Armand (2024)

NACHSITZEN FÜR ELTERN

3/10


© 2024 Pandora Film


LAND / JAHR: NORWEGEN, NIEDERLANDE, DEUTSCHLAND, SCHWEDEN 2024

REGIE / DREHBUCH: HALFDAN ULLMANN TØNDEL

KAMERA: PÅL ULVIK ROKSETH

CAST: RENATE REINSVE, ELLEN DORRIT PETERSEN, ENDRE HELLESTVEIT, THEA LAMBRECHTS VAULEN, ØYSTEIN RØGER, VERA VELJOVIC U. A.

LÄNGE: 1 STD 57 MIN


Als schlimmster Mensch der Welt konnte sich Renate Reinsve in Joachim Triers tragikomischen Beziehungsklassiker auf niemanden wirklich einlassen. Mittlerweile ist die Norwegerin auch dank dieses Films längst in Hollywood angekommen. Zuletzt war sie an der Seite von Sebastian Stan in der bizarren Psychokomödie A Different Man zu sehen, nachdem sie in Handling the Undead ihren untoten Sohn pflegt. Mit Armand begibt sich die mit unbändigem Esprit ausgestattete, kraftvolle Schauspielerin in Gefilde, die bereits Yasmina Reza mit dem Kammerspiel Der Gott des Gemetzels ausgelotet hat. Was sehr nach antiker Tragödie klingt, ist in Wahrheit eine Nabelschau der Befindlichkeiten zeitgeistiger Erwachsener, deren Lebensinhalt sich ausschließlich um sie selbst dreht; die zwar Kinder haben, aber diese nur als Spiegel ihrer eigenen Komfortgrenzen betrachten. Wichtig sind sie ihnen nicht, und deshalb hat Reza auch in keiner Minute ihres Stücks das Auftreten derer eingeplant, die diese Zusammenkunft zweier Elternpaare überhaupt erst notwendig werden lassen. Schließlich scheint es nicht wert, die Heranwachsenden selbst zu befragen oder sie als vollwertige Person zu betrachten.

Armand tickt vom Konzept her sehr ähnlich wie dieses von Roman Polanski bereits verfilmte und prunkvoll besetztes Stück. Kate Winslet, Jodie Foster und Christoph Waltz konnten dabei ihre tragikomisch-dialogwitzige Ader pulsieren lassen. Armand hat den unterschwelligen Witz zur Gänze außen vorgelassen. Im Film von Halfdan Ullmann Tøndel gibt es so etwas wie augenzwinkernde Distanz nicht. Das kann doch nicht daran liegen, dass Tøndel der Sohn von Liv Ullmann und Ingmar Bergman ist? Bergman ist aus der Filmgeschichte nicht mal minutenweise wegzudenken, das wäre so, als würde man hundert Jahre menschlicher Entwicklung streichen. Bergmans Filme sind legendär, surreal, psychologisch durchdacht und völlig anders als das, was Hollywood jemals zustande brachte. Mit ihm lässt sich auch das skandinavische Filmschaffen fast schon als eigenes Genre betrachten. Doch zurück zu Tøndel, denn der ist nicht Ingmar Bergman. Oder doch? Beeinflusst scheint ihn das Gesamtwerk seines Vaters aber sehr wohl zu haben. Daher auch diese drückende, bedeutungsvolle, selbstverliebte Schwere, in die sich Renate Reinsve bettet, als wäre sie Medea.

Dabei muss Reinsves Figur der narzisstischen Schauspielerin, die alle Welt kennt, kurz vor Ferienbeginn doch nur in der Schule ihres Sohnes antanzen, um einen Sachverhalt zu klären, der auch die Eltern ihres Neffen betrifft. Zwischen diesen beiden Jungs herrscht schließlich ein Gefälle im Kräfteverhältnis, und der Stärkere – titelgebender Armand – soll den Schwächeren sexuell unterdrückt haben. Wenn Erwachsene solche Situationen ausbaden müssen, ohne ihre Kinder miteinzubeziehen, geht es bald nur noch ums jeweilige Ego. Pädagogisch spannend ist Armand daher in keiner Weise.

Wenn Eltern im Clinch liegen und recht behalten wollen, kann das so funktionieren wie in Gott des Gemetzels. Nicht aber bei Tøndel. Sein Versuch, einen dialogstarken Psychokrieg vom Zaun zu brechen, missglückt insofern, da dieser sich irgendwann, und das sehr bald, nur noch für seine Schauspielerin als Schauspielerin interessiert, deren soziale Inkompetenz von niemandem sonst außer dem Regisseur selbst ergründet werden will. Wenn Reinsve als Elizabeth mit dem Putzmann durchs leere Schulhaus tanzt oder sich einem minutenlangen Lachanfall hingibt, kräuselt sich meine Stirn. Im falschen Film? So würde ich es nennen. Wer glaubt dabei in ein emotional starkes Vexierspiel zu geraten wie seinerzeit Mads Mikkelsen im brillanten Schulthriller Die Jagd von Thomas Vinterberg, der darf bald gähnend einer Solo-Performance beiwohnen, die sich für ihr eigentliches Thema nicht mehr interessiert, sondern nur noch in bedeutungsschweren Sinnbildern herumhechelt, und das für einen psychisch labilen Charakter, der längst nicht so interessant ist wie er sich selbst nimmt. Diese Arroganz kickt den schwer zu ertragenden, lähmend irrelevanten Kunstfilm leider ins Aus.

Armand (2024)

Miller’s Girl (2024)

DES LEHRERS FEUCHTER TRAUM

3/10


MillersGirl© 2024 Constantin Filmverleih


LAND / JAHR: USA 2024

REGIE / DREHBUCH: JADE HALLEY BARTLETT

CAST: JENNA ORTEGA, MARTIN FREEMAN, GIDEON ADLON, BASHIR SALAHUDDIN, DAGMARA DOMIŃCZYK, CHRISTINE ADAMS U. A.

LÄNGE: 1 STD 33 MIN


In Ti Wests Retro-Slasher X fiel sie dem Publikum vielleicht nicht ganz so auf – spätestens als Wednesday war das eine Sorge weniger: Jenna Ortega brillierte als morbider Teenie-Freak in ungeahntem Ausmaß, ihre denkwürdige Tanzeinlage in einer der wohl erfolgreichsten Netflix-Serien ever zählt jetzt schon zu den popkulturellen Schätzen der 20er Jahre des neuen Jahrtausends. Tim Burton wusste, wie er nicht nur die gesamte monströse Sippschaft, sondern vor allem Ortega in Szene setzen muss – mit ernster, stoischer Miene und stets einem gespenstischen Lächeln auf den Lippen, wenn Mord, Tod und Verwesung gerade mal wieder Hochkonjunktur hatten. So eindringlich diese Performance in Addams verschroben-spannender Fantasy, so austauschbar wird sie im neulich in den Kinos angelaufenen Lehrer-Schüler Drama Miller’s Girl von Jade Halley Bartlett. Diesen Miller, den gibt der ewige Sympathieträger Martin Freeman, der als junger Bilbo Beutlin Wesentliches dazu beigetragen hat, um Mittelerde nicht in Schutt und Asche versinken zu lassen. Und als vom Krieg traumatisierter Dr. Watson war er die perfekte Ergänzung zum messerscharf kombinierenden Benedict Cumberbatch.

In Miller’s Girl darf er als mehr oder weniger erfolgloser Schriftsteller an einer Uni irgendwo in Tennessee Literatur unterrichten, ganz besonders bemerkt er dabei die stets in Miniröcken recht reizvoll aufgedonnerte 18jährige Studentin Cairo Sweet (was für ein obskurer Name), die es sich nicht nehmen lässt, den knuddeligen, leider etwas in seiner künstlerischen Entfaltung verhinderten Intellektuellen mit subversiver Koketterie zu verführen und daher nicht mit Reizen zu geizen, die spätestens dann, als Miller seiner Schülerin die Möglichkeit gibt, aufgrund ihres famosen Talents eine vorgezogene Zwischenprüfung zu absolvieren, nicht umsonst gewesen sein werden. Denn in der Wahl ihrer Arbeit wählt sie Henry Miller als stilistisches Vorbild, und wir alle wissen, was dieser Mann alles geschrieben hat, vor allem Dinge, die Minderjährige nicht lesen sollten. Spätestens da wird die Namensgleichheit der beiden Wortakrobaten überdeutlich, und Martin Freemans Figur des stets nahe an der süßen Versuchung (Sweetie – Nomen est Omen) befindlichen Miller Nr. 2 kann gerade noch so an sich halten, um nicht das Verbotene zu tun, nämlich eine Liaison mit einer Studentin einzugehen, die ihm vermutlich den Job kosten würde.

Natürlich ist die junge Dame ein Hingucker, natürlich sind die Close Ups ihres Konterfeis und all die figurenbetonenden Outfits so richtig nett – für einen Instagram Account. Für einen Film, der sich zaghaft gibt und meilenweit davon entfernt ist, mit dem Thriller-Genre zu kokettieren, fehlt es an der Wahl der richtigen Szenen, um den Charakteren eine relevante Biographie angedeihen zu lassen, da hilft nicht mal Jenna Ortegas Stimme aus dem Off, die über ihr Leben klagt, weil sie in elternloser, aber steinreicher Einsamkeit (ein Soll, nach dem Barry Keoghan in Saltburn strebt) jenseits ihres Studiums sonst nichts hat, was ihr Leben aufpeppt. Diesen Mangel an Biss, den Cairo Sweetie mit aus meiner Sicht dilettantischer Provokation wettmachen will, macht Miller’s Girl aber unentwegt zum Thema.

Vielleicht liegt es auch an der Fehlbesetzung von Martin Freeman, der sich nicht entscheiden kann, wer oder was er sein will: Bilbo, Dr. Watson, Agent Ross aus dem Marvel-Universum oder jemand ganz anderer? Es ist ein ständiges Zögern auf beiden Seiten, viel Gerede über Literatur, es ist wie das Warten auf die Unterrichtsstunde irgendwo am Schulhof, während man eine Zigarette raucht. Dabei blicken sich beide tief in die Augen – und nichts passiert. Sidekicks wie Bashir Salahuddin als Millers Lehrerkollege oder Dagmara Domińczyk als exaltierte bessere Hälfte Freemans stören dieses ohnehin scheiternde Chemie-Experiment auf nervtötende Weise, ihr Mehrwert für diesen Film lässt sich nicht deutlich erkennen, dabei nehmen diese ganz schön viel Raum ein, wie Hooligans bei einem Fußballmatch: Störend, auffällig, doch den Kern der Sache bringt es nicht weiter. Miller‘s Girl ist ein Beispiel dafür, wie Nebenrollen einen Film dabei hindern können, mehr aus sich zu machen.

Da diese Nebenrollen wie lästige Gäste am Ende noch immer nicht gehen wollen, verhallt die körperliche Liebe in Gedanken. Ohne Funke, ohne Feuer, nur kalter Rauch, das letzte Überbleibsel einer zaghaften Idee, die nicht den Mut hat, über eine Schamesröte beim Lesen von Henry Miller hinauszugehen. Da bleibt nur Jenna Ortega, wie sie in Zeitlupe die Spindzeile ihrer Schule entlangschreitet – was sie in Wednesday auch schon getan hat, nur diesmal selten in Schwarz und mit offenem Haar.

Miller’s Girl (2024)

Monster (2023)

NONKONFORME UNGEHEUER

7,5/10


monster© 2023 Monster Film Committee


ORIGINAL: KAIBUTSU

LAND / JAHR: JAPAN 2023

REGIE: HIROKAZU KORE-EDA

DREHBUCH: YŪJI SAKAMOTO

CAST: SAKURA ANDŌ, EITA NAGAYAMA, SOYA KUROKAWA, HINATA HIIRAGI, HARUKO TANAKA, MITSUKI TKAHATA, AKIHIRO TSUNODA, YŪKO TANAKA, SHIDŌ NAKAMURA U. A.

LÄNGE: 2 STD 5 MIN


Der Mensch ist dem Menschen schutzlos ausgeliefert. Zumindest in seinen ersten Lebensjahren, als Baby, als Kleinkind, und natürlich noch als zur Bildung verpflichteter Schüler. Wehren können sich so junge Menschen wohl kaum, und wenn, dann drohen Sanktionen, die das familiäre Miteinander schwerer machen, als es ohnehin schon ist, wenn die in der Pubertät auftretende soziale Reibung mit den Eltern hinzukommt – der erste Schritt zur Abnabelung, das erste Tasten nach einer Welt der Selbstbestimmung. Dieses Ausgeliefertsein und den Wunsch, die Gunst der Erwachsenen zu erlangen; diese selbstlose, idealistische Liebe, womöglich zum gar nicht mal eigenen Nachwuchs, ist etwas, das Hirokazu Kore-Eda zutiefst beschäftigt – und ihn einfach nicht loslässt. Mit Shoplifters aus dem Jahr 2018 hat das Ganze angefangen. In seinem Gewinner der Goldenen Palme wird das fremde Kind zum Teil einer kurios anmutenden, allerdings ums Überleben kämpfenden Patchworkfamilie, da die eigenen Blutsverwandten längst versagt haben. In Broker, seinem übernächsten Film nach La Verité – Leben und lügen lassen mit Catherine Deneuve und Juliette Binoche (indem es zwar auch um das Ausgeliefertsein in der Kindheit geht, jedoch auf dem indirekten Weg der Rückblenden) sieht sich die Mutter nicht imstande, ihr eigenes Neugeborenes großzuziehen – und macht, mithilfe zweier karitativer „Menschenhändler“, auf Selfmade-Akquisition, wenn es um die Adoption ihres eigenen Kindes geht. Wieder stellt die Biografie eines Lebens den Beginn eines solchen als eine dem Wind und Wetter ausgesetzten Opfergabe dar, als ein Zustand, der Gnade erfordert. Und diese meistens auch genießen darf. Denn Kore-Eda ist kein Schwarzseher, seine Filme haben Herz und Hoffnung.

Auch das allerneueste und eben auf der Viennale exklusiv präsentierte, vielschichtige Jugenddrama Monster will nicht einfach so das Handtuch werfen. Die zum Teil recht verloren scheinenden Figuren in dieser stets neugierigen Komposition aus wechselnden Perspektiven und Wahrheiten haben allesamt die Chance, ihren Standpunkt einem Publikum zu erklären, das lange im Dunklen tappt. In ihrer, dem Film inhärenten Welt ist die Chance dafür eher gering und dringt vielleicht auch nur am Rande eines tobenden Taifuns an das Ohr der anderen, die dann hoffentlich verstehen werden, warum der Lehrer, Mr. Hori (Eita Nagayama), sich irgendwann am Dach des Schulgebäudes wiederfindet, um von dort in den Tod zu springen. Oder warum die Direktorin Fushimi (Yūko Tanaka) von Minatos Schule immer wieder dieselben Stehsätze rezitiert, ohne die Emotionen der anderen zu begreifen. Vielleicht, weil sie selbst zu sehr traumatisiert ist, um die Bedürfnisse, die rings um sie herum nach Verständnis lechzen, wahrzunehmen. Monster – auf japanisch: Kaibutsu – verbindet, wie eben auch in Kore-Edas anderen Filmen – das Hilflose einer Kindheit, die in ihrer Entwicklung keinen Stereotypen folgt, mit dem Ende des Lateins der Erwachsenen und stellt beide auf eine Stufe, bringt beide auf Augenhöhe. Und an den Rand der Verzweiflung. Doch wie gesagt; nur an den Rand.

Im Mittelpunkt dieses manchmal vielleicht zu gewollt ausgestalteten Vexierspiels steht der rätselhafte Junge Minato, aus dessen Verhalten wir allesamt nicht schlau werden. Schon gar nicht dessen alleinerziehende Mutter Saori (Sakura Andō). Fast könnte man meinen, der Junge sei besessen von irgendetwas – einer höheren, vielleicht finsteren Macht. Und langsam, aber doch, wird er zum Ungeheuer. Mit dem Gehirn eines Schweins, welches er, wie er behauptet, selbst besitzt. Auf der anderen Seite steht Eri (Hinata Hiiragi), ein kleiner Sonderling, der in seiner eigenen Welt lebt und stets gut aufgelegt scheint, obwohl er tagtäglich in der Schule gemobbt wird. Sein Vater, ein Trunkenbold, redet ihm schließlich ein, an einer Krankheit zu leiden, deren Symptome sich in seinem seltsamen Verhalten manifestieren. Ausgetrieben muss es ihm werden, so, wie das gespenstische Treiben von Minato – oder die Lust zur Gewalt, die Mr. Hori an den Tag legt. Alle drei sind Monster. Das Monströse auf der anderen Seite – die konformistischen Gepflogenheiten Japans, in welchem die Norm das größte Gut ist, bietet zwar soziale Sicherheit, errichtet allerdings auch eine Mauer der Inakzeptanz allem Unberechenbaren gegenüber. Wie sehr so ein Zustand uneinschätzbar bleibt, ist Sache der Wahrnehmung.

Alle fünf zentralen Protagonisten – die beiden Kinder, die Mutter, der Lehrer und die Direktorin – müssen in diesem Sozialthriller ihr bestes geben, um ihre Sichtweisen zu kombinieren. Und so erhalten nicht nur sie, sondern auch wir als Publikum das Gesamtbild eines längst nicht so spektakulären Ist-Zustandes: Es ist die verzweifelt wirkende Geschichte einer vielleicht jungen Liebe, die als freundschaftliche Zuneigung beginnt – und später zumindest Minato Angst macht, bis dieser genug Mut aufbringt, sich diesem Ausgeliefertsein zu widersetzen. Viel schöner und treffender lässt sich der Heldenmut inmitten eines tosenden Sturmregens gar nicht darstellen. Unweigerlich erinnert Monster an Lukas Dhonts letztjähriger Filmtragödie Close. Auch hier: zwei Freunde, die in ihrer bereichernden Zweisamkeit mehr füreinander empfinden – und der Angst vor dem Unbekannten, die diese Liebe mit sich bringt, unterliegen. Kore-Eda spinnt diese Situation einen Schritt weiter, in eine weniger radikale Richtung. Er, der die japanische Etikette hinterfragt, will die Gunst für ein Leben nicht anderen überlassen, will dem Sturm nicht alles, was sich schutzlos draußen befindet, ausliefern. Selbstbestimmung, Individualität und die Identifikation mit den eigenen Wünschen sind wie vermeintlich tief vergrabene Schätze, die vielleicht schon im Innern eines alten Waggons gehoben werden können. Diese rauszubringen ans Licht des Tages ist eine Challenge, die Kore-Edas Film womöglich zu seinem bisher besten macht.

Monster (2023)

Das Lehrerzimmer (2023)

ALGORITHMEN DER KONFLIKTLÖSUNG

6/10


daslehrerzimmer© 2023 Alamode Film


LAND / JAHR: DEUTSCHLAND 2023

REGIE: ÌLKER ÇATAK

BUCH: ÌLKER ÇATAK, JOHANNES DUNCKER

CAST: LEONIE BENESCH, MICHAEL KLAMMER, RAFAEL STACHOWIAK, ANNE-KATHRIN GUMMICH, EVA LÖBAU, KATHRIN WEHLISCH, LEONARD STETTNISCH U. A.

LÄNGE: 1 STD 38 MIN


Letzten Mittwoch war für den mit der goldenen Lola ausgezeichneten Spielfilm Das Lehrerzimmer Österreich-Premiere im Wiener Traditionskino Filmcasino. Leider war ich an dem Tag dort nicht zugegen, sonst hätte ich Akteurin Leonie Benesch persönlich die Hand schütteln können. Na gut, dann eben zwei Tage später. Denn ein Thema wie dieses kann ich schließlich nicht anbrennen lassen – Kino mit Gesprächsstoff, erhellend für den Alltag und das Miteinander. Das war schon bei Thomas Vinterbergs Die Jagd faszinierend genug – eine Chronik der Eigendynamik gesellschaftlicher Entrüstung. Auch der rumänische und zugegeben nicht ganz leicht zu verkostende Avantgarde-Knüller Bad Luck Banging or Loony Porn handelt von einer bigotten, heuchlerischen Elternschaft, die Wasser predigt und Wein trinkt. Alles Filme, die durchaus tief ins Fleisch des Wohlstands schneiden. Und ja, sie tun weh. Und noch besser: Sie bringen die Problematik auf den Punkt. Wer da nicht selbst reflektiert, dem ist nicht mehr zu helfen.

Ähnlich, aber nicht ganz so sarkastisch, sondern recht nüchtern und wertfrei, geht der Schulthriller Das Lehrerzimmer mit einer Problematik um, die nur allzu leicht allzu neugierige Schüler und Lehrer hinter ihrem Pult hervorlockt, ohne sie alle dazu aufzufordern, ihr Tun sofort zu überdenken. Vieles passiert da im Affekt, vieles lässt sich rein von den Emotionen treiben. Da könnte man meinen, gar nicht mal auf einer Schule zu sein, dem Ort des Wissens und der Bildung und vielleicht auch einer gewissen sozialen Intelligenz. Kann aber auch sein, dass sich in diesem Wald moralischer Zeigefinger der eine oder andere Fisch hinein verirrt hat, der gegen den Strom schwimmt. So jemand ist Leonie Benesch als Klassenvorstand Carla Nowak – jung und idealistisch und Methoden praktizierend, die bei den schon alteingesessenen Lehrkräften vielleicht für Verwunderung sorgen, allerdings aber frischen Wind durch die Klassenräume wehen lassen. Fast schon ein bisschen wie Robin Williams im Club der toten Dichter, nur für jüngere Semester. Carlas Schülerinnen und Schüler sind gerade mal 12 Jahre alt – und ja, es ist ein Alter, in welchem man Recht und Unrecht sowie unlautere Methoden von vernünftigen Vorgehensweisen unterscheiden kann, um einer gewissen Wahrheit ans Licht zu verhelfen.

Denn ein Dieb geht um, und natürlich kann dieser nur einer der Jungen sein. Lehrer würden sowas nie tun. Ein Verdacht fällt anfangs sehr schnell auf einen türkischstämmigen Schüler namens Ali – der hat aber mit der ganzen Sache nichts zu tun, die Eltern sind brüskiert. Da fällt der übermotivierten Carla eine detektivische Methode ein, um der Sache auf den Grund zu gehen – und zwar im Lehrerzimmer. Mit Geld als Köder, dass sie an ihrem Arbeitsplatz zurücklässt. Sie schafft es, den Langfinger auf Video zu bannen – die mit Sternen bemusterte Bluse trägt an diesem Tag nur eine: Frau Kuhn aus dem Sekretariat. Die denkt natürlich nicht daran, ihre Tat zuzugeben. Ganz im Gegenteil, sie wählt lieber den Angriff, um sich besser zu verteidigen. All das setzt eine Maschinerie aus Zufällen und Verkettungen in Gang, aus der sich selbst Ìlker Çatak gemeinsam mit Drehbuchautor Johannes Duncker nicht mehr herauswinden kann. Dieser Karren aus Begehrlichkeiten, Bedürfnissen und Rechthaberei steckt letzten Endes so tief im Dreck, dass ihn keiner mehr herausziehen kann. Da hilft vielleicht nur noch: loslassen. Das hat zur Folge, dass Das Lehrerzimmer zu keinem Konsens kommt, keine Lösung hat und keine Lösung will. Er setzt sich auch nicht bis zur letzten Konsequenz mit seinem geschaffenen Chaos auseinander. Muss er das denn? Ein bisschen ist man enttäuscht, als das ganze abrupt endet. Andererseits bleibt die Frage, um wen es in diesem Film eigentlich wirklich geht. Und wo der richtige Ansatz für eine Lösung begraben liegen könnte.

Und tatsächlich fragt man sich auch all die 98 Minuten des Films hindurch, wo die Quelle der Vernunft zu finden wäre. Was man wohl selbst hätte anders gemacht oder was man genauso gemacht hätte. Dass die Eigeninitiative von Leonie Beneschs Figur gleich zu Beginn aufgrund naiver Vorstellungen, was die Bereitschaft des Menschen betrifft, Schuld einzugestehen, wenn doch die Scham so sehr im Weg ist, natürlich nicht hinhauen wird, verwundert nicht. Da wären Alternativen noch möglich gewesen – später nicht mehr. Später verdichtet sich die Unordnung zu einem schwarzen Loch und verlangt einen Algorithmus, den man so noch nicht kennt. Çatak schafft hier die Analogie mit Rubiks Zauberwürfel – eine schöne Idee. Doch nicht mal Klassenvorstand Carla Nowak kann das Rätsel knacken.

Leonie Benesch hat hier offensichtlich ihre Hausaufgaben gemacht, denn fast scheint es unmöglich, glaubhaft eine Lehrkraft zu verkörpern, ohne sich mit der Materie vertraut gemacht zu haben. Die Rolle stemmt sie mit Bravour. Pädagogisch und zwischenmenschlich extrem geschult, braucht es viel mehr als das, um ihre Figur wirklich aus dem Konzept zu bringen. Trotz der Erschwernis der Sachlage steht sie zu ihrem Tun – da sieht man, was unerschütterlicher Idealismus alles bringen kann.

Das Lehrerzimmer (2023)

Playground

SCHLACHTFELD SCHULE

7,5/10


playground© 2022 Stadtkino Filmverleih


LAND / JAHR: BELGIEN 2021

BUCH / REGIE: LAURA WANDEL

CAST: MAYA VANDERBEQUE, GÜNTER DURET, KARIM LEKLOU, LAURA VERLINDEN U. A.

LÄNGE: 1 STD 12 MIN


Die Welt der Peanuts ist eine, in der es so gut wie keine Erwachsenen gibt. Was nicht heißt, dass sie nicht ab und an auftreten, doch meist unsichtbar und aus dem Off unverständliches Zeug brabbelnd – Worte, die ein Kind nicht wirklich tangieren, es sei denn, sie werden direkt angesprochen und müssen Pflichten erledigen, die für ihr zukünftiges Fortkommen durchaus, so sagen andere, relevant sind. Charles M. Schulz hat mit seinen Comics also eine Welt kreiert, die nur den Kindern gehört. In welcher deren Regeln gelten und psychosoziale Mechanismen aus dem eigenen kindlichen Antrieb heraus entstehen. Dennoch würde Schulz womöglich niemals sagen, dass den Kindern das Kommando gegeben werden soll, wie es einst Herbert Grönemeyer in einem großen Missverständnis juveniler Psychologie gegenüber lauthals singend verlautbart hat.

Den Kindern das Kommando zu geben ist ein falscher Weg. Kindern aber die Möglichkeit zu geben, aus eigenem selbstbestimmtem Handeln heraus komplexe zwischenmenschliche Probleme erst zu verstehen, um sie dann zu lösen, ist notwendig. Das beste Biotop dafür: Die Schule. Dort passiert alles, was uns später genauso und immer noch widerfährt, nur kennen wir die Mechanismen zur Deeskalation womöglich besser – die Emotionen, die dabei im Spiel sind, verleiten aber immer noch dazu, sich aufzuführen wie ein Kind.

Playground von Laura Wandel ist wie die Peanuts, nur ohne charmanter Ironie – es ist härter, brutaler, gnadenloser. Was bei Wandels erster Regiearbeit zunehmend irritiert, ist der eng gesteckte Radius der Wahrnehmung, kurze Brennweiten und die Perspektive auf Augenhöhe der zentralen Filmfigur Nora. In Playground gibt es kein Rundherum, nur Kantine, Pausenhof und Klassenraum. Erwachsene erscheinen, sofern sie sich nicht auf Augenhöhe der Kinder begeben, als Fragmente von Körpern, die sich fast schon übergriffig und dominant ins Bild schieben. Playground ist ein Spiel mit den Hierarchien, nicht nur zwischen den Mitschülern, sondern auch und vor allem zwischen Kind und Aufsichtsperson. Fast gleicht dieses Schülerdrama einem Gefängnisfilm, in dem wilde Regeln gelten und das Recht des Stärkeren, Beliebteren.

Die Problemlage des Films ist es überdies wert, in weiterem Vorgehen ergründet zu werden: Die siebenjährige Nora beginnt ihren ersten Schultag an der Schule ihres Bruders Abel und muss sich ihr eigenes soziales Umfeld von der Pike auf neu errichten. Das scheint für den Anfang gar nicht so schwer – doch als sie merkt, dass Abel von drei Buben zusehends und immer heftiger gemobbt wird, findet sie sich in einer Zwangslage wieder: Soll sie nun, gegen den Willen von Abel, angesichts dieser psychischen und physischen Gewalt intervenieren und ihre Beliebtheit aufs Spiel setzen? Oder das Drama zu eigenen Gunsten ignorieren?

Wandel rückt keinen Millimeter von ihrer Kinderdarstellerin Maya Vanderbeque ab. Sie ist das Zentrum des Films, alles dreht sich um sie, all der Lärm vieler Stimmen, all die Gemeinheiten und all der Spott, auf dem die lern(un)willige Klassengesellschaft errichtet wird. Vanderbeques natürliches Spiel ist großartig und es ist wieder mal verblüffend anzusehen, was Filmemacher aus solchen Jungdarstellern herausholen können. Das erinnert mich an Jeremy Milikers Performance in Die beste aller Welten, einem der stärksten österreichischen Filme der letzten Jahre.

Es ist auch verblüffend, wie sehr das Verhalten von Kindern dem von Erwachsenen gleicht, nur lässt sich hier, in diesem schmerzlichen Kammerspiel, die ganze Dynamik ungefiltert beobachten. Geschickt setzt Wandel aber Wendepunkte in diesem Geschehen, bei welchen den Erwachsenen mehr oder weniger die Hände gebunden sind, und folgt dem steinigen Weg kindlicher Selbstfindung auf erzählerisch wuchtige, hochdramatische Weise.

Playground

Bad Luck Banging or Loony Porn

DIE KRUX DES EGOZENTRISCHEN WELTBILDES

7,5/10


badluckbanging© 2021 Panda Lichtspiele

LAND / JAHR: RUMÄNIEN, LUXEMBURG, TSCHECHIEN, KROATIEN 2021

BUCH / REGIE: RADU JUDE

CAST: KATIA PASCARIU, CLAUDIA IEREMIA, OLIMPIA MALAI, NICODIM UNGUREANU, ALEXANDRU POTOCEAN, DANA VOICU, GABRIEL SPAHIU U. A. 

LÄNGE: 1 STD 46 MIN


Es kann gut sein, dass mein Beitrag nach dem Teilen auf diversen Social Media-Plattformen von der Zensur geblockt wird. Das Wort „Porn“ kommt darin vor. Kann gut sein, dass die Zugriffe auf diesen Artikel dadurch in die Höhe schnellen. Kann alles sein. Kann sogar sein, dass ein Film wie dieser trotz oder gerade wegen seinen expliziten Darstellungen den Goldenen Bären der Berlinale gewinnen kann. Und auch, obwohl sich Banging und Porn in den Titel schummeln. Eine Vorverurteilung hat aber nicht stattgefunden, denn Radu Jude hat für seine virtuose Satire tatsächlich die höchste Auszeichnung erhalten. Gibt es also rund 50 Jahre nach Deep Throat ein Porno-Revival in klassischen Kinosälen? Nein, nicht wirklich. Bad Luck Banging or Loony Porn will das gar nicht. Dieser Film – wie soll ich sagen – ist zwar ein obszönes, aber gutgemeint groteskes Stück Kino, das sicherlich nicht zum besten Freund wird – auf den zweiten Blick jedoch kann man das, was da abgeht, so gut nachvollziehen, als wäre man mit diesem polemischen Stück publiker Selbstreflexion schon lange auf Du und Du.

Man kann gut erkennen, was entsteht, wenn nichts und niemand einem Filmemacher ins Handwerk pfuscht. Radu Jude befindet sich inmitten der Pandemie, wir schreiben das Jahr 2020, und man merkt auch, dass für seine Ideen die Weltlage gar nicht besser hätte sein können. In dieser Pandemie, die Jude auf die aufreibendsten Arten des Maskentragens, Händedesinfizierens und nicht eingehaltene Sicherheitsabstände reduziert, ist der gesellschaftliche Sodbrand kurz davor, bis in den Rachenraum aufzusteigen. Zu keiner Zeit in der jüngeren Geschichte lässt sich die Doppelmoral des Menschen in der Dynamik einer Gesellschaft so sehr ans Tageslicht zerren wie in dieser. Dabei passiert nicht viel, und seit Thomas Vinterbergs grandiosem Rufmord-Drama Die Jagd wissen wir auch, wie Massenmedien im Computer- und Handyzeitalter zusätzlich Zunder geben. Zum Leidwesen der Kinder und derer, die des Berufs wegen für diese verantwortlich sind. Immerhin ist passiert, was nun mal so passiert: Die Lehrerin Emi hat Sex mit ihrem Ehemann – sie filmen sich dabei, und wir sehen das auch. Blöderweise stellt der nicht wirklich vorausdenkende Göttergatte das sogenannte Sex Tape auf Pornhub – wo dieses alsbald von den Schülern aus Emis Klasse gesehen wird. Empörter kann die Elternschaft nicht sein. Wie kann man nur! Sie fordern eine Konferenz, um die gute Frau zur Rede zu stellen. Oder ganz einfach fertigzumachen.

Bad Luck Banging or Loony Porn hat drei Kapitel, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Nach dem gar nicht jugendfreien Vorspiel folgen wir Emi quer durch Bukarest. Es ist die Bestandsaufnahme einer verdorbenen Welt aus billigen Obszönitäten, Aggressionen und kompensierten Psychosen. Ein Panoptikum zwischen Zerfall und Übersättigung, dabei ruht die Kamera weniger auf Emis Spaziergang durch die Welt als vielmehr auf einen Alltag, der sich selbst zuwider zu sein scheint. Kapitel zwei ist ebenfalls ein Sammelsurium – eine alphabetische Abfolge diverser Begriffe, die, größenteils mit Archivaufnahmen bebildert, eine Collage dessen ergeben, was Rumänien bewegt. Kapitel drei dann der Elternabend des Grauens. Eine Geisterbahnfahrt des Fingerzeigens und des Besserwissens. Ich will nicht sagen: des Querdenkens.

Wer mir dazu einfällt: Der Schwede Ruben Östlund beschäftigt sich nicht erst seit The Square mit ähnlichen Themen und seziert dabei menschliches Gruppenverhalten, über welches die Vernunft allzu leicht stolpert. Sei es nun, Eigenverantwortung zu übernehmen – oder die Verantwortung über den eigenen Nachwuchs. Jude spricht diese Fähigkeit der „Elterngeneration What?“ Ein für alle Mal ab. Seine Erzieherinnen und Erzieher verorten aus reiner Bequemlichkeit und nach erhörten Predigten über ein egozentrisches Weltbild die moralische Verantwortung jenseits der eigenen Familie. Dabei ist nicht das Problem, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die Wahl der immer bequemeren Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Was bleibt, ist ein Aneinanderrennen starrer Weltsichten und liberaler Koketterie. In Judes Groteske erkennt man letzten Endes mit Schrecken, selbst zu einer dieser Gruppen zu gehören. Was dagegen tun? Im Avantgarde-Kino von heute bleibt da nur noch die verzweifelte Möglichkeit, mit ätzendem Zynismus die Nimmerbelehrbaren in die Selbstreflexion zu nötigen.

Bad Luck Banging or Loony Porn

Booksmart

PARTY MACHT SCHULE

7,5

 

booksmart© 2019 Annapurna Pictures

 

LAND: USA 2019

REGIE: OLIVIA WILDE

CAST: BEANIE FELDSTEIN, KAITLYN DEVER, BILLIE LOURD, SKYLER GISONDO, LISA KUDROW, JASON SUDEIKIS, WILL FORTE U. A.

 

„Wo foahr‘ ma hin? – eine‘ ins Leben!“ – so lässt es das österreichische Musiker-Duo Pizzera & Jaus ertönen. Wie bezeichnend für Olivia Wildes Regiedebüt, die sich dem farbenfrohen Genre des Coming of Age-Films angenommen hat. Da gibt es natürlich unterschiedliche Herangehensweisen. Von der Entdeckung der eigenen Reife, verschachtelt mit der Allegorie eines Monsters, ob Vampir oder Werwolf (u.a. So finster die Nacht oder When Animals dream). Da wäre auch die ziellose Schwerelosigkeit wie sie Lady Bird aka Saoirse Ronan in Greta Gerwigs gleichnamigem Film hatte. Da wären aber auch niveaulose Kalauerkomödien im College-Dunstkreis, die zum Fremdschämen einladen. Oder kluge, niemals peinliche Einblicke in die Gedankenwelt völlig unterschiedlicher Jugendlicher wie in John Hughes immer noch aktuellem Klassiker Breakfast Club. Hughes selbst war ohnehin einer der wenigen, die aus der Pubertät nicht gleich ein Zerrbild notgeiler Sex-Debütanten gemacht hat. Und hat gezeigt, dass da weitaus mehr dahintersteckt als nur Spritztouren und Mädelsaufreißen, Schönheitswahn und Zickenkrieg. Olivia Wilde findet das auch. Und lässt die beiden College-Absolventinnen Molly und Amy so einiges über sich selbst und all die anderen erfahren, die längst nicht das sind, was sie all die Jahre hindurch vorgegeben haben zu sein.

Die Bedenken, die ich bei Filmen wie diesen habe, nämlich, dass sie sich als ordinäres Spaßkino auf Kosten diverser Pennälerklischees entpuppen, ist bei Booksmart so ziemlich unbegründet. Die Zuneigung, die Olivia Wilde ihren jungen Alltagsheldinnen entgegenbringt, macht fehlenden Respekt unmöglich. Beanie Feldstein und Kaitlyn Dever danken es ihr, indem sie aufspielen, als gäbe es kein Morgen mehr. Oder zumindest keine Schule. Was dieser augenzwinkernde Abgesang auf einen längst in seiner Routine liebgewonnenen Lebensabschnitt bereithält, ist das Umtriebige einer Nacht, ein feuchtfröhliches Roadmovie durch jugendliche Feierlichkeiten zwischen Luxusjacht und Gefängnis, doch alles soweit geerdet, dass es zwar klassisch amerikanisch und durchaus schrill einhergeht, dabei aber nie den Tag nach dem Abfeiern aus den Augen verliert. Denn das ist es, was alle hier bewegt, vom Mädchenschwarm bis zum Mauerblümchen: der Morgen nach der Schule, der erste Schritt in eine Zukunft, die mit Selbstbestimmung  frohlockt, aber auch die Obhut der Eltern entzieht. Die eine geht für ein Jahr nach Botswana, die andere nach Yale, und ganz andere versuchen sich im Sport. Dabei wird klar, dass diese Nacht, die hier so liebevoll gezeichnet wird, sämtliche Masken fallen lässt. Was zum Vorschein kommt, ist Neugier, Angst, Unsicherheit und der Versuch, ein jahrelang penibel zugelegtes Image auf Null herunterzusetzen, um sich und die anderen neu kennenzulernen. Oder selbst anders gesehen zu werden. In dieser Nacht haben alle, so unterschiedlich sie auch sein mögen, nämlich genau das gemeinsam: eine ungewisse Zukunft, die alle Absolventen neu definieren wird.

Booksmart ist kein sonderlich origineller Wurf, nichts unerwartet Neues. Dafür aber unerwartet bodenständig, wortgewandt und witzig. Ein wohlgesampelter Soundtrack mit fetten Beats pusht so richtig die Lust, einen draufzumachen. Wobei Humor hier nicht zum Selbstzweck verkommt. sondern aus den unerwarteten Situationen resultiert, in denen sich zwei Streberinnen wiederfinden, die dem Trugschluss erliegen, womöglich vieles verpasst zu haben. Beanie Feldstein agiert dabei unglaublich sympathisch und entwickelt einen dermaßen kumpelhaften Ehrgeiz, dem ich mich nicht entziehen kann. Partymachen muss also nicht zwingend etwas sein, das den nächsten Morgen in verschämter Katerstimmung und hinter dicken Sonnenbrillen durchbeißt, sondern kann auch wie das Nachsitzen bei John Hughes zu interessanten Erkenntnissen führen. Solche über verkannte Mitmenschen, Freundschaft oder über das Leben selbst, dem man sich irgendwann stellen muss.

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I Kill Giants

ZU GROSS FÜR DIESE WELT

6/10

 

ikillgiants© 2018 Koch Films

 

LAND: USA 2018

REGIE: ANDERS WALTER

CAST: MADISON WOLFE, ZOE SALDANA, IMOGEN POOTS, JENNIFER EHLE, SYDNEY WADE U. A.

 

Dämonen gibt es wirklich. Täglich haben wir mit ihnen zu kämpfen. Es sind die in unserem Inneren. Zum Verhängnis werden sie, wenn man sich nicht mit ihnen arrangiert. Dazu braucht es ganz schön viel Kraft, eisernen Willen, und – was Kinder besonders gut abrufen können, um es mit den Dämonen des Lebens aufzunehmen: Fantasie. Ein gutes Beispiel: die kleine Ofelia, die sich in Pans Labyrinth eingeschlichen hat, um sich unter anderem gruseligen Kreaturen zu stellen, die ihre Augen in den Handflächen haben. Mit Fantasie geht alles leichter, das gibt der Unwirtlichkeit des Lebens ein bekämpfbares Gesicht, das bettet sie ein in eine Form, die man aus dem elterlichen Vorlesen gewohnt ist. Warum aber brauchen Kinder Fantasie? Um die Realität besser zu begreifen. Um den Halt, den sie verloren haben, anderswo zu suchen. In einer Welt, die sie bewältigen können. Es sind Projektionen, die gebannt werden können. Und je größer die Angst, je unsicherer das Leben, je unwirtlicher das Zuhause, desto größer wird der projizierte Dämon, das Bild vor den kindlichen Augen. Und umso uferloser die Fantasie.

Bei dem 13jährigen Connor aus Bayonas Buchverfilmung Sieben Minuten nach Mitternacht war es ein riesenhaftes Baumwesen mit erdiger, tiefer Stimme, dass den um seine Mutter bangenden Jungen an drei Nächten drei Geschichten erzählen wird. In Zac Snyders Sucker Punch tanzen sich psychisch labile Girlies in eine martialische Welt aus fiktiven Kriegen hinein, in denen sie als Heldinnen ihren Ausweg finden sollen. Und hat Tolkien nicht auch seine Traumata aus dem Ersten Weltkrieg mit der Erschaffung von Mittelerde gebannt? Gut, dass der Mensch seine Fähigkeit dazu hat, die Realität zumindest in seinem Kopf zu verändern. Das tut die 15jährige Barbara in I Kill Giants auch, doch sie ist fest davon überzeugt, dass es sie wirklich gibt: Riesen. Sie streifen umher und zerstören alles, das Mädchen aber ist die einzige, die sich ihnen entgegenstellen kann. Sie besänftigt sie mit Honig und tötet sie mit einer selbstgebastelten Streitaxt. Zu ihrem Schutz trägt sie Hasenohren und vollführt seltsame Rituale. Weil sie das macht, ist sie an ihrer Schule unbeliebt, eine Außenseiterin, ein Freak. Der Nonkonformismus der jungen Frau stößt auf Ablehnung, doch wer gegen Riesen kämpft, den scheren Unkenrufe aus den hinteren Reihen wohl kaum. Einzig Zoe Saldana als Schulpsychologin wird auf den verhaltensauffälligen Teenager aufmerksam. Was ist dran an den Riesen?

I Kill Giants ist eigentlich ein Comic des Amerikaners Joe Kelly, und sieht man den Film, erschließen sich die Panels automatisch im Kopf. Riesenkillerin Barbara ist eine expressive Figur nahe am Manga, irgendwo zwischen Alita, Alice im Wunderland und einer der Nachsitzenden aus dem Breakfast-Club. Madison Wolfe versucht dieser zerrissenen Psyche des Mädchens gerecht zu werden, doch sie bleibt unnahbar, distanziert, seltsam verschroben. Was der Rolle womöglich gerecht wird. Man nähert sich ihr erst gemeinsam mit Zoe Saldana, die versucht, zu begreifen, was es mit den phantastischen Monstern auf sich hat. Das macht es, auch wenn es authentisch ist, schwer, sich für die von allen abgewandten Protagonistin ernsthaft zu interessieren. Da hat Lewis McDougall in Sieben Minuten nach Mitternacht mehr und viel eher sein Herz geöffnet. I Kill Giants erzählt im Grunde die gleiche Geschichte wie eben erwähnter Film, Vergleiche drängen sich auf. Doch während der Baumdämon in Bayonas Film eine vermittelnde, belehrende Funktion hatte, marodieren die Riesen, die durchaus an Guillermo del Toros Pacific Rim erinnern und die man nur selten zu Gesicht bekommt, wie finstere Bedrohungen durch die Landschaft. Ihnen vorangehend erscheint ein prophetisches, abgründiges Spukwesen. Wenn es erscheint, sind die Dämonen nicht fern. Fern bleibt hingegen so ziemlich den ganzen Film durch die Annäherung an die Ursache der seltsamen Wahrnehmung. Bis dahin bleibt I Kill Giants ein düsteres Jugenddrama mit phantastischen Elementen, dass aber verwirrt und weltfremd bleibt. Und ja, eigentlich wie die Psyche des Mädchens. Dass sich als Comic sicherlich großartig visualisieren lässt, sich aber als Film mehr dem Storytelling des gezeichneten Mediums verwandt fühlt als dem Kino. Für die wuchtige Katharsis des Mädchens bleibt dann doch nur wenig Zeit. Das sind dann aber die besten Momente, die man durchaus geduldig erwarten kann und die den Film dann doch noch lohnen.

I Kill Giants

Spider-Man: Far From Home

WIR MÜSSEN JETZT STARK SEIN

6,5/10

 

spidermanfarfromhome© 2019 Sony Pictures

 

LAND: USA 2019

REGIE: JON WATTS

CAST: TOM HOLLAND, JAKE GYLLENHAL, SAMUEL L. JACKSON, JON FAVREAU, MARISA TOMEI, ZENDAYA, COBIE SMULDERS U. A.

 

Gibt es denn ein Leben nach dem Endgame? Ja, doch, das gibt es. Darüber hinwegzukommen, dass die finale Schlacht um Thanos nicht ohne Verluste blieb, geht natürlich nicht von heute auf morgen. Und auch nicht von Frühling bis Sommer, wie uns der neue Spider-Man klarmachen will. Da hilft meistens nur die Methode, Abstand von alldem zu gewinnen. Denn das sind ja keine Peanuts, wenn man auf fremden Planeten gegen einen violetten Giganten antritt, an der Außenhülle eines Raumschiffs hängt und am Ende noch seinen Mentor verliert. Das schreit nach einer Auszeit fernab jeglichen Heldengetöses, in der sich Jungs wie Peter Parker, nicht mal noch volljährig, auf die eigentlich wesentlichen Dinge des Lebens rückbesinnen können. Auf das Zwischenmenschliche sozusagen. Auf das Mädchen MJ aus Parkers Klasse, die durch ihre unkonformistische Art das Interesse des Fassadenjunkies geweckt hat. Gut, dass die ganze Klasse gemeinsam nach Europa fliegt, denn auf Reisen lässt sich einfacher Bande knüpfen als im Alltagstrott daheim, wo vielleicht ohnehin nur neue Heldentaten auf ihre Erfüllung warten. Was sie auch tun, denn Ex-S.H.I.E.L.D.-Manager Nick Fury versucht verzweifelt, den Jungspund zu erreichen.

Mit Spider-Man: Far From Home endet Phase 3 des Marvel Cinematic Universe. So wie es aussieht holt sich Phase 4 dann doch noch den einen oder anderen Protagonisten mit aufs Boot, das zu neuen Ufern aufbrechen will. Die ganz alten Haudegen dürften Geschichte sein, das lässt sich auch anhand des rührseligen Farewell-Intros des vorliegenden Abenteuers nochmal besser begreifen. Tom Holland aber dürfte noch einiges vorhaben, wie es aussieht. Und mit ihm auch Samuel L. Jackson als Nick Fury oder Jon Favreau als integrer Happy, die gute Seele des Hauses, wenn man so will. Das macht den Abschied leichter, und den Übergang in ein neues Kapitel gar nicht so sehr zu einem Abnabelungsprozess wie befürchtet. Mit Jake Gyllenhaal taucht dann noch dazu ein kompletter Neuling auf, einer, der von einer alternativen Erde stammt, und mit anpackt, wenn es heißt, die neue Bedrohung des Planeten durch die Eternals abzuwenden. Das neue Abenteuer sieht also nach einem jugendlichen Interrail-Trip quer durch Europa aus, nur ohne Interrail und zwischendurch gibt es weltbewegende Giganten, die nicht nur die Lagunenstadt demolieren.

Jon Watts beweist da einmal mehr ein Händchen fürs lockere Inszenieren, fürs unbekümmerte Zusammenspiel seines Ensembles, das sichtlich Spaß an der Sache hatte, sich aber manchmal zu sehr auf ihren kindlich-naiven Charme verlässt, der natürlich einnehmenden Unterhaltungswert hat, allerdings nicht ganz so treffsicher Show macht wie bei Spider-Man: Homecoming. Dessen Esprit war eindeutig besser, und auch Michael Keaton war ein Antagonist, der nicht ganz so sehr einer Allmachtsfantasie erlegen war wie das bei Bösewichten oft der Fall ist. Spider-Man: Far From Home scheint da diesmal gänzlich ohne handfesten Widerpart auszukommen – oder doch nicht? Zu leicht tappt man bei der Rezension des aktuellen Abenteuers ins Spoiler-Fettnäpfchen, an jeder Ecke lauern kleine, nicht immer schlüssige Story-Twists, die aber für enorme Kurzweil sorgen, und die auch richtig schön ins Geschehen katapultieren, sodass sich der Alltag wie bei einer Reise üblich mit dem Fingerschnippen ausknipsen lässt.

Das quirlige Actionspektakel mit allerhand Akrobatik hat aber zum Glück nicht vergessen, seine Story auch mit einem Quäntchen Zeitgeistkritik zu versehen. Hier dreht sich viel um Social Media, Fake News und Meinungsmache, nah am Puls technophiler Trends. Dem wird mit viel süffisanten Seitenhieben und durchaus auch aufrichtiger Skepsis begegnet, wobei das Vermächtnis des Tony Stark und all die paranormalen Gewaltakte der letzten 22 Filme sehr starken Einfluss auf Spider-Man: Far From Home haben, denn nichts bleibt ohne Folgen, schon gar nicht im MCU, weshalb hier auf Details geachtet und auf ein gutes Erinnerungsvermögen gesetzt werden muss, bis zurück an die Anfänge. Wichtig ist es auch, sitzen zu bleiben bis nach dem Abspann, und ich meine, ganz nach dem Abspann, denn die Post Credit-Szenen, die wir bei Endgame schmerzlich vermisst haben, sind wieder da – und haben es in sich, wie selten zuvor. Wobei klar wird: das Bündel, das der Junge im Stretch tragen muss, wird schwer auf seinen Schultern lasten, aber was hilft´s – wir alle müssen jetzt Stark sein 😉 Oder kann es doch nur einen geben?

Spider-Man: Far From Home

Wenn du König wärst

PROJEKTTAGE MAL ANDERS

7/10

 

wenndukoenig© 2019 20th Century Fox Deutschland

 

LAND: GROSSBRITANNIEN 2019

REGIE: JOE CORNISH

CAST: LOUIS ASHBORNE SERKIS, TOM TAYLOR, REBECCA FERGUSON, DEAN CHAUMOO, RHIANNA DORRIS, ANGUS IMRE, PATRICK STEWART U. A.

 

Ich liebe den Film The Sword in the Stone, im deutschen Verleih bekannt als Die Hexe und der Zauberer. Disney hat hier einen unglaublich liebevollen und charmant-witzigen Klassiker entworfen, der die Legende rund um König Artus in aufwändigen Handzeichnungen und in familientauglicher, steter Zuversicht als kauzigen Evergreen-Event nacherzählt hat. Wenn Hexe Mim die Sonne verflucht oder Eule Archimedes sich scheckig lacht, das sind das immer wieder gern gesehene Sternstunden der Zeichentrickkunst. Weg von den Strichen und hinüber in eine uns bekannte photographische Gegenwart wechselt der jüngst im Kino gestartete Abenteuerfilm Wenn du König wärst. König Artus ist auch hier das Thema, und wieder gibt es jemanden, der es schafft, das besagte Schwert Excalibur aus dem Stein zu ziehen. Dieser Stein, der steht auf einem Abrissgrund, wir schreiben das 21. Jahrhundert, und wäre der Junge Alex nicht von seinen Erzrivalen aus der Schule gejagt worden, hätte er das Artefakt, versteckt hinter Baustellplanen, nie entdeckt. Oder doch? Vielleicht auf anderem Wege, denn das Schwert hätte vermutlich schon seinen Meister gefunden, auf welche Art auch immer. Doch was damit anstellen? Ritter spielen, angeben? Oder eins und eins zusammenzählen? Das Ergebnis wäre mehr als beunruhigend, denn der leicht schartige Stahl der Wunderklinge hat ganz andere Mächte auf den Plan gerufen, und die haben familiäre Gründe – ist doch die gute Morgana Halbschwester des legendären Tafelrundlers und gleichzeitig finstere Hexe, die tief unter der Erde, verflochten in den Wurzeln der Bäume Südenglands, eine ganze Armee untoter Ritter befehligt. Oder befehligen möchte, denn die sollen ihr gefälligst Excalibur beschaffen, denn laut Notar fällt das Erbe immer an die nächsten Verwandten, was wohl sie wäre. Statt den Weg in die Kanzlei wählt sie den Weg des geringsten Widerstands – und rüstet sich für eine Sonnenfinsternis, die den jüngsten Tag einläuten soll.

Wenn das kein Stoff für zehnjährige Jungs und Mädchen ist, dann weiß ich auch nicht: Wenn du König wärst ist handfeste Fantasy für den Nachwuchs, für den Der Herr der Ringe oder Game of Thrones noch einen Tick zu schwer verdaulich ist. Joe Cornish hat sich an den bewährten Jugendkino-Stil eines Chris Columbus orientiert und in dessen wertebewusstem Geiste einen spannenden und kurzweiligen Genremix zwischen Stephen Sommers leinenumwickelten Mumieneskapaden, den Goonies und Disneys Zauberlehrling inszeniert, bei dem sich nicht nur die Kids im Kinosaal wünschen würden, hier selbst den Harnisch anzulegen und das Schwert zu schwingen. Da entsteht Gruppendynamik wie aus dem psychosozialen Lehrbuch, und das beste dabei – Feinde werden zu Freunden, und auch der größte Kotzbrocken könnte in Wahrheit ganz anders sein. Vor allem jemand, der sich wertschätzen lässt, denn niemand ist wirklich gern der schwarze Peter, da steckt meist was anderes dahinter. Cornish macht die Verbrüderung zum Thema, lässt die Next Generation im wahrsten Sinne des Wortes an einem Strang ziehen und lässt die klassenübergreifenden Projekttage durchaus als Abenteuer Unterricht durchgehen. Denn so macht Schule Spaß, auch wenn die Gefahr besteht, von der Klinge eines Knochenritters durchbohrt zu werden. So brutal aber wird es nicht, da bleibt Wenn du König wärst genau dort, wo er hingehört – zwischen kribbeliger Suspense, selbstbewusster Ironie und blutloser Action. Selbst das monströse Konterfei von Hexenwesen Morgana hat nur so lange Bildschirmpräsenz, dass sie sich nicht in die juvenile Netzhaut brennt. Das ist gut getimt, und so wie die Versatzstücke einer Jahrtausende alten Legende in den Waffenrock eines Unterstufen-Gymnasiasten passen, ist auf originelle Weise aufgedröselt. Der Shooting Star schlechthin: Angus Imre als junger Merlin, der fleischgewordene Charakter aus dem Skizzenfundus alter Disney-Cartoons, schlaksig, ungelenk, herrlich altmodisch und gewandet in ein Led Zeppelin-T-Shirt, das sich übrigens durch den ganzen Film zieht – als hätte Cornish die Chance genutzt, sich insgeheim als Fan zu outen.

Louis Ashborne Serkis, der Filius von Motion capture-Mastermind Andy, nimmt seine Aufgabe als Schauspieler und Nachfahre König Artus‘ aufrichtig ernst. Ganz wie im Rollenspiel, dem Jung und Alt heutzutage gleichermaßen frönen dürfen, und so sieht das ganze dann aus, wenn sich die Bilder, die man dabei im Kopf hat, auf der Leinwand manifestieren. Eine spannende Challenge, wo alles seinen richtigen Platz hat, um das Gute siegen zu lassen. Denn verlieren will niemand, am wenigsten unser Nachwuchs, der in Zeiten wie diesen nicht nur in der Schule gehörig viel leisten muss.

Wenn du König wärst