinder in der Heileweltblase eines Spieleparadieses mit Bällchenbad. Wie Ludwig XVI. in seinem Versailles, umringt von Speichelleckern und einer angekrochen kommenden Entourage, die jeden Wunsch von den Augen abliest. Das Geld macht alles heil und jeden willig. Das Geld ist die Schaumstoffmatte beim Fall aus geringer Höhe, ist das einlullende Schlaflied am Ende des Tages. Seltsame Leute, so weltfremd und kleinkariert, und doch so erfolgreich. Wie passt das zusammen? Östlund seziert dieses Dilemma. Er will dies mit feiner Klinge tun, so wie er dies bei seinem Erstling Höhere Gewalt getan hat. Akkurat, mit kühlem Kopf, und aus sicherer Distanz, um der Lawine an Einsichten nicht zu nah zu kommen.

Bei Triangle of Sadness – die Kummerfalten im Südbereich der Stirn, knapp über den Augen und ungeeignet für eine Modelkarriere – hat Östlund viel zu sagen, und es gefällt ihm anscheinend gar nicht, wohin sich die Gesellschaft entwickelt hat. Alle Menschen scheinen ihm zuwider, aber doch nicht in einem Ausmaß, der ihnen unangenehm werden könnte. Man kann ja da und dort ein bisschen triezen, mit dem moralischen Finger in die Leistengegend der anderen stochern. Während die Reichen, denen der Reichtum in den Schoß gefallen zu sein scheint, ihren Überfluss hinnehmen wie eine Magenverstimmung, will Östlund mit seinem Überfluss an belangvollen Themen keines so wirklich präferieren. Der von Woody Harrelson und Zlatko Burić so zitatenreich ins Feld geführte Kommunismus schwappt also auf den Film über. Marx hätte mit Triangle of Sadness wohl seine Freude gehabt, er hätte sich spätestens dann köstlich amüsiert, wenn die Umkehr der Hierarchien die Nutzlosigkeit des profitgeilen Establishments zum Vorschein bringt. 

Doch bevor es so weit kommt, und bevor die uns allen längst bewusst gewordene globale Unfairness in handzahmen satirischen Spitzen, die offene Türen einrennen, ihren Ausgleich sucht, kreiert die erste von drei zusammenhängenden, aber unterschiedlich platzierten Episoden im schnell verfassten Plauderton alltagsparadoxen Kabarettstoff für die Kleinkunstbühne, der aber kaum die Wucht hat, um szenenlang über Gleichberechtigung und den Wert des Geldes zu polemisieren. Im Mittelteil wird das groteske Drama dann so richtig zum Östlund-Anarchismus, und wenn diesmal auch nicht der Affenmensch die eitle Gesellschaft sprengt, ist es die gemarterte Sunnyi Melles, die mit ihrer bizarren Brechdurchfall-Performance (Hut ab vor so viel inszenierter Selbsterniedrigung) die kleinen, obskuren Eitelkeiten mit dem magensauren Wischmopp beiseitefegt. Ja, dieses Spiel mit den Erwartungen ist Östlunds Stärke. Dieses Vorführen eines sich in Sicherheit wiegenden Publikums.

Was Östlund noch tut: Er weigert sich, seine Figuren zu verzerren. Stattdessen verzerrt er ihr Umfeld und das, was ihnen geschieht. Durch diese Diskrepanz entsteht ein subversives Echo – bei The Square war dies am stärksten, bei Triangle of Sadness ist das Umfeld der Figuren ein überraschend geradliniges Worst Case Szenario, was auch der Grund sein mag für ein schleppendes letztes Drittel. Eine Insel-Mystery á la Lost, die das System hinterfragt, aber auf der Stelle tritt. Den Östlund‘schen Bruch gibt es nur einmal – dass dieser seine Satire nochmal auf die Spitze treibt wie beim Versenken seiner Luxusjacht, würde man sich vielleicht wünschen – oder auch nicht. Letzten Endes lässt sich der Cannes-Doppelsieger aber zu keinen neuen Sichtweisen mehr motivieren.

Triangle of Sadness

Sundown – Geheimnisse in Acapulco

IRGENDWANN BLEIB I DANN DORT

8/10


sundown© 2022 Filmladen


LAND / JAHR: MEXIKO, FRANKREICH, SCHWEDEN 2021

BUCH / REGIE: MICHEL FRANCO

CAST: TIM ROTH, CHARLOTTE GAINSBOURG, IAZUA LARIOS, HENRY GOODMAN, ALBERTINE KOTTING MCMILLAN U. A. 

LÄNGE: 1 STD 23 MIN


… lass‘ alles liegen und stehen, geh von daheim für immer fort. So singt es die österreichische Kultband STS in einem ihrer besten und zeitlosesten Lieder. Die Ballade von einem, der auszog, auszusteigen, findet sich in der mit nostalgischem Zeitkolorit überzogenen Fernsehserie Der Sonne entgegen wieder. Und aus diesem Blickwinkel betrachtet, lässt sich sogar Tim Roths eigentümliches Verhalten im mexikanischen Psychodrama Sundown – Geheimnisse in Acapulco nachvollziehen. Denn für einen Koffer, wie Hildegard Knef ihn in Berlin gelassen hat, muss der wortkarge Charakterdarsteller (zuletzt sogar gesehen in She-Hulk als Figur des Emil Blonsky) zwar nicht nochmal zurück zum Hotel, sondern wegen seines Reisepasses, den er liegen hat lassen. Natürlich, sowas passiert. Ist sogar mir schon widerfahren. Da kommt man gerne in Stress, wenn der Flieger seine fixen Abflugzeiten hat. Doch Neil Bennett – so nennt sich Roths Figur – denkt gar nicht daran, sich um ein Auffinden seiner Dokumente zu bemühen. Die Familie ist ohnehin schon unterwegs nach Hause und hat den Urlaub an Mexikos Küste aufgrund eines Todesfalls vorzeitig abbrechen müssen. Neil jedoch zögert, fährt mit dem Taxi ganz wo anders hin, nur nicht ins Hotel. Sucht sich eine günstigere Absteige mitten im Strandtrubel Acapulcos, lässt sich bald auf eine Liebschaft ein und steckt sonst die Füße in den weißen Sand, um das Dutzend an Bieren voll zu machen, das er, dem Müßiggang frönend, in sich hineinkippt. So lässt sich‘s leben. Und die Familie? Ja, die Familie… Die quält alle Nase lang Neils Smartphone, um zu wissen, was denn nun eigentlich los sei.

Alle Zelte abzubrechen, sich komplett neu orientieren: Irgend etwas muss hier passiert sein, fragt sich das Publikum. Michel Franco schweigt. Genauso wie Tim Roth. Der erzählt nicht viel. Blickt nur in die Ferne, hat Sex mit einer Mexikanerin, badet im Meer. Und selbst ein Schussattentat auf dem öffentlichen Strand tangiert ihn nicht. Tim Roth lebt den reinen Phlegmatismus. Oder ist das schon Resignation? Warum lässt er die Familie im Stich? So drängend die Fragen auch sein mögen – als Zuseher selbst gerät man schon bald in den Bann eines entschleunigten Rhythmus, und will gar nicht so unbedingt wissen, was nicht stimmt. Es ist ja nicht so, dass Franco hier überhaupt kein Licht in die Sache bringt. Aber langsam, behutsam, ab und an fallen narrative Brocken, die Klarheit schaffen. Doch das verschwommene, trübe Bild einer Psyche, die sich erst nach einem Lebenswandel von 180 Grad verstanden fühlt, und die das Unmögliche, nämlich mit allem abzubrechen und neu anzufangen, als etwas darstellt, das sich unendlich leicht anfühlt, fasziniert. Wie Tim Roth eben auch. In seiner Ruhe liegt eine Wucht, ein Wille zum Unwillen. Charlotte Gainsbourg, die es nicht fassen kann, wirbt allerdings ebenfalls um Verständnis für ihre Sache. Und ja, das bekommt sie. Natürlich. Jemanden im Stich zu lassen ist egoistisch, grausam, ignorant. Wir werden sehen, dass dieser Neil Bennett gute Gründe hat, eben zu tun, was er anscheinend tun muss. Man will es zwar wissen, aber wie gesagt – das Treibenlassen ist in Sundown ein begehrlicher Zustand.

Michel Franco übrigens ist mir seit seinem dystopischen Revolutionsdrama New Order ein Begriff. Der Mexikaner scheint ein Virtuose darin zu sein, Zustände auf paraverbaler Ebene – einfach in kurze, wortlose Szenen gefasst – besser transportieren zu können als durch ausschweifende Dialoge. Die Art der Lakonie hat gleichermaßen etwas Besänftigendes und Aufbrausendes. Es irritiert und setzt auf eine Weise die zeitliche Wahrnehmung außer Kraft. Trotz seiner nur 83 Minuten kurzen Spielzeit lässt sich die Dauer von Sundown gefühlsmäßig kaum einschätzen. Mit diesem Aushebeln gewisser Zwänge – sind sie nun der Story geschuldet oder der Art des Inszenierens – verwundert Franco mit seinem Sundown auf eine elektrisierende, zutiefst empathische Art und Weise.

Sundown – Geheimnisse in Acapulco

The Innocents

NEHMT DEN KINDERN DAS KOMMANDO

6,5/10


theinnocents© 2022 capelight pictures


LAND / JAHR: NORWEGEN, SCHWEDEN, DÄNEMARK, GROSSBRITANNIEN 2021

BUCH / REGIE: ESKIL VOGT

CAST: RAKEL LENORA FLØTTUM, ALVA BRYNSMO RAMSTAD, MINA YASMIN BREMSETH ASHEIM, SAM ASHRAF, MORTEN SVARTVEIT, KADRA YUSUF, LISA TØNNE U. A. 

LÄNGE: 1 STD 57 MIN


Schön, dass Kinder bereits in jungen Jahren ihrer Talente offenbaren. Da können Eltern gleich einhaken und mit dem Fördern beginnen, vorausgesetzt, der Nachwuchs legt wert darauf. In der Welt des fiktionalen Kinos gibt es aber schon seit jeher auch Fähigkeiten, die aus normalen Menschen letzten Endes Superhelden machen – oder die Geißel unserer Zivilisation. Das sind dann die klassischen Antagonisten, gegen die Superman, Batman oder die Avengers losziehen können – erwachsene Menschen, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind. Die auch nicht nur ans Jetzt denken, sondern auch an all die Konsequenzen, die sie vom Zaun brechen, würden sie über die Stränge schlagen.

Alles beginnt aber mit dem juvenilen Entdecken der eigenen Skills. Und wir können froh sein – wirklich heilfroh sein, dass das, was es im norwegischen Horrordrama The Innocents zu sehen gibt, nicht wirklich passieren kann. Denn wenn doch, wären Kinder an der Macht, die die Welt, so wie wir sie kennen, abschaffen könnten. Da bliebe uns nur noch zu hoffen, dass jemand, der ähnliche Kräfte besitzt, als Menschenfreund durchgeht und ein gewisses gesundes Verständnis für Gerechtigkeit und das Gute hat. Im Science-Fiction-Thriller Brightburn passiert das genau nicht. Ein Junge mit extraterrestrischen Superkräften hat Spaß am Bösen, und das scheinbar grundlos. Die Macht über alle anderen ist das einzige, was ihn antreibt. Helden auf der guten Seite bleiben hier aus. Und auch eine Schule wie die von Professor Xavier gibt es nicht. Das wäre zumindest mal ein Ansatz, um all jene, die nicht wissen, wohin mit ihrer Kraft, im Umgang mit diesen zu unterrichten. In The New Mutants zum Beispiel fristen elternlose Teenager in einem ominösen Waisenhaus ihr Dasein zwischen imaginären Albträumen und ärztlicher Kontrolle. Doch auch als Teenager ist man schon einen Schritt weiter, um ein gesünderes Verständnis für den Umgang mit anderen zu haben als hier, in diesem eiskalten Kinderfilm, der die illustren Fähigkeiten sämtlicher Mutanten aus sämtlichen Comicserien nur belächeln kann. All das scheint wie ein Kindergeburtstag, während das echte Leben kleine Teufel gebiert, die Damien aus Das Omen das Wasser reichen können, ohne dabei aber auf den Leibhaftigen selbst zurückgreifen zu müssen.

The Innocents von Eskil Vogt, Drehbuchautor von Der schlimmste Mensch der Welt und Thelma von Joachim Trier, bleibt zumindest letzterem thematisch treu, begibt sich aber auf den unschönsten und unwirtlichsten Pfad, den man nur einschlagen kann, will man von paranormalen Fähigkeiten und deren Nutzern berichten, die noch weit davon entfernt sind, Verantwortung für sich und ihre Umwelt zu übernehmen. Dabei stoßen nicht alle Kinder, die hier zwischen den Wohnhäusern einer Siedlung nahe am Waldrand gemeinsam die Zeit verbringen, auf seltsame Veränderungen ihrer geistigen Motorik. Da gibt es Ida und ihre autistische ältere Schwester Anna, die keinerlei Worte artikulieren kann und nur so vor sich hin stöhnt. Da gibt es Aisha, die mit Anna, die über telekinetische Fähigkeiten verfügt, in mentaler Verbindung steht. Und da ist Ben, ein von den Eltern misshandelter, emotional verwahrloster Junge, der nicht nur ebenfalls die Kraft beherrscht, Gegenstände allein mit dem Willen zu bewegen, sondern eben auch Menschen dazu bringt, Dinge zu tun, die sie niemals tun würden. Anfangs scheint dieses Kuriosum allen Freude zu bereiten. Die Kids experimentieren und probieren, Autistin Anna blüht geradezu auf. Bis es zu einem tragischen Vorfall kommt, der daraus resultiert, dass Kinder auf dem Weg der Erkenntnis über sich selbst nicht allein gelassen werden können.

Die triste Wohnbausiedlung, erinnernd an Krysztof Kieslowskis Zehn-Gebote-Dekalogie, bietet den Schauplatz für einen garstigen und nahe an der Grenze zum Erträglichen ausgetragenen Krieg der Knöpfe. Hier ist das Phantastische so nahe an der schmerzlichen Realität wie möglich, und dennoch zeigt sich Vogt auf vertrauliche Weise fasziniert von der Wechselwirkung so mancher paranormaler Fähigkeiten, die manchmal auch zum humanistischen Benefit gereichen. Kinder, denen die weitreichende Bedeutung ihres Handelns selten bewusst ist, die im Jetzt existieren und im sozialen Überleben oder in emotionalem Chaos zu drastischen Mitteln greifen, sind mit Superkräften wie diesen nicht weniger gefährlich als bis an die Zähne bewaffnete Kindersoldaten in der Anarchie eines Dritteweltlandes. Nach Bennys Video von Michael Haneke ließ bislang selten ein Film den Notstand so verstörend widerhallen wie das unbequeme, hässliche Psychogramm kindlicher Sonderlinge, die im fröhlichen Spiel eines sonnigen Nachmittags den stillsten Showdown aller Zeiten entfesseln.

The Innocents

Sea Fever

ALLE IM SELBEN BOOT

6/10


seafever© 2019 Neasa Hardiman


LAND / JAHR: IRLAND, USA, GROSSBRITANNIEN, SCHWEDEN, BELGIEN 2019

BUCH / REGIE: NEASA HARDIMAN

CAST: HERMIONE CORFIELD, DOUGRAY SCOTT, CONNIE NIELSEN, JACK HICKEY, ARDALAN ESMAILI, ELIE BOUAKAZE U. A.

LÄNGE: 1 STD 35 MIN


Die Natur findet immer einen Weg, sich des Menschen zu entledigen. Nennt sich: Naturkatastrophen. Neben Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Tsunamis und dem ganzen tektonischen wie meteorologischen Treiben finden sich auch ganz kleine Organismen wie Viren und anderes Zeug dazwischen. Bakterien zum Beispiel. Oder Parasiten. Bei diesen durch den Willen zur Vermehrung angetriebenen proaktiven Winzlingen lässt einem das Gefühl nicht los, dass so etwas nur dazu auf der Welt ist, um Homo sapiens populationstechnisch in die Schranken zu weisen. Der Mensch jedoch ist klug genug, um das Schlimmste zu verhindern. Zumindest gegenwärtig. Oder hier in diesem Bio-Schocker auf hoher See, der genauso gut auf einem Raumschiff irgendwo in den Weiten des Alls hätte spielen können. Dann hätten wir Life von Daniel Espinoza. Doch griffiger wird’s, wenn der Zirkus auf der guten alten Erde abgeht. Und noch schöner, wenn wieder mal Europas Norden Filme wie diese inszeniert. Dann muss es nämlich nicht zwingend gut ausgehen, sondern einfach zu einem den Umständen entsprechenden, plausiblen Ende führen.

Wie auch immer. Ein reines Symptomtagebuch auf einem Fischkutter ist Sea Fever auch nicht geworden. Ein bisschen mehr als das. Vielleicht sogar etwas, dass sich als Nachzügler einreiht in die Ende der 80er Jahre so großzügig auf den Videothekenmarkt geworfenen Monsterhorrorstreifen, die James Camerons Abyss folgten und vorzugsweise in submarinem Umfeld stattfanden. Sea Fever ist aber durchaus subtiler. Zumindest anfangs erinnert der Streifen an das von mir sehr geschätzte Monsterdrama mit dem unverwechselbaren Titel Monsters von Gareth Edwards (by the way: Was wurde eigentlich aus diesem begnadeten Talent?). Auch hier kann die Crew eines irischen Trawlers der unheimlichen Begegnung mit einem zoologischen Mysterium nicht entgehen. Denn irgendetwas hält den Kahn an Ort und Stelle, viele Kilometer von der Küste entfernt. Nur gut, dass die Seeleute ganz zufälligerweise eine junge, zum Leidwesen aller abergläubischen Fischer rothaarige Studentin an Bord haben, die anomale Verhaltensweisen der Meeresfauna beobachten soll. Da Seeleute selten schwimmen können, und schon gar nicht daran denken, ins unheimliche Nass zu tauchen, muss das Mädchen Siobhan ran – und entdeckt da unten in der Dunkelheit etwas, das, würde man es nicht selbst sehen, leider als Seemannsgarn durchgehen muss, das lauschendem Tavernenvolk ungläubiges Kopfschütteln entlockt. Dieses Seemannsgarn hat aber noch ganz andere Qualitäten auf Lager, und es dauert nicht lange und das erste Mitglied der Besatzung spuckt Blut. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, in welchem Siobhan ganz vorne mitrennen muss, hat sie doch das meiste Knowhow, um dem Organismus wissenschaftlich und auch rational auf den Leib zu rücken, ohne sich dabei hinreissen lassen zu müssen, Poseidon anzubeten.

Sea Fever – in deutscher Übersetzung mit Angriff aus der Tiefe relativ austauschbar betitelt – folgt nicht wirklich neuen Pfaden, wenngleich der Blick in die Tiefe und bei dem, was da so zum Vorschein kommt, Thassalophobikern feuchte Hände garantiert. Oberwasser holt sich der Aggressor, ganz ähnlich anderen physisch überlegenen Bioinvasoren in ganz ähnlichen Thrillern, einen nach dem anderen. Das ist routiniert inszeniert und macht trotz der tödlichen Lage Lust darauf, noch tiefer abzutauchen, um dem Ökosystem noch andere Mysterien dieser Art zu entlocken. Darüber hinaus schafft, und das hebt den Film dann doch noch auf eine ethische Ebene, Regisseurin Neasa Hardiman sich und ihrem Skript ausreichend Raum, um auch die Frage nach Verantwortung zu stellen, wenn viel mehr auf dem Spiel steht als nur, die eigene Haut zu retten.

Sea Fever

Der schlimmste Mensch der Welt

DAS LEBEN IM KONJUNKTIV

7/10


schlimmstemenschderwelt© 2022 Filmladen Filmverleih


LAND / JAHR: NORWEGEN, FRANKREICH, SCHWEDEN, DÄNEMARK 2021

REGIE: JOACHIM TRIER

BUCH: JOACHIM TRIER, ESKIL VOGT

CAST: RENATE REINSVE, ANDERS DANIELSEN LIE, HERBERT NORDRUM, MARIA GRAZIA DIE MEO, HANS OLAV BRENNER U. A. 

LÄNGE: 2 STD 8 MIN


Kennt ihr den Begriff Hättiwari? Ist natürlich was typisch Österreichisches. Ein Wort, dass sich zusammensetzt aus „Hätte ich“ und „Wäre ich“. Ein Hättiwari ist jemand, der sichtlich Schwierigkeiten damit hat, sich für die eine oder andere Sache zu entscheiden und entweder gar nichts tut oder das, was er tut, ganz plötzlich abbricht. Auf diese Art kommt man im Leben kaum vorwärts, denn entschließt man sich mal für eines, bleibt das andere auf der Strecke. Was aber, wenn das andere besser gewesen wäre als das eine? So stehen diese Menschen vor geöffneten Türen, die alle recht einladend wirken, die sich jedoch, sobald eine Schwelle übertreten wird, für immer schließen. So ein Mensch ist auch das Fräulein Julie – eine gerade mal 30 Lenze zählende junge Frau, die verschiedene Dinge bereits ausprobiert hat – vom Medizinstudium über Psychologie bis hin zur Fotografie und dazwischen ein bisschen bloggen. Julie steht oft neben sich, crasht mitunter sogar Partys, zu denen sie gar nicht eingeladen wurde und liebt einen Comiczeichner, der es mit der Sprunghaftigkeit seiner Partnerin allerdings gut aushält. Der viel weiß und gerne erklärt. Der irgendwann aber auch nicht mehr tun kann, als zuzusehen, wie Julie den Entschluss fasst, auch in Sachen Beziehung die Schwelle zu wechseln. Kann ja sein, dass Frau etwas versäumt.

Wenn Cannes Preisträgerin Renate Reinsve (Beste Darstellerin 2021) als Julie nach dem Einwerfen von Magic Mushrooms den Boden unter den Füssen verliert, sagt das sehr viel über ihr Leben aus. Warum, fragt sich Joachim Trier, und nimmt seine charmant und gewinnend lächelnde Protagonistin unter die Lupe. Dabei hat seine Julie, anders als Thelma in seinem gleichnamigen, etwas anderen Coming of Age- Mysterydrama, keinerlei anomalen Fähigkeiten, stattdessen aber viele Eigenschaften, die sie fahrig und unentschlossen machen. Eine Figur, wie sie zum Beispiel Greta Gerwig gerne verkörpert hat – als herzensgut, freundlich, unaufdringlich intellektuell und ordentlich verpeilt. Und nicht nur Renate Reinsve erinnert an die US-amerikanische Schauspielerin, die nunmehr lieber Regie führt: Der schlimmste Mensch der Welt entscheidet sich für einen Stil, der sehr an Noah Baumbach erinnert. Es wird viel geredet und diskutiert; die soziale Inkompetenz, die sich aus dem Widerstand gegenüber gesellschaftlichen Trends ergibt, entscheidet über Ende und Anfang von Beziehungen. Zwischen hippen Bobos, die sich im Mansplaining ergehen, und den Selbstverwirklichungen anderer hängt Julie als jemand, der nicht fähig ist, Selbstvertrauen zu entwickeln, in den Seilen. Für dieses Psychogramm nimmt sich Joachim Trier Zeit und entwickelt Geduld, ohne jene des Publikums zu strapazieren. Auch wenn sich in diesem Beziehungsdrama vieles im Kreis bewegt und nicht wirklich im Sinn hat, eine Geschichte vorwärtszubringen, die einen Wandel beschreibt, bleibt Julie als eine kleine Ikone nachstudentischer junger Erwachsener attraktiv und interessant genug, um tatsächlich und wirklich erfahren zu wollen, was genau sie zögern lässt.

Der schlimmste Mensch der Welt ist pointiert geschrieben, unaufgeregt und spontan. Mit kleinen inszenatorischen Spielereien und sanfter Symbolik illustriert er Julies Leben ein bisschen wie eine Graphic Novel. Mit mehr als einer Prise erotischer Freiheit, die wiederum mit dem französischen Erzählkino der Novel Vague kokettiert, beobachtet Triers Portrait eines Lebens im Konjunktiv einen Zustand, aus dem es mit eigener Kraft kein Entkommen gibt. Was bleibt, ist, wie am Ende des Films lakonisch illustriert, die Fähigkeit, sich vorzustellen zu können, was gewesen wäre.

Der schlimmste Mensch der Welt